Michael Neuhold Homepage
Startseite > Biblica > Bis Schilo kommt

Bis Schilo kommt



Sitzstatue Ramses' II. mit dem Szepter, das im Äg. ḥḳꜣ.t heißt und das als Hieroglyphe (S38) den Lautwert ḥḳꜣ „herrschen, Herrscher“ hat; Museo Egizio, Turin.– Quelle: Wikimedia (ursprl. Flickr).– Urheber: Roberto Venturini, 2007.– Lizenz: CC BY 2.0.– Bearbeitung: verkleinerter Bildausschnitt, Hintergrund geringfügig retuschiert, leicht aufgehellt.

Relief des Perserkönigs Dareios I. mit Szepter und Lotusblüte (vermutl. im Palast von Persepolis).– Quelle: Wikimedia.– Urheber: Frank-Haf, 2017.– Lizenz: CC BY-SA 4.0.– Bearbeitung: geringfügig beschnitten, verkleinert, Kontrast erhöht.

In Gen 49 prophezeit der greise Jakob seinen Söhnen ihr weiteres Geschick. Nach dem ähnlich gestalteten Segen des Mose in Dtn 33 spricht man auch hier gerne vom Segen Jakobs. Im Spruch für Juda heißt es (V. 10):

לֹא־יָסוּר שֵׁבֶט מִיהוּדָה Nicht wird weichen ein Szepter von Juda
וּמְחֹקֵק מִבֵּין רַגְלָיו und ein Herrscherstab von zwischen seinen Füßen,
עַד כִּי־יָבֹא שִׁילֹה bis kommen wird Schilo;
וְלֹו יִקְּהַת עַמִּים׃ und Völker werden ihm gehorchen (wörtl.: ihm [ist] Gehorsam von Völkern).

Der Knackpunkt des Verses ist die Bedeutung des hebr. שִׁילֹה šîlô. In vielen Handschriften ist es defektiv שׁלה geschrieben. Das Qere – die masoretische „Randlesart“ – lautet שׁילו. Abhängig davon, wie V. 10c gedeutet wird, wird 10d entweder als Fortführung des עַד כִּי ʿad kî „bis dass“ verstanden oder als Fortführung von 10b. Einig sind sich die meisten Ausleger darin, dass ʿad kî schwerlich „solange (als)“ bedeuten kann (wie es einige wenige Interpreten wiedergeben). Eine ausführliche Monographie zur Übersetzungs- und Auslegungsgeschichte hat Posnanski vorgelegt. Eine kürzere Darlegung bietet der Artikel von S. R. Driver. Eine zusammenfassende Diskussion findet man in den wissenschaftlichen Genesiskommentaren von Keil, Delitzsch, Dillmann, Skinner, Procksch usw. (Claus Westermanns Genesiskommentar ist leider nicht frei verfügbar.) Ich gebe im folgenden eine Auswahl von Interpretationen aus der älteren Literatur, soweit sie im Netz verfügbar ist. Aktuelle Publikationen sind ja dank Urheberrecht so gut wie nie frei verfügbar.

Keine der zahlreichen Erklärungsversuche ist wirklich von durchschlagender Überzeugungskraft. Das ersieht man auch aus den unterschiedlichen Wiedergaben in den Übersetzungen. Schilo bleibt, wie Moran sagt, eine crux interpretum. Die Mehrheit der Ausleger sieht aber in der Stelle entweder eine (ex eventu) Prophezeiung der davidischen Herrschaft oder eine messianische Verheißung.

Werke, die ich nicht selbst einsehen konnte, sind mit Asterisk gekennzeichnet.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 1. März 2022