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Sizilianisches Karussell (2011)


Geschichte Siziliens

Vorgriechische Zeit

Thuk. 6,2,2 überliefert über die vorgriech. Bevölkerung Siziliens folgendes: Die Insel hieß ursprl. Τρινακρία (Trinakría, "drei Vorgebirge, Dreieck"). Dann besiedelten sie aus Spanien kommende Σικανοί (Sikanier), wonach die Insel Σικανία (Sikanía) genannt wurde (diesen Namen bezeugen auch Hdt. 7,170, Hom.Od. 24,307). Nach der Zerstörung Troias kamen Troianer hierher. Sie wurden Ἔλυμοι (Elymer) genannt, siedelten im Westen und gründeten Eryx (Erice) und Segesta. Ende des 2. Jt. kamen, aus ihren Wohnsitzen in Italien verdrängt, die Σικελοί (Sikeler, lat. Siculi) nach Sizilien, wonach die Insel ihren heutigen Namen hat.

Der Wikipedia-Artikel Sikeler wirft die Sikuler mit den Tjeker des Seevölkersturms in einen Topf. Das erscheint mir noch fraglicher als die häufig gemachte Gleichsetzung der Šekeleš mit den Sikulern.

Um die Jahrtausendwende begannen Phönikier Handelsniederlassungen zu gründen, z.B. Panormos (Palermo) oder Motye (Mozia).

Griechische Kolonisation

Seit dem letzten Drittel des 8. Jh. siedelten sich Griechen, auf der Suche nach neuem Lebensraum, in Unteritalien und Sizilen an. Sie gründeten Städte wie Naxos (nahe Taormina), Syrakus, Leontinoi (Lentini), Katane (Catania), Megara Hyblaia (20 km nördl. von Siracusa), Zankle (im 5. Jh. umbenannt in Messene, h. Messina), alle an der Westküste, einige Jahrzehnte später Gela, von Megara Hyblaia aus Selinus (Selinunte), im 6. Jh. von Gela aus Akragas (Agrigento), an der Südküste, noch im 7. Jh. von Zankle und Syrakus aus Himera an der Nordküste.

Das Vordringen der Griechen in den Westen der Insel führte zu Konflikten mit den phönizischen Karthagern. Es kam 480 v.Chr. zur Schlacht bei Himera (im gleichen Jahr war auch die Schlacht von Salamis), die die Griechen gewannen. Es folgte auf Sizilien (wie im Mutterland) eine Blütezeit der griech. Kultur, die jedoch auch geprägt war von Rivalitäten und Kämpfen der griech. Städte untereinander.

Dieselben Rivalitäten führten im Mutterland zum Peloponnesischen Krieg, in dessen Verlauf Athen 415 eine Flotte gegen Syrakus schickte. Die Belagerung von Syrakus endete für die Athener in einem Fiasko. Doch die Karthager nutzten die Schwächung der Griechen, um ihre Städte zu erobern und zu zerstören (Himera 409, Akragas 406). Einzig Syrakus blieb unbezwungen und erlebte als unbestrittene griech. Hegemonialmacht in den folgenden Jahrzehnten eine neue Blütezeit und konnte die Karthager in den Westen Siziliens zurückdrängen.

Mit dem Alexanderreich verlagerte sich das Zentrum der griech. Kultur in den Osten. Sizilien verschwand aus dem Gesichtskreis des Griechentums. Zugleich trat eine neue Macht auf den Plan: Rom.

Römische Herrschaft

Der Erste Punische Krieg (264-241 v.Chr.) endete mit dem Abzug der Karthager aus Sizilien. Die Insel wurde röm. Provinz. Einzig Syrakus konnte sich als Verbündeter der Römer seine Selbständigkeit bewahren. Bis es im Zweiten Punischen Krieg (218-201) die Fronten wechselte. Es wurde von den Römern belagert, erobert und zerstört (212).

Fortan wurde Sizilien zur Kornkammer Roms und für seine Versorgung unentbehrlich. Die Bevölkerung Siziliens blieb überwiegend griechischsprachig. Im Jahr 75 v.Chr. war Cicero Quästor auf Sizilien.

Spätäntike und frühes Mittelalter

Mitte des 5. Jh. eroberten die Vandalen Sizilien. Odoaker kaufte die Insel zurück. 535 wurde sie von den Byzantinern erobert, die sie zu einem Handelszentrum machten.

Im 8. Jh. wurde Sizilien das Ziel von Überfällen muslimischer Araber. 827 landete ein arabisches Heer im Westen Siziliens. Die Araber eroberten in den folgenden Jahrzehnten nach und nach die Insel. Sie belebten durch Änderung der Besteuerung, neue Bewässerungstechniken und neue Kulturpflanzen (z.B. Zitrusfrüchte, Baumwolle, Melonen) die Landwirtschaft. Palermo wurde zur wichtigsten Stadt Siziliens.

Herrschaft der Normannen, Staufer, Anjou, Aragon

1061 landete der Normanne Roger in Sizilien und eroberte Messina. In den folgenden drei Jahrzehnten brachten die Normannen ganz Sizilien unter ihre Herrschaft. (Zur Erinnerung: 1066 leitete der Normanne Wilhelm der Eroberer durch seinen Sieg in der Schlacht bei Hastings die Eroberung Englands ein.) Die Normannen, allen voran Roger II., der sich zum König ausrufen ließ, orientierten sich zwar in ihrem Herrschaftsverständnis an Byzanz, leiteten aber gleichzeitig die Katholisierung der Insel ein. Sie zentralisierten die Herrschaft und entmachteten die Feudalherren.

Da Wilhelm II. 1189 ohne Nachkommen starb, ging die Herrschaft an seine Tante, die Gemahlin des Staufers Heinrich VI. (Sohn des Friedrich Barbarossa). Bedeutendester Staufer war der an Kunst und Wissenschaft interessierte Friedrich II., von seinen Zeitgenossen stupor mundi ("Staunen der Welt") genannt. Doch waren die straffe Verwaltung, Reglementierung und die absolutistischen Eingriffe der Wirtschaft eher abträglich.

1266 eroberte der Bruder des franz. Königs, Karl I. von Anjou, mit Unterstützung des Papstes Sizilien. Die Unterdrückung und Ausbeutung der Sizilianer durch die Franzosen führte 1282 zur Sizilianischen Vesper, einer von Palermo ausgehenden Revolte gegen Karl I. und seine französischen Beamten.

Zum neuen König wurde Peter III., König von Aragon, gekrönt, der Schwiegersohn Manfreds, des letzten Stauferkönigs von Sizilien. Die Aragonesen gaben dem Adel ihre Vorrechte wieder zurück. Seit dem 15. Jh. wurde Sizilien von spanischen Vizekönigen regiert. Sie ließen das Land in seiner strukturellen Rückständigkeit. Die adeligen Großgrundbesitzer verbrauchten die Gewinne aus den großen Latifundien nur für ihre aufwendige Lebensführung und investierten nichts in Verbesserungen oder in die Ertragssteigerung. Dem schweren Erdbeben von 1693 ist es zu verdanken, dass etliche Städte im Südosten Siziliens praktisch von Grund auf neu gebaut werden mussten.

Sizilien als Teil Italiens

Am 11. Mai 1860 landete der Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi mit seinen rund 1000 Rothemden (daher "Zug der Tausend") bei Marsala und befreite Sizilien von den span. Bourbonen. 1861 kam Sizilien zum neu gegründeten Königreich Italien unter König Vittorio Emanuele II.

Seit der Gründung dieses Königreichs gab es in Italien ein ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle: Förderung des Nordens mit seinem Handel und seiner Industrie, Benachteiligung oder Vernachlässigung des landwirtschaftlich geprägten Südens. Seit dem Ende des 19. Jh. wanderten Sizilianer in großer Zahl in die USA aus. Nach dem 2. Weltkrieg wurde Sizilien autonome Provinz.

Rundreise


Das riesige antike Theater von Syrakus.

Die dorischen Säulen des Athenetempels im Dom von Syrakus.

Kathedrale von Noto.

Dom von Cefalù.

Das riesige Christusmosaik im Dom von Monreale (verwackelt, weil ohne Stativ fotografiert). Die Inschrift (von der oben nur die linke Hälfte sichtbar ist) lautet:
 Ι͠Ϲ    Χ͠Ϲ
ΟΠΑΝ  ΚΡΑΤΩ
 ΤΟ       Ρ
(Jesus Christus, der Allherrscher)

Brunnen im Kreuzgang des Benediktinerklosters von Monreale.

Kathedrale von Palermo.

Chiesa Matrice in Erice.

Aussicht von Erice auf Trapani und die Ägadischen Inseln.

Tempel E in Selinunt.

Tempel C in Selinunt (der Mittelteil eingerüstet).

Skulptur von Igor Mitoraj, im Hintergrund der Heratempel in Agrigent.

Concordiatempel in Agrigent.

Korridor mit Jagdmosaiken in der Villa Romana von Casale (Fußboden). Die glaushausartige Überdachung der Villa erzeugt Licht-Schatten-Effekte, die es für den Amateur praktisch unmöglich machen, gute Fotos der Mosaiken zu schießen.

"Über den Wolken...": Blick vom Ätna auf die Wolkendecke, die ihn häufig umgibt. Im Vordergrund die pflanzenlose Mondlandschaft aus dunklem Lavagestein.

Das antike Theater von Taormina. Die antiken Sitzstufen (in der Mitte) wurden oben und unten durch moderne Sitzgelegenheiten ergänzt. Rechts Bühnenaufbauten aus Holz. (Die moiréartigen Muster sind durch die Skalierung zustande gekommen.)

Buchen

Das Buchen war eine Odyssee. Zunächst buchten wir eine einwöchige Rundreise bei  Christophorus Reisen für Ende Juli. Doch die Reise wurde im Juni mangels Interesse abgesagt. Als Ersatz bot man uns eine ganz ähnliche Reise – wie sich später herausstellen sollte, des italien. Reiseveranstalters  Imperatore Travel. Allerdings müssten wir noch etwas aufzahlen, da hier höherwertige Hotels (und wie ich rückblickend glaube, teurere Mahlzeiten) gebucht seien. Dann kam in Salamitaktik nach und nach die ganze Wahrheit ans Tageslicht: Es gibt keine deutsche Reiseleitung, möglich wäre Englisch. Es gibt keinen Flug von Salzburg aus, wir müssten in Wien umsteigen. Beim Hinflug müssten wir fünf Stunden in Wien auf den Weiterflug warten. Beim Rückflug gibt es keinen Anschlußflug nach Salzburg, wir müssten in Wien übernachten.

Eintritte waren im Preis nicht inkludiert. Das hat nachvollziehbare Gründe: es gibt Ermäßigungen für Lehrer, Studenten, Pensionisten usw., die Anspruchsberechtigung muss beim Kartenkauf nachgewiesen werden. Die Teilnahme an der "Ätnabesteigung" ist auch eine Frage der Gesundheit und körperlichen Fitness. Für Taormina ist ein Fixpreis von 40 EUR für den Bus zu zahlen, der auf den einzelnen anfallende Betrag ist abhängig von der Teilnehmeranzahl. Das alles im Vorfeld abzuklären und zu verrechnen, ist kaum möglich.

Tag 1: Hinflug, Ankunft

Flug von Salzburg nach Wien. Das Gepäck wird direkt nach Catania geroutet, sodass wir in Wien nur auf den Weiterflug warten müssen. Wir überlegen, ob wir die Zeit nutzen und von Schwechat nach Wien fahren sollen, lassen es dann aber sein und essen stattdessen im Flughafenrestaurant zu Mittag.

Flug von Wien nach Catania. Der Flug dauert ca. eindreiviertel Stunden. In Catania werden wir von einer italien. Vertreterin von Christophorus und Imperatore in Empfang genommen. Wir müssen noch etwa eine dreiviertel Stunde auf ein weiteres Flugzeug warten. Dann steigen wir in eine Großraumlimousine und werden nach Riposto zum Grand Hotel Yachting Palace gebracht. Die Fahrt dauert im Samstagabendverkehr über eine Stunde.

Im Hotel in Roposto treffen wir unsere Reiseleiterin Agostina, eine sympathische, quirlige junge Dame. Sie erklärt uns das morgige Programm. Wir essen zu Abend (kalt, da es schon 22 Uhr durch ist) und gehen zu Bett. Um drei in der Nacht werden wir wach, weil im Nebenzimmer offenbar gefeiert wird. Klaviermusik, singen, lachen, laute Unterhaltung. Meine Frau klopft mehrmals an die Wand. Um vier herum kehrt dann endlich Ruhe ein.

Tag 2: Syrakus, Noto

Tagwache 06:45. Frühstück. Wir setzen uns in den Reisebus, in dem wir in der kommenden Woche herumfahren werden. Abgesehen von zwei Spanierinnen, meiner Frau und mir besteht die 37köpfige Reisegruppe nur aus Italienern (sechs davon allerdings schon vor Jahrzehnten nach Australien ausgewandert).

Fahrt nach Syrakus. Der Führer Marcello führt uns durch den Parco Archeologico: vorbei am Tempel Hierons zum Theater, dem größten griech. Theater auf Sizilien, dann in die Latomie (antike Steinbrüche) mit dem sog. Ohr des Dionysios und zum röm. Amphitheater, von dem nur noch vergleichsweise klägliche Reste übrig sind, das aber in seiner Glanzzeit dem Kolosseum in Rom wenig nachstand.

Dann fahren wir ins moderne Siracusa, überqueren zu Fuß die Brücke zur Halbinsel Ortygia, sehen den Apollontempel, den Dom mit seiner Barockfassade, in dessen Innerem noch die Säulen des griech. Athenetempels erhalten sind, und die Quelle der Arethusa (ein Süßwasserbecken direkt am Meer). Mittagessen im Ottocento.

Zurück zum Bus. Weiterfahrt nach Noto, einem jener Barockensambles, die nach dem katastrophalen Erdbeben von 1693 entstanden sind. Wir ergötzen uns an der Kathedrale (die 1996 eingestürzte Kuppel wurde wiedererrichtet), dem Palazzo Ducezio, der Kirche San Carlo al Corso, den figuralen Balkonkonsolen am Palazzo Nicolaci del Principe di Villadorata, der Chiesa di Montevergini.

Rückfahrt nach Riposto. Es gibt die Möglichkeit eines fakultativen (d.h. nicht im Preis inbegriffenen) nächtlichen Ausflugs nach Catania. Wir sind zu müde und passen. Catania ist Weltkulturerbe; es nicht gesehen zu haben, tut mir in der Seele weh.

Tag 3: Messina, Cefalù, Palermo

Weckruf 06:30. Frühstück, Koffer packen, Abfahrt. Erste Station ist Messina. Wir sehen den Orionbrunnen und den Dom mit seiner astronomischen Uhr mit Glockenspiel.

Fahrt entlang des Tyrrhenischen Meeres, linker Hand zunächst die Monti Peloritani, dann die Monti Nébrodi, zuletzt die Madonie. Kurz vor Cefalù biegen wir ins Landesinnere ab und fahren nach Castelbuono. Durch das Herumkurven in den Hügeln der Madonie bekommen wir einen Eindruck von Landschaft und Vegetation. Viel länger als eine halbe Stunde würde ich das allerdings nicht aushalten. Mittagessen im Antico Baglio in Castelbuono. Anschließend spazieren wir durch den Ort hinauf zum Kastell. Unterwegs kosten wir von dem von Verkäufern angebotenen Manna (aus der hier kultivierten Manna-Esche gewonnener Stoff, der zum Süßen und als mildes Laxativum verwendet wird).

Wir fahren nach Cefalù und besichtigen den Dom. Die großartigen Mosaiken im Altarraum sehen wir leider nur aus der Entfernung, da dort gerade eine Hochzeit stattfindet (das sind die Unwägbarkeiten bei Kirchen, es sind halt keine Museen). Wir besichtigen den arabischen Brunnen und die Porta Marina, schauen dem Treiben am Stand zu und lustwandeln durch die mittelalterlichen Gassen.

Weiterfahrt nach Palermo und Ankunft im Hotel Falkensteiner (Palazzo Sitano) am Corso Vittorio Emanuele. Wir beziehen eine mehr als geräumige Suite mit zwei Badezimmern. Für den fakultativen Ausflug Palermo by night sind wir wieder viel zu müde und verzichten darauf.

Tag 4: Palermo

Tagwache 7 Uhr. Nach dem Frühstück fahren wir zum Palazzo dei Normanni und besichtigen die Cappella Palatina mit ihren prächigen Mosaiken. Dann fahren wir nach Monreale und besichtigen den dortigen Dom mit seinen noch viel prächtigeren Mosaiken und den Kreuzgang des Klosters. Zuletzt fahren wir zurück nach Palermo und besichtigen den Dom mit seiner atemberaubenden Fassade, insbes. dem Portikus in katalan. Gotik (für die königlichen Sarkophage muss man Eintritt bezahlen). Geführt werden wir bei all dem von Fabrizio, der für uns auf Dt. statt auf Engl. erklärt.

Nach dem Mittagessen gibt es die Möglichkeit, auf eigene Faust etwas zu unternehmen oder an einem fakultativen Ausflug zur Grotte der hlg. Rosalia auf dem Monte Pellegrino und anschließend nach Mondello (mit Bademöglichkeit) teilzunehmen. Wir ruhen wir uns ein wenig aus und besichtigen dann Palermo by day. Wir spazieren den Corso Vittorio Emanuele runter zum Meer, vorbei an Santa Maria della Catena, und wieder zurück: Fontana Pretoria (wegen der nackten Brunnenfiguren auch "Brunnen der Scham" genannt), Santa Caterina, Palazzo delle Aquile, Piazza Quattro Canti, noch einmal den Dom (die normann. Kreuzbogen an der Apsisaußenmauer). Dann zum Palazzo dei Normanni und San Giovanni degli Eremiti (mit den roten Kuppeln und dem kleinen Kreuzgang), wo wir einige aus unserer Reisegruppe treffen. (Der Eingang von San Giovanni ist nicht ganz leicht zu finden. Verwirrend ist, dass die Kirche daneben einen kostenpflichtigen Blick vom Glockenturm auf San Giovanni anbietet.) Schließlich zurück durch die Porta Nuova.

Das archäolog. Museum schaffen wir an diesem Nachmittag nicht. Wie wir am Abend von anderen aus der Reisegruppe erfahren, die dort waren, hatte es ohnehin geschlossen (das sind die Unwägbarkeiten bei Museen).

Tag 5: Erice, Marsala, Selinunt, Porto Empedocle

Aufstehen um 7. Wieder packen. Wir fahren vorbei am Tempel von Segesta (vorbei, obwohl der Tempel nahe der Autobahn liegt! – mir blutet das Herz), nach Érice. Wir spazieren durch mittelalterliche Gässchen, sehen die über einem Aphroditetempel errichtete Chiesa Matrice, San Salvatore, San Pietro, wandern zum Kastell und genießen den wunderbaren Ausblick (Erice liegt 750 m ü.d.M.).

Wir fahren weiter zu einer Weinverkostung nach Marsala. Besonders mundet mir der likörartige Zibibbo. Der Kellereibesitzer hat aus gesundheitlichen Gründen drei Jahre in Davos verbracht und spricht recht gut deutsch.

Mittagessen im Agriturismo Case di Latomie. (Agriturismo ist die italien. Variante von Ferien auf dem Bauernhof, mit Speise und Trank aus eigener Produktion.)

Am Nachmittag geht es nach Selinunt. Unsere Führerin geleitet uns zum relativ gut erhaltenen Tempel E, daneben der riesige Trümmerhaufen von Tempel G (der eher an eine Mole erinnert). Mit dem Bus fahren wir zur Akropolis, spazieren die Umfassungsmauer entlang, dann hinauf zum Tempel C (der teilweise eingerüstet ist), sehen die Mauerreste karthagischer Bauten.

Wir fahren weiter Richtung Agrigent, zum Hotel Villa Romana in Porto Empedocle. Nach dem Abendessen geht es zum Tal der Tempel in Agrigent. Ein Besuch der nächtlich erleuchteten Tempel gehört offenbar zum Pflichtprogramm eines Agrigentbesuchs. Wir halten vor dem Eingang zum Tal der Tempel unterhalb des Heratempels, um Fotos machen zu können. Was aber ohne Stativ und Teleobjektiv ziemlich witzlos ist. Der Ausflug ist sinnlos, einziger Lichtblick: unser Busfahrer Piero hat aus Marsala eine Flasche Zibibbo und kleine Verkostungsbecher mitgebracht, die er jetzt unter der Reisegruppe ausschenkt.

Tag 6: Agrigent, Villa Romana del Casale

Aus dem Bett um 7 Uhr, Frühstück, packen, Abfahrt. Wir fahren wieder zum Heratempel, wo uns ein launiger Führer, der sich Vittorio Palermo nennt (ist das auch nur ein Witz für Italiener?), in Empfang nimmt. Der Eintritt ist übrigens um einen Euro teurer als sonst, da über das Gelände verstreut große Objekte (zumeist aus Bronze) des poln. Bildhauers Igor Mitoraj zu sehen sind.

Wir beginnen beim Heratempel, gehen an der Mauer mit den christl. Grabnischen vorbei zum besterhaltenen aller griech. Tempel, dem sog. Concordiatempel, dann vorbei an den acht wiedererrichteten Säulen des Heraklestempels, zu den Trümmern des Zeustempels mit seinem schlafenden Riesen (am Boden liegende riesige Stützfigur, nur eine Nachbildung, das Original ist im Museum) und den Resten des großen Altars vor dem Tempel. Andere Goodies wie den Tempel des Kastor und Pollux oder das Heiligtum der Demeter und Persephone sehen wir leider nicht.

Weiter gehts nach Piazza Armerina. Das Mittagessen nehmen wir in der Azienda Torre di Renda ein. Danach fahren wir zur Villa Romana del Casale (berühmt für seine großflächigen Mosaiken). Der Eintritt ist reduziert, da momentan wegen Umbau- und/oder Renovierungsarbieten nur ein Drittel der Villa besichtigt werden kann. Es führt uns ein pensionierter Lehrer namens Onofrio. Von ihm lernen wir einen populären italien. Ausdruck: Bunga Bunga (das, was Silvio Berlusconi mit Ruby & Co gemacht hat, oder auch nicht). Wir sehen das Triclinium, die kleinen Räume daneben (wo vermutl. Bunga Bunga stattfand), das Mosaik mit den Bikinimädchen, den langen Korridor mit den Jagdmosaiken, die Basilika (d.h. den Versammlungssaal) und die Fünf-Personen-Toilette.

Danach fahren wir weiter nach Riposto, wo wir wieder Zimmer im Hotel Yachting Palace beziehen.

Tag 7: Ätna, Taormina

Tagwache wie gewohnt um 7 Uhr. Wir fahren auf den Ätna nach Rifugio Sapienza, wo die Bergstation der Seilbahn ist, dann mit der Seilbahn und zuletzt mit geländegängigen Kleinbussen bis zum Rifugio Torre del Filosofo. Von der einstigen Schutzhütte ragt gerade mal ein kleines Stück des Daches aus dem Lavagestein. Mit einem Bergführer unternehmen wir einen etwa 45minütigen Rundgang. Dann geht es mit Kleinbus und Seilbahn zurück zum Bus.

Unweit der Seilbahnstation befindet sich das Hotel Corsaro, wo wir zu Mittag essen (das einzige Mal auf der ganzen Reise ein Buffet).

Danach fahren wir nach Taormina. Mit dem Bus zum Parkplatz Limbo (eigentl. ein Parkhaus). Von dort fahren regelmäßig Busse (deren Benutzung offenbar in die Parkgebühr inkludiert ist) zum Rand des historischen Ortskernes hinauf. Unsere Führerin Marta zeigt uns den Palazzo Corvaja, das röm. Odeion und schließlich das Teatro Greco (das in seiner heutigen Form eine Arena für Gladiatorenkämpfe war, aber jetzt wieder als Theater verwendet wird). Wir genießen die wunderbare Aussicht von den oberen Rängen und marschieren dann (die Zeit drängt) den Corso Umberto entlang zur Piazza IX Aprile und weiter zur Piazza del Duomo. Ein kurzer Gang durch den Dom, ein paar Fotos hier und da und dann zurück zum Parkplatz Limbo. Wir gehen die Scalinata (Treppe) hinunter, aber der Blick auf das Parkhaus ist wenig erhebend.

Abends gibt es eine Folkloreveranstaltung am Hotelpool mit drei Musikern – einem Tamburinschläger, einem Akkordeonspieler und einem Flötisten. Die drei spielen, durchaus virtuos, Tarantellas und italien. Volkslieder. Der Flötist ist gleichzeitig Conférencier und gibt, wie die Körpersprache vermuten lässt, hauptsächlich zotige Witze zum Besten. Die Versuche, das Publikum zum Tanzen anzuregen, scheitern aber kläglich.

Tag 8 und 9: Rückreise

Die Gruppe löst sich auf. Einige werden schon um 5 Uhr früh abgeholt, die meisten zwischen 8 und 14 Uhr; die Australier bleiben noch ein paar Tage hier; wir werden erst um 17:30 abgeholt (sind die allerletzten), müssen also den Tag noch irgendwie rumbringen.

Wir setzen uns zum Pool und unterhalten uns noch mit einer Dame aus der Gruppe, bis sie abgeholt wird. Dann schwimmen wir im Pool. Zu Mittag möchte meine Frau eine Pizza, doch überall heißt es: "Pizza? La sera." (Pizza gibt's nur abends). So landen wir im Fischlokal Aragosta. Wieder Fisch!

Am Nachmittag gehen wir noch einmal in den Pool. Dann Fahrt zum Flughafen, Check-In, Flug nach Wien. Kurz nach dem Abheben sagt der Pilot, linker Hand könne man den Ätna mit seiner Lava sehen. Ich halte das zunächst für einen Irrtum (wir sitzen rechts und sehen nichts), denn wir sind am Vortag auf dem Ätna gewesen und da war keine Lava. Doch im Internet lese ich tags darauf, dass an diesem Tag tatsächlich der Ätna wieder ausgebrochen ist und in der Nacht hohe Lavafontänen ausgespuckt hat.

In Wien Übernachtung im Flughafenhotel (riesig, aber sehr hübsche Zimmer). Am nächsten Morgen Weiterflug nach Salzburg.

Resümee

Sizilien ist definitiv eine Reise wert. Das Klima ist ähnlich wie in Griechenland, die Insel ist aber grüner und fruchtbarer als die meisten griech. Gegenden. Das Essen ist Italienisch mit einigen lokalen Besonderheiten und arabischem Einschlag.

Die Organisation der Rundreise war makellos und funktionierte ohne eine einzige Panne. Das Besichtigungsprogramm war nicht in allen Punkten nach meinem Geschmack: auf die Weinverkostung oder die Ätnabesichtigung hätte ich verzichten können, Catania und Segesta nicht gesehen zu haben, schmerzt mich dagegen sehr. (Aber wer damit nicht leben kann, muss sich seine Reise selbst zusammenstellen.)

Auch hätte ich weniger Zeit auf die Nahrungsaufnahme verwendet. Italiener essen offenbar gern und der Reiseveranstalter hat sich den Wünschen seiner Kundschaft gebeugt: jedes Mittag- und Abendessen bestand aus mind. drei, oft vier Gängen, jedesmal gab es Wasser und Wein (Bier und Limonade dagegen waren extra zu bezahlen). Sehr häufig gab es Fisch, und die Fusilli (die Spiralnudel ist offenbar die Allzwecknudel der Pastaküche) hingen am Schluss auch den Italienern schon zum Hals raus.

Allgemeine Tipps

Nur das Hotel in Roposto hatte im Zimmer zumindest eine Schukosteckdose. Überall sonst gab es nur die Kombisteckdosen vom Steckertyp L (10 A / 16 A), wobei die 10-A-Variante mit Euroflachsteckern kompatibel ist. D.h. die elektrische Zahnbürste konnten wir überall einstecken, den Fön mit seinem Konturenstecker nicht (die Kontaktstifte haben den Abstand der 10-A-Öffnungen, sind aber zu dick). Wer Geräte mit Schuko- oder Konturensteckern betreiben möchte, muss einen Adapter mitbringen.

Ich hatte geglaubt, den Pullover nur für den Ausflug auf den Ätna zu brauchen. Doch dank Air Condition war es im Reisebus, in Speisesälen und z.T. auch in Hotelzimmern (der neue Gebäudetrakt des Yachting Palace erlaubt offenbar keine individuelle Temperaturregelung) so kühl, dass wärmeliebende Naturen (zu denen auch ich gehöre) jeden Tag einen Pullover brauchten. Nach einigen Tagen stellte sich ein gewisser Schmuddelfaktor ein, daher unbedingt einen zweiten Pullover zum Wechseln mitbringen.

Wir haben das Wasser aus der Leitung in geringen Mengen getrunken. Wir haben keine geschmackliche oder gesundheitliche Beeinträchtigung festgestellt.

Etwas Italienisch sollte man schon können. Außerhalb der Hotelerie darf man auf gute Englischkenntnisse anscheinend nur bei der jungen Generation rechnen. Leute über 40, auch solche mit Universitätsbildung, können es oft nur bruchstückhaft (oder scheuen sich, es zu sprechen). Eher noch trifft man auf Deutschkenntnisse, manche Italiener haben Wurzeln im deutschsprachigen Raum. Zwar haben die Reiseleiterin und die Führer auf Italien., Engl. und Span. erklärt (der Bergführer auf dem Ätna nur auf Italien. und Franz.); aber die witzigen Wortgefechte zwischen Reiseleiterin und Buschaffeur blieben unübersetzt. Mitlachen war so nicht möglich. Wir hatten das Glück, dass eine Mitreisende, die als Kundenbetreuerin bei Lavazza ausgezeichnet Englisch und auch ganz passabel Dt. sprach, sich unser annahm und viel für uns dolmetschte (mille grazie, Viviana).

Der nicht ganz einstündige geführte Rundgang auf dem Ätna hat selbst einer eingefleischten Sofakartoffel wie mir keinerlei Anstrengung abgenötigt. Wer allerdings beim Treppensteigen Probleme hat oder unter Herz-Kreislauf-Problemen oder Asthma leidet, sollte darauf verzichten. Zumindest Turnschuhe, einen dicken Pullover und eine Windjacke sollte man mitbringen. Auf knapp 3.000 m ist es schon kühl und stellenweise sehr windig. In T-Shirt oder kurzer Hose (auch das haben wir gesehen), wird man rasch erbärmlich frieren.

Gesehen haben wir sie nicht, die Handtaschenräuber auf Vespas, die einem im Vorbeifahren die Tasche entreißen. Dennoch hat uns unsere Reiseleiterin in Palermo empfohlen, die Tasche immer auf der straßenabgewandten Seite zu tragen.

Die Straßen auf Sizilien sind z.T. beängstigend eng. Der Bus musste gelegentlich einen kleinen Umweg fahren, weil an manchen Stellen ein Abbiegen in die gewünschte Richtung nicht möglich war. Autobahnen sind mautpflichtig. Der Bus hatte Telepass (Maut wird elektronisch abgebucht), konnte also bei der Autobahnausfahrt durchfahren. Für Touristen wird sich so etwas nicht rentieren, man zahlt in Bar, per Kreditkarte oder Pre-paid-Magnetkarte. Vor allen an Wochenenden können die Schlangen vor den Bezahlstellen lange sein. Mit Wartezeiten ist zu rechnen.

Sizilien in der Literatur


Goethes Reiseroute: von Palermo über Segesta, Agrigent, Enna, Catania, Taormina nach Messina. Grundlage der Karte ist eine  unbeschriftete topograph. Karte (750x551 px) von  http://www.­freeworldmaps.­net/. Lizenz: laut  Wikipedia Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.5.

Caspar David Friedrich, Junotempel in Agrigent (um 1828): malerische Ruinen vor untergehender Sonne ( Heratempel). Quelle:  Zeno.org (3000x2241 px). Lizenz: Gemeinfrei. Im Web findet man Versionen dieses Bildes, die durch automat. Weißabgleich "verblaut" wurden.

Thomas Cole, Mount Aetna from Taormina (1844): malerische Ruinen vor imposantem Berg (Blick von den oberen Rängen des  Theaters). Quelle:  Wikipedia (915×600px). Lizenz: Gemeinfrei.

Goethe

"Italien ohne Sizilien macht gar kein Bild in der Seele: hier ist erst der Schlüssel zu allem." - sagt Goethe in seiner Italienischen Reise (Palermo, 13. April 1787). Mit "allem" meint Goethe wohl die klassische griech. Kultur. Denn er suchte in Italien trotz seiner vielfältigen Interessen, was Kultur betrifft, nur das Land der Griechen. Von seinem Abstecher nach Monreale berichtet er nur, dass ihm die Mönche von San Martino ihre Altertümersammlung zeigten (10. April 1787,  Text bei Projekt Gutenberg). Am Normannendom mit seinen prächtigen Mosaiken scheint er desinteressiert vorbeigefahren zu sein. Wo hatte der Mann bloß seine Augen?

Schiller

Eine der bekanntesten Balladen Friedrich Schillers, die Bürgschaft (entstanden 1798, vollständiger  Text bei Wikisource), spielt auf Sizilien. Es geht um ein versuchtes Attentat auf Dionysios II., Tyrann von Syrakus 367-357 und 346-344 v.Chr. (nach anderen ist Dionysios I., Tyrann 405-367 v.Chr., gemeint):

Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damon [ursprl. Version: Möros], den Dolch im Gewande,
Ihn schlugen die Häscher in Bande.
„Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!“,
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
„Die Stadt vom Tyrannen befreien!“
„Das sollst du am Kreuze bereuen.“

Freie Wiedergabe: Ein Bewohner von Syrakus namens Damon begab sich heimlich zu dem Staatschef Dionysios, einem Diktator. Dabei hatte er eine Stichwaffe unter seiner Kleidung verborgen. Die Leibwächter ergriffen ihn aber und nahmen ihn gefangen. Der Diktator fragte Damon böse: „Was hattest Du denn mit dem Dolch vor?“ Damon gestand: „Ich wollte dich töten und so die Freiheit und den Rechtsstaat wiederherstellen.“ Darauf Dionysios: „Für diesen Hochverrat wirst Du mit einem äußerst schmerzhaften Tod büßen.“

Messina ist Schauplatz des Dramas Die Braut von Messina. (Auch Shakespeares Much Ado About Nothing spielt in Messina.)

Durrell

Lawrence Durrell (1912-1990), der Erfinder der Islomanie, der übersteigerten Liebe zu (mediterranen) Inseln, und Autor von Büchern über Korfu, Rhodos und Zypern, hat relativ spät in seinem Schaffen auch ein Buch über Sizilien geschrieben: Sicilian Carousel (1977). Er beschreibt darin eine fiktive Rundreise durch Sizilien, die vom Veranstalter Sizilianisches Karussell genannt wird. Solche Reisen gibt es heute tatsächlich, ob es sie unter diesem Namen auch schon vor Durrells Buch gegeben hat, konnte ich nicht herausfinden.

Durrells Reise ist (trotz der Schreibung von carousel mit nur einem r) kein carousal ("Trinkgelage, Besäufnis") geworden. Auf Dt. heißt das Werk Blühender Mandelbaum – was der Rowohlt-Verlag aus den Titeln der Bücher Durrells gemacht hat, ist eine Sauerei. Die Ausgabe von 1997 enthält eine erkleckliche Anzahl von Satzfehlern, und auch die Übersetzung ist stellenweise fragwürdig: nicht jede "fountain" ist eine Fontäne, insbes. nicht die Quelle der Arethusa in Syrakus; Namen werden nicht oder falsch übersetzt: "Cavafy" (Konstantinos Kavafis), "Zyprus" (muss wohl Zypern sein), einmal "Pliny" (einmal richtig "Plinius").


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 2. Mai 2024