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Islam
Für den Lehrer ist der wesentliche Unterschied zwischen Buddhismus und Islam der: Der Buddhismus, obwohl fast 1000 Jahre älter als der Islam, ist eine Geschichte von Ideen. Er ist kaum jemals in der politischen Geschichte wirkmächtig geworden (ausgenommen vielleicht das Königreich des Aśoka). Der Islam ist von Anfang an auch die Geschichte von großflächigen Eroberungen und eines großen Reiches. Mehrmals in der Geschichte kam es zu schicksalsträchtigen Zusammenstößen mit dem christlichen Abendland (Schlacht von Tours und Poitiers, Schlacht auf dem Amselfeld, Belagerung von Wien). Wer vom Islam erzählt, muß zwangsweise auch von der politischen Geschichte berichten.
Ich habe mich darum bemüht, sachlich zu bleiben. Meine Parteilichkeit zugunsten eines eher traditionellen Christentums und meine Angst vor einem militanten Dschihad-Islam will ich nicht leugnen. Political correctness halte ich für eine verbrämte Form des Orwellschen Newspeak. Ich gebrauche daher zumeist die im Dt. eingebürgerten Formen wie Mohammed, Moslem usw. Ansonsten verwende ich die arabische Schreibung oder führe sie zumindest an. Ich benutze die christliche Zeitrechnung, weil diese im deutschsprachigen Raum die Standardära ist. Wer eine Umrechnung braucht, kann z.B. auf den Kalenderrechner der Uni Zürich zurückgreifen.
Hans Küng hat zwar recht, wenn er sagt, daß es den Islam nicht gibt. Aber wie sich der Islam in der Auseinandersetzung mit dem Westen und seinen Ideen und (auch fehlenden) Werten präsentiert, ergibt doch ein konsistentes Bild. Angesichts etwa der täglichen Bilder von Terroropfern im Irak oder in Israel läßt sich der bewaffnete Dschihad nicht weginterpretieren. Dann zu behaupten, der Islam habe damit nichts zu tun, wäre so, als würde ich behaupten, die Kreuzzüge hätten mit dem christlichen Glauben nichts zu tun.
Diese Seite ist 2007 entstanden. Ich habe sie mehrmals aktualisiert. Aber angesichts der ständigen politischen Fluktuation im arabischen Raum (Arabischer Frühling) und im Nahen Osten (Israel, Iran) wird sie der aktuellen Situation immer hinterherhinken.
Die Sprache des Koran und damit des Islam ist Arabisch. Für die Wiedergabe des Arabischen werden folgende Zeichen - allerdings nicht konsequent, da ich nicht in allen Fällen die korrekte arabische Schreibung auffinden konnte - verwendet:
Arab. إسلام ʾislām heißt „Unterwerfung, Hingabe“ (nämlich an Gott), Pt. مسلم muslim (oder moslem), Pl. مسلمون muslimūn (danach wohl dt. Muselman, frz. musulman) „sich unterwerfend, sich hingebend“. Die Bezeichnung Mohammedaner lehnen die Moslems ab.
Der Islam ist mit ca. 1,4 Mia Gläubigen nach dem Christentum die zweitgrößte Religionsgemeinschaft der Welt.
Als Mohammed geboren wird, herrschen im Zweistromland und im Iran die persischen Sassaniden (Hst. Ktesiphon), in Unterägypten, Syrien, Kleinasien und Osteuropa die Byzantiner (Oströmisches Reich, Hst. Konstantinopel). In Italien haben die Langobarden und Awaren unter König Alboin 568 das Langobardenreich errichtet, die Völkerwanderung ist damit an ihr Ende gekommen. In Frankreich herrschen die Merowinger (Austrien/Neustrien/Burgund), Chlothar II (613-629) vereinigt das Gesamtreich wieder. In Spanien besteht das Reich der Westgoten, das 711 von den Arabern erobert werden wird.
Mohammed, arab. محمد Muḥammad, wird ca. 570 in der Handelsstadt Mekka als Angehöriger des Stamms der Quraiš und des Clans der Hāšim geboren. Der Vater stirbt schon vor der Geburt, die Mutter, als Mohammed 6 Jahre alt ist. Mohammed kommt zunächst zu seinem Großvater ʿAbd al-Muṭṭalib, als nach 2 Jahren auch dieser stirbt, zu seinem Onkel Abū Ṭālib (einem jüngeren Bruder seiners Vaters), der Oberhaupt der Hāšim ist.
Mohammed arbeitet zunächst als Schafhirte, nimmt dann auch an Handelsreisen (Karawanen) teil. Um 595 bietet ihm die um 15 Jahre ältere reiche Kaufmannswitwe Ḫadīǧa die Ehe an. Mohammed ist damit ein finanziell gut gestellter Kaufmann. Dieser Ehe entstammt Mohammeds Tochter Fāṭima.
Mit 40 Jahren (610) behauptet Mohammed, er habe Offenbarungen empfangen. Er verkündet ihren Wortlaut zuerst im Familienkreis, dann auch in der Öffentlichkeit. Ihr Inhalt: die Macht und Barmherzigkeit des einen Gottes, die Forderung nach Gerechtigkeit und sozialer Solidarität. Mit dieser Botschaft erntet Mohammed hauptsächlich Unverständnis, er gewinnt nur wenige Anhänger, hauptsächlich Familienmitglieder (vor allem seine Frau Ḫadīǧa) und Angehörige niederer sozialer Schichten. Mohammeds Gegner sind die Kaufleute und die führenden Männer der mächtigeren Clans. Doch hält Abū Ṭālib schützend die Hand über ihn und widersetzt sich allen Forderungen, Mohammed ruhigzustellen.
Spätestens seit Mohammed den Polytheismus angreift, kommt es auch zu Übergriffen und auch einem Handelsboykott gegen die Moslems. Denn in Mekka befindet sich ein polytheistisches Heiligtum, die Kaaba (arab. كعبة kaʿba „Kubus, Würfel“), die Ziel vieler Wallfahrten ist, wovon Mekka u.a. wirtschaftlich profitiert.
619 sterben Mohammeds Frau Ḫadīǧa und sein Beschützer Abū Ṭālib. Der neue Clanchef ist zwar auch ein Onkel, aber ein Gegner Mohammeds, der deshalb seinen Clanschutz verliert. Mohammed nimmt ab 620 Verhandlungen mit Männern aus der Stadt Yaṯrib (später al-Madīna „die Stadt“, dt. Medina, genannt) auf. In kleinen Gruppen wandern die Moslems von Mekka nach Medina aus. Am 16. Juli 622 wandert auch Mohammed aus. Diese sog. Hedschra (arab. هجرة hiǧra „Emigration, Auswanderung“) ist zugleich der Beginn der Zeitrechnung nach dem später eingeführten islamischen Kalender.
Medina ist landwirtschaftlich orientiert, es rivalisieren dort zwei arabische und drei jüdische Stämme. Deshalb wird Mohammeds Monotheismus dort leichter angenommen. Aufgrund der jahrzehntelangen, oft blutigen Auseinandersetzungen wird der Prophet als Schiedsrichter angerufen. Mohammed schließt mit den Medinensern einen Bündnisvertrag, der die Gemeinde (arab. أمة ʾumma „Gemeinschaft“) begründet und in dem Mohammed als religiöser und politischer Führer eingesetzt wird (Theokratie).
In der Folgezeit unternimmt Mohammed Feldzüge gegen die Mekkaner (Sieg in der Schlacht von Badr 624, Niederlage in der Schlacht von Uḥud 625, Sieg im sog. Grabenkrieg 627). Weil die jüdischen Stämme sein Prophetentum nicht rückhaltlos anerkennen, vertreibt Mohammed zwei der jüdischen Stämme (wobei er ein ungeschriebenes Gesetz bricht und ihre Palmen fällen läßt), den dritten löscht er in einem Massaker (628) aus. Das Verhalten gegenüber den Juden wird im Koran als Gottes Wille gerechtfertigt ( 59,3-5, 33,25–27).
Andere militärische Unternehmungen waren die Eroberung der reichen, von Juden bewohnten Oase von Khaibar (628) oder der im Ganzen eher erfolglose Feldzug in den Norden an die Grenze des byzantinischen Reiches (629, 9,29).
630 zieht Mohammed mit einem großen Heer nach Mekka und nimmt es fast kampflos ein. Er reinigt die Kaaba von den Götzenbildern und macht sie zum ersten und wichtigsten islamischen Heiligtum. Er zerstört Heiligtümer in und um Mekka und besiegt zwei Beduinenstämme, die dem Islam nicht beitreten wollten.
Danach schließen sich viele arabische Stämme Mohammed an und werden Moslems. Mohammed stirbt am 8. Juni 632 in Medina ziemlich unerwartet an einer plötzlichen Erkrankung.
Mohammed stirbt, ohne die Nachfolgefrage geregelt zu haben. Für den Propheten kann es keinen Nachfolger geben, er war ja das „Siegel der Propheten“. Aber für den Anführer und Feldherrn, aber auch die Leitung der Umma ist ein Nachfolger notwendig.
Die ersten (später von den Sunniten als „rechtgeleitete“ bezeichneten) Kalifen (arab. خليفة ḫalīfa „Nachfolger, Stellvertreter“) sind Moslems der ersten Stunde und langjährige Mitstreiter Mohammeds, die ersten beiden auch seine Schwiegerväter, der vierte sein Schwiegersohn (Ehemann von Mohammeds Tochter Fāṭima):
Die ersten beiden Kalifen feiern große militärische Erfolge: 633 Sieg über eine feindliche Stammesföderation in Zentralarabien, 634 Sieg über das byzantinische Heer bei Aǧnādain, 635 Eroberung von Damaskus, 637 Ktesiphon, 638 Jerusalem, 640 Cäsarea am Meer, 643 Alexandria, 644 Isfahan. Innerhalb von 10 Jahren wird das persische Sassanidenreich zerstört, das byzantinische Reich reduziert auf Anatolien und den Balkan. Die Moslems herrschen jetzt über Ägypten, Palästina, Syrien, Mesopotamien, Iran, Aserbaidschan.
ʿUṯmān läßt die Offenbarungen des Propheten, die bis jetzt hauptsächlich mündlich durch Rezitatoren weitergegeben wurden, schriftlich aufzeichnen: der Koran entsteht.
Die Araber haben ein Riesenreich erobert und eine riesige Kriegsbeute gemacht. Doch ʿUṯmān zeigt sich einer gerechten Verteilung nicht gewachsen, er vergibt Ämter hauptsächlich an Mitglieder seines Clans. Er wird von Unzufriedenen ermordet. ʿAlī wird mit Unterstützung der Mörder zum Kalifen gewählt (661-680). Muʿāwiya ibn abī Sufyān, ein Vetter ʿUṯmāns und Gouverneur von Syrien erhebt Einspruch und fordert die Bestrafung der Mörder. Es kommt zu einem Bürgerkrieg. ʿAlī verlegt die Residenz des Kalifen von Medina nach Kūfa.
Es kommt zu einem Streit darüber, was jemanden zur Führung der Umma, zum islamischen Herrscher, zum Kalifen legitimiert. Es entstehen drei Parteien:
ʿAlī ist schließlich bereit, sich einen Schiedsgericht zu stellen, das 660 auf Neuwahl des Kalifen entscheidet. Muʿāwiya läßt sich in Jerusalem als Kalif huldigen. Nachdem ʿAlī (aus Rache für ein Blutbad, das er unter Ḫāriǧiten angerichtet hatte) ermordet wird, wird dieses Kalifat überall anerkannt. Muʿāwiya residiert - nun auch als Kalif - in Damaskus. Er konzentriert sich vor allem auf die politische Führung und Organisation des Reiches, das er in Nordafrika bis Tunesien, im Osten bis zum Oxus (h. Amudarja) ausdehnt. Das Kalifat wird durch ihn säkular und erblich - die nächsten 13 Kalifen sind Umayyaden (dt. Omaijaden).
ʿAlīs ältester Sohn Ḥasan verzichtet gegen eine großzügige finanzielle Entschädigung auf das Kalifat. Als Muʿāwiya aber 680 seinen Sohn Yazīd zum Nachfolger designiert, laden die Schiiten von Kufa ʿAlīs jüngeren Sohn Ḥusain nach Kufa ein, um ihn zum Kalifen auszurufen. Ḥusain begibt sich mit seiner Familie von Mekka in den Irak. Doch bei Kerbela kommt es zu einem Kampf mit Regierungstruppen, bei dem Ḥusain und alle Männer niedergemetzelt werden. Mohammeds Nachkommen sind damit praktisch ausgelöscht.
Für die Schiiten wird der Tod Ḥusains zum Märtyrertod, sein Grab in Kerbela zu einem wichtigen schiitischen Wallfahrtsort. Sein Todestag wird zum großen Trauertag, der mit Prozessionen und Passionsspielen begangen wird.
Unter den Schiiten kommt es später immer wieder zu Streitigkeiten über die Frage, wer als nächster Imam zu betrachten sei. Es bilden sich im Laufe der Zeit vor allem drei Gruppierungen heraus, die sich vor allem darin unterscheiden, wieviele Imame sie anerkennen:
Aus der Schia stammt auch das Warten auf den Mahdi (arab. مهدي „(recht) geleitet, geführt“), einen endzeitlichen Herrscher und Heilsbringer, der die Gerechtigkeit wiederherstellen wird. Nach schiitischer Überzeugung handelt es sich dabei um den letzten Imam, der sich in die Verborgenheit zurückgezogen hat.
Die Vertretung des abwesenden Imam üben im schiitischen Islam die Ayatollahs (arab. آية الله ʾāyat allah „Zeichen Gottes“) aus. Die Religionsgelehrten werden Mullahs (pers. ملا mullā < arab. مولى maulā „Beschützer, Meister“) genannt. Diese Bezeichnung ist auch auf dem indischen Subkontinent für die (dort sunnitischen) Geistlichen gebräuchlich.
Im islamischen Reich der Umayyaden gibt es eine Zweiklassengesellschaft (vgl. 22,17):
Die Umayyadenkalife hatten kein Interesse daran, die Ḏimmī zum Islam zu bekehren, da sie von ihnen höhere Steuern einheben konnten. Das islamische Reich war zu Beginn ein von moslemischen Arabern regiertes Reich. Mit ʿAbd al-Malik (685-705) beginnt die Arabisierung und Islamisierung des Reiches: Einführung des arabischen Dinar (an Stelle der byzantinischen und persischen Münzen), des Arabischen als Amtssprache (an Stelle von Griechisch bzw. Persisch), einer (bildlosen) islamischen Kunst (z.B. Felsendom in Jerusalem, 692, die Arabeske als Ornament).
Sein Sohn al-Walīd (705-715) dehnt das Reich noch weiter aus: Eroberung von Transoxanien (h. Usbekistan, Städte Buḫārā und Samarkand) und damit Beginn der Islamisierung der Turkvölker; Vorstoß ins Indusgebiet, der Islam kommt nach Indien (wo später das islamische Reich der Moguln entstehen wird); der Berber Ṭāriq ibn Ziyād landet 711 auf dem später nach ihm „Berg des Tariq“ (Ǧabal [aṭ-]Ṭāriq = Gibraltar) benannten Felsen und erobert das Westgotenreich. Die über Spanien herrschenden Berber und Araber werden als Mauren (< lat. Mauri, Bew. von Mauretania, h. Westalgerien/ Marokko) bezeichnet. Später stoßen die Araber ins Frankenreich bis zur Loire vor. Erst Karl Martell kann 732 in der Schlacht bei Tours und Poitiers den arabischen Vormarsch stoppen.
Nach dem Tode des ʿUmar II. ibn ʿAbd al-ʿAzīz (717-720), der vor allem innere Reformen in Angriff genommen hat, ist die Herrschaft der Umayyaden durch Intrigen und interne Machtkämpfe und schließlich den Ausbruch von Unruhen gekennzeichnet. Um 750 übernimmt die Familie der Abbasiden (die sich auf Mohammeds Onkel al-ʿAbbās zurückführen) die Macht: Abū l-ʿAbbās, genannt as-Saffāḥ „der Blutvergießer“, wird zum Kalifen ausgerufen und rottet die Umayyaden systematisch aus. Nur ʿAbd ar-Raḥmān entkommt, er gelangt 755 nach Spanien, bringt es unter seine Herrschaft und gründet ein Emirat (türk. emir < arab. امير amīr „Befehlshaber (muslimischer Soldaten); (nach erfolgreicher Eroberung:) Gouverneur“), das spätere Kalifat von Córdoba.
Al-Manṣūr (754-775) gründet eine neue Hauptstadt: Bagdad. Das Zentrum des Reiches liegt jetzt im Irak. Die ursprüngliche Trennung zwischen Eroberern und Eroberten war schon lange nicht mehr aufrecht zu erhalten. Viele der eroberten Völker haben inzwischen den Islam angenommen. Der Islam ist keine arabische Religion mehr, er ist eine Weltreligion.
Die Beamtenhierarchie wird immer größer, die Administration komplizierter. Zur Koordination und Kontrolle der Behörden setzt al-Mahdī (775-785) erstmals einen Wesir (pers. وزير wazīr) ein. Die Kalifen von Bagdad treten mit großem Reichtum und Pracht auf (was sich noch in den Märchen von 1001 Nacht spiegelt: Hārūn ar-Rašīd, 786-809).
Die späteren Kalifen werden immer mehr Spielball ihrer türkischen Soldaten. Sie lassen den Irak zunehmend veröden, es kommt zu einer wirtschaftlichen Rezession. 945 erobern die nordiranischen Buyiden (Schiiten) Bagdad. Die Kalifen haben fortan keine politische Macht mehr, sie sind nur noch religiöses Oberhaupt.
Rund 100 Jahre später erobern die türkischen Seldschuken (nach dem Begünder der Dynastie, türk. Selçuk, um 1000; Sunniten) Persien und 1055 den Irak (wenig später sogar das byzantinische Anatolien). Sie entmachten die Buyiden, lassen das Kalifat aber weiterbestehen. Die seldschukischen Herrscher nehmen den Titel Sultan (arab. سلطان sulṭān „Stärke, Herrschaft“) an und residieren meist in Isfahan.
Die Zeit der Abbasidenkalifen ist auch die Hochblüte der arabischen Philosophie und Wissenschaft (insbes. Medizin). Bekannte Namen sind: Avicenna (Ibn Sīnā, 980-1037, medizinische Schriften) und Averroës (Ibn Rušd, 1126-1198, Kommentare zu Aristoteles).
Seit dem 9. Jh. ist es im großen islamischen Reich zu einer zunehmenden Regionalisierung gekommen, d.h. Gebiete haben sich aus dem Imperium gelöst und eigene Reiche unter der Herrschaft lokaler Dynastien gebildet. Z.B. in Ägypten die Fatimiden (969-1171, mit Kairo, arab. al-Qāhira „die Starke“, als Hst.) und die Ayyubiden (1171-1252), deren Begründer Saladin (Ṣalāḥ ad-Dīn) Beziehungen zu König Richard I. Löwenherz von England und Kaiser Friedrich I. Barbarossa unterhält und der 1187 Jerusalem von den Christen zurückerobert (dargestellt im Film Kingdom of Heaven unter der Regie von Ridley Scott).
1258 erobern und zerstören die Mongolen Bagdad und ermorden den letzten Abbasidenkalif. (Auch die Mongolen nehmen später teilweise den Islam an und tragen ihn so bis nach China.) Mit der Zerstörung Bagdads ist das eine islamische Großreich endgültig zu Ende.
Die geistige Führerschaft im Islam übernehmen einerseits die Religionsgelehrten (Ulama, arab. عالم ʿālim „Wissender“, Pl. علماء ʿulamāʾ), die sich vor allem um korrekte Anwendung der Scharia kümmern und Rechtsgutachten (arab. فتوى fatwā, Pt. مفتي muftī „Gutachter“) erstellen, und andererseits die Sufis (arab. صوفي ṣūfī, v. صوف ṣūf „Wolle“, weil wollene Gewänder tragend? oder v. griech. σοφία sophía "Weisheit"?) ursprl. Asketen, die (als Reaktion auf den immer mehr verrechtlichen Scharia-Islam) die persönliche Spiritualität, das Einswerden mit Gott (daher wird Sufismus oft als islamische Mystik bezeichnet) betonen und ordensähnliche Gemeinschaften bilden. Als Mittel dazu können auch Musik und Tanz dienen. Bekannt sind die sog. tanzenden Derwische (pers. درویش darwīš „Bettler“). Es entsteht in dieser Zeit eine Art Volksislam (Verehrung von Heiligen, Wallfahrten zu Gräbern, u.ä.).
Natürlich ist der Islam politisch nicht am Ende. Das Reich der türkischen Osmanen (benannt nach ihrem ersten Sultan Osman Gazi; Sunniten, ca. 1300 bis nach dem 1. Weltkrieg) ist zur Zeit seiner größten Ausdehnung kaum kleiner als das Reich der Abbasidenkalifen. Die Osmanen erobern Konstantinopel, den Balkan einschließlich Griechenlands, die Krimregion, und belagern sogar zweimal (1529 und 1683) Wien, die Hst. des Habsburgerreiches. Die osmanischen Sultane beanspruchen später auch den Kalifentitel.
In Ägypten herrschen 1252-1517 und 1630-1811 die Mamelucken (auch Mamluken, arab. مملوك mamlūk „beherrscht, Besitz“), ursprl. Militärsklaven türkischer Herkunft, die von den Abbasidenkalifen als Leibwache eingesetzt wurden und bald die militärische Elite bildeten. Auch die von den Mameluckengenerälen abstammende Herrscherdynastie wird dann so genannt.
In Indien entsteht das Mogulreich (1526-1858): die Herrscher heißen in der persischen Staatssprache مغول muġūl „Mongole“ und sind Sunniten turkomongolischer Herkunft.
Der Islam wird in dieser Zeit zunehmend konservativer und orthodoxer. Philosophie und Rationalismus, aber auch die Mystik der Sufis werden beargwöhnt und abgelehnt (Musik und Tanz werden als unislamisch betrachtet). Im 18. Jh. entsteht als Reaktion auf den Volksglauben der besonders streng-konservative Wahhabismus (benannt nach dem Begründer Muḥammad ibn ʿAbd al-Wahhāb, 1703-1792): Ablehnung jeder „Neuerung“, die nicht durch Koran oder Sunna belegt werden kann, wie z.B. Theologie, viele Elemente der Volksfrömmigkeit und der juristischen Praxis. Der Wahhabismus ist in Saudi-Arabien Staatsdoktrin, ʾUsāma bin Lādin (dt. Osama bin Laden) ist in ihr aufgewachsen. Im 19. Jh. entsteht in Ägypten der Salafismus: Rückbesinnung auf den (idealisierten) Islam der ersten drei Generationen (der سلف الصالح salaf aṣ-ṣāliḥ „rechtschaffene Vorfahren“).
Die Ablehnung von Vernunft und Freiheit des Denkens führt dazu, daß die islamischen Länder wissenschaftlich, technisch und schließlich auch militärisch gegenüber dem Westen immer mehr ins Hintertreffen geraten. In der Zeit des Kolonialismus werden viele diese Länder zu Vasallen westlicher Großmächte. Auch die aus dem Erdölreichtum arabischer Länder gewonnenen Petrodollars haben wenig daran geändert, daß diese Länder bisher nur wenig am Fortschritt und Wohlstand des Westens teilhaben.
In der Türkei verordnet der General und Republikgründer Mustafa Kemal, genannt Atatürk „Vater der Türken“, nach dem ersten Weltkrieg eine Deislamisierung und Verwestlichung: Laizismus (Trennung von Staat und Religion), westliches Zivil- und Strafrecht, Frauenwahlrecht, Verbot von Fes und Turban, Gregorianischer Kalender, lateinisches Alphabet, metrisches System, u.a.m. Das Militär versteht sich als Hüter der Säkularität des Staates und hat schon mehrmals gegen die Regierung interveniert bzw. geputscht. Doch in den letzten Jahren haben die gemäßigten Islamisten unter der Führung des derzeitigen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan großen Zulauf erhalten.
Ähnlich verordnet im Iran der Offizier und neue Schah (pers. شاه šāh < altpers. xšāya(θiya) „König“) Rezā Pahlawī (dt. Pahlavi) eine Modernisierung nach westlichem Vorbild, verbietet den Schleier, schränkt die Macht der Geistlichen stark ein. Dem Iran wird jedoch sein Öl zum politischen Fallstrick: weil Rezā Pahlawī im 2. Weltkrieg neutral bleiben will, marschieren Briten und Russen im Iran ein und zwingen den Schah zugunsten seines Sohnes Moḥammad Rezā Pahlawī abzudanken. Dieser kann sich in den 50er-Jahren nur mit Hilfe der CIA gegen den Premierminister Moḥammad Moṣṣadeq (dt. Mossadegh), der die kommunistische Partei unterstützte und die Erdölindustrie verstaatlicht hatte, behaupten. Er wird in Folge ein brutaler Diktator und zugleich wichtiger Verbündeter der USA. Der Schah gibt viel Geld für die Rüstung aus, die Bevölkerung aber verelendet immer mehr. 1979 kommt es zu einer islamischen Revolution, der Schah muß den Iran verlassen. Dafür kommt Ayatollah Rūḥollah Mūsawī Ḫomeinī (dt. Chomeini oder Khomeini) aus dem Exil zurück und macht aus dem Iran eine „islamische Republik“, d.h. einen fundamentalistischen, antiwestlichen islamischen Gottesstaat. Der derzeitige Präsident (der allerdings nur eingeschränkte Macht hat) Maḥmūd Aḥmadī-Nežād (dt. Mahmud Ahmadinedschad) fällt vor allem durch seine antiisraelischen Äußerungen und die Infragestellung des Holocaust auf. Der Iran ist auf dem Weg, eine Atommacht zu werden.
Fehlende soziale Absicherung und große Armut sind die Folge für den großen Zulauf, den die Koranschulen (arab. مدرسة madrasa „Unterrichtsstätte, Schule“) haben. Sie stellen in Ländern wie Pakistan für viele Menschen die einzige Möglichkeit dar, zu irgendeiner Form von Bildung zu gelangen. Viele Mullahs nutzen dies, um die Schüler politisch in Richtung Dschihad zu indoktrinieren.
Aus diesen Madrasas werden auch die Taliban (paschtun. Pl. von arab. طالب ṭālib „Student“) rekrutiert, hanafitische Sunniten der iranischen Volksgruppe der Paschtunen. Von Saudi-Arabien und den USA (Kalter Krieg) unterstützt in ihrem Kampf gegen die sowjetische Besatzung in Afghanistan, erkämpfen sie sich nach dem Abzug der Sowjets 1989 die Herrschaft (1996 Einnahme Kabuls) und errichten einen extrem islamistischen Staat, bis die USA 2001 nach 9/11 (sprich nine-eleven, die Zerstörung der Twin Towers in New York durch entführte Flugzeuge am 11. Sept. 2001) Afghanistan als Operationsbasis der al-Quaida angreifen und die Taliban vertreiben.
Viele Moslems sehen im Westen den Hauptschuldigen an ihrer heutigen Lage. Die Anwesenheit westlicher (insbes. US-amerikanischer) Soldaten in ihrem Land (etwa Saudi-Arabien, Irak), die vielen Moslems das Gefühl gibt, nur Kolonien des Westens zu sein, und der im Vergleich zum Westen (aber auch im Vergleich zur reichen Oberschicht des eigenen Landes) niedrige Lebensstandard dürften wesentliche Ursachen des islamistischen Terrors sein.
Die Araber übernehmen zunächst in den eroberten Gebieten die jeweiligen gesetzlichen Institutionen und Praktiken. In der Umayyadenzeit beginnen die Gouverneure, Richter (arab. قاضي qāḍī, dt. Kadi) einzusetzen. Es kommt zur Herausbildung einer islamischen Rechtswissenschaft (arab. فقه fiqh „Erkenntnis“) und schließlich des islamischen Rechts, der Scharia (arab. شريعة šarīʿa „Weg (zur Tränke)“ d.h. religiöses Gesetz, v. šaraʿa „den Weg weisen, vorschreiben“, z.B. 42,13(11)).
Der frühe Islam ist wenig an Theologie und gar nicht an Kult interessiert, sondern vielmehr an Fragen der praktischen Lebensführung. Diese finden vor allem im Recht der Scharia ihren Ausdruck. Darum wird gerade das Recht zum kennzeichnenden Ausdruck islamischen Lebens und islamischer Kultur. Dabei gibt es aber in den heutigen islamischen Ländern in vielen Detailfragen unterschiedliche Anwendungen der Scharia.
Jeder Sunnit bekennt sich zu einer der 4 Rechtsschulen, die sich vor allem in der Gewichtung der Quellen des Rechtes (Koran, Sunna, Konsens der Rechtsgelehrten, Analogieschluss, eigenes Gutdünken) unterscheiden:
Da die Scharia nach islamischem Glauben letztlich auf Gottes geoffenbarten Willen zurückgeht, kann sie vom Menschen nicht in Frage gestellt werden. Das führte aber dazu, daß bis heute z.B. Leibesstrafen (Abtrennen der Hand bei Diebstahl, Steinigung bei Ehebruch, dabei kann auch eine Schwangerschaft in Folge einer Vergewaltigung als Beweis für Ehebruch angesehen werden u.ä.), die auf mittelalterliche Vorstellungen und Rechtsempfinden zurückgehen, exekutiert werden. Die Scharia steht schließlich auch über (und in manchen Fällen im Gegensatz zu) den Menschenrechten, die ja nicht auf Gott, sondern „nur“ auf Menschen zurückgehen.
Während im Christentum das göttliche Wort Fleisch wurde (in der Person Jesu), wurde es im Islam Buch. Der Koran (arab. قرآن qurʾān „Vortrag, Rezitation“) nimmt also ungefähr die Stelle ein, die Jesus im Christentum hat. Der Koran ist nach orthodoxer islamischer Auffassung das unverfälschte und unfehlbare, ungeschaffene Wort Gottes. Dem Koran zu widersprechen ist Blasphemie, ja Abfall vom Glauben, der im Islam mit dem Tod bestraft wird.
Während die Bibel ein Buch mit Geschichte ist (es ist eine Sammlung von Schriften verschiedenster Autoren), wird die Geschichtlichkeit des Koran im Islam bestritten. Es gibt weder Textkritik (Erforschung der handschriftlichen Überlieferung) noch Literarkritik (Erforschung der Textentstehung, der Gattungsgeschichte usw.). Die heute gebräuchliche Ausgabe wurde 1924 von der Kairoer Al-Azhar-Universität herausgegeben; niemand weiß, auf welchen Handschriften dieser Text beruht, mehr noch: niemanden interessiert es.
Bergsträßer und Pretzl hatten in den 1920er und 1930er Jahren als Vorarbeit
zu einem textkritischen Apparat des Koran mit einem Fotoarchiv früher
Koranhandschriften begonnen. Doch Bergsträßer starb 1933 (47 J., Bergtour),
Pretzl 1941 (48 J., Flugzeugabsturz). Das Archiv war danach für Jahrzehnte
verschollen. Nach seinem Wiederauftauchen in den 1990er Jahren wird oder wurde
es angeblich digitalisiert.
2016 hat endlich der tunesische Islamwissenschaftler Charfi eine kritische
Koranedition vorgelegt.
Wichtige Begriffe aus dem Bereich der Koranüberlieferung sind:
Der Koran kann nach islamischer Überzeugung eigentlich nicht übersetzt werden. Die Wiedergabe des Korantextes in einer anderen Sprache ist kein Koran, weil nur das arabische Original Gottes Wort ist.
Der Koran besteht aus 114 Suren (arab. سورة sūra, Bedeutung unklar), die Namen tragen. Jede Sure ist unterteilt in Verse (arab. آية ʾaya „Zeichen“, weil die Koranverse selber Wunderzeichen sind, die Mohammeds Sendung beglaubigen). 113 Suren beginnen mit der sog. Basmala, d.h. den Worten بِسْمِ اللهِ الرَّحْمنِ الرَّحِيمِ bismi llāhi r-raḥmāni r-raḥīm „im Namen des barmherzigen, gnädigen Gottes“; vor Sure 9 fehlt sie. Die Basmala wird in den meisten Koranausgaben nur in Sure 1 als eigener Vers gezählt. Die Basmala wird häufig als kalligraphischer Schriftzug verwendet.
Die Suren sind (ausgenommen die erste) nach absteigender Länge geordnet. Jede Sure enthält auch eine Angabe, ob sie in Mekka oder Medina geoffenbart wurde. Der überwiegende Teil des Koran ist in Reimprosa abgefasst (Reim, aber kein Versmaß).
Neben dem Koran ist schon früh eine Überlieferung von Aussprüchen und Taten Mohammeds entstanden, die sog. Hadithe (arab. حديث ḥadīṯ „Überlieferung, Erzählung“). Sie wurden im Laufe der Zeit dem Koran praktisch gleichgestellt. Sie bilden die Sunna des Propheten und die ihn ihnen mitgeteilten Ge- und Verbote sind Teil der religiösen Gesetze des Islam.
Die fünf grundlegenden Pflichten jedes Moslems sind:
arab. شهادة šahāda
لا إله إلا الله | Lā ʾilāha ʾilla llāh(u) | Es gibt keine Gottheit außer Gott (Allah). |
محمد رسول الله | Muḥammadun rasūlu llāh(i) | Mohammed ist der Gesandte Gottes. |
D.h. strikter Monotheismus, der nicht nur gegen den zeitgenössischen Polytheismus, sondern auch gegen die christliche Trinitätslehre kämpft (einschließlich Bilderverbot), und Anerkennung Mohammeds als letzten und entscheidenden Propheten Gottes („das Siegel der Propheten“).
Dieses Glaubensbekenntnis findet man oft auch als kalligraphischen Schriftzug, z.B. auf der Flagge Saudi-Arabiens.
Die Schiiten fügen meist noch hinzu:
علي ولي الله | ʿAlī walīyu llāh(i) | Ali ist der Freund Gottes. |
Darüberhinaus glauben die Moslems ( 4,136(135)):
arab. صلاة ṣalā(t). Zu den fünf festgelegten Zeiten, zu denen der Muezzin (arab. مؤذّن muʾaḏḏin „Rufer“?) vom Minarett (arab. منارة manāra „Leuchtturm“) ruft: Morgendämmerung, Mittag, Nachmittag, Abend, nach Einbruch der Nacht. Am Freitag wird das Mittagsgebet in der Gemeinschaft in der Moschee (arab. مسجد masǧid „Ort der Niederwerfung“) verrichtet. Gebetet wird an einem sauberen Ort (daher der Gebetsteppich, daher das Ausziehen der Schuhe vor der Moschee) mit Blick Richtung Mekka. Vorher muß man sich reinigen. Sowohl der arabische Wortlaut der Gebete als auch die Gebetshaltungen dabei sind vorgeschrieben.
Der Gebetsruf des Muezzin (arab. أذان ʾaḏān) und die rituellen Gebete beginnen mit dem sog. Takbīr, d.h. den Worten arab. الله أكبر Allāhu ʾakbar „Gott ist groß/am größten“. Der Takbir wird auch als Schlachtruf verwendet, ist Titel und Textbestandteil der Nationalhymne Libyens und ist als Schriftzug in den Flaggen des Iran und Irak enthalten, in letzterer seit 1991 (von Ṣaddām Ḥusain eingeführt).
arab. زكاة zakā(t). Soll für bedürftige Moslems verwendet werden, ihre Höhe variiert je nach Einkunftsart zwischen 2,5 und 10%, Arme sind natürlich davon befreit.
arab. صوم ṣaum oder صيام ṣiyām. Alljährlich im Monat Ramadan (arab. رمضان ramaḍān „Hitze, heiße Zeit“ o.ä.), gefastet wird von Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang; es wird nichts gegessen, nichts getrunken, nicht geraucht, kein Geschlechtsverkehr. Der Fastenmonat wird mit dem dreitägigen Fest des Fastenbrechens (arab. عيد الفطر ʿīd al-fiṭr) beendet. Da der islamische Kalender ein Mondkalender von 354 Tagen ist, wandert der Ramadan innerhalb von 33 Kalenderjahren durch alle Jahreszeiten.
arab. حج ḥaǧǧ, dt. Hadsch. Vom 8. Tag des letzten Monats des islamischen Kalenders an; soll jeder Moslem, wenn möglich, zumindest einmal im Leben machen (er wird dadurch zum arab. حاجي ḥāǧǧī, dt. [Karl May] Hadschi). U.a. wird dabei die Kaaba siebenmal umschritten.
Am 10. Tag des Pilgermonats beginnt das viertägige Opferfest (arab. عيد الأضحى ʿīd al-ʾaḍḥā) zum Gedenken an Ibrahims (=Abrahams) bestandene göttliche Prüfung, daß er bereit war, seinen Sohn Ismael zu opfern. Dabei werden Schafe rituell geschächtet. Dies ist das wichtigste Fest des Islam.
Weitere religiöse Vorschriften sind: Zinsverbot, Weinverbot, Speiseverbote (nur rituell Geschlachtetes, kein Schweinefleisch, Speisen sollen حلال ḥalāl „erlaubt, zulässig, legitim“ sein, Ggs. حرام ḥarām „heilig, verflucht, verboten, tabu“) und Dschihad.
Nicht zu den fünf Säulen gehörig, aber dennoch eine religiöse Pflicht für die Moslems ist der Dschihad (arab. جهاد ǧihād „Anstrengung, Kampf“, Pt. مجاهد muǧāhid, Pl. -īn „sich anstrengend, kämpfend“, dt. Mudschahedin), vgl. 9,24, 60,1. Trotz gelegentlicher Versuche, den Dschihad als moralische Anstrengung, als Kampf gegen den inneren Schweinehund zu interpretieren, wurde er fast immer als militärischer Kampf gegen Nichtmoslems verstanden. Denn auch andere Koranstellen betonen die Wichtigkeit des Krieges gegen Ungläubige, z.B. 4,95(97), 9,5 und 9,29.
Auch manche der heutigen islamischen Denker und Religionsgelehrten sagen klipp und klar, daß Moslems, wenn es ihnen möglich ist, einen Angriffskrieg gegen Nichtmoslems zu führen hätten. Auch der Terrorismus von islamistischen Gruppen wie al-Qāʿida (arab. القاعدة „Basis, Fundament; Datenbank“), Islamischer Dschihad (Syrien), Ḥamās (arab. حماس Akronym für „Islamische Widerstandsbewegung“ und zugleich „Eifer“, Palästina), ursprl. auch Hisbollah (arab. حزب الله ḥizbu llāh „Partei Gottes“, schiitisch, Libanon), begründet sich mit dem Dschihad: keine friedliche Koexistenz mit Nichtmoslems, bes. nicht mit den Juden!
Die von Yāsir ʿArafāt (1929-2004) gegründete Fataḥ (umgedrehtes Akronym aus „Bewegung zur nationalen Befreiung Palästinas“, das zugleich an arab. فتوح futūḥ „Eroberung, Sieg“ anklingt) bedient sich zwar ebenfalls terroristischer Mittel, ist aber nicht islamistisch (d.h. sie beruft sich nicht auf den Islam und strebt keinen Gottesstaat an).
Für alle Moslems:
Für Schiiten zusätzlich:
Ursprünglich hatte der Islam kein spezifisches Symbol. Die islamischen Armeen hatten einfarbige Flaggen (schwarz, grün oder weiß). Erst im osmanischen Reich wurden Mondsichel (oft ungenau als „Halbmond“ bezeichnet) und fünfzackiger Stern zum Symbol dieses Reiches und dann des Islam. Der Ursprung dieser Symbole ist unklar. Die Mondsichel war auch das vorchristliche Emblem von Byzanz.
Heute findet man diese Symbole in den Flaggen etlicher islamischer Staaten wie Algerien, Aserbaidschan, Malediven, Mauretanien, Pakistan, Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Usbekistan u.a.
Die Farbe des Islam ist grün. Als Farbe des Paradieses ( 55,64) - die in einem Wüstenland selten ist - war sie die Lieblingsfarbe Mohammeds für Kleidung und Fahne. Im heutigen Islam wird diese Farbe gern für Moscheen, Homepages, oder Flaggen verwendet.
Während der Mohammed der mekkanischen Zeit in vielem den alttestamentlichen Propheten ähnlich ist und wir seiner Person Sympathie und seiner Lehre (abgesehen vielleicht vom Anspruch seine eigene Person betreffend) Zustimmung entgegenbringen können, bleibt für uns der medinensische Mohammed fragwürdig: an seinen Händen klebt Blut. Als Feldherr und Staatsmann war er zwar nicht schlechter, aber auch nicht besser als irgendein anderer Mann seiner Zeit. Was m.E. schwerer wiegt: er rechtfertigte sein Handeln auch da, wo es fragwürdig war (z.B. den Bruch von Verträgen oder seinen Harem - ein Moslem darf nur vier Ehefrauen haben) immer mit Gottes Willen; nirgendwo werden seine Verfehlungen getadelt.
Der vernunft- und wissenschaftsfeindliche Umgang mit dem Korantext und die Nichtbereitschaft vieler orthodoxer Moslems, offenkundigen Tatsachen ins Auge zu sehen (wenn der Koran sagt, Jesus wurde nicht gekreuzigt, dann ist jeder Historiker, der etwas anderes behauptet, ein Ungläubiger), ist für Menschen des westlichen Abendlandes schwer zu begreifen und wenig vertrauenerweckend.
Zwar stimmt es, daß es wenig hilfreich ist, daß manche westlichen Politiker auf den Islamismus mit einer Kreuzzugsmentalität, einem heiligen Krieg gegen den Terrorismus und die Achse des Bösen antworten. Aber der Dschihad im Sinne des Krieges gegen Andersgläubige ist von Beginn an ein integraler Bestandteil des Islam. Wie kann somit ein friedvolles Miteinander von gläubigen Moslems und Nichtmoslems möglich sein? Können Moslems auf den Kampf gegen Anders- und Ungläubige verzichten, ohne das Gefühl haben zu müssen, damit ihrem Glauben untreu zu sein?
Sicher hat auch das Christentum weder die Menschenrechte noch die Religionsfreiheit entdeckt: sie wurden gegen den Willen des Klerus durchgesetzt. Aber diese Säkularisierung vieler Lebensbereiche hat sich (trotz aller Nachteile wie zunehmender Egoismus, soziale Kälte, Sinn- und Werteverlust) letztendlich auch positiv ausgewirkt. Werden es die Moslems schaffen, auf den Gottesstaat zu verzichten und Säkularisierung und mehr individuelle Freiheit (auch Religionsfreiheit) zuzulassen?
In einem in den Salzburger Nachrichten am 14. Mai 2012 veröffentlichten Interview sagte der renommierte Ägyptologe Jan Assmann (u.a. mit Bezug auf die Mohammed-Karikaturen in der dänischen Zeiting Jyllands-Posten vom 30. Sept. 2005):
„Der säkulare Staat hat die Aufgabe, den in ihm wohnenden religiösen Menschen einen Entfaltungsraum gegenseitiger Respektierung zu geben. Der säkulare Staat darf nicht zulassen, dass auf seinem Rechtsgebiet Religionen verunglimpft werden.
Ich empfinde es als töricht, dass die Presse in Dänemark die Muhammad-Karikaturen begrüßt hat als Fanal, als Leuchte der Pressefreiheit. Die Muhammad-Karikaturen erfüllen den Tatbestand der Beleidigung. Der Staat muss aber darauf achten, dass niemand beleidigt wird. Da haben wir noch viel zu lernen, was den gegenseitigen Respekt angeht.“
Dem möchte ich energisch widersprechen: der säkulare Staat hat vor allem die Aufgabe, die Freiheitsrechte seiner Bürger zu schützen. Dazu gehört auch das Recht, Kritik zu üben; auch unsachliche Kritik (welcher Kritisierte wird die Kritik nicht als unsachlich empfinden?); auch Kritik in Form von Spott und Karikatur. Ich bin als Christ natürlich nicht amused, wenn sich jemand über Jesus Christus oder den christlichen Glauben lustig macht – aber das Recht dazu muss man haben. Dass Gerhard Haderer für sein Jesus-Buch in Griechenland in erster Instanz zu sechs Monaten Haft verurteilt wurde, ist mehr als nur peinlich: es ist eines säkularen Rechtsstaates unwürdig. (Die älteste bildliche Darstellung Jesu ist übrigens eine Karikatur: das Spottkruzifux vom Palatin.)
Auf die Befindlichkeit radikaler Moslems Rücksicht nehmen zu müssen wäre eine nicht hinnehmbare Einschränkung der Meinungsfreiheit, denn – wie Dieter Nuhr es formuliert – „die sind ja immer gleich so radikal beleidigt“ (Nuhr die Wahrheit). Und tatsächlich waren die vielen gewälttätigen oder gewaltandrohenden Reaktionen der Moslems in aller Welt nach westlichem Empfinden weit überzogen. Das Traurige an den Karikaturen ist ja, dass sie mehr als nur ein Körnchen Wahrheit enthalten. Die Ermordung irgendwelcher Ordensschwestern im Irak oder in Ägypten, die noch dazu mit den Karikaturen überhaupt nichts zu tun hatten, um die Beleidung des Propheten zu rächen, ist aus westlicher Sicht so unsagbar jämmerlich und dumm, dass es mir an Worten gebricht. Auf Spott oder Religionskritik mit Mord und Totschlag zu antworten (wie beim Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris am 7. Jan. 2015, bei dem zehn Redaktionsmitglieder und zwei Polizisten erschossen wurden) oder zu Mord aufzurufen (wie bei der Todesfatwa gegen Salman Rushdie oder der gegen den Rapper Shahin Najafi) ist völlig inakzeptabel. Der säkulare Staat hat hier die Pflicht, die Bürger gegen das Beleidigtsein von Moslems in Schutz zu nehmen. Und ich möchte sehr hoffen, dass mir die meisten Moslems zustimmen.
Autor: E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 3. Mai 2024