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Altgriechisch und HTML
Die Kodierung altgriechischer Texte auf Computersystemen ist nach wie vor ein leidiges Problem. Hier sollen ein paar der Möglichkeiten, für Webseiten einer Lösung näherzukommen, soweit sie mir bekannt sind, und meine (durchaus subjektive) Bewertung vorgestellt werden.
Das Problem der Darstellung altgriechischer Text auf dem Computer hat aus meiner Sicht zwei Aspekte:
Die einfachste, für die allermeisten Systeme darstellbare Form griechischer Texte ist die einfache Transliteration mit lateinischen Buchstaben. So unbefriedigend für den Fachmann vor allem das Fehlen von Spiritus und Akzenten ist, sollte sie für kurze Zitate grundsätzlich in Betracht gezogen werden:
Der Anfang der Ilias,
,
würde in Transliteration so aussehen:
mênin aeide thea Pêlêiadeô Achilêos
Damit ê und ô auf allen Systemen korrekt dargestellt werden,
muß man im HTML-Quellcode ê
(d.h. e mit accent
circonflexe) bzw. ô
schreiben! Gute HTML-Editoren
machen das automatisch. Der Quellcode sieht also so aus:
mênin aeide thea
Pêlêiadeô
Achilêos
Betacode ist ein Standard für die
Transliteration griechischer, hebräischer und koptischer Texte für
wissenschaftliche Zwecke. Diese Kodierung ermöglicht ebenfalls eine
systemunabhängige Darstellung. Längere Passagen sind in dieser Form
für den Ungeübten allerdings nur schwer lesbar. Der Anfang der
Ilias in Betacode lautet:
mh=nin a)/eide qea\ *phlh+ia/dew *)axilh=os
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, einfach eine PDF-Datei zu erzeugen und diese über einen Link einzubinden. Aber das hat nichts mit HTML und dem Web im engeren Sinn zu tun. Bleibt man bei reinem HTML, so ist wohl die Verwendung von Unicode am naheliegendsten.
Hierzu gibt es in HTML zwei Möglichkeiten:
<html> <head> <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8"> </head> <body> <p></p> </body> </html>
<!-- menin -->
μῆνιν
<!-- aeide -->
ἄειδε
<!-- thea -->
θεὰ
<!-- Peleiadeo -->
Πηληϊάδεω
<!-- Achileos -->
Ἀχιλῆος
In beiden Fällen kommt es darauf an, daß der Browser Unicode verarbeiten kann und daß die zur Darstellung der Zeichen notwendigen Fonts verfügbar sind. So kann etwa die Render-Engine Gecko (Netscape, Mozille, Galeon) auf meiner Mandrake 8 Altgriechisch out-of-the-box darstellen, d.h. ohne daß spezielle Schriftarten installiert werden müßten.
Als Lösung für das Problem nicht vorhandener Fonts führten die beiden großen Browser Netscape Navigator und Microsoft Internet Explorer mit den 4er-Versionen eine neue Technik ein: Downloadable Fonts: So wie die Graphiken werden auch die verwendeten Schriftarten einfach vom Web-Server heruntergeladen. Leider waren die jeweils verwendeten Verfahren natürlich zueinander inkompatibel, weshalb man heute nicht mehr allzuviel davon hört.
Als Unicode noch relativ jung war und praktisch von keinem Betriebssystem wirklich unterstützt wurde, verwendete man einen einfachen Trick, um griechische Texte auf den Bildschirm zu bringen: man kreierte einfach einen Font, der die notwendigen Zeichen enthielt. Die Zuordnung der Zeichen war proprietär, das Ganze roch manchmal ein wenig nach WingDings. Die Weiterverarbeitung solcher Texte am eigenen Computer oder das Durchsuchen gestaltet sich ohne spezielle Tools schwierig.
Mit der Entscheidung für einen Zeichensatz speziell für das Altgriechische ging aber meist die Festlegung auf ein bestimmtes Computersystem einher! Daher war es fast unabdingbar, so wie es etwa das Perseus-Project macht, den Benutzer interaktiv den gewünschten Zeichensatz auswählen zu lassen. Das ist freilich keine triviale Lösung und für ein kurzes Dokument zu aufwendig.
Für die Windows-Welt ist der Zeichensatz Sgreek Fixed
von Silver Mountain Software
erwähnenswert. Er wird z.B. auch vom Perseus Project verwendet und kann
frei herunterladen
werden. Sgreek Fixed benutzt dieselbe Kodierung wie Betacode, mit dem kleinen
Unterschied, daß Großbuchstaben nicht mit vorgesetztem
*
, sondern eben mit Großbuchstaben geschrieben werden und
daß für Schlußsigma j
zu verwenden ist.
Um den Browser anzuweisen, für den griechischen Text den Zeichensatz Sgreek Fixed zu verwenden, benutzt man das font-Tag oder sein CSS-Gegenstück, die font-family-Eigenschaft. Bei ganz alten Browsern, die dieses Tag nicht verstehen, kann man unter den Browser-Optionen als Schriftart für Text mit fester Schrittweite Sgreek Fixed einstellen (Sgreek Fixed ist eine Schrift mit fester Schrittweite). Der Anfang der Ilias sieht, für Sgreek Fixed kodiert, so aus:
<font
face="Sgreek Fixed">
mh=nin a)/eide qea\ Phlhi+a/dew )Axilh=oj
</font>
Oder mit Stylesheet-Angaben, z.B. im Head-Abschnitt:
<style type="text/css">
.greek { font-family:"SGreek Fixed"; }
</style>
Und im Body-Abschnitt:
<span class="greek">mh=nin
a)/eide qea\ Phlhi+a/dew )Axilh=oj</span>
Das ergibt dann, wenn man Windows benutzt und den Font installiert hat:
Das Schriftbild ist durch die "fliegenden Akzente" (d.h. Buchstaben
mit Akzenten sind nicht als eigene Zeichen definiert, sondern werden aus
Buchstabe + Akzent zusammengesetzt) ästhetisch nicht hunderprozentig
befriedigend. Da Akzente und Spiritus immer zum vorigen Zeichen gezogen
werden, muß bei groß geschriebenen Vokalen immer ein non-breaking
space (
) vorgesetzt werden,
damit ein sichtbarer Wortzwischenraum entsteht.
Sgreek gibt es bei Silver Mountain Software auch als (ästhetisch ansprechendere) Proportionalschrift. Sgreek unterscheidet sich von Sgreek Fixed darin, daß Iota subscripta nicht unter Verwendung des Längsstriches (Pipe-Symbol) als Tottaste dargestellt werden können. Stattdessen ist nur folgende Kodierung möglich (die auch Sgreek Fixed beherrscht):
Auf Apple-Rechnern hatte sich GreekKeys, für das es mehrere Zeichensätze (z.B. Athenian) gibt, als Quasi-Standard durchgesetzt. Inzwischen ist Athenian auch für Windows erhältlich. Es kommt ohne Kerning aus, d.h. jede mögliche Kombination aus Buchstabe und diakritischen Zeichen ist als eigenes Schriftzeichen definiert, was die Qualität des Schriftbildes erhöht.
Zur leichteren Eingabe gab es auch Tastaturmakros. Ich habe allerdings GreekKeys nie am PC verwendet. Dafür ist es in PalmOS die bevorzugte Methode, um altgriechische Texte auf den PDA zu bringen.
Wie bei Sgreek unter Windows muß der Browser mit dem FONT-Tag angewiesen werden, den Zeichensatz zur Textdarstellung zu verwenden. Da ich keinen Apple-Rechner habe, kann ich kein zuverlässiges Beispiel für die Kodierung mit GreekKeys bieten.
Es gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten:
Das Java-Applet Display Greek von Bruce G. Robertson übersetzt betakodierten griechschen Text in eine Graphik aus griechischen Schriftzeichen. Da das Kompilieren der Javaklassen und die Programmausführung beim ersten Mal spürbar Zeit brauchen, ist diese Lösung eher nur für längere Passagen brauchbar.
Als Wert des Applet-Parameters Text wird der Text in Betacode übergeben. (Achtung: j erzeugt kein Schlußsigma, sondern ein Xi; für Schlußsigma wird s verwendet, das Applet erkennt selbständig, wann ein Schlußsigma gesetzt werden muß.) Als Wert für den Paramter Fontsize sind 12 und 14 möglich (bei 14 Punkt bieten die Schriftzeichen sogar Antialiasing). Hier wieder der Anfang der Ilias:
<applet
codebase="http://www.java.utoronto.ca/~brucerob/DisplayGreek"
code="DisplayGreek"
width="350"
height="25">
<param
name="text"
value="mh=nin a)/eide qea\ *phlhi+a/dew *)axilh=os">
<param
name="fontsize"
value="12">
</applet>
Das sieht dann auf einem javafähigen Browser, wenn man in den Browsereinstellungen "Java akzeptieren" gewählt hat, so aus:
Um auch nicht-javafähigen Browsern eine Chance zu geben, kann man den Text neben dem Applet (z.B. in einer Tabelle) oder im alt-Text des applet-Tags auch in Transliteration angeben.
Die Klasse DisplayGreek benutzt zur Darstellung GraphicFont von Kevin Hughes. Hierbei handelt es sich um Bitmap-Fonts, eine Technologie, die auf dem PC eigentlich schon lange nicht mehr "state of the art" ist, die aber den Vorteil hat, daß für sie leicht eine Fontdatei erstellt werden kann.
Die mit einem Asterisk versehenen Links habe ich nicht mehr wiedergefunden (wahrscheinlich hat sich nur die URL geändert). Eine Google-Suche fördert sie vermutlich wieder zu Tage:
Autor: E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 18. Juli 2004