Michael Neuhold Homepage
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Diese Seite habe ich ursprünglich für den Religionsunterricht meiner Tochter gemacht. Es ging darum, den  Schöpfungsbericht der Genesis mit anderen antiken Weltentstehungserzählungen (u.a. auch Ov.met.) zu vergleichen. Darum ist auch nicht das ganze Epos wiedergegeben, sondern nur jene Teile, die von der Erschaffung des Kosmos und des Menschen erzählen.
Über 13 Jahre später habe ich die Seite komplett überarbeitet. Ich habe sowohl Kings englische Übersetzung als auch die anyonyme deutsche Übersetzung wieder entfernt und durch meine eigene Wiedergabe ersetzt. Inzwischen ist ja auch Lamberts Übersetzung im Netz verfügbar. Es gibt also genug Möglichkeiten, zu überprüfen, was meine Hervorbringung taugt.

Enuma eliš

Das babylonische Epos Enuma eliš (dt. „als droben“) ist in der vorliegenden Fassung etwa im 12. Jh. auf sieben Keilschrifttafeln geschrieben worden und diente wohl zur Verlesung im Rahmen des babylonischen Neujahrsfestes. Es schöpft aber aus älteren babylonischen und sumerischen Quellen.

Der akkadische (babylonisch-assyrische) Text basiert im wesentlichen auf:

King, L[eonard] W[illiam]: The seven tablets of creation. Vol.1: English translations, etc.- London: Luzac & Co, 1902.
Der Ende des 18. Jh. erhaltene Text in Transliteration und englischer Übersetzung. (21 PDFs, heruntergeladen von <http://www.case.edu/univlib/preserve/Etana/KING.SEVENv1/KING.SEVENv1.html>, der URL ist inzwischen tot. In meinem PDF-Viewer wird beim Text der Transliteration an manchen Stellen Unsinn angezeigt: vu statt ru, Zu statt lu, Su statt šu u.ä. Hat hier die OCR gepatzt?)
 King, L[eonard] W[illiam]: First steps in Assyrian. A book for beginners.– London: Kegan, Trench, Trübner, 1898.
Ein Keilschrifttextlesebuch für Anfänger mit einem ausführlichen Grammatikabriß. Unter den Keilschrifttexten mit Transliteration und Übersetzung befinden sich auch Auszüge aus dem Enuma eliš. (Buchscan bei Archive.org.)
 Transkription des Keilschrifttextes bei Wikisource
Momentan ist nur der Text der ersten Tafel verfügbar. Die Übersichtsseite nennt zwar (nach meinem Verständnis als Quelle) Kings Ausgabe, der Text gibt aber Schreibung mit Ideogrammen anders wieder (z.B. DINGIR-DINGIR statt Kings ilani pl) und liest auch sonst öfters anders und mehr als King. Der Text dürfte also auf einer anderen Quelle beruhen.

Passagen, die King noch nicht kannte, habe ich ergänzt nach:

 Elli, Alberto: Enūma eliš. Il mito babilonese della creazione.– Mediterraneo Antico. 2015.
Keilschrifttext, Transskription, grammatikalische Analyse und italienische Übersetzung. Hätte es das 14 Jahre früher gegeben, hätte ich mir sehr viel Arbeit erspart. (PDF)
 Talon, Philippe: The Standard Babylonian Creation Myth: Enūma Eliš.– Helsinki: The Neo-Assyrian Text Corpus Project, 2005. (State Archives of Assyria, Cuneif. Texts, Bd. 4)
Keilschrifttext, Transskription und französische Übersetzung. (PDF)

Vokabelangaben habe ich – neben den bereits erwähnten First steps in Assyrian von L. W. King und Enūma eliš. Il mito babilonese… von A. Elli – entnommen:

 Deimel, Anton: “Enuma eliš„ sive Epos Babylonicum de creatione mundi.– Rom: Pontif. Inst. Bibl., 1912.
Der Anfang des 20. Jh. verfügbare Text in Keilschrift samt Zeichenliste und Vokabularium. (Buchscan bei Archive.org.)
 Akkadian Dictionary
Online-Dictionary der Association Assyrophile de France.
 Delitzsch, Friedrich: Assyrisches Handwörterbuch.– Leipzig: Hinrichs, 1896.
Altes Wörterbuch. (Buchscan bei Archive.org.)
 The Assyrian Dictionary of the Oriental Institute of the University of Chicago (CAD). Hrsg. v. Ignace J. Gelb u.a.– Chicago: Oriental Inst., 1956-2010.
Das aktuelle wissenschaftliche Standardwerk. (etliche PDFs)

An Übersetzungen benutzt oder eingesehen habe ich überdies:

 Enûma Elîsch, der mesopotamisch-altbabylonische Schöpfungsmythos
„nach der Übertragung aus dem Akkadischen ins Französische von Paul Garelli und Marcel Leibovici in: La naissance du monde Paris 1959“. Doch wer das ins Deutsche übersetzt hat, ist unklar. Zum ersten Mal gefunden habe ich die Übersetzung als PDF auf einer Downloadseite von Lycos, die den Eindruck erweckte, freie Texte und Programme zum Herunterladen anzubieten (<http://mitglied.lycos.de/juergenberus/download.html>, der URL ist längst tot). Später habe ich den Text dann als HTML-Seite auf dem Portal Die frühe Geschichte der Menschheit gefunden. Dort ist der Überschrift noch vorangestellt: „Hans Zimmermann : Quellensammlung : Enûma elîsch“. Mir ist unklar, wie die Urheberrechtssituation aussieht.
 Leonard William King: The Seven Tablets of Creation (1902)
Digitalisat von Kings englischer Übersetzung aus seinem oben genannten Standardwerk auf Sacred Texts. Zu Kings Zeiten war der babylonische Text lückenhafter als heute. Soweit ich verstanden habe, ist diese Übersetzung gemeinfrei. (Es gibt bei Sacred Texts auch eine  gerafftere Darstellung des englischen Texts.)
 W.G. Lambert: Enuma Elish (The Babylonian Epic of Creation)
Die Übersetzung stammt aus: Lambert W[ilfred] [George]: „Mesopotamian Creation Stories“, in: Geller, Markham J.; Schipper, Mineke (Hrsg.): Imagining Creation. Brill, 2007. (IJS Studies in Judaica, Bd. 5). Als Digitalisat veröffentlicht bei ETANA (Electronic Tools and Ancient Near East Archives) unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-SA 3.0.

Weiters benutzt habe ich:

Bergsträßer, Gotthelf: Einführung in die semitischen Sprachen.- Darmstadt: Wiss. Buchges., 1977.
Kurze Beschreibung der Charakteristika einzelner semitischer Sprachen mit Beispieltexten.
 John Heise: lišānum akkadītum (Akkadian language)
Obiger Link verweist auf das Internet Archive, der ursprüngliche URL <http://www.sron.nl/~jheise/akkadian/Welcome.html> ist mittlerweile tot. Homepage eines Enthusiasten, die Grammatik ist leider noch nicht fertig. Aber es gibt eine  detaillierte Erklärung der ersten sieben Zeilen des akkadischen Textes von Enuma eliš.
Wikipedia-Artikel  Akkadische Sprache.
Eine „Kürzestgrammatik“.
 Mercer, Samuel A[lfred] B[rowne]: Assyrian grammar with chrestomathy and glossary.– London: Luzac & Co, 1921.
Nicht mehr ganz aktuell, aber für einen ersten Einstieg durchaus geeignet. (Buchscan bei Archive.org.)
 Ungnad, Arthur: Babylonisch-assyrische Grammatik. Mit Übungsbuch (in Transskription).– München: Beck, 1906.
Etwas ausführlichere Grammatik, ausschließlich in Transskription. (Buchscan bei Archive.org.)
 Schott, Albert: „Marduk und sein Stern“, in: Zeitschrift f. Assyriologie u. verwandte Gebiete, 43 (1936), S. 124-145.
insbes. S. 144 zu 5,3-6. (Buchscan Uni Halle.)

Meine Kenntnisse der akkadischen Grammatik sind äußerst lückenhaft. Mit Fehlern und Mißverständnissen in meiner Textversion ist daher zu rechnen.
Da mir nur Onlinequellen zur Verfügung standen, habe ich das Urheberrecht zu spüren bekommen: die meisten Quellen sind Bücher, die gut 100 Jahre oder älter sind. Inzwischen wurden weitere Versionen des Enuma eliš gefunden, mit denen die Lücken im Text weitgehend geschlossen wurden. Die entsprechenden Veröffentlichungen standen zum Zeitpunkt der ersten Erstellung dieser Seite aber im Netz nicht zur Verfügung.
Bei einer neuerlichen Recherche gut 13 Jahre später bin ich auf die Editionen von Philippe Talon und Alberto Elli gestoßen. Ob die allerdings legal im Netz stehen, ist fraglich. W. G. Lamberts englische Übersetzung dagegen ist jetzt unter Creative-Commons-Lizenz verfügbar.
Mein akkadischer Text basiert im Wesentlichen auf der gemeinfreien Ausgabe von King, ergänzt (und an ein paar Steller verbessert) durch die Ausgabe von Talon. Ich habe weder Konsonantenverdoppelungen noch Kasusendungen an das von der Normgrammatik Geforderte angepasst.
In den Vokabelangaben sind Langvokale nach dem Vorgang Delitzschs mit Circonflexe (â, ê usw.) geschrieben. Manche Wörter sind nach Delitzsch mit i geschrieben, wo das CAD e hat (z.B. pitû, piḫû, epiru).

Tafel 1

Das Epos beginnt mit der Entstehung der Götter.

die ersten zwei Zeilen in Keilschrift
aus: L. W. King, First steps in Assyrian, S. 122

e-nu-ma e-liš
enūma eliš
als oben
la na-bu-ú šá-ma-mu
lā nabū šamāmū
nicht genannt-wurde Himmel
šap-liš am-ma-tum
šapliš ammatum
unten Erde
šu-ma la zak-rat
šuma lā zakrat
Name (Akk.) nicht gesagt-wurde
1 enuma eliš la nabu šamamu

enuma wenn, als (v. inu Zeit)

eliš oben

la nicht

nabû rufen, nennen, verkünden (hier Perm.)

šamû od. šamâmu Himmel

Als droben der Himmel (noch) nicht genannt wurde, Was keinen Namen hat, existiert nicht (vgl. V.10).
Wie in Gen 1,1 stehen Himmel und Erde wohl für das Universum.
2 šapliš ammatum šuma la zakrat

šapliš unten

ammatu Erde

šumu Name

zakâru sagen, nennen (hier Perm.)

unten die Erde nicht mit Namen genannt wurde –
3 Apsuma reštu zarušun

apsû Tiefe, Meer, hier als Gottheit

-ma und, und dann, auch Kopula

rêštû (rʾš) oberster, erster, ältester

zarû (zrʾ) säen, (er)zeugen (hier Pt.: Erzeuger, Stammvater)

-šun(u) ihr (engl. their)

Apsu, der erste, ihr (scil. der Götter) Erzeuger, Apsu, sumer. Abzu: der unterirdische Süßwasserstrom
4 mummu Tiamat muallidat gimrišun

mummu Handwerker, Schöpfer

tiâmtu Meer, als Gottheit: Tiamat

alâdu (wld) gebären, zeugen, hervorbringen (hier Pt. D-St.)

gimru Gesamtheit, alle

(und) Schöpferin Tiamat, die sie alle (scil. die Götter) gebar, Tiamat: Salzmeer, Ozean. Mummu: hier Beiname der Tiamat, sonst als Name von Apsus Boten. (Kings Übersetzung „chaos“ beruht wohl auf der Gleichsetzung mit hebr. מְהוּמָה „Getümmel, Verwirrung“ bzw. Delitzschs Übersetzung „Lärm“.)
5 mešunu išteniš iḫiquma

mû (Pl. mê) Wasser

ištêniš zusammen, gemeinsam

ḫâqu (ḫjq, Prt. iḫîq) (sich) vermischen

hatten ihre Wasser zusammengemischt – Die Vermischung von Süß- und Salzwasser als ungeordneter Urzustand gedacht? (Vgl. Gen 1,2: Finsternis war über der Urflut, und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.) Oder eine poetische Umschreibung des hieros gamos?
6 gipara la kiṣṣuru ṣuṣa la šeʾu

gipâru Wiese, Weide

kiṣṣuru (<kitṣuru, Gt-St. v. kaṣâru) sich verbinden, sich bilden

ṣuṣû Schilf, Röhricht

šêʾû suchen (Deimel: sehen, Elli: ausbreiten)

(als) Wiesen sich (noch) nicht gebildet hatten, Röhricht nicht gefunden wurde, Es gab noch kein trockenes Land, auf dem Pflanzen hätten wachsen können?
7 enuma ilani la šupu manama

ilu (Pl. ilû, ilâni) Gott

wapû (wpʾ) sichtbar sein, Š-St. sichtbar machen, hervorbringen (Deimel: aufgehen, entstehen)

manâma, manma jemand, wer auch immer, neg. keiner, niemand

als (noch) keine Götter erschienen (od. hervorgebracht) waren, Die babylonischen Götter sind, anders als der Gott des AT, nicht von Ewigkeit her. Und sie können auch wieder sterben.
8 šuma la zukkuru šimatu la šimu

šuma, zakâru s. V.2

šîmtu (Pl. šîmâtu) Geschick, Schicksal

šâmu (šjm) (fest)setzen, stellen (hier Perm.)

sie mit Namen nicht genannt wurden, Geschicke nicht bestimmt waren:
9 ibbanuma ilani kiribšun

banû bauen, schaffen, erzeugen (hier Prt. N-St.)

kirbu od. (neuer) qerbu (st.c. kirib/qereb) Inneres, Mitte (hier adverbial)

da wurden (die) Götter in ihrem (scil. der Wasser von Apsu und Tiamat) Inneren erzeugt. King las noch ki-ri[b] š[a-ma-mi] „in the midst of [heaven]“. Wikisource hat qê-reb-šú-un „in ihrem (3.Pl.) Inneren“. Die Götter entstehen also im ungetrennten Urwasser.
10 Laḫmu Laḫamu uštapu šumi izzakru

uštapu Prt. Št-St. v. wpʾ s. V.7

izzakru Prt. N-St. v. zakâru s. V.2

Lachmu (und) Lachamu wurden hervorgebracht, sie wurden mit Namen genannt. Demel erklärt die beiden Gottheiten als männliches bzw. weibliches Weltentstehungsprinzip („principium masculinum bzw. femininum cosmogonicum“).
11 adi irbu išiḫu

adi solange, während, bis; nach anderen offenbar: adû (Pl. adî) Zeit, Zeitalter

râbû (Prt. irbû) groß sein/werden, wachsen

šâḫu lang sein/werden

Während sie wuchsen und groß wurden, King übersetzt: „Ages increased, [...]“.
12 Anšar Kišar ibbanu elišunu atru

banû s. V.9

eli auf, zu, gegen

atâru (wtr) steigern, größer machen; Pass. überbieten, übertreffen (hier Perm.)

wurden Anschar (und) Kischar gezeugt, sie übertrafen sie (scil. Lachmu und Lachamu). An-schar < sumer. an „Himmel“. Ki-schar < sumer. ki „Erde“.
13 urriku ume uṣṣibu šanatu

arâku lang sein, dauern (Elli: hier Prt. D-St. verlängern)

ûmu Tag

aṣâbu (wṣb) hinzufügen, vermehren

šattu (Pl. šanâtu) Jahr

Sie verlängerten die Tage, sie vermehrten die Jahre. King übersetzt: „Long were the days“. Da Tage und Jahre ideograph. geschrieben sind, ist unklar ob Nom. oder Akk. zu lesen ist.
14 Anu apilšunu šanin abešu

aplu (st.c. apil) Sohn, Erbe

abu (Pl. abbû) Vater

šâninu konkurrierend, gleich, ebenbürtig

-šu sein (engl. his)

Anu war ihr Sohn, ebenbürtig seinen Vätern. (od.: Ihr Sohn Anu war ebenbürtig seinen Vätern). Anu: Gott des Himmels
15 Anšar Anum bukrašu (u)maššilma

bukru erstgeborener Sohn

mašâlu gleich sein, D-St. anpassen, gleichmachen

Anschar machte seinen Sohn Anu (sich) gleich,
16 u Anum tamšilašu ulid Nudimmud

u und

tamšîlu Abbild, Ähnlichkeit

alâdu s. V.4 (hier Prt.)

und Anu zeugte sein Ebenbild Nudimmud. Nudimmud (Delitzsch erklärt den Namen aus dem Sumer. als „Schöpfer des Erschaffenen“): anderer Name für Ea (sumer. Enki)
17 Nudimmud ša abešu šaliṭsunu šuma

ša Relativ- und Gen.-Partikel

šalâṭu beherrschen (hier Pt.)

-sunu = -šunu (wegen des vorausgehenden Dentals)

šû er, dieser

Nudimmud war der Beherrscher seiner Väter,
18 palka uznu ḫasis emuqan pungul

palkû weit, umfassend

uznu Ohr; Weisheit, Verständnis

ḫasîsu weise, schlau

emûqu Kraft, Macht, Stärke (hier Dual)

pungulu (pugg-, -kk-) stark, mächtig

umfassend an Verständnis, weise, an Kräften stark,
19 guššur madiš ana alid abišu Anšâr

guššuru an Stärke überlegen

mâdiš sehr (v. mâdu viel)

ana zu, nach, um zu

âlidu (wld) Erzeuger, Vater (Pt. v. alâdu s. V.4)

an Stärke weit überlegen dem Erzeuger seines Vaters, Anschar.
20 la iši šanina ina ilani atḫešu

išû (Prt. îši) haben

šâninu s. V.14

atḫû (v. aḫu) Bruder, Genosse

Er hatte keinen (ihm) Ebenbürtigen unter seinen Göttergenossen.

1-20:In einer Satzkonstruktion, die nicht sicher aufzulösen ist, wird gesagt, dass zunächst weder Himmel und Erde noch irgendwelche Götter existieren, außer Apsu und Tiamat, die das Urwasser repräsentieren. Sie bringen Lachmu und Lachamu hervor; diese Anschar und Kischar; Anschar zeugt Anu; Anu zeugt Nudimmud/Ea (und seine Geschwister oder Mitgötter, von denen V. 20f die Rede ist?).
21-54: Die jungen Göttern stören mit ihrem Lärm Apsu und Tiamat in ihrer Ruhe, daher beschließt Apsu, sie zu wieder zu vernichten.
55-70: Doch die Götter erfahren davon und der schlaueste der Götter, Ea, schläfert Apsu ein und tötet ihn.
71-108: Ea errichtet „auf Apsu“ (der hier als Ort zu denken ist) seine Wohnung. Hier, „im Inneren des Apsu“, wird sein Sohn Marduk geboren.
109-162: Tiamat erschafft elf Dämonen, um mit ihnen Ea zu bekämpfen. Sie ernennt Qingu zu ihrem Heerführer.

Tafel 2

1-78: Ea erfährt davon und bespricht sich mit seinem Großvater Anschar. Dieser rät, Tiamat zu besänftigen.
79-126 : Sowohl Ea als auch sein Vater Anu machen sich auf, kehren aber wieder um, weil ihnen Tiamats Schreien Angst macht.
127-163: Marduk geht zu Anschar und bietet ihm an, gegen Tiamat zu kämpfen.

Tafel 3

1-124: Anschar sendet seinen Boten zu seinen Eltern Lachmu und Lachamu, um sie für Marduk um einen Schicksalsentscheid zu bitten.
125-138: Die Schicksalsgötter gehen zu Anschar, halten Mahl und legen Marduks Schicksal fest.

Tafel 4

1-34: Die Götter erheben Marduk zum König und schicken ihn in den Kampf gegen Tiamat.
35-64: Marduk wappnet sich und bricht auf.
65-127: Es kommt zum Kampf, Marduk tötet Tiamat. Ihre Helfer werden gefangen.
128: Marduk wendet sich Tiamats Leichnam zu.

129 ikbusma belum ša Tiamatum išidsa

kabâsu (Prt. ikbus) treten

bêlu Herr

išdu Fundament, Grund; Wurzel, Beine

-ša ihr (engl. her, -sa wegen des Dentals)

Da trat der Herr auf Tiamats Beine.
130 ina miṭišu la padi ulatti muḫḫa

ina in, von, mit

miṭṭu eine Waffe, CAD: Keule

padû lösen, schonen (hier Pt.)

letû (bei Del. noch natû) teilen, spalten (hier Prt. D-St.)

muḫḫu Schädel, Oberteil

Mit seiner schonungslosen Keule spaltete er den Schädel.
131 uparrima ušlat damiša

parû (CAD: parâʾu) durchtrennen, zerschneiden (hier Prt. D-St.)

ušultu (Pl. ušlâtu) Ader

dâmu Blut

Er durchschnitt die Adern ihres Blutes;
132 šaru iltanu ana puzrat uštabil

šâru Wind

iltânu Norden, Nordwind

puzru (Pl. puzrâtu) Geheimnis, Versteck

abâlu (wbl, Prt. ûbil) bringen, Št-St. bringen lassen

er ließ (es) den Nordwind in Verstecke bringen. CAD liest: ana busrat uštabil „carry her (Tiamat’s) blood as tidings“, zu bussurtu „(gute) Nachrichten, Neuigkeiten“
133 imuruma abbušu iḫdu irišu

amâru sehen

ḫadû sich freuen, glücklich/zufrieden sein

râšu (rʾš) jubeln, frohlocken

Und seine Väter sahen es, sie freuten sich, sie jubelten,
134 igišê šulmanu ušabilu šunu ana šašu

igišû jährliche Steuer; Gabe, Opfer

šidû (Pl. šidê) Geschenk

šulmânu Geschenk

abâlu s. V.132 (hier Prt. Š-St. bringen lassen, schicken)

šunu sie (engl. they)

šâšu ihn, ihm (cas.obl.)

Gaben (und) Geschenke schickten sie zu ihm. King liest ši-di-e (=šidê), Talon und CAD haben IGI.SÁ-e (=igisê).
135 inuḫma belum šalamtuš ibarri

nâḫu ruhen

šalamtu Leichnam

barû sehen, schauen, betrachten

Da ruhte der Herr, er betrachtete (dabei) ihren Leichnam.
136 (šir) kubu uzazu ibanna niklati

šîru Fleisch, von Jensen als Determinativ aufgefasst

kûbu Früh-, Tot-, Missgeburt, Ungeheuer

zâzu (aus)teilen (hier D-St.)

banû s. 1,9

nikiltu (Pl. niklâtu) Klugheit; kunstvolles Werk

Er zerteilte das Ungeheuer, um Kunstvolles zu schaffen.
137 iḫpišima kima nun mašṭe ana šinašu

ḫipû zerschneiden, zerteilen

-šî sie (engl. her)

kîma wenn, wie

nûnu Fisch

mašṭû Trocknung(splatz) (bei Del. mašdû platt, flach?)

šinâ (fem. šittâ) zwei, šinîšu zwei Mal

Dann schnitt er sie wie einen Fisch zur Trockung entzwei.
138 mišluša iškunamma šamama uṣallil

mišlu Hälfte

šakânu setzen, stellen

ṣalâlu I. liegen, schlafen, II. verhüllen, bedecken, D-St. bedachen

Und eine Hälfte von ihr stellte er auf, er bedeckte (damit) den Himmel. Soll wohl heißen: eine Hälfte von Tiamats Leichnam wird als Himmel ausgespannt (so Lambert).
139 išdud parku maṣṣaru ušaṣbit

šadâdu ziehen, schleppen

parku Riegel, Balken

maṣ(ṣ)aru (mṣr < nṣr) Wächter

ṣabâtu packen, fangen, Š-St. ausstatten, aufstellen

Er zog den Riegel, er stellte Wächter auf. Auf gut Deutsch: er schob den Riegel vor, er verriegelte. Andere lesen mašku „Haut“ statt parku: „er spannte die Haut“ (der Tiamat).
140 meša la šuṣa šunuti umtaʾir

mû s. 1,5

aṣû (wṣʾ) hinausgehen, Š-St. hinaus-, freilassen

šunûti diese, diesen (Dem.-Pron. cas.obl.)

mâru (mʾr) / CAD: âru (wʾr), D-St. befehlen

Ihre Wasser nicht herauszulassen, befahl er diesen. Tiamat war ja Göttin des Salz-/Meerwassers. Vgl. Gen 1,7: Gott machte die Feste und trennte das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste.
141 šame ibir ašratum iḫiṭamma

šamû s. 1,1

ebêru (ʾbr < ʿbr) vorübergehen, über-/durchschreiten

ašru Ort (nach anderen: Himmel)

ḫâṭu (ḫjṭ) untersuchen, erforschen

Er durchschritt den Himmel, und er erforschte die Orte.
142 uštamḫir miḫrat apsi šubat Nudimmud

maḫâru sich entgegenstellen, Št-St. konkurrieren, gleichkommen, gleichmachen

miḫirtu (st.c. miḫrit u. -at) Vorderseite, Front; Kopie, Gegenstück

apsû s. 1,3

šubtu Wohnung, Behausung

Er machte ein Gegenstück des Apsu, der Wohnung Nudimmuds. Apsu ist der Gott, den Ea/Nudimmud getötet hat, zugleich auch der Ort, wo Ea seine Wohnung errichtet hat (1,71.75-77).
143 imšuḫma belum ša apsi binutušu

mašâḫu messen

binûtu (vgl. banû 1,9) Bau, Werk, Schöpfung

Dann maß der Herr den Bau des Apsu. Hier bezeichnet Apsu wohl Eas Wohnsitz auf Apsu.
144 ešgalla tamšilašu ukin Ešarra

ešgallu Del.: Palast, CAD: großer Tempel (sumer. éš-gal großes Haus)

tamšîlu s. 1,16

kânu (kwn) stark, fest sein, D-St. stark machen, errichten

Einen Palast (od. Tempel) errichtete er, sein (scil. des Apsu-Palastes) Ebenbild, den Escharra.
145 ešgalla Ešarra ša ibnu šamamu Der Palast (od. Tempel) Escharra, den er erbaute, (war) der Himmel. Vgl. Gen 1,8: Gott nannte die Feste Himmel.
Anders Lambert, der Escharra und den Himmel als Umstandsbestimmungen zum folgenden Vers versteht: „in Ešgalla […] and the heavens (he settled […])“.
146 Anum Enlil u Ea maḫazišun ušramma

u s. 1,16

maḫâzu Kultstätte, Stadt

ramû sich niederlassen, ŠD-St. ansiedeln, wohnen machen

Anu, Enlil und Ea ließ er an ihren Stätten wohnen. En-lil „Herr Wind“: sumer. Hauptgott, Gott des Windes. Als nunmehr oberster Gott weist Marduk seinen Mitgöttern ihre Heiligtümer zu.

129-146: Marduk erschafft aus einer Hälfte von Tiamats Leichnam den Himmel (oder das Firmament?) und errichtet dort einen Palast. Die zugrundeliegende kosmologische Vorstellung ist recht undeutlich. Tiamats Wasser werden eingesperrt, aber es ist unklar, wo.

Tafel 5

1 ubaššim manzaza an ilani rabuti

bašâmu herstellen, erbauen, D-St. dass.

manzâzu Standort

an = ana s. 1,19

rabû groß

Er erschuf den Standort für die großen Götter.
2 kakkabani tamšilšunu lumaši ušziz

kakkabu Stern

tamšîlu s. 1,16

lumâšu Sternbild

nazâzu stehen (bleiben), Š-St. (auf)stellen, aufrichten

Er brachte die Sterne an, nach ihrem (der Götter?) Bild die Sternbilder. Elli bezieht nach ihrem Bild auf die Götter, bei Talon bleibt es offen. CAD s.v. lumāšu dagegen auf die Sterne: „he set up the l[umaši]-s as the likeness of the stars“. Ähnlich Lambert: „and set up constellations, the patterns [=tamšil] of the stars“.
3 uaddi šatta miṣrata u(m)aṣṣir

Del.: adû (wd) festsetzen, bestimmen, D-St. dass.; CAD: idû wissen, kennen, D-St. erkennen lassen, bekannt machen, verständigen (hier Prt.)

šattu s. 1,13

CAD: (m)iṣratu Plan, Grenzlinie; Deimel, Del.: miṣru (Pl. miṣrâtu) Grenze, Gebiet

Del.: mṣr (Deimel: maṣâru), D-St. abschneiden, abteilen, Grenzen festsetzen; CAD: eṣêru (wṣr?) zeichnen, D-St. zeichnen, (Regeln) aufstellen

Er bestimmte (od. machte bekannt) das Jahr, er teilte Grenzen ab.
4 XII arḫe kakkabani III-TA.ÀM ušziz

arḫu (wrḫ) Monat

-TA.ÀM Det. für Distributivzahlw., daher: je drei

ušziz s. V.2

Den zwölf Monaten bestimmte er je drei Sterne.
5 ištu umi ša šatti uṣṣ[iru] uṣurati

ištu seit, nachdem

ûmu s. 1,13

eṣêru (Deimel: jṣr) gestalten, (ab)bilden (CAD: zeichnen, s. V.3)

uṣurtu (jṣr) Del., Deimel: Bild(werk); CAD: Zeichnung, Plan

Nachdem er die Tage des Jahres abgebildet hatte, uṣṣuru uṣurta scheint eine Figura etymologica zu sein: „eine Zeichnung zeichnen, ein Bild bilden“ o.ä. Lambert gibt es durch „he had organized“ wieder.
6 ušaršid manzaz Nibiri ana uddu riksišun

rašâdu fest sein, Š-St. befestigen, fest gründen

manzazu s. V.1

adû s. V.3 (hier Inf. D-St.)

riksu Verbindung

gründete er den Standort des Nibiru, um ihre (d.h. der Sterne)) Beziehungen zu bestimmen (od. bekannt zu machen). Nibiru od. Neberu: der „Stern“ Marduks, vermutl. der Planet Jupiter
7 ana la epiš anni la egu manama

epêšu (ʾpš) tun, machen

annu Fehltritt

egû (ʾg) säumen, fehlen, sündigen

manâma s. 1,7

Damit nicht einer einen Fehler begeht (und) nicht säumt,
8 manzaz Enlil u Ea u[k]in ittišu

kânu s. 4,144

itti mit

errichtete er den Standort Enlils und Eas mit ihm (scil. dem Standort des Nibiru).
9 iptema abulle ina ṣili kilallan

pitû öffnen

abullu Tor

ṣêlu Rippe, Seite

kilallân beide

Dann öffnete er Tore auf beiden Seiten.
10 šigaru udannina šumela u imna

šigâru Riegel

danânu stark, mächtig sein, D-St. stark machen, (ver)stärken

šumêlu linke Seite

imnu (jmn) rechte Seite

Er verstärkte den Riegel links und rechts.
11 ina kabittišama ištakan elati

kabittu Körperinneres, Leber; Gemüt

šakânu setzen, stellen

elû (fem. elîtu) hoch (dav. eliš), fem.Pl. Zenit

In ihren (scil. der Tiamat) Bauch setzte er den Zenit.
12 Nannaru uštepa muša iqtipa

nannaru Leuchte?

wapû s. 1,7, Št-St. glänzen lassen

mûšu Nacht

qâpu übergeben, anvertrauen

Er ließ Nannar glänzen, er vertraute (ihm) die Nacht an. Nannar: Beiname des Mondgottes Sin
13 uaddišuma šuknat muši ana uddu ume

adû s. V.3 u. 6

šukuttu (škn) Schmuck, Edelsteine

Und er bestimmte ihn zum Schmuck der Nacht, um die Tage zu bestimmen:
14 arḫišam la naparka ina age uṣir

arḫišam monatlich (arḫu s. V.4)

naparkû aufhören, beenden

agû Krone, Mondscheibe (agê Obl.Sg.)

eṣêru s. V.5 (hier Imptv. od. Prt. D-St.)

„Monat für Monat bilde unaufhörlich mit der Krone ab.(?) Lambert (der uṣ(ṣ)ir als Präteritum fasst): „he elevated him with a crown“. Talon: „dessine au moyen de la tiare“ („zeichne mit [dem Mittel] der Tiara“). Elli: „con il (tuo) disco stabilisci (i giorni)“ („mit d(ein)er Scheibe lege (die Tage) fest“).
15 ina reš arḫima napaḫi eli mati

rêšu Kopf, Anfang

napâḫu erglänzen

eli s. 1,12

mâtu Land

Wenn du am Anfang eines Monats erglänzt über dem Land, Die Rede ist vermutlich vom Neulicht, d.i. das erste Sichtbarwerden des Mondes nach den Neumond.
16 qarni nabata ana uddu VI [u]mi

qarnu Horn

nabû scheinen, glänzen (anderes Wort als 1,1!) (hier Perm. 2.m.Sg.)

ana uddu s. V.6 u. 13

glänze du mit den Hörnern, um sechs Tage zu bestimmen. Die Rede ist von der Mondsichel des zunehmenden Mondes.
17 ina umi VII-KAM aga [šumšu]la

KAM Det. für Ordinalzahlw.

agû s. V.14

mašâlu s. 1,15, Š-St. gleichmachen, in gleiche Teile teilen

Am siebenten Tag halbiere die Krone (od. sei die Krone halb o.ä.). Am 7. Tag ist Halbmond; von daher liegt es nahe, in der Lücke am Ende eine Form von mašâlu zu ergänzen. Kings [šumšu]la ist offenbar als Inf. Š-St. (parallel zu uddu) zu verstehen. Talon ergänzt [maš]la (Perm.? Part.? Akk. v. mašlu „Mitt(er)-“?).
18 [um]u XIV-tu lu šutamḫurat mešl[i…]

lû, lû- möge, sei (Wunsch, Absicht)

maḫâru s. 4,142 (hier Perm. 3.f.!)

mišlu, mešlu s. 4,138

Am 14. Tag stehe sie (d.h. die Krone?) in Opposition (in) der Mitte [monatlich] (?). Statt umu XIV-tu hat Talon: [ša]pattu „(am) 15. Tag“. Er ergänzt mi[šil arḫi]šam (st.c.) statt Kings mešli. Aber eine Constructus-Verbindung mit einem Adv. als Rectum?
19 [en]uma Šamaš ina išid šame in[aṭṭalu]ka

šamšu Sonne, als Gottheit: Šamaš

išdu s. 4,129, išid šamê Horizont

naṭâlu (an)schauen

Wenn dich Schamasch am Horizont (wieder) anschaut,
20 ina simti šutaqṣibamma bini arkaniš

qaṣâbu, Št-St. Deimel: teilen (hier Imptv.)

kaṣâbu abschneiden, Št-St. CAD: volle Stärke erreichen, aber die Übers. haben abnehmen

simtu (wsm) Schmuck, Zierde, Geeignetes, Passendes, Gebührendes

banû Del.: hell sein, (er)leuchten, CAD: wachsen (anderes Wort als 1,9) (hier Imptv.)

arkâniš (wrk) später, danach; zurück

dann nimm ab nach Gebühr, wachse zurück (od. leuchte weniger o.ä.). King und Deimel lesen šutaqṣib, Talon und CAD šutakṣib.
21 umi bubbulum ana ḫarran Šamaš šutaqrib[ma]

bubbulu Verschwinden des Mondes

ḫarrânu Weg, Reise

qarâbu nahekommen, Št-St. sich nähern, folgen

Am Neumondtag nähere dich der Bahn des Schamasch. CAD s.v. bubbulu versteht das Wort hier als „Tag der letzten Sichbarkeit des Mondes“.
22 ša umi 30.KAM lu šutamḫurat Šamaš lu šanat

lû, maḫâru s. V.18 u. 4,142

šanû wiederholen, wieder tun (hier Perm. 3.f.Sg.)

Die (Krone?) des 30. Tages stehe wieder in Opposition zu Schamasch. Bei Neumond stehen Sonne und Mond genau genommen in Konjunktion.
23 [uaddima ittu] baʾi uruḫša

uaddi s. V.3 (hier 1.Sg.?)

ittu Zeichen

bâʾu (entlang-/hinüber)gehen (Imptv. f.Sg.)

urḫu Weg, Straße

[Dann bestimmte ich ein Zeichen.] Gehe seinen (scil. des Zeichens) Weg entlang.“ Delitzsch unterscheidet drei ittu: 1. את‎₁ Pl. itâte: „Seite, Grenze, Rand“; 2. אתה‎₁ Pl. ittâtu: „das Sehen, Zeichen, Ziel“; 3. יד Pl. idâti: „Zeichen, Wunder“
24 zam[i… š]utaqribama dina dina

qarâbu s. V.21 (hier Imptv. f.Pl.)

dânu urteilen

dînu Urteil

[…] Nähert euch, fällt ein Urteil (od. sprecht Recht).“

1-25: Marduk erschafft den Himmel, die Sterne, den Mond. Insbesondere die Funktion des letzteren wird ausführlicher beschrieben.
26-48: Nur fragmentarisch erhalten, inhaltlich geht es wohl weiter um den Himmel.

48 Marduk ibtani […]

banû s. 1,9

Marduk schuf […]
49 ikṣurma ana u[rpati] ušasbiʾ

kaṣâru (Del. qṣr) (zusammen)binden, (ver)sammeln

urpatu (Pl. urpâtu) Wolke

sabû springen, Š-St. springen lassen

Dann sammelte er (Wasser), zu Wolken ließ er (es) wogen.
50 tebi šari [šu]znunu kaṣaṣa

tebû sich erheben, aufbrechen, anrücken

šâru Wind

zanânu regnen, Š-St. regnen lassen

kaṣâṣu Regen

Den Ansturm des Windes, das Ausgießen des Regens,
51 šuqtur imbari kamar imtiša

qatâru aufsteigen, wogen, Š-St. rauchen lassen, aufsteigen lassen

imbaru Nebel, Dunst

kamâru ansammeln, aufhäufen

imtu (Del. ʾm < ו₃אם) Speichel, Geifer

das Aufsteigenlassen des Nebels, das Aufhäufen ihres (scil. der Tiamat) Speichels,
52 uaddima ramanuš ušaḫiz qassu

uaddi s. V.3

ramânu selbst (-š = -šu)

aḫâzu fassen, packen, Š-St. fassen lassen, nehmen lassen

qâtu Hand (qassu = qat-šu)

bestimmte er (für) sich selbst, er nahm (es) in seine Hand. Wind und Wetter macht Marduk zu seinem eigenen Zuständigkeitsbereich.
53 iškun qaqqadsa ina mu[ḫḫišu] šada išpuk

šakânu s. 4,138

qaqqadu Kopf (-sa = -ša)

ina muḫḫi auf, über (vgl. muḫḫu s. 4,130)

šadû Berg, Gebirge

šapâku schütten

Er stellte ihren (scil. Tiamats) Kopf auf, er schüttete ein Gebirge darauf.
54 nagbu uptetta mu ittasbi

nagbu Quelle, Brunnen

pitû s. 1,9, D-St. dass.

sabû s. V.49, Ntn-St. hervorquellen?

Er öffnete eine Quelle, das Wasser quoll hervor. Lamberts übers. „it was sated with water“ („es war mit Wasser gesättigt“); das geht wohl von der Lesung ittešbi aus, von šebû „satt sein od. werden“ (s. CAD s.v. šebû 4.).
55 iptema ina ineša P[uratta] Idiglat

pitû s. V.9

inû Auge (hier Obl.Du.)

Dann öffnete er in ihren zwei Augen Euphrat (und) Tigris.
56 naḫiriša upteḫa […]šu etezba

naḫîru Nasenloch

piḫû verschließen, D-St. dass.

ezêbu (Prt. êzib) (zurück-, ver-)lassen, Gt-St. zurücklassen

Er verschloss ihre Nasenlöcher, er ließ seine […] zurück.
57 išpuk ina ṣirtiša š[ade] beruti

šapâku, šadû s. V.53

ṣirtu weibl. Brust, Busen

bêru CAD: (weit) entfernt

Er schüttete auf ihrem Busen [entfernte Berge] auf.
58 nambaʾa uptališa ana babalim kuppu

nambaʾu (nbʾ) Quelle, Wasserloch

palâšu Loch graben, (durch)bohren, D-St. dass.

babâlu = abâlu s. 4,132

kuppu (Del. kpp) Quelle

Er grub ein Wasserloch, um eine Quelle (hervor) zu bringen.
59 egir zibbatsa durmaḫi[š] urakkisma

egêru drehen, winden

zibbatu (znb) Schwanz

durmâḫu CAD: Seil, Tau

rakâsu binden, fügen, D-St. dass.

Er drehte ihren Schwanz, band (ihn) dann mit starkem Seil. Lambert: „wove it into the Durmahu“.
60 […]u Apsu šapal šepuššu

šaplu (st.c. šapal) unterer Teil, Boden (vgl. šapliš 1,2), als Präp. unter(halb)

šêpu (šwp) Tritt; Fuß

[…] Apsu, unter seinem Fuß.
61 [iškun ḫa]llaša retat šamami

šakânu s. 4,138

ḫallu CAD: Schritt (=Schambereich); Hinterlauf, Talon: Rücken

ritû befestigen

[Er stellte] ihre [Scham? auf], sie (d.h. Tiamat?) wurde am Himmel befestigt.
62 [mišlaša] uṣṣallila erṣeti uktina

mišlu, ṣalâlu s. 4,138

erṣetu Erde

kânu s. 4,144, Dt-St. dass. wie D-St.

[Mit ihrer Hälfte] bedeckte er, er machte die Erde fest.
63 […]ši epra libbuš Tawa(wa)ti ušasbiʾ

ep(i)ru Erde, Staub

libbu Herz, Inneres

sabû s. V.49

[…] den Staub, in Tawatis Innerem ließ er (ihn?) wirbeln. Tawati: anderer Name der Tiamat
64 [ušpari]r saparašu kališ ušteṣi

šuparruru (Prt. ušparir) ausbreiten

saparu Netz

kališ insgesamt, allzumal

aṣû s. 4,140, Št-St. dass. wie Š-St.

[Er breitete] sein Netz aus, er ließ es gänzlich heraus.
65 ipteqma šame u erṣetim lu[…]

patâqu machen, bauen, (er)schaffen

Er schuf Himmel und Erde, […]

49-65: Marduk erschafft Wolken, Quellen, Flüsse, Berge.
66-116: Marduk stellt Siegeszeichen auf (?). Die Götter freuen sich über Marduks Sieg und huldigen ihm als ihrem König.
117-158: Marduk kündigt an, daß er Bablyon errichten werde. (Die letzten 20 Verse sind nur bruchstückhaft erhalten.)

Tafel 6

1 Marduk zikri ilani ina šemišu

zikru Wort

šemû hören (bei seinem Hören = als er hörte)

Als Marduk die Worte der Götter hörte,
2 ubbal libbašu ibanna niklate

abâlu s. 4,132, hier: dazu bringen, veranlassen

libbu s. 5,63

banû s. 1,9

nikiltu s. 4,136

brachte es sein Herz dazu, Kunstvolles zu schaffen. Bei Talon ist libbašu Subj.: „que son coeur le porte“ („brachte sein Herz ihn dazu“). Elli detto. Vermutl. auch bei Lambert: „he conceived a desire“.
3 [ip]šu pišu ana Ea iqabbi

epêšu s. 5,7, hier: aufmachen

Mund

qibû, qabû (Prs. iqabbi) sprechen, reden, sagen

Er öffnete seinen Mund, zu Ea sprach er,
4 ša ina libbišu uštamu inamdin milku

amû sprechen, sagen, Št-St. bei sich sprechen, denken

nadânu (über)geben, zulassen (inamdin = inaddin)

milku Beratung, Überlegung, Beschluss

was er in seinem Herzen dachte, übergab er als Beschluss:
5 dami lukṣurma eṣmeta lušabšima

dâmu s. 4,131

lu- s. 5,18 (lukṣur = lû akṣur)

kaṣâru binden, sammeln

eṣemtu (Pl. eṣmêtu) Knochen, Gebein

bašû sein, existieren, Š-St. das Dasein geben, erschaffen

„Blut will ich sammeln, Gebeine will ich erschaffen. King fasst dam-i als „mein Blut“ auf. Marduk habe demnach die Menschen aus/mit seinem eigenen Blut geschaffen. Aber nach V.33 (den King noch nicht kannte) wurde dazu Qingus Blut verwendet.
6 lušzizma lulla lu amelu šumšu

nazâzu s. 5,2

lullû Del. nur: Überfluss, Üppigkeit, Talon: Wesen

amêlu Mensch, freier Mann

Ein Wesen will ich aufrichten, Mensch sei sein Name. Lambert gibt Lullû als Eigenname wieder. King liest stattdessen: amela. Vgl. Gen 1,26: Machen wir Menschen (Adam) nach unserem Bild.
7 lubnima lulla amelu. (King: lubnima amela ašib [irṣitim])

lubni = lû abni, banû s. 1,9

ašâbu (wšb) sitzen, wohnen

erṣetu s. 5,62

Ich will ein Wesen erschaffen, den Menschen. (King: Ich will den Menschen erschaffen, wohnen soll er [auf Erden].)
8 lu endu dullu ilanima šunu lu pašḫu

emêdu stehen; aufstellen, auferlegen (m. dopp. Akk.) (hier Perm. 3.Pl.)

dullu (Fron-)Dienst, Kult

šunu s. 4,134

pašâḫu sich besänftigen, sich beruhigen, Linderung finden

Der Dienst der Götter werde ihnen (scil. den Menschen) auferlegt, sie (scil. die Götter) mögen Ruhe finden. Ich fasse hier die Menschen (die ad sensum im amêlu stecken) als Subj. von endu = emd-û, dullu als Akk.-Obj.
9 lušannima alkakat ilani lunakkil

šanû anders sein od. werden, D-St. ändern (wohl nicht ident. mit šanû s. 5,22)

alaktu (Pl. alkâte, alkakâtê, letzteres bei Del. eigenes Lemma) Weg, Wandel

nakâlu klug, schlau sein, D-St. kunstvoll, geschickt, klug ausführen od. handeln

Ich will die Wege der Götter ändern, geschickt will ich (dabei) vorgehen. Lambert gibt die Wege wieder mit „the organization“, Talon mit „les conditions d’existence“ („die Daseinsbedingungen“).
10 išteniš lu kubbutuma ana šina lu zizu

išteniš s. 1,5

kabâtu schwer sein, D-St. ehren

šinâ s. 4,137

zâzu (zwz) teilen

Gemeinsam sollen sie verehrt werden, (aber) in zwei (Gruppen) sollen sie geteilt werden.“

1-10: Marduk kündigt an, den Menschen zu erschaffen und ihm den Dienst der Göttern aufzuerlegen.
11-30: Marduk und die anderen Götter beschließen, den Gott Qingu, der als der Anstifter des von Tiamat begonnen Krieges betrachtet wird, hinzurichten.

31 ikmušuma maḫriš Ea ukallušu

kamû binden, gefangen nehmen, packen

maḫriš gegen(über), vor

kâlu (kwl) halten, tragen, D-St. dass.

Da packten sie ihn, vor Ea brachten sie ihn.
32 annam imedušuma damešu iptarʾu

annu (ʾnn) Missetat, Strafe

emêdu s. V.8

parû s. 4,131

Die Strafe erlegten sie ihm auf, sein Blut durchschnitten sie.
33 ina damešu ibna amelutu

amêlûtu Menschheit

Aus seinem Blut schuf er (scil. Ea) die Menschheit.
34 imid dulli ilanima ilani umtaššir

emêdu, dullu s. V.8

mašâru verlassen, im Stich lassen, Dt-St. dass., hier wohl loslassen, befreien

Er erlegte (ihr) den Dienst der Götter auf, die Götter befreite er (davon).
35 ultu amelutu ibnu Ea eršu

ultu von … an, seit, als, nachdem

eršu weise

Nachdem der weise Ea die Menschheit erschaffen hatte,
36 dullu ša ilani imiduni šašu

šâšu s. 4,134

legte er ihr den Dienst der Götter auf.
37 šipru šu la naṭu ḫasasiš

šipru Geschäft, Werk, Bau

šû s. 1,17

naṭû passend, geeignet machen, Perm. geeignet, möglich sein

ḫasâsu denken, ausdenken, ersinnen (hier Inf. mit Adv.-Endung)

Ein Werk (war) dies, nicht auszudenken.
38 ina niklati ša Marduk ibna Nudimmud

nikiltu s. 4,136

Durch die klugen Gedanken des Marduk hat Nudimmud (es) geschaffen.
39 Marduk šarru ilani uzaʾiz

zâzu s. V.10, D-St. (Prt. uzaʾiz) auf-, ver-, zuteilen

Marduk, der König, teilte die Götter auf, So verstehen es Lambert und Talon. Doch der Text ist hier ideograph. geschrieben (LUGAL DINGIR.DINGIR), man könnte also auch verstehen: M. šar ilani uzaʾiz „M., der König der Götter, teilte (sie) auf“.
40 Anunnaki gimratsunu eliš u šapliš

gimirtu (st.c. gimrat) Gesamtheit (vgl. gimru 1,4)

eliš s. 1,1

šapliš s. 1,2

die Gesamtheit der Anunnaki (in) oben und unten. Anunnaki: eine Gruppe von Göttern (manchmal im Ggs. zu den Igigi)
41 uaddi ana Anum teretuš naṣaru

uaddi s. 5,3

têrtu (Del. ʾjr) (Pl. têrêti) Befehl, Geheiß

naṣâru bewachen, beschützen, bewahren

Er trug Anu auf, über seine Befehle zu wachen.
42 5-UŠ ina šame ukin maṣartu

UŠ = šuššu 60

kânu s. 4,144

maṣ(ṣ)artu (nṣr) Wache, Bewachung (vgl. maṣ(ṣ)aru 4,139)

300 (Götter) stellte er als Wache im Himmel auf.
43 uštašnima alkakat erṣetim uaṣṣir

šanû s. 5,22, Št-St. dass.?

alaktu s. V.9

umaṣṣir s. 5,3

Dann (wiederholte er dies,) grenzte er die Wege der Erde ab. Hier übers. Talon die Wege mit „les règles“ („die Regeln, Ordnungen“). Lambert gibt erṣetu hier und im folgenden Vers mit „netherworld“ („Unterwelt, Jenseits“) wieder.
44 ina šame u erṣetim 600 uštešib

ašâbu s. V.7, Št-St. wohnen, residieren lassen, einsetzen

Im Himmel und auf der Erde setzte er 600 (Götter) ein.

31-38: Qingu wird hingerichtet, aus seinem Blut wird der Mensch geschaffen. (Eigenartigerweise ist es Ea, der den Menschen schafft; Marduk ist hier nur der, der die Idee dazu hat oder Ea den Auftrag gibt.) Dem Menschen wird der „Dienst der Götter“ auferlegt. (D.i. vermutlich mehr als nur kultische Verehrung.)
39-44: Marduk unterteilt die Götter (genauer: die Anunnaki) in zwei Gruppen: 300 Götter des Himmels und 300 Götter der Erde (Lambert: der Unterwelt).
45-100: Die Götter errichten die Tempel Babylons und feiern darin ein Fest. Dabei huldigen sie neuerlich Marduk als ihrem König.
101-157: Anschar segnet Marduk (oder wie immer man das bezeichnen möchte) und preist seine Namen, indem er sie aufzählt.
157-166: Die Götter werden aufgefordert dabei mitzumachen.

Tafel 7

Die Aufzählung der (insgesamt 50) Namen Marduks wird fortgesetzt, dabei wird auch wieder auf Marduks Kampf gegen Tiamat und die Schöpfung Bezug genommen.

Verhältnis zum AT

Die Frage nach dem Verhältnis des alttestamentlichen Schöpfungsberichts zum Enuma eliš ist und bleibt umstritten. Die Bandbreite der Antworten reicht vom Quasiplagiat bis zu völliger Beziehungslosigkeit. (Eine Auflistung der jeweiligen Argumente z.B. bei  Metareligion und  A Christian Thinktank). Meine persönliche Ansicht neigt eher letzterem zu. Viele angebliche Entlehnungen haben sich durch die Funde von Ugarit als gegenstandslos erwiesen. Die vielzitierte Parallele zwischen Tiamat und dem hebr. tehom etwa: das ugarit. thm zeigt, daß das Wort gemeinsemitisch ist. Unbestritten ist, daß Enuma eliš und Genesis manche kosmologische Vorstellungen gemeinsam haben.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 28. Mai 2024