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Jawan & Söhne
In der Völkertafel Gen 10,2.4 und 1Chr 1,5.7 (s. meine Seite Die Völkertafel) wird als Sohn Japhets ein Jawan genannt, dessen Söhne wiederum Eliša, Taršiš, Kittim und Rodanim (andere Lesart: Dodanim) sind.
Die Gleichsetzung von Jawan mit den homerischen Iáones (< Iáwones, viell. schon myken. i-ja-wo-ne) „Ionier“ wird allgemein akzeptiert. Letztere – Hom.Il. 13,685 neben den Boiotern (und wohl als deren Nachbarn) genannt – bezeichnen bei Homer vermutlich die Bewohner Attikas, d.h. die Athener.
Doch wer genau ist im AT damit gemeint? In Jes 66,19 wird Jawan neben Tubal, in Hes 27,13 neben Tubal und Mešech genannt, zwei Völkern, die allgemein in Kleinasien lokalisiert werden. Es liegt daher nahe, Jawan mit den Griechen der kleinasiatischen Küste und der vorgelagerten Inseln zu identifizieren. Die LXX übersetzt denn auch an beiden Stellen mit Hellás „Griechenland“.
In Dan 8,21; 10,20; 11,2 wird Jawan immer neben den Persern genannt und bezeichnet ziemlich sicher die Griechen, genauer wohl das Alexanderreich. Die LXX übersetzt mit Héllēnes „Griechen“.
In Sach 9,13 und Joel 4,6 steht es isoliert. Sach 9 wird meist mit dem Feldzug Alexanders d. Gr0ßen und der Situation Israels, als es der Zankapfel zwischen dem Ptolemäer- und dem Seleukidenreich war, in Verbindung gebracht. Auch hier wären also die Griechen des Alexanderreiches gemeint. (LXX: Héllēnes „Griechen“.)
Ein Ausreißer ist Hes 27,19, wo Jawan neben Wedan genannt ist, das man auf der arab. Halbinsel (Waddân) vermutet. Es könnte aber auch we-Dan „und Dan“ (einer der Stämme Israels) gelesen werden. Die LXX hat statt Jawan offenbar jajin „Wein“ gelesen.
Eliša kommt außerhalb der Völkertafel nur Hes 27,7 vor, wo von Tyros gesagt wird, seine Schiffsdecken seien aus blauem und rotem Purpur von den Küsten (oder Inseln) Elišas gewesen. Setzte man es früher mit Elis in der Peloponnes gleich, so denkt man jetzt meist an Alaši(j)a, einen Namen, der in akkadischen und luwischen Keilschrifttexten vorkommt.
In EA 35 ( EA 35) schreibt der König von Alašija an den ägypt. Pharao, dass er ihm eine größere Menge Kupfer geschickt habe und bittet dafür um Silber und Öl.
In EA 38 wehrt sich der König von Alašija gegen den Vorwurf, seine Männer seien an etwas (es ist unklar, woran) beteiligt gewesen. Vielmehr sei sein Land selber Opfer regelmäßiger Überfälle von Männern von Lukki (= Lykien?).
Aus EA 40 Z. 17ff geht hervor, dass Alašija am Meer liegen muss.
In zwei luwischen Texten nehmen Tudḫalija IV. und Šuppiluliuma II. für sich in Anspruch, Alašija erobert zu haben.
Alašija wurde an der Küste Nordsyriens, an der Südküste Kleinasiens und auf Zypern vermutet. Die Mehrheit der Forscher votiert heute für letzteres. Das soll in den letzten Jahren durch chemische Untersuchungen des Tons der Tafeln bestätigt worden sein. Ob das atl. Eliša damit identisch ist, muss ob der spärlichen Textbezeugung offen bleiben.
Der Name Kittim kommt ziemlich sicher von den Bewohnern Kitions (heute Larnaka). Kition wurde im 2. Jt. als mykenische Kolonie gegründet und wurde irgendwann im frühen 1. Jt. phönizisch. Das blieb es dann (im 7. Jh. zeitweilig unter assyr. Herrschaft) bis in die Alexanderzeit.
In Jes 23,1.12 ist Kittim ein Ort, zu dem phönizische Schiffe fahren (LXX: Kitiaíoi, Kitieís „Kitiäer“). In Hes 27,6 (s.o. zu Eliša) kommen von den Küsten (oder Inseln) Kittims kostbare Hölzer für die tyrischen Schiffe. Die LXX schreibt hier Chettiin.
In Jer 2,10 wird das Gottesvolk aufgefordert, sein eigenes Verhalten in religiösen Dingen mit den Inseln Kittims (LXX: Chettiim) oder mit Kedar zu vergleichen. Kittim steht wohl allgemein für den Westen, d.h. die Küstenländer des Mittelmeeres, Kedar für den Osten, d.h. wohl Arabien.
In Num 24,24 prophezeit Bileam zum Schluss, dass Schiffe (so der hebr. Text, die LXX hat hier anscheinend eine Verbalform gelesen) der Kittäer Assur und Eber (d.h. Nordmesopotamien / Syrien und Palästina?) demütigen werden. Die Targume und die Vulgata denken hier an die Römer.
In Dan 11,29f wird von einem zukünftigen König geweissagt, dass er einen Feldzug nach dem Süden unternehmen, aber durch Schiffe der Kittäer zur Umkehr gezwungen werden wird. Die Prophezeiung Dan 11,21-45 wird allgemein auf Antiochus IV. Epiphanes bezogen. Er wurde bei seinem zweiten Feldzug gegen das Ptolemäerreich von den Römern zur Umkehr gezwungen.
In 1Makk 1,1; 8,5 werden die Griechen als Kittäer (Chettiim, Kitieís) bezeichnet.
Die Kittim sind die Griechen der agäischen Inselwelt, später die Griechen des Alexanderreiches und vielleicht auch die Römer. Die LXX hat für die Kittim dreimal Chittiim, das könnten auch die Hethiter sein.
Taršiš wird heute meist gleichgesetzt mit Tartessos, einer iberischen Handelsstadt westlich der Straße von Gibraltar ( Hdt. 4,152), die legendär war für ihren Reichtum ( Hdt. 1,163). Sie soll an der Mündung des Guadalquivir gelegen habe ( Strabo 3,2,11), in der Nähe von Gadir (heute Cadiz), das von den Phöniziern als Niederlassung für den Handel mit Tartessos gegründet worden war. Das eisenzeitliche Tartessos selber ist noch nicht entdeckt worden. Doch hat man im unteren Guadalquivir-Tal Reste einer Kultur gefunden, die offenbar seit dem 9./8. Jh. mit den Phöniziern Handel trieb. Tartessos scheint um 500 aus der Geschichte verschwunden zu sein. Möglicherweise haben die Karthager ihren Konkurrenten im Seehandel den Todesstoß versetzt.
In der Gerichtsandrohung für Tyros und Sidon Jes 23 wird auch Taršiš erwähnt ( Jes 23,1.6.10.14), das nach Zerstörung der Mutterstädte die Zuflucht der Phönizier ist, mit Tyros und Sidon aber seine wichtigsten Handelspartner verliert.
In Jes 66,19 ist Taršiš in einer Aufzählung ferner Völker neben Pul (Textfehler für Put?) und Lud, in Ps 72,10 neben den Inseln (unbestimmter Ausdruck für die Länder des Mittelmeeres) genannt. Der Prophet wider willen Jona will dorthin fliehen ( Jona 1,3; 4,2), weil es weit weg von Palästina ist.
Nach Jer 10,9 kommt von Taršiš Silber, nach Hes 27,12 Silber, Eisen, Zinn und Blei.
Mehrfach begegnet der Ausdruck Taršiš-Schiffe, der wohl große phönizische Handelsschiffe bezeichnet (Schiffe, die geeignet sind, nach Taršiš zu fahren): 1Kön 10,22 (Salomo hat eine Flotte von solchen Schiffen); 22,49 (Joschafat lässt eine Flotte von Taršiš-Schiffen erbauen, doch sie erleidet Schiffbruch); in den Parallelberichten 2Chr 9,21 und 20,36 sollen diese Schiffe nach Taršiš fahren, was in letzterem Fall aber kaum möglich war (vom Golf von Akaba führte in dieser Zeit kein Weg nach Spanien). An einigen Stellen wird es sich wohl buchstäblich um Schiffe aus Taršiš handeln: Jes 2,16; 23,1.14; 60,9; Hes 27,25; Ps 48,8. In Hes 38,13 werden Kaufleute aus Taršiš neben Händlern aus Saba und Dedan erwähnt.
Die LXX übersetzt Taršiš an einigen Stellen ( Jes 23,1.6.10.14, Hes 27,12.25; 38,13) mit Karchēdṓn „Karthago“ bzw. Karchēdónioi „Karthager“.
So gut das alles auf Tartessos passen mag, habe ich gegen die Gleichsetzung mit dem Taršiš der Völkertafel zwei Einwände: Tartessos liegt von Palästina aus gesehen arg weit vom Schuss. In der Völkertafel ist nicht einmal das griech. Festland sicher auszumachen, geschweige denn Italien, Gallien oder gar Iberien. Und was hat es mit den Griechen zu tun? Taršiš ist ein Sohn Jawans, ein Bruder der Zyprioten und (vermutlich) der Rhodier. Doch Jes 23 sieht die Tartessier offenbar als Phönizier. Vielleicht sollten wir das Taršiš der Völkertafel besser (wie Flavius Josephus) mit Tarsos in Kilikien identifizieren.
Auch beim Taršiš der auf Sardinien gefundenen, in Phönizisch abgefassten, nach dem Fundort sog. Nora-Inschrift aus dem 9. Jh. ist umstritten, ob es sich um das span. Tartessos, um einen Ort auf Sardinien oder um Tarsos handelt. Jedenfalls aber gibt es für letzteres gute Gründe. (Text und Diskussion bei Russel Gmirkin.)
In den Inschriften Salmanassers III. (reg. 858-824 v.Chr.) und Sanheribs (reg. 704-681 v.Chr.) wird das kilikische Tarsos Tarzu bzw. Tarzi geschrieben. Das ist, wie aramäische Münzlegenden (Trz) nahelegen, vermutlich die aram. Namensform. In einer Inschrift Asarhaddons (reg. 680-669 v.Chr.) ist allerdings davon die Rede, dass sich alle Könige, die mitten im Meer wohnen, von Iadanana (Zypern), Iaman (~Jawan) bis Tarsisi dem assyr. König unterwerfen. Die Frage ist: Sollte Asarhaddon tatsächlich beansprucht haben, der Herrscher im fernen Iberien unterwerfe sich ihm? (Eine Diskussion der Details findet man bei Arie van der Kooij. Eine andere Ansicht vertritt z.B. Michael Koch. In dasselbe Horn wie Koch stößt auch Robert Rollinger.)
Die Quellenlage ist dünn und reicht offenbar nicht aus, um die Frage eindeutig zu entscheiden. Auch sprachliche Argumente verfangen wenig, denn die Entstehung und Entwicklung von Ortsnamen gehorcht eigenen Gesetzen. (So weit Ljubljana und Laibach sprachlich auch auseinanderliegen, bezeichnen sie doch denselben Ort.) Vielleicht konnte Taršiš auch zwei (oder sogar mehr?) unterschiedliche Orte bezeichnen.
Wird nur in der Völkertafel erwähnt. Die Lesart Dodanim ist ziemlich fragwürdig. Doch könnte auch Rodanim nur eine Konjektur sein. Wenn es denn das Richtige ist, werden wohl die Bewohner von Rhodos gemeint sein.
violett: Jawan (Ionien), grün: Rodanim (Rhodos), hellblau: Kittim (Kition),
dunkelblau: Eliša (Enkomi?), rot: Taršiš (Tartessos? oder doch besser
Tarsos?).
Urheber: Regierung der USA.-
Lizenz: Gemeinfrei.-
Quelle: Wikipedia.-
Bearbeitung: gedreht, verkleinert, die farbigen Ellipsen eingezeichnet.
Autor: E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 10. März 2022