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Die Merenptah-Stele


Diese 1896 von Flinders Petrie in Theben gefundene Stele ist die älteste Inschrift, die (höchstwahrscheinlich) Israel erwähnt. Die Stele stammt aus aus dem 5. Regierungsjahr des Pharao Merenptah (1208 v.Chr.).

Es gibt offenbar nur noch drei weitere inschriftliche Zeugnisse für den Namen Israel: den assyrischen Kurkh-Monolithen (Mitte des 9. Jh.?), die moabitische Meschastele (Mitte des 9. Jh.), die aramäische Tel-Dan-Inschrift (9. oder 8. Jh.). Wobei es zumindest beim Kurkh-Monolithen auch Einwände gegen die Identifikation des Namens gibt.

Der Text ist ein hymnischer Lobpreis auf Pharao Merenptah, der einen Angriff libyscher Volksstämme erfolgreich abgewehrt hat. (Zu deren Verbündeten hatten, wie wir aus einem Paralleltext aus Karnak erfahren, auch Angehörige der sog. Seevölker gehört.) Am Schluss wendet sich der Blick nach Nordosten: auch dort hat der Pharao, in einem anderen Feldzug, für Ruhe gesorgt. Umstritten ist jedoch, ob hier von einem weiteren Feldzug Merenptahs die Rede ist oder ob militärische Errungenschaften von Merenptahs Vater Ramses II. oder seinem Großvater Sethos I. aufgezählt werden.

Spiegelberg (1896) Petrie/Spiegelberg (1897) Transskription Übersetzung
26 […] 26 […] jtj.w? pḫd ḥr ḏd šrm Die Fürsten? werfen sich nieder [oder: wurden niedergeworfen], wobei sie sagen „Frieden!“
bn wʿ ḥr fꜣj tp⸗f m tꜣ pḏ.t 9 [pśḏ] Nicht einer erhebt sein Haupt von den neun Bogen [die traditionellen Feinde Ägyptens].
ḫf n ṯḥnw Zugrunde gerichtet worden ist Libyen.
ḫtꜣ ḥtp Cheta [Hatti, das Land der Hethiter] ist friedfertig.
ḥꜣḳ pꜣ kꜣnʿnʿ m bjn nb Gefangennommen ist der Kanaan mit allem Bösen.
27  27  jn.w jśqꜣrnj Hergebracht [oder: weggebracht] worden ist Askalon.
mḥ.w m ḳꜣḏꜣr Gepackt worden ist Gezer.
jnwʿmꜣm jr.w m tm wn Jenoam ist vernichtet worden.
jsrjꜣr fk.t bn pr.t⸗f Israel ist wüst [oder: verwüstet], nicht (ist/existiert mehr) sein Same [d.h. seine Nachkommenschaft oder seine Saat, sein Getreide].
28  28  ḫꜣrw ḫpr.w m ḫꜣr.wt n | tꜣ-mrj Charu [das Land der Hurriter] ist geworden zu Witwen wegen | Ägypten.
tꜣ.w nb.w dmḏ⸗śn m ḥtp.w Alle Länder (sind) in ihrer Gesamtheit in Frieden [d.h. unterworfen].


pꜣ ntj nb m šmꜣ jw⸗tw ḥr wʿf⸗f jn
nśwt-bjtj Bꜣ-n-Rʿ-mrj-Jmn sꜣ-Rʿ Mrj-n-Ptḥ-ḥtp-ḥr-Mꜣʿt dd(.w) ʿnḫ mj rʿ rʿ-nb
Jeder, der umherzog [d.i. jeder Nomade?], wurde bezwungen vom
König von Ober- und Unterägypten „Seele des Re, Geliebter des Amun“, Sohn des Re „Gelieber des Ptah, zufrieden mit der Maat“, beschenkt mit Leben wie die Sonne jeden Tag.

Ausschnitt aus Spalte 23 der Seevölker-Inschrift vom Totentempel Ramses' III.– Quelle: Earlier historical records of Ramses III (s. Literaturverweise), Tafel 46.– Urheber: die Autoren.– Lizenz: s. Terms of use.

Es wurden auch andere Identifikationen als Israel vorgeschlagen, aber sie sind alle weniger plausibel. Z. B. Jesreel (hebr. יִזְרְעֶאל jizreʿæl). Die Frage, ob das lautgesetzlich möglich ist (/z/ vs. /s/, /ˁ/ vs. /ˀ/), ist vermutlich eher akademisch, denn die Wiedergabe von Ortsnamen hält sich häufig nicht an Lautgesetze (s. die Anm. in Der Fall Jerichos (Bryant Wood), Bsp. it. Milano – dt. Mailand). Aber das Determinativ passt nicht. Will man nicht zusätzlich annehmen, der Schreiber habe sich beim Determinativ geirrt, muss man es auf jeden Fall als ideographische Schreibung des Substantivs „Leute“ verstehen. Aber ich würde erwarten, dass stattdessen das ebenfalls in der Jesreel-Ebene liegende, aber in der Spätbronzezeit wesentlich bedeutendere Megiddo (äg. mkt(j)) genannt wird. (Warum mit Potsdam angeben, wenn man sich mit Berlin brüsten kann?)

Es könnte noch eine deutlich ältere Nennung Israels in Hieroglyphen geben: das Sockelrelief ÄM 21687 im Ägyptischen Museum Berlin. Es zeigt drei Gefangene, deren Körper als Namensring ausgeführt ist. Vom rechten Namensring sind leider zwei Fünftel weggebrochen, sodass inbes. die Lesung des Zeichens rechts oben fraglich ist. Doch van der Veen/Zwickel sind der Meinung, dass der Name als jꜣšꜣjr (bzw. vielleicht ỉꜣšrỉr) = Israel zu lesen ist. Das -jr(ꜣ) am Ende sei die in der frühen 18. Dynastie in Ortsnamen übliche Schreibung des Gottesnamens El. Auch sonst weisen die determinativlosen Namensschreibungen auf die 18. Dynastie. Zum Alter des Reliefs sagen van der Veen/Zwickel, es „muss angenommen werden, dass die Namen entweder während der Ramessidenzeit von einer früheren Liste kopiert worden waren oder dass die Sockelreliefs selbst aus der ersten Hälfte der 18. Dynastie stammen“ (d.h. zwischen 1550 und 1420 v.Chr.?). Von Thutmosis III., Amenophis II., Thutmosis IV. und Amenophis III. sind auch Feldzüge nach Palästina belegt. Dass die Richtigkeit dieser Lesung – schon allein wegen der Implikationen – von manchen bezweifelt wird, sei nicht verschwiegen.

M17 S29
N29
E23
N35
V31
Z4
N35
O29
N35
W24
M17 G1
M8
M17 D21
Z1
jśḳln, Askalon kjnʿꜣnw, Kanaan jꜣšꜣjr, Israel?

Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 27. Juli 2022