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Pflanzen im Neuen Testament
Auf das Thema gebracht hat mich ein Besuch der Bibelwelt in Salzburg, die auch über einen Bibelgarten verfügt (schon erstaunlich, was am Nordrand der Alpen alles wächst). Das hat mich dazu gebracht, mich ganz unsystematisch mit einigen Pflanzen in erster Linie des NT zu beschäftigen. Wenn man es genau nimmt, sind Wein, Brot, Öl, Leinen usw. pflanzliche Produkte. Doch habe ich mich auf die Fälle beschränkt, in denen tatsächlich von der Pflanze (Weinstock, Olivenbaum usw.) die Rede ist. Ich bin kein Biologe und verlasse mich, was die wissenschaftlichen Pflanzennamen betrifft, ganz auf meine Quellen.
Ich zitiere hier aus folgenden Wörterbüchern:
Öfters nenne ich Pflanzen in der Bibel. Wikipedia dt.
In Mt 6,28f (Lk 12,27) sagt Jesus:
Betrachtet die Lilien des Feldes, wie sie wachsen; sie mühen sich nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch aber, dass nicht einmal Salomo in aller seiner Herrlichkeit sich kleidete wie eine von diesen.
Das griech. κρίνον krínon geben die dt. Übersetzungen praktisch unisono mit „Lilie“ wieder (lediglich die Gute Nachricht hat „Blume“). So haben es auch die Schulwörterbücher Benseler, Menge, Gemoll. Liddell/Scott sagt „white lily, Lilium candidum“. Zur Etymologie kann Frisk nur mitteilen: „Fremdwort unbekannter Herkunft“.
Von den Spezialwörterbüchern zum NT hat Schirlitz ebenfalls „Lilie“. Ausführlich ist Preuschen: „die Lilie, wahrscheinl. d. Herbstzeitlose [Colchicum autumnale], andere denken an d. Türkenbund, od. d. Windröschen [Anemone coronaria]. Nach Christ [ZdPV XXI, 1 ff.] ist an Schwertlilien zu denken, v. denen i. Palästina verschiedene Arten vorkommen. Wahrscheinlich hat Jesus keine bestimmte Blume i. Auge gehabt, sondern an alle d. herrlichen Blüten d. verschiedenen Arten v. Gladiolus u. Iris gedacht, die noch heute d. Felder Galiläas schmücken. Als herrliche Blume ist sie genannt Mt 6, 28. Lc 12, 27. […] [LXX für שׁוֺשַׁנָּה.]“ (Der Artikel von Hermann Christ findet sich in ZdPV XXII, 65ff!)
Der Wikipedia-Artikel Pflanzen in der Bibel denkt bei Mt 6,28 an die Kronen-Anemone. Dasselbe sagt Rieneckers Bibellexikon 1977 s.v. Lilie: „Die »L. (griech. krinon) des Feldes« (Mt 6,28; Lk 12,27) ist wohl die purpurrote Anemone (Anemone coronaria). Sie ist im Frühjahr überall im Mittelmeergebiet zu finden, in Palästina bes. häufig in der Saronebene (vgl. Hl 2,1, LÜ Blume).“
Hdt 2,92,2.4 zeigt, dass κρίνον tatsächlich eine umfassendere Bedeutung hat: „Wenn der Fluss [Nil] voll wird und die Ebenen Seen bilden, wachsen im Wasser viele Lilien, die die Ägypter Lotus nennen. […] Es gibt auch andere Lilien, den Rosen ähnlich, die im Fluss wachsen […]“. Herodot subsumiert also verschiedene Arten von Wasserrosen, wie Tigerlotus (Nymphaea lotus), Blauer Lotus (Nymphaea caerulea) u.a. unter dem Begriff κρίνον (den ich hier mit „Lilie“ übersetzt habe).
Ohnedies hat Jesus diesen Satz auf Aram. gesagt und vermutlich שׁוֺשַׁנָּא šôšannâ oder שׁוֺשַׁנְתָּא šôšantâ gebraucht, wozu Levy 1881 sagt: „Lilie, überh. eine mit einem Kelch versehene Blume“; ähnlich Jastrow 1903: „flower, esp. lily“. Dem entspricht hebr. שׁוּשַׁן šûšan, f. שׁוֺשַׁנָּה šôšannâ, wozu Gesenius17 sagt: „Name einer Blume, n. d. gew. Auffassung: der Lilie, wahrsch. aber eine umfassende Benennung für mehrere Blumenarten ([…] n. Spoor, AJSL 22 298, viell. ranunculus asiaticus)“). (Gesenius17 schreibt Hans Spoer offenbar immer Spoor – einmal falsch exzerpiert und schon ist's passiert.) Das Wort ist vermutlich entlehnt aus äg. sššn, sšn, kopt. ϣⲱϣⲉⲛ šōšen „Lotus“.
Die genannten Pflanzen zum Nachschlagen in der Wikipedia:
Rose von Scharon ist ein offenbar im Engl. gebräuchlicher Ausdruck, der auf die Übersetzung von Hld 2,1 in der King-James-Übersetzung von 1611 zurückgeht. Die dt. Entsprechung ist Saronsblume, die lat. flos campi „Blume des Feldes“.
(Die weibliche Sprecherin sagt von sich:)
Ich bin die Narzisse (?) der Scharonebene, die Lilie der Täler.
Luther 1545: Ich bin ein Blumen zu Saron / und ein Rose im Tal. King-James-Übers.: I am the rose of Sharon, and the lily of the valleys. Vulgata: Ego flos campi et lilium convallium.
Scharon ist der Name der Küstenebene entlang des Mittelmeers zwischen Haifa und Tel Aviv.
Von der Lilie (hebr. שׁוֺשַׁנָּה) war gerade die Rede. Die Rose der King-James-Übersetzung ist vermutlich als generischer Begriff für eine schöne Blume zu verstehen. Im hebr. Text steht חֲבַצֶּלֶת ḥabaṣṣælæt; dieses Wort findet sich sonst nur noch in Jes 35,1, wo es heißt, die Steppe werde blühen wie die ḥabaṣṣælæt. Als Bedeutungsangabe hat Gesenius17 „Colchicum autumnale Linn., die Herbstzeitlose; vgl. aber Fonck, ZKT 23 694 u. Spoor, AJSL 22 294, der an d. crocus vitellinus denkt.“ Leopold Fonck behauptet, dass Colchicum autumnale in Palästina gar nicht vorkommt. Zu Spoers Artikel in AJSL 22 s.o. die Literatur zu Lilien des Feldes. Zur Etymologie verweist Gesenius17 auf ass. ḫab(a)ṣillatu „Rohrstengel“. Delitzsch hatte (zuerst?) in seinen Prolegomena diesen etymologischen Zusammenhang hergestellt und das hebr. Wort als „Blumenstengel“ (wegen des Parallelismus mit der Lilie) verstanden. Das Chicagoer Assyrian Dictionary übersetzt ḫabaṣillatu (Bd. 6, S. 8) mit „fresh shoot of reed“ und verweist seinerseits auf unser hebr. Wort.
Die Peschitta hat Jes 35,1 syr. ܚܰܡܨܰܠܳܝܬܳܐ ḥamṣallājtâ, dessen genaue Bedeutung ebenso umstritten scheint (Payne-Smith: „the autumn crocus, meadow saffron, colchicum autumnale“, also die Herbstzeitlose). Delitzsch sieht aber nur oberflächlichen Zusammenklang zwischen ḥabaṣṣælæt und ḥamṣallājtâ, stellt also die etymologische Zusammengehörigkeit in Abrede (womit er aber ziemlich allein dazustehen scheint). Hld 2,1 steht in der Peschitta zweimal ܫܘܫܢܬ (Payne-Smith vokalisiert ܫܽܘܫܰܢܬܳܐ šûšantâ, Brockelmann ܫܱܘܫܱܢܬܴܐ šawšantâ) „Lilie“.
Schon die jüdischen Übersetzer der LXX haben ḥabaṣṣælæt in Hld 2,1 mit dem unbestimmten griech. ἄνθος ánthos „Blume“ (und Scharon mit πεδίον pedíon „Ebene, Feld“) wiedergegeben. Die Vulg. ist dem gefolgt (flos), aber auch Luther 1545 (s.o.). (In Jes 35,1 hat LXX allerdings κρίνον, die Vulg. lilium, Luther Lilien.) Der Targum zum Hld hat Narzisse, die aram. Schreibung des Wortes schwankt: נַרְקֵיס narqês, bBer 43b ed. Goldschmidt נרקום. Die modernen dt. Übersetzungen übersetzen teils „Blume“ (Einheitsübersetzung), „Frühlingsblume“ (Gute Nachricht), teils „Narzisse“ (Elberfelder, Schlachter 2000, Menge, Hoffnung für alle). Die Zürcher Übersetzung hat „Lilie“ und gibt die Lilie der zweiten Vershälfte mit „Lotosblume“ wieder.
Der einschlägige Wikipedia-Artikel listet verschiedene Identifikationen der ḥabaṣṣælæt auf (neben den bereits genannten auch Zistrose und verschiedene Tulpenarten) und verweist dabei besonders auf die Dünentrichternarzisse (Pancratium maritimum). חבצלת ist der moderne hebr. Name der Gattung Pancratium (Trichternarzissen). Gesenius18 fügt als weitere mutmaßliche Identifikationen Meerzwiebel (Urginea resp. Drimia maritima) und Affodil (Asphodelus microcarpus) hinzu.
Von der Rose von Scharon stammt vermutlich der engl. Vorname Sharon. In den USA ist Rose of Sharon auch Trivialname des Straucheibisch (Hibiscus syriacus), in GB dagegen des Großkelchigen Johanniskrauts (Hypericum calycinum).
An dieser Stelle sei der Artikel zur ḥabaṣṣælæt in Gesenius' Hebräisch-Deutschem Handwörterbuch von 1810, S. 272b-273a, (von mir mit Erklärungen und Links versehen) wiedergeben:
חֲבַצֶּלֶת f. Hohesl. 2, 1. Jes. 35, 1 eine Blume, die die alten Übers. theils durch Lilie, theils durch Narzisse geben. S. Celsii hierobotan. T. I. S. 488 [= Olof Celsius der Ältere, Hierobotanicon, sive De plantis Sanctae Scripturae, dissertationes breves, 1745-1747, Bd. 1, S. 488] . Das sicherste Datum gibt unstreitig das entsprechende syr. ܚܰܡܨܰܠܳܝܬܳܐ [ḥamṣallājtâ] , welches der Syrer [=Peschitta] auch Jes. a. a. O. zur Übersetzung gebraucht hat. Dieses erläutert Bar Bahlul [Hasan bar Bahlul, ܠܗܟܣܝܩܘܢ ܣܘܼܪܝܵܝܐ Lehksîqôn sûrjājâ (ein syr.-arab. Wörterbuch), 10. Jh., Bd. 1, Sp. 760] bey Cast. [= Edmund Castell oder Castle, Lexicon Heptaglotton, 1669, Bd. 1, Sp. 1287] durch: „ἐφήμερον, hermodactylus.“ Ferr. [= Giovanni Baptista Ferrari, Nomenclator Syriacus, 1622, Sp. 872] „Veneni genus“ [„eine Art von Gift“] Ἐφήμερον ist nach Sprengel [Kurt (Polycarp Joachim) Sprengel, Historia rei herbariae, 1807-1808, Bd. 1, S. 89 und Bd. 1, S. 129] : Colchicum auctumnale Linn. die Herbstblume, Herbstzeitlose [so auch Liddell/Scott: „II. a poisonous plant, Colchicum autumnale“] , das andere [d.h. Hermodactylus] Iris tuberosa [= Wolfsschwertel, Hermesfinger, eine Schwertlilienart] . Ersteres nach einigen auch die Mayblume [= das Maiglöckchen, Convallaria majalis L.] . Möchten wir übrigens doch den arab. Text dieses Lexicographen besitzen, und nicht bloss dessen Übersetzer deuten dürfen! [Gesenius beklagt, dass es zu seiner Zeit keine brauchbare Ausgabe des Lexikons von Bar Bahlul gab – die Ausgabe von Rubens Duval erschien erst 1901 – und er daher auf die Angaben in Castells Lexicon Heptaglotton angewiesen war.]
Mt 23,23 geht Jesus mit den Theologen seiner Zeit ins Gericht:
Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler, weil ihr verzehntet die Minze, den Dill und den Kreuzkümmel und habt das Wichtigere des Gesetzes unterlassen, das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben!
In zwei Perikopen spricht Jesus vom Senf und gebraucht dessen Samenkorn als Bild für etwas sehr kleines: Mt 13,31f (Mk 4,30-32, Lk 13,18f) und Mt 17,20 (Lk 17,6).
Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinem Feld säte; das ist zwar kleiner als alle Samen, wenn es aber gewachsen ist, ist es größer als die [übrigen] Kräuter und wird ein Baum, sodass die Vögel des Himmel kommen und in seinen Zweigen nisten.
Denn Amen, ich sage euch: wenn ihr Glauben habt [so groß] wie ein Senfkorn, werdet ihr zu diesem Berg sagen: „Gehe von hier dorthin!“, und er wird hingehen, und nichts wird euch unmöglich sein.
Die Wörterbücher haben zu σίναπι sínapi nur „Senf“, Liddell/Scott „mustard, Sinapis alba“ (das ist Weißer Senf). Der Wikipedia-Artikel Pflanzen in der Bibel und Rieneckers Bibellexikon deuten das auf den Schwarzen Senf (Brassica nigra). Die beiden Senfarten unterscheiden sich vor allem durch die Farbe der ca. 1–2 mm großen Samenkörner und deren Schärfe. Senf ist eine einjährige, krautige (nicht verholzende) Pflanze, die bis zu 3 m hoch werden kann.
Das dt. Wort Senf ist übrigens über lat. sināpi aus dem Griech. entlehnt. Das Synonym Mostrich ist aus afrz. mostarde entlehnt, dieses geht auf lat. mustum „junger Wein, Most“ zurück, denn für die Herstellung von Tafelsenf wird traditionell Traubenmost verwendet.
Brombeeren im NT? Ist das ein Scherz? Nein, es geht um die Bedeutung des Wortes βάτος bátos. Am besten sagt es Benseler: „Brombeerstrauch, überh. Dornstrauch“, so haben es im Prinzip auch Menge und Gemoll, Liddell/Scott „bramble, Rubus ulmifolius“ (das ist die Brombeere). Bei den Spezialwörterbüchern hat Schirlitz „der Dornbusch“, Preuschen „der Dornstrauch“. Zur Herkunft des Wortes Frisk: „Ohne Etymologie“.
Zweimal im NT – Mk 12,26 (Lk 20,37) und Apg 7,30.35 – ist es Bezeichnung des brennenden Dornbuschs, in dem Gott dem Mose erschien (Ex 3,2 LXX βάτος, hebr. סְנֶה senæ̂, wozu Gesenius17 sagt „ein Stachelgewächs, Dornstrauch, wahrsch. Cassia obovata“; Cassia obovata ist ein Synonym für Senna italica, das heute als Haarpflege- und Färbemittel verwendet wird):
(Jesus zu den Sadduzäern über die Auferstehung:)
Über die Toten aber, dass sie auferweckt werden, habt ihr nicht gelesen im Buch Moses', wie Gott beim Dornbusch zu ihm sagte: „Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“?
(Stephanus in seiner Rede vor dem Hohen Rat über Mose:)
Und als vierzig Jahre erfüllt waren, erschien ihm in der Wüste des Berges Sinai ein Engel in der Feuerflamme eines Dornbuschs.
Diesen Mose […], den hat Gott zum Anführer und Erlöser gesandt mit der Hand eines Engels, der ihm im Dornbusch erschienen ist.
Was genau für einen Sennastrauch (der Wikipedia-Artikel Pflanzen in der Bibel denkt an die Alexandrinische Senna) spricht, vermag ich nicht zu sagen.
In Lk 6,44 wird βάτος parallel (und wohl mehr oder weniger synonym) zu ἄκανθα „Dorn(strauch), Distel“ gebraucht, als „Bild d. Unfruchtbarkeit“ wie Preuschen sagt:
Denn jeder Baum wird an seiner eigenen Frucht erkannt. Denn von Dornen pflückt man keine Feigen, und von einem Dornstrauch liest man keine Trauben.
Der Wikipedia-Artikel Pflanzen in der Bibel versteht hierunter die Brombeere (Rubus sanguineus). Doch keine der gängigen dt. Übersetzungen geht hiermit konform: Elberfelder, Schlachter 2000, Zürcher Bibel und Menge haben „Dornbusch“, Hoffnung für alle und Neue Genfer Übersetzung „Gestrüpp“, die Gute Nachricht „Dornengestrüpp“, die Einheitsübersetzung „Dornstrauch“, Luther „Hecken“. Nur die Vulg. hat rubus „Brombeerstrauch“. Auch mir kommt Brombeerstrauch im Kontext nicht sehr wahrscheinlich vor. Also doch eher keine Brombeeren im NT.
In Lk 6,44 (s.o.) kommt ein weiteres Wort für „Dorn, dornige Pflanze“ vor: griech. ἄκανθα. Die Parallelstelle Mt 7,16 hat noch ein drittes: τρίβολος.
An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Liest man etwa von Dornsträuchern Trauben oder von Disteln Feigen?
In Heb 6,8 wird die Unmöglichkeit einer zweiten Buße (d.h. einer neuerlichen Bekehrung nach dem Abfall vom christlichen Glauben) mit dem Vergleich mit dem Erdboden begründet:
Wenn er [der Erdboden] aber Dornsträucher und Disteln hervorbringt, ist er unbrauchbar und dem Fluch nahe, dessen [des Erdbodens oder des Fluchs] Ende ins Verbrennen (führt).
Jesus sagt im Gleichnis vom Sämann Mt 13,7.22 (Mk 4,7.18; Lk 8,7.14):
Anderes aber fiel auf die Dornen, und die Dornen gingen auf und erstickten es. […] Der aber in die Dornen Gesäte, das ist der das Wort hört, und die Sorge der Weltzeit und der Betrug des Reichtums ersticken das Wort und es [oder: er] wird fruchtlos.
Die weiteren und übertragenen Bedeutungen „Borste, Gräte, Rückgrat; Spitzfindigkeit“ habe ich unberücksichtigt gelassen, da sie im NT nicht vorkommen.
Zu στέφανος ἐξ ἀκανθῶν Mt 27,29 (Joh 19,2) bieten die Spezialwörterbücher eigene Bedeutungsangaben, Schirlitz „Kranz aus Dornreisern, Luther: ‚Dornenkrone‘“, Preuschen „e. Kranz aus Stachelkrautranken“ (Stachelkraut ist ein Trivialname für die Dornige Hauhechel):
Und sie flochten einen Kranz aus Dorn(zweig)en und setzten (ihn) auf seinen Kopf.
In der volkstümlichen Überlieferung gibt es einige Pflanzen, die die Zweige für die Dornenkrone geliefert haben sollen: Christusdorn (Paliurus spina-christi), Syrischer Christusdorn (Ziziphus spina-christi), Dornige Bibernelle (Poterium spinosum), neuerdings – weil ihre Sporen auf dem Turiner Grabtuch gefunden wurden – Gundelia tournefortii, eine Art Distel, bei der ich mich frage, wie man daraus irgendetwas flechten will.
Die Stellen lassen nicht erkennen, dass bestimmte Pflanzen gemeint sind. Die beiden Wörter sind mehr oder weniger synonym und der Ausdruck Dornen und Disteln (bzw. sein griech. Pendant) ist eine Tautologie wie Mord und Totschlag, Tür und Tor, Lug und Trug u.ä. Der dt. Begriff Disteln bezeichnet Pflanzen verschiedener Gattungen, wie Ringdisteln (Carduus), Kratzdisteln (Cirsium), Kugeldisteln (Echinops), Mariendisteln (Silybum) u.a.m., umgangssprachlich z.B. auch Mannstreu (Eryngium).
„Der Rebstock oder Weinstock ist die kultivierte Wuchsform der Weinrebe.“ (Wikipedia-Artikel Rebstock). Einmal (Mt 26,29; Mk 14,25; Lk 22,18) spricht Jesus vom „Erzeugnis des Weinstocks“, d.h. dem Wein. Von der Pflanze selber redet Jak 3,12:
Kann etwa, meine Brüder, ein Feigenbaum Oliven hervorbringen oder ein Weinstock Feigen? Auch (kann) salziges nicht süßes Wasser hervorbringen.
In Offb 14,18f ist der Weinstock ein Symbol für die Erde, die Weinlese ein Symbol für das Gottesgericht:
18 Und ein anderer Engel kam her von dem Opferaltar, der Vollmacht über das Feuer hatte, und rief mit lauter Stimme dem, der die scharfe Sichel hatte: Sende deine scharfe Sichel und ernte die Trauben des Weinstocks der Erde, denn seine Beeren sind gereift! 19 Und der Engel warf seine Sichel auf die Erde und erntete den Weinstock der Erde ab und warf (die Trauben) in die große Kelter des Zornes Gottes.
In Joh 15,1-5 vergleicht Jesus sich selbst mit einem Weinstock:
1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der (Wein-)Bauer. 2 Jede Rebe an mir, die nicht Frucht bringt, nimmt er weg; und jede, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. 3 Ihr sei schon rein wegen des Wortes, das ich euch gesagt habe.
4 Bleibt an/in mir, und ich an/in euch! Wie die Rebe nicht Frucht bringen kann von sich aus, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch nicht, wenn ihr nicht an/in mir bleibt.
5 Ich bin der Weinstock, ihr (seid) die Reben. Wer an/in mir bleibt und ich an/in ihm, der bringt viel Frucht, denn fern von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Das griech. Wort ist ἡ ἄμπελος, in allen Wörterbüchern „Weinstock“, Benseler und Menge geben zusätzlich „Weinrebe“ bzw. „Rebe“.
Rebe bezeichnet zunächst die Ranke (das ist gewissermaßen ein Zweig einer Kletterpflanze), aber Weinrebe heißt auch der Wikipedia-Artikel über die Pflanze Vitis vinifera. Das Deutsche Wörterbuch der Grimms definiert Rebe so: „ranke des weinstocks; weinstock selbst; ranke überhaupt“. Eine sprachliche Unschärfe gibt es im Dt. auch beim Wort Traube. Nach Grimm: „a) meist als fruchtstand, traubengehänge, beerenbüschel gesehen […] b) in beschränkterer anwendung für die einzelbeere“. In meinem familiären Umfeld ist die Weintraube eher sogar die einzelne Beere, das Wort Beere für eine Weinbeere ist mir ganz ungeläufig. Weinbeeren sind für mich Rosinen.
Vom Feigenbaum war oben in der ersten Stelle zum Weinstock (Jak 3,12) schon die Rede. Das griech. Wort ist συκῆ sykḗ.
Das Verhältnis zwischen Jahreszeit und Vegetationsfortschritt thematisiert Mk 13,28 (Mt 24,32; Lk 21,29f):
Vom Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: wenn sein Zweig schon weich (d.h. saftig?) wird und die Blätter hervorwachsen lässt, erkennt ihr, dass der Sommmer nahe ist.
Die Blätter des Feigenbaumes beginnen Ende März / Anfang April auszutreiben.
Eine eigenartige Geschichte ist die von der Verfluchung eines fruchtlosen Feigenbaums durch Jesus in Mk 11,12-14.20f (Mt 21,18-20):
12 Und als sie am nächsten Tag von Bethanien weggingen, hatte er (scil. Jesus) Hunger. 13 Und als er von weitem einen Feigenbaum sah, der Blätter hatte, ging er (hin), ob er etwas an ihm findet; und als er zu ihm hinkam, fand er nichts als Blätter. (Es war nämlich nicht die rechte Zeit für Feigen.) 14 Und er hob an und sagte zu ihm: In Ewigkeit möge niemand mehr eine Frucht von dir essen. Und seine Jünger hörten (es). […]
20 Und als sie frühmorgens vorbeigingen, sahen sie, dass der Feigenbaum verdorrt war von den Wurzeln an. 21 Und Petrus erinnerte sich und sagte zu ihm: Rabbi, schau, der Feigenbaum, den du verflucht hast, ist verdorrt.
In Mi 7,1-4 wird die vergebliche Suche nach Frommen und Gerechten in Juda verglichen mit der vergeblichen Suche nach Früchten und Trauben, nachdem die Ernte vorüber ist. Auch dort wird ein Tag des Gerichts angekündigt. In diesem Sinne ist die Verfluchung des Feigenbaums als prophetische Zeichenhandlung zu verstehen: geistliche Fruchtlosigkeit wird das Gericht nach sich ziehen.
Die Frage ist, ob Jesus erwarten durfte, in der Passahwoche bereits etwas Essbares am Feigenbaum vorzufinden; sagt doch der Evanglist, dass noch nicht der kairos der Feigen war. Die Interpreten scheinen mehrheitlich der Ansicht zuzuneigen, dass ja. Der Feigenbaum bildet jährlich drei Generationen von Blüten aus: im Februar/März (reifen im Juni/Juli), im Mai/Juni (reifen im August/September) und im August/September (reifen meist nicht mehr vollständig aus und spielen ökonomisch keine Rolle). Die Blüten des Feigenbaums haben übrigens keine außen sichtbaren Blütenblätter, sondern sehen im Prinzip wie ganz kleine Feigen aus. Zumindest die Blütenstände der ersten Generation hätte Jesus vorfinden müssen. Diese fallen, wenn sie nicht befruchtet werden, früher oder später zu Boden. Den Bibellexika zufolge werden sie dann aufgesammelt und gegessen. Ihr völliges Fehlen wird als Zeichen für die Unfruchtbarkeit des Baumes gewertet.
Der biblische Begriff für diese noch unreifen Feigen des Frühjahrs ist hebr. *פַּג pag, Gesenius17: „die im Winter angesetzten, im Frühjahre sich entwickelnden Frühfeigen“. (Das Sternchen vor dem Lemma bedeutet, dass die Wörterbuchform nicht belegt ist: das Wort kommt im AT nur einmal vor, und zwar im Plural mit Pronominalsuffix, Hld 2,13.) Das griech. Gegenstück ist ὄλυνθος ólynthos, Pape 1914: „eine Feige, die den Winter über hinter dem Blatte nachwächst und selten reif wird“. Das lat. der Vulgata lautet grossus, Georges 1913: „eine Feige, die den Winter über hinter dem Blatte nachwächst (ὄλυνθος) und wie die im Frühling vor dem Blatte ansetzende (πρόδρομος) selten reif wird und abfällt, die Spätfeige, die unreife Feige“.
Wenn die paggim ausreifen, werden sie Ende Mai / Anfang Juni zu den begehrten Frühfeigen, hebr. בִּכּוּרָה bikkûrâ, Gesenius17: „frühreife (Frucht), bes. Frühfeige […], die schon im Juni reift, während d[ie] gew[öhnliche] erst im August eßbar w[ird]“. Das griech. Gegenstück πρόδρομος pródromos, eigentlich „vorauslaufend; Späher, Vortrab; Vorläufer“, kommt im NT im Sinne der Frühfeige nicht vor. Die Frühfeigen (it. fioroni) sind besonders saftig und werden meist frisch gegessen, weil sie nicht besonders haltbar sind.
Ab August werden die süßeren (Herbst-)Feigen (it. pedagnuoli, fòrniti) geerntet, die teils frisch gegessen, in der Hauptsache aber getrocknet und zu Feigenkuchen gepresst werden. Diese bilden die Haupternte. Daher werden diese Feigen meist einfach mit der generischen Bezeichnung genannt: hebr. תְּאֵנָה teʾenâ „Feigenbaum; Feige“, griech. σῦκον sýkon „Feige“, lat. fīcus „Feigenbaum; Feige“.
Auch ein Gleichnis Jesu über einen Feigenbaum dreht sich um das Thema Fruchtlosigkeit (Lk 13,6-9):
6 Er sagte aber dieses Gleichnis: Jemand hatte einen Feigenbaum, gepflanzt in seinem Weingarten; und er kam und suchte Frucht an ihm, und er fand keine. 7 Er sagte aber zum Weingärtner: Siehe, drei Jahre (sind es), seit ich komme und Frucht suche an diesem Feigenbaum und keine finde. Haue ihn also ab! Wozu laugt er auch das Land aus? 8 Der aber antwortete und sagte zu ihm: Herr, lass ihn noch dieses Jahr, bis ich um ihn grabe und Mist lege. 9 Vielleicht bringt er zukünftig Frucht; wenn aber nicht, haue ihn ab.
Der Wikipediaartikel Echte Feige sagt dazu: „Die Bäume können bereits im zweiten Jahr nach der Pflanzung Früchte tragen.“ Und weiter: „Der Feigenbaum stellt geringe Ansprüche an den Boden“. Doch nach Lev 19,23-25 sind die Früchte der ersten drei Jahre als עָרְלָה ʿŏrlâ „Vorhaut“ zu betrachten und dürfen nicht gegessen werden.
In Offb 6,13 folgen auf das Öffnen des sechsten Siegels globale, ja kosmische Veränderungen, darunter auch:
Und die Sterne des Himmels fielen auf die Erde, wie ein Feigenbaum, der von einem starken Wind geschüttelt wird, seine unreifen Feigen abwirft.
Das griech. Wort für die unreifen (genauer wohl: unbefruchteten) Feigen ist ólynthos, zu seiner Bedeutung s.o. in der Erklärung zur Verfluchung des Feigenbaums. Ein instruktives Bild dazu hat Hortipendium. Angemerkt sei hier noch, dass es neben den Sorten, die zur Bestäubung die Feigengallwespe (Blastophaga psenes) benötigen (sog. Smyrna-Typ), auch Sorten gibt, die selbstfruchtend (parthenokarp) sind, also ohne Bestäubung Früchte hervorbringen (sog. Adriatischer Typ). Diese sind steril und werden (in Palästina seit dem Neolithikum) vom Menschen durch Stecklinge vermehrt.
„D[as] Sitzen unter d[em] F[eigenbaum] als Bild behaglicher Ruhe“, sagt Preuschen zu Joh 1,48-50:
48 Nathanael sagte zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sagte zu ihm: Bevor Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich. 49 Nathanael antwortete ihm: Rabbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels. 50 Jesus antwortete und sagte zu ihm: Weil ich dir gesagt habe, dass ich dich unter dem Feigenbaum sah, glaubst du? Du wirst Größeres als dies sehen.
Der Feigenbaum mit seinen großflächigen Blättern gibt dichten Schatten.
Der botanische Name fīcus cārica bedeutet „karische Feige“, die nach Georges gewöhnlich getrocknet in den Handel kam. (Karien ist eine Küstenlandschaft Kleinasiens.) Andere bekannte Vertreter dieser Pflanzengattung sind die als Zimmerpflanzen beliebten Ficus benjamina, der Geigenfeigenbaum (Ficus lyrata) und der Gummibaum (Ficus elastica). Zum Maulbeerfeigenbaum (auch Sykomore, Ficus sycomorus) s. den nächsten Abschnitt.
Der Maulbeerfeigenbaum, auch Sykomore genannt, gedeiht hauptsächlich in Afrika südlich der Sahara, aber auch in Ägypten, Palästina und Syrien, und ist bei uns relativ unbekannt. Er ist mit dem Feigenbaum verwandt und hat ähnliche Früchte. Er kommt zweimal im NT, mit zwei verschiedenen Wörtern, vor: συκάμινος sykáminos Lk 17,6 und συκομορέα sykomoréa Lk 19,4. Zu ersterem Wort schreibt Preuschen: „der Maulbeerfeigenbaum, die Sykomore (ficus Sycomorus L.), der i. Palästina, bes. i. d. Küstenebene u. im Jordantal sehr häufig vorkommt“.
Der Herr aber sagte: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, würdet ihr zu d[ies]em Maulbeerfeigenbaum sagten: entwurzle dich und pflanze dich im Meer an! Und er würde euch gehorchen.
Und er (Zachäus) lief nach vorne voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, damit er ihn (Jesus) sieht, denn er sollte dort vorüberkommen.
Paulus vergleicht in Röm 11,17-18 das Verhältnis zwischen Judentum und heidnischem Christentum mit einem Ölbaum, in den Zweige eingepfropft wurden.
17 Wenn aber einige der Zweige herausgebrochen wurden, du aber als ein wilder Ölbaum in sie eingepfropft wurdest und teilhaftig geworden bist der fetten Wurzel des Ölbaums, 18 rühme dich nicht gegen die Zweige; wenn du dich aber rühmst: nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel dich. […]
24 Wenn nämlich du herausgehauen wurdest aus dem von Natur aus wilden Ölbaum und gegen die Natur eingepfropft wurdest in einen edlen Ölbaum, um wieviel mehr werden diese, als die nach der Natur (d.h. als die natürlichen Zweige), eingepfropft werden in den eigenen Ölbaum.
Griech. ἐλαία elaía „Ölbaum, Olive“, ἀγριέλαιος agriélaios „wilder Ölbaum“, καλλιέλαιος kalliélaios „edler Ölbaum“, Preuschen: „die (fruchttragende) Olive (Ggs. ἀγριέλαιος d. wilde Olive), die durch aufgepfropfte Wildlinge neue Zweige erhielt“. Zum Vorgange selber sagt Preuschen s.v. ἐλαία: „Edlen Bäumen, die verwildert waren u. nicht mehr trugen, führte man frisches Holz durch Aufpfropfen v. Wildlingen zu“.
In Offb 11,3f werden zwei endzeitliche Zeugen angekündigt, die mit Ölbäumen verglichen werden, nach Preuschen ein „Bild gedeihlicher Entwicklung“.
3 Und ich werde meinen zwei Zeugen geben, dass sie weissagen werden (wörtl.: und sie werden weissagen) 1260 Tage lang, in Säcke (d.h. Trauerkleider) gekleidet. 4 Diese sind die zwei Ölbäume und die zwei Leuchter, die vor dem Herrn der Erde stehen.
Der Ölberg östlich des Jerusalemer Tempelbergs ist auf Griech. ein „Berg der Ölbäume“ (Mt 21,1; 24,3; 26,30; Mk 11,1; 13,3; 14,26; Lk 19,37; 22,39; Joh 8,1).
Die Dattelpalme wird im NT zweimal erwähnt. Einmal beim Einzug Jesu in Jerusalem (Joh 12,12f):
12 Als am folgenden Tag die große Volksmenge, die zum Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem kommt, 13 nahmen sie die Palmzweige der Dattelpalmen und kamen heraus, um ihm zu begegnen, und sie schrien: Hosanna! Gepriesen, der kommt im Namen des Herrn, [und] der König Israels!
In Offb 7,9 schaut der Seher eine unzählbare Schar Geretteter aus allen Völkern, die vor Gottes Thron stehen und Gott dienen:
Danach sah ich, und siehe eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jedem Volk und Stämmen und Völkern und Sprachen, die vor dem Thron standen und vor dem Lamm, bekleidet mit weißen Gewändern und Palmen (d.i. wohl Palmzweigen) in ihren Händen.
Griech. φοῖνιξ phoínix, Preuschen (er akzentuiert φοίνιξ): „der Palmbaum, die Dattelpalme [Phoenix dactylifera L.], i. Palästina einst offenbar weit verbreitet, da sie häufig als Münzemblem erscheint; bes. häufig bei Jericho, d. ‚Palmenstadt‘, wo es noch zur Zt. d. Kreuzzüge viele Palmen gab.“ (Im klassischen Griech. bedeutet das Wort noch einiges mehr, u.a. „rote Farbe, Purpur; Phönizier (a. ein phönizisches Saiteninstrument); der sagenhafte Vogel Phönix“.)
Als Jesus am Kreuz hängt, bekommt er kurz vor seinem Tod noch einmal Essig (ein nicht unübliches Getränk) zu trinken. In Joh 19,28f liest sich das so:
28 Danach, da Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, sagte er, damit die Schrift erfüllt wird: Ich habe Durst. 28 Es lag ein Gefäß voll Essig da; sie legten nun einen Schwamm voll Essig um einen Ysop und brachten (ihn) an seinen Mund heran.
Zu griech. ὕσσωπος hýssōpos sagt Menge nur „Ysop, Ysopstengel“, Liddell/Scott „hyssop, Origanum hirtum, Hebr. ʾēzōb“. (Origanum hirtum ist der Griechische Oregano, den wir auf den Griechischen Salat und die Pizza geben.) Preuschen sagt: „der Ysop [Hyssopus officinalis L.], e. kleiner Busch m. blauen Blüten u. stark riechenden Blättern; beim Reinigungsopfer verwendet Hb 9,19. […] — J 19,29 scheint unter ὕ. e. Rohrart verstanden zu sein, wohl weil d. Verf. d. Pflanze aus eigner Anschauung nicht kannte“. Auch (Echter) Ysop (Hyssopus officinalis) ist eine Gewürzpflanze.
Die Parallelstellen zu Joh 19,29 (Mt 27,48; Mk 15,36) haben statt Ysop griech. κάλαμος kálamos „Halm, Rohr, Schilf“ („einen Schwamm … legte ihn um ein Rohr“). (Lk 23,36 ist ohne Angabe, wie der Essig verabreicht wurde.) Tatsächlich würden sich Griechischer Oregano oder Echter Ysop für den erzählten Vorgang nicht eignen. Aber vielleicht ist gemeint, dass der Ysop zusammen mit dem Schwamm an einem Stock befestigt war. Der Ysop hatte dann vermutlich die Funktion der Geschmacksverbesserung.
Jedoch kommt Echter Ysop nach Rieneckers Bibellexikon in Palästina gar nicht vor. Rienecker schlägt stattdessen Origanum maru (ein Synonym für Origanum syriacum, syn. Majorana syriaca) oder die Mohrenhirse (Sorghum vulgare, ein Synonym für Sorghum bicolor) vor. Zugunsten des Syrischen Majorans (Origanum syriacum) wird ins Feld geführt, dass das atl. Gegenstück zum Ysop, hebr. אֵזוֺב ʾezôb, in der jüdischen Auslegungstradition mit ebendiesem identifiziert wurde (Dalman: „eine Art Majoran (Origanum maru)“; Gesenius18: „Ysop, Origanum Maru L.“)
Syrischer Majoran passt zumindest für die von Preuschen genannte Stelle in Heb 9,19:
Als nämlich jedes Gebot dem Gesetz entsprechend von Mose dem ganzen Volk gesagt worden war, nahm er das Blut der Kälber [und der Böcke] mit Wasser und scharlachroter Wolle und Ysop und besprengte sowohl das Buch selbst als auch das ganze Volk.
Das ist auch die hauptsächliche Verwendung des atl. ʾezôb: Bestreichen oder Besprengen mit Blut oder Wasser (Ex 12,22; Num 19,18; wohl auch Ps 51,9; unklar Lev 14,4-7.49-51). Henry Tristram macht sich (vor allem wegen 1Kön 5,13) für den Kapernstrauch (Capparis spinosa) stark.
Wenn im NT vom Weizen die Rede ist, ist meist die Frucht des Weizens gemeint, als Gut der Aufbewahrung (Mt 3,12; Lk 3,17; Lk 12,18), als Same zum Aussäen (Joh 12,24; 1Kor 15,37), als Pachtzins (Lk 16,7), als Handelsware (Apg 7,12; 27,38; Offb 6,6; 18,13). Lediglich in zwei Gleichnissen wird die Pflanze bzw. ihr Wachstum angesprochen. Einerseits in Mk 4,26-29 (Gleichnis von der selbstwachsenden Saat):
26 Und er sagte: So ist das Reich Gottes, wie wenn ein Mensch den Samen auf die Erde wirft 27 und schläft und aufwacht, Nacht und Tag, und der Same sprießt und lang wird (d.h. emporwächst), wie, weiß er selbst nicht. 28 Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst Gras (oder Halm), dann Ähre, dann vollen Weizen in der Ähre. 29 Wenn es die Frucht erlaubt, schickt er sogleich die Sichel, weil die Erntezeit da ist.
Und andererseits in Mt 12,24-30 (Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen):
26 Als aber der Halm sprosste und Frucht brachte, da erschien auch das Unkraut. 28 […] Seine Sklaven sagen zu ihm: Willst du also, dass wir hingehen und es (das Unkraut) einsammeln? 29 Er aber sagt: nein, damit ihr nicht, wenn ihr das Unkraut einsammelt, zugleich mit ihm den Weizen ausreißt. 30 Lasst beide miteinander wachsen bis zur Erntezeit.
Griech. σῖτος sítos (Apg 7,12 Diminutiv σιτίον sitíon) ist nach Preuschen „Weizen“, nach Schirlitz und Menge auch „Getreide“ (z.B. wohl Joh 12,24), nach Liddell/Scott „grain, comprehending both wheat (πυρός) and barley (κριθή)“, so auch Gemoll „Getreide, Korn, speziell Weizen“. (Die weitergehende Bedeutung „Brot, Speise, Nahrung“ kommt im NT nicht vor.) Tatsächlich würden beide Gleichnisse wohl auch für Gerste gelten. πυρός pyrós „Weizen“ kommt im NT nicht vor, κριθή krithḗ „Gerste“ nur Offb 6,6 neben dem Weizen.
Die verschiedenen Weizenarten unterscheiden sich u.a. hinsichtlich der Anzahl der Chromosomensätze (diploid, tetraploid, hexaploid) und auch danach, ob die Samenkörner mit den Spelzen verwachsen sind (Spelzgetreide) oder nicht (freidreschende Getreide). Die Domestikation des Weizens geschah vor ca. 10.000 Jahren im präkeramischen Neolithikum. Bis 6000 v.Chr. haben sich alle wesentlichen Weizenarten entwickelt:
Einkorn, Emmer und Dinkel haben heute nur noch geringe wirtschaftliche Bedeutung. Sie spielen hauptsächlich im Biobereich eine Rolle. Am wichtigsten ist heute der Weichweizen. Ca. 10% der weltweiten Weizenproduktion ist Hartweizen, der vor allem zur Herstellung von Teigwaren verwendet wird.
Nach dem Bibellexikon von Hastings (Art. „Corn“ und „Wheat“) werden im AT folgende Getreidearten genannt (wobei das Wort im Engl. recht weitgefasst erscheint):
Roggen und Hafer kommen im AT nicht vor und wurden wohl in Israel nicht angebaut.
Das oben mit „Unkraut“ wiedergegebene ζιζάνιον zizánion findet sich nur in diesem Gleichnis und in seiner Deutung Mt 13,38.40. Es ist nach Preuschen „Lolch (lolium temulentum)“ (detto Schirlitz). Der Taumellolch ist oft von einem Pilz befallen, dessen Toxin den sog. Temulismus hervorruft, eine Vergiftung, die sich in Schwindel, Erbrechen, Krämpfen u.ä. äußert.
Autor: E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 29. Nov. 2024