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Produkt- oder Firmenname als Gattungsbegriff


Eine Antonomasie ist die Verwendung eines Appellativs oder einer Umschreibung an Stelle eines Eigennamens:

Von einer Vossianischen Antonomasie (nach Gerhard Johannes Vossius) spricht man, wenn man umgekehrt einen Eigennamen an Stelle eines Appellativs verwendet:

Besonders das Feuilleton greift gern zu solchen ad hoc gebildeten Vergleichen, die meist eher an den Haare herbeigezogen und selten treffend sind. Die Onlinezeitschrift Der Umblätterer bietet regelmäßig ein Florilegium solcher Torheiten:

Eine Metonymie ist die Verwendung eines anderen Begriffs, der mit dem gemeinten Begriff sachlich (Ursache-Wirkung, Eigentum, Inhalt o.ä.) zusammenhängt:

Eponyme nennt man Bezeichnungen, die nach ihrem Erfinder benannt sind:

In vielen Fällen wurde aus dem Namen des Erfinders ein Firmenname:

Eine ausführliche Liste von Eponymen enthält der Wikipedia-Art. Deutsche Eponyme nach Alphabet.

Irgendwo zwischen Eponym und Antonomasie ist auch die Verwendung eines Firmen- oder Produktnamens an Stelle eines Appellativs anzusiedeln, wenn man also Tempo, Post-It, Nutella sagt und eigentlich Papiertaschentuch, Haftnotiz, Nuss-Nougat-Brotaufstrich meint. Die vollständigste Liste, die ich finden konnte, ist marken.txt. Manche der Begriffe sind mir nicht geläufig, manche kenne ich zwar, verwende sie aber im Alltag nicht. Manche werden nur lokal verwendet: so sagt in Österreich kein Mensch Tesafilm, hier heißt das immer noch Tixo. Ich liste hier solche, die (speziell) in Österreich verwendet werden.

Ich habe recherchiert, so gut ich konnte. Dennoch will ich nicht ausschließen, dass ich irrtümlich falsche Inhaber von Marken- oder Namensrechten nenne (zumal diese ja auch wechseln oder den Namen ändern können). Als Laie im Bereich des Namensrechtes verzichte ich grundsätzlich auf die Kennzeichnung mit ®, © o.ä. Aus dem Fehlen solcher Kennzeichnungen darf also nicht geschlossen werden, dass ein Name frei ist.

Die Namenserklärungen stammen, wenn nicht anders angegeben, häufig (aber nicht ausschließlich) von Wikipedia.

Allibert = Badezimmerspiegelschrank
Namengebend ist die franz. Firma Allibert Sanitaire.
Colt = Trommelrevolver
Nach dem von Samuel Colt 1836 patentierten Perkussionsrevolver.
Maggi = Suppenwürze
Nach dem von Julius Maggi gegründeten Schweizer Nahrungsmittelunternehmen, das in seiner Frühzeit vor allem Fertigsuppen und Würze herstellte.
Aspirin = Analgetikum, Antipyretikum, Antiphlogistikum
Markenname der Bayer AG für den schmerzstillenden, fiebersenkenden, entzündungshemmenden und blutgerinnungshemmenden Stoff Acetylsalicylsäure (kurz ASS). Der Name setzt sich zusammen aus ASS und der Spire (Spierstrauch, Mädesüß, Spirea ulmaria), die Salicylsäure enthält und daher seit alters als Heilpflanze eingesetzt wird; -in war und ist ein beliebtes Suffix für Schmerzmittel (Fragen & Antworten auf der Aspirin-Homepage).
Kukident = Gebissreiniger
1965 von der dt. Kurt Krisp KG entwickelt, heute zum Konzern Reckitt Benckiser gehörig. Kuki ist ein Kürzel für Kurt Krisp (das r zur leichteren Aussprache ausgelassen), dent ist eine lat. Wurzel und bedeutet „Zahn“ (Kukirol – Eine Karriere vom Drogisten zum Fabrikanten mit Weltruf).
Labello = Lippenpflegestift
Ein Produkt der dt. Beiersdorf AG, seit 1911 auf dem Markt. Der Name setzt sich zusammen aus lat. labium „Lippe“ und bellus „schön“ (Die Geschichte, 1900-1929 auf der Labello-Homepage).
Tixo = transparentes Klebeband
Ein in den 1950er Jahren entwickeltes Produkt der Wiener Firma Kores. Heute gehört der Name Tixo der Firma tesa GmbH, einem Unternehmen der Beiersdorf AG. Der Name ist ein Anagramm von Tiox, einer anderen Marke von Kores, dieses steht für Titanoxid, einem Pigment. In Dtl. sagt man Tesafilm, in den USA Scotch tape (ein Produkt von 3M), in GB Sellotape (ein Produkt der dt. Henkel AG).
Olla = Kondom
Eine 1903 gegründete Wiener Handelsfirma für Vertrieb und zeitweise Herstellung von Kondomen (bis 1979?).
Uhu = Klebstoff aus der Tube
Der 1932 entwickelte Alleskleber auf Kunstharzbasis soll von seinem Erfinder, dem dt. Apotheker August Fischer, so benannt worden sein, weil zu dieser Zeit auch andere Firmen in der Schreibwarenbranche nach Vögeln benannt waren (Pelikan, Adler) (Firmenhistorie auf der UHU-Homepage).
Soletti = Salzstangen
Den Slogan „Soletti - immer dabei!“ kennt vermutlich jeder Österreicher über 40. Die Salzstangen wurden 1949 von der Bäckerei Zach in Feldkirch (Steiermark) erfunden, die 1985 von der Kelly Ges.m.b.H. übernommen wurde. Der Name besteht aus ital. sole „Sonne“ und dem Diminutivsuffix -etto. Denn er sollte eine Verkleinerung ausdrücken und zugleich südlich klingen, da der damaligen Firmeninhaber und seine Familie Italienfans waren (Die Geschichte von Soletti auf der Homepage von United Snacks).
Kelomat = Dampfdruckkochtopf
Nach dem 2. Weltkrieg von Gruber & Kaja produziert. Das Firmengelände in meiner Heimatstadt ist vor einigen Jahren in einen Park umgewandelt worden. Die Markenrechte liegen jetzt bei der Firma Riess. Das Suffix -(o)mat (von automatisch) ist evident (vgl. Tempomat u.a. *-o-mat-Bildungen), aber eine Erklärung für KELO konnte ich nicht finden.
Nutella = Nuss-Nougat-Brotaufstrich
Von dem ital. Konditor Pietro Ferrero in den 40er Jahren entwickelter schnittfester süßer Brotbelag, 1951 in einen Aufstrich namens Supercrema gianduja geändert, 1964 aus rechtlichen Gründen in Nutella umbenannt. Das Wort ist zusammengesetzt aus engl. nut „Nuss“ und dem ital. Deminutivsuffix -ello (The History of Nutella auf der amerikan., Fragen und Antworten auf der dt. Nutella-Homepage).
Wettex = Wischtuch, Schwammtuch
Ein Produkt der Firma Vileda. Aus engl. wet „feucht“ und tex (=textile) „Gewebe, Stoff“?
Tempo = Papiertaschentuch
Ein Warenzeichen der Vereinigten Papierwerke Nürnberg. In den USA hat die Marke Kleenex vergleichbare Bedeutung.
Inbus = Innensechskant
Von Bauer & Schaurte patentiertes Schraubenkopfprofil. Der Name ist ein Akronym für Innensechskantschraube Bauer und Schaurte. Im Engl. sagt man zum Inbusschlüssel hex key oder Allen key (nach der Allen Manufacturing Company).
Ytong = Gasbeton(ziegel)
Markenname, heute der dt. Firma Xella International GmbH. Der Name ist ein Kürzel für Yxhults Ånghärdade Gasbetong „Yxhults dampfgehärteter Gasbeton“ (Yxhult dürfte ein schwed. Ortsname sein).
Teflon = Antihaftbeschichtung
Ein Markenname des Chemieriesen DuPont (der unter Naturschützern als notorischer Umweltsünder gilt). Chemisch handelt es sich bei Teflon um Polytetrafluorethylen (PTFE), ein Fluor-Kohlenstoff-Polymer, das der Normalverbraucher vor allem als Antihaftbeschichtung von Bratpfannen kennt; -on ist als Endung für Kunststoffe wie Nylon, Perlon, Dralon geläufig.
Frisbee = Wurfscheibe
Produktname des amerikan. Spielzeugherstellers Wham-O. Die Idee soll 1948 aus den runden blechernen Kuchen- resp. Pastetenformen der Bäckerei Frisbie Pie Company (gegründet von William Russell Frisbie) entstanden sein, die man sich zuwarf (The History of the Frisbee).
Eternit = Faserzement(platte)
Von dem Österreicher Ludwig Hatschek entwickelter und 1900 patentierter Werkstoff, der 1903 seinen heutigen Namen erhielt. Dieser besteht aus lat. aeternus „ewig, unvergänglich“ und dem Suffix -it, das an Mineraliennamen erinnert (Eternit: Geschichte auf der Homepage der Eternit-Werke).
Fö(h)n = Haartrockner
Fön ist eine Marke der AEG. Der Name ist abgeleitet vom Föhn, einem warmen Fallwind. Seit der Rechtschreibreform 1996 schreibt man den Haartrockner wie den Wind mit stummem h, der Markenname bleibt unverändert.
Stanleymesser = Teppichmesser, Cutter
Dieses rasiermesserscharfe Messer mit austauschbarer Trapezklinge oder einfahrbarer stufenweise abbrechbarer Segmentklinge heißt nach der amerikan. Firma Stanley Works (nach den Firmengründern Frederick Trent Stanley und Henry Stanley). In Großbritannien und Australien nennt man dieses Messer ebenfalls Stanley knive, in den USA Utility knive, in der Schweiz Japanmesser.
Obi = Apfelsaft
In Österreich ist es nicht unüblich, im Gasthaus einen Obi g'spritzt (mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser gemischten Apfelsaft) zu bestellen. Die in den 30er-Jahren auf den österr. Markt gekommene Marke Obi wurde hierzulande zum Synonym für Apfelsaft. Heute sind Obi und Obi g'spritzt Marken der Firma Eckes-Granini (Geschichte - Eckes-Granini Austria).
Rexglas = Einmachglas, Einsiedeglas
Das macht heute kaum noch wer: Früchte zu Marmelade oder Kompott einkochen und in Gläser mit Gummidichtung und Bügelverschluss füllen. Einrexen heißt das in Österreich nach den Gläsern der einstmals in Österreich marktbeherrschenden Oberlausitzer Glashütte Germania, Schweig, Rex & Co KG (Rex steht für den Firmenteilhaber Gustav Rex). In Deutschland hatte die Schwarzwälder Firma J. Weck & Co. (nach dem Firmengründer Johann Carl Weck) denselben Status, dort spricht man von einwecken und Weck- resp. Einweckglas (Einmachglas, Seite der Germanistik der Uni Augsburg, Rexglas - Einweckglas bei ostarrichi.org). Sich (etw.) einrexen hat in Österreich auch die Bedeutung von sich an den Hut stecken.
Resopal = Schichtstoff(platte)
Die Schichtstoffplatte (in Kunstharz getränktes Papier, das unter hohem Druck zu dünnen Platten gepresst wird) atmet den Charme der 50er-Jahre. Resopal ist ein Markenzeichen der Resopal GmbH, die heute zum amerikan. Laminathersteller Wilsonart International gehört. Der Name ist zusammengesetzt aus lat. resina „Harz“ und Opal (wegen der glasig glänzenden Oberfläche) (Pionier auf der Resopal-Homepage).
Plastilin = Knet-, Modelliermasse
Von dem Münchner Apotheker Franz Kolb 1890 erfundende Modelliermasse für Künstler, die im Ggs. zum Ton im Winter nicht einfriert (Wikipedia-Art. Franz Kolb (Apotheker)). Heute eher bunte Knetmasse für Kinder. Der Name scheint nicht (oder nicht mehr) geschützt zu sein.
Walkman = tragbarer Kassettenspieler
Meine Kinder kennen das gar nicht mehr: das von Sony 1979 auf den Markt gebrachte tragbare Abspielgerät für Musikkassetten. Auch tragbare CD-Player (DiscMan), MiniDisc-Player und MP3-Player kamen mit dem Walkman-Logo auf den Markt. Der Kassettenspieler wird seit 2010 nicht mehr hergestellt.
Post-It = Haftnotiz(zettel)
Das „Kleb-es-an“ wurde 1974 von 3M erfunden.
Whirlpool = Massagebadewanne
Das „Wirbelbecken“ ist im Dt. gar keine Antonomasie. Denn die Namensgleichheit mit dem amerikan. Hersteller von Waschmaschinen, Geschirrspülern, Backöfen und Kühlschränken (heißt seit 1950 so) dürfte zufällig sein. Whirlpool stellt keine Whirlpools her. Das Prinzip wurde in den 50er-Jahren von den Brüdern Jacuzzi erfunden, weshalb das Whirlpool im Engl. meist Jacuzzi (eine Antonomasie) genannt wird.
Spaxschraube = Kreuzschlitzholzschraube
Die Holzschraube mit Senk- oder Trompetenkopf und Kreuzschlitzprofil und weitem, scharfkantigem Gewinde wurde 1967 von der Firma Altenloh, Brinck & Co (ABC) auf den Markt gebracht. Der eingetragene Name bedeutet Spanplattenschraube mit Kreuzschlitz (das x im Logo ist ein Blick von oben auf den Schraubenkopf).
Jeep = Geländewagen
Der Name Jeep ist vermutl. ein Phantasiewort für ein Phantasietier: das hundeähnl. gelbe Tier aus Popeye the sailor: Eugene the jeep. Die ersten Jeeps wurden zu Beginn des 2. Weltkrieges gebaut. Der Markenname ist heute im Besitz von Chrysler.
Edding = Permanentmarker (dicker Filzstift)
Die deutsche Firma Edding (nach dem Firmenmitbegründer Carl-Wilhelm Edding) brachte Anfang der 60er-Jahre einen Permanentmarker heraus und wurde alsbald zum Synonym für diese permanenten Filzschreiber.
Venflon = Venenverweilkanüle
Ist vermutl. nur Menschen geläufig, die im Gesundheitsdienst arbeite(te)n oder länger im Krankenhaus waren: der periphere Venenverweilkatheter. Venflon ist nur eine unter mehreren Marken, aber nur unter diesem Namen kenne ich die Verweilkanüle.
Matchbox-Auto = kleines Spielzeugauto
Die streichholzschachtelgroßen Zinkgussspielzeugautos wurden erstmals 1952 von der brit. Firma Lesney hergestellt, die 1982 in Konkurs ging; der Name Matchbox gehört heute dem einstigen Konkurrenten Mattel.

Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 22. März 2017