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Produkt- oder Firmenname als Gattungsbegriff
Produkt- oder Firmenname als Gattungsbegriff
Eine Antonomasie ist die Verwendung eines Appellativs oder einer
Umschreibung an Stelle eines Eigennamens:
- Göttervater = Zeus
- Pelide (Peleussohn) = Achilles
- pater historiae (Vater der Geschichtsschreibung) = Herodot
- Nazarener = Jesus
- Sonnenkönig = Ludwig XIV.
- Dichterfürst = Goethe
Von einer Vossianischen Antonomasie (nach Gerhard Johannes Vossius)
spricht man, wenn man umgekehrt einen Eigennamen an Stelle eines Appellativs
verwendet:
- Mäzen (C. Maecenas, röm. Kunstförderer) = Kunstförderer, Gönner
- Krösus (Kroisos, lyd. König) = steinreicher Mann
- Casanova (Giacomo Casanova, ital. Abenteurer) = Frauenheld
- Judas (Judas Ischariot, Jünger Jesu) = Verräter
- ungläubiger Thomas (Thomas, genannt Didymos, Jünger Jesu) = Skeptiker
- ital. cicerone (M. Tullius Cicero, röm. Schriftsteller) = Fremdenführer
Besonders das Feuilleton greift gern zu solchen ad hoc gebildeten
Vergleichen, die meist eher an den Haare herbeigezogen und selten treffend
sind. Die Onlinezeitschrift Der Umblätterer bietet regelmäßig ein
Florilegium
solcher Torheiten:
- „Bernie Ecclestone ist sowas wie der Uli Hoeneß der Formel 1.“ (Harald
Schmidt)
- „Dutschke der Mozart der Massenproteste [...]. Rabehl der Salieri“
(Zeit Online,
11.08.2011)
- „Michelangelo des Dritten Reichs“ = der Bildhauer Arno Breker
(Welt
Online, 28.10.2011)
- „Luke Skywalker des Islam“ = der osmanische Sultan Mehmed II. bzw. seine
filmische Darstellung in dem türk. Streifen Fetih 1453
(Telepolis,
19.04.2012)
Eine Metonymie ist die Verwendung eines anderen Begriffs, der mit
dem gemeinten Begriff sachlich (Ursache-Wirkung, Eigentum, Inhalt o.ä.)
zusammenhängt:
- Brecht (= ein Werk Brechts) lesen
- einen Porsche (= ein von Fa. Porsche hergestelltes Auto) fahren
- einen Becher (= den Inhalt desselben) trinken
- das Weiße Haus (= der Präsident, der dort residiert)
Eponyme nennt man Bezeichnungen, die nach ihrem Erfinder benannt
sind:
- Röntgenapparat (Wilhelm Conrad Röntgen)
- Litfaßsäule (Ernst Litfaß)
- Guillotine (Joseph-Ignace Guillotin)
- Bunsenbrenner (Robert Wilhelm Bunsen)
- Saxophon (Adolphe Sax)
In vielen Fällen wurde aus dem Namen des Erfinders ein Firmenname:
- Porsche (Ferdinand Porsche)
- Honda (Soichiro Honda)
- Colt (Samuel Colt)
- Brockhaus (Friedrich Arnold Brockhaus)
- Maggi (Julius Maggi)
Eine ausführliche Liste von Eponymen enthält der
Wikipedia-Art.
Deutsche Eponyme nach Alphabet.
Irgendwo zwischen Eponym und Antonomasie ist auch die Verwendung eines
Firmen- oder Produktnamens an Stelle eines Appellativs anzusiedeln, wenn man
also Tempo, Post-It, Nutella sagt und eigentlich Papiertaschentuch,
Haftnotiz, Nuss-Nougat-Brotaufstrich meint. Die vollständigste Liste,
die ich finden konnte, ist marken.txt.
Manche der Begriffe sind mir nicht geläufig, manche kenne ich zwar, verwende
sie aber im Alltag nicht. Manche werden nur lokal verwendet: so sagt in
Österreich kein Mensch Tesafilm, hier heißt das immer noch
Tixo. Ich liste hier solche, die (speziell) in Österreich verwendet
werden.
Ich habe recherchiert, so gut ich konnte. Dennoch will ich nicht ausschließen,
dass ich irrtümlich falsche Inhaber von Marken- oder Namensrechten nenne
(zumal diese ja auch wechseln oder den Namen ändern können). Als Laie im
Bereich des Namensrechtes verzichte ich grundsätzlich auf die Kennzeichnung
mit ®, © o.ä. Aus dem Fehlen solcher Kennzeichnungen darf also nicht
geschlossen werden, dass ein Name frei ist.
Die Namenserklärungen stammen, wenn nicht anders angegeben,
häufig (aber nicht ausschließlich) von Wikipedia.
- Allibert = Badezimmerspiegelschrank
- Namengebend ist die franz. Firma Allibert Sanitaire.
- Colt = Trommelrevolver
- Nach dem von Samuel Colt 1836 patentierten Perkussionsrevolver.
- Maggi = Suppenwürze
- Nach dem von Julius Maggi gegründeten Schweizer Nahrungsmittelunternehmen,
das in seiner Frühzeit vor allem Fertigsuppen und Würze herstellte.
- Aspirin = Analgetikum, Antipyretikum, Antiphlogistikum
- Markenname der Bayer AG für den schmerzstillenden, fiebersenkenden,
entzündungshemmenden und blutgerinnungshemmenden Stoff Acetylsalicylsäure
(kurz ASS). Der Name setzt sich zusammen aus ASS und der Spire
(Spierstrauch, Mädesüß, Spirea ulmaria), die Salicylsäure enthält und daher
seit alters als Heilpflanze eingesetzt wird; -in war und ist ein
beliebtes Suffix für Schmerzmittel
(Fragen & Antworten
auf der Aspirin-Homepage).
- Kukident = Gebissreiniger
- 1965 von der dt. Kurt Krisp KG entwickelt, heute zum Konzern Reckitt
Benckiser gehörig. Kuki ist ein Kürzel für Kurt
Krisp (das r zur leichteren Aussprache ausgelassen),
dent ist eine lat. Wurzel und bedeutet „Zahn“
(Kukirol
– Eine Karriere vom Drogisten zum Fabrikanten mit Weltruf).
- Labello = Lippenpflegestift
- Ein Produkt der dt. Beiersdorf AG, seit 1911 auf dem Markt. Der Name
setzt sich zusammen aus lat. labium „Lippe“ und bellus
„schön“ (Die
Geschichte, 1900-1929 auf der Labello-Homepage).
- Tixo = transparentes Klebeband
- Ein in den 1950er Jahren entwickeltes Produkt der Wiener Firma Kores.
Heute gehört der Name Tixo der Firma tesa GmbH, einem Unternehmen
der Beiersdorf AG. Der Name ist ein Anagramm von Tiox, einer
anderen Marke von Kores, dieses steht für Titanoxid, einem
Pigment. In Dtl. sagt man Tesafilm, in den USA Scotch tape
(ein Produkt von 3M), in GB Sellotape (ein Produkt der dt. Henkel
AG).
- Olla = Kondom
- Eine 1903 gegründete Wiener Handelsfirma für Vertrieb und zeitweise
Herstellung von Kondomen (bis 1979?).
- Uhu = Klebstoff aus der Tube
- Der 1932 entwickelte Alleskleber auf Kunstharzbasis soll von seinem
Erfinder, dem dt. Apotheker August Fischer, so benannt worden sein, weil
zu dieser Zeit auch andere Firmen in der Schreibwarenbranche nach Vögeln
benannt waren (Pelikan, Adler)
(Firmenhistorie
auf der UHU-Homepage).
- Soletti = Salzstangen
- Den Slogan „Soletti - immer dabei!“ kennt vermutlich jeder Österreicher
über 40. Die Salzstangen wurden 1949 von der Bäckerei Zach in Feldkirch
(Steiermark) erfunden, die 1985 von der Kelly Ges.m.b.H. übernommen wurde.
Der Name besteht aus ital. sole „Sonne“ und dem Diminutivsuffix
-etto. Denn er sollte eine Verkleinerung ausdrücken und zugleich
südlich klingen, da der damaligen Firmeninhaber und seine Familie
Italienfans waren (Die
Geschichte von Soletti auf der Homepage von United Snacks).
- Kelomat = Dampfdruckkochtopf
- Nach dem 2. Weltkrieg von Gruber & Kaja produziert. Das Firmengelände
in meiner Heimatstadt ist vor einigen Jahren in einen Park umgewandelt
worden. Die Markenrechte liegen jetzt bei der Firma Riess. Das Suffix -(o)mat
(von automatisch) ist evident (vgl. Tempomat u.a. *-o-mat-Bildungen),
aber eine Erklärung für KELO konnte ich nicht finden.
- Nutella = Nuss-Nougat-Brotaufstrich
- Von dem ital. Konditor Pietro Ferrero in den 40er Jahren entwickelter
schnittfester süßer Brotbelag, 1951 in einen Aufstrich namens Supercrema
gianduja geändert, 1964 aus rechtlichen Gründen in Nutella
umbenannt. Das Wort ist zusammengesetzt aus engl. nut „Nuss“ und
dem ital. Deminutivsuffix -ello
(The History of Nutella
auf der amerikan., Fragen
und Antworten auf der dt. Nutella-Homepage).
- Wettex = Wischtuch, Schwammtuch
- Ein Produkt der Firma Vileda. Aus engl. wet „feucht“ und
tex (=textile) „Gewebe, Stoff“?
- Tempo = Papiertaschentuch
- Ein Warenzeichen der Vereinigten Papierwerke Nürnberg. In den USA hat
die Marke Kleenex vergleichbare Bedeutung.
- Inbus = Innensechskant
- Von Bauer & Schaurte patentiertes Schraubenkopfprofil. Der Name ist
ein Akronym für Innensechskantschraube Bauer und
Schaurte. Im Engl. sagt man zum Inbusschlüssel hex key
oder Allen key (nach der Allen Manufacturing Company).
- Ytong = Gasbeton(ziegel)
- Markenname, heute der dt. Firma Xella International GmbH. Der Name ist
ein Kürzel für Yxhults Ånghärdade Gasbetong „Yxhults
dampfgehärteter Gasbeton“ (Yxhult dürfte ein schwed. Ortsname sein).
- Teflon = Antihaftbeschichtung
- Ein Markenname des Chemieriesen DuPont (der unter Naturschützern als
notorischer Umweltsünder gilt). Chemisch handelt es sich bei Teflon um
Polytetrafluorethylen (PTFE), ein Fluor-Kohlenstoff-Polymer,
das der Normalverbraucher vor allem als Antihaftbeschichtung von Bratpfannen
kennt; -on ist als Endung für Kunststoffe wie Nylon, Perlon, Dralon
geläufig.
- Frisbee = Wurfscheibe
- Produktname des amerikan. Spielzeugherstellers Wham-O. Die Idee soll
1948 aus den runden blechernen Kuchen- resp. Pastetenformen der Bäckerei
Frisbie Pie Company (gegründet von William Russell Frisbie) entstanden
sein, die man sich zuwarf
(The History
of the Frisbee).
- Eternit = Faserzement(platte)
- Von dem Österreicher Ludwig Hatschek entwickelter und 1900 patentierter
Werkstoff, der 1903 seinen heutigen Namen erhielt. Dieser besteht aus lat.
aeternus „ewig, unvergänglich“ und dem Suffix -it, das
an Mineraliennamen erinnert
(Eternit: Geschichte auf der
Homepage der Eternit-Werke).
- Fö(h)n = Haartrockner
- Fön ist eine Marke der AEG. Der Name ist abgeleitet vom Föhn, einem
warmen Fallwind. Seit der Rechtschreibreform 1996 schreibt man den
Haartrockner wie den Wind mit stummem h, der Markenname bleibt unverändert.
- Stanleymesser = Teppichmesser, Cutter
- Dieses rasiermesserscharfe Messer mit austauschbarer Trapezklinge oder
einfahrbarer stufenweise abbrechbarer Segmentklinge heißt nach der amerikan.
Firma Stanley Works (nach den Firmengründern Frederick Trent Stanley und
Henry Stanley). In Großbritannien und Australien nennt man dieses Messer
ebenfalls Stanley knive, in den USA Utility knive, in der
Schweiz Japanmesser.
- Obi = Apfelsaft
- In Österreich ist es nicht unüblich, im Gasthaus einen Obi g'spritzt
(mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser gemischten Apfelsaft) zu bestellen.
Die in den 30er-Jahren auf den österr. Markt gekommene Marke Obi
wurde hierzulande zum Synonym für Apfelsaft. Heute sind Obi und
Obi g'spritzt Marken der Firma Eckes-Granini
(Geschichte -
Eckes-Granini Austria).
- Rexglas = Einmachglas, Einsiedeglas
- Das macht heute kaum noch wer: Früchte zu Marmelade oder Kompott einkochen
und in Gläser mit Gummidichtung und Bügelverschluss füllen. Einrexen
heißt das in Österreich nach den Gläsern der einstmals in Österreich
marktbeherrschenden Oberlausitzer Glashütte Germania, Schweig, Rex &
Co KG (Rex steht für den Firmenteilhaber Gustav Rex). In Deutschland hatte
die Schwarzwälder Firma J. Weck & Co. (nach dem Firmengründer Johann
Carl Weck) denselben Status, dort spricht man von einwecken
und Weck- resp. Einweckglas
(Einmachglas,
Seite der Germanistik der Uni Augsburg,
Rexglas - Einweckglas
bei ostarrichi.org).
Sich (etw.) einrexen hat in Österreich auch die Bedeutung von
sich an den Hut stecken.
- Resopal = Schichtstoff(platte)
- Die Schichtstoffplatte (in Kunstharz getränktes Papier, das unter hohem
Druck zu dünnen Platten gepresst wird) atmet den Charme der 50er-Jahre.
Resopal ist ein Markenzeichen der Resopal GmbH, die heute zum amerikan.
Laminathersteller Wilsonart International gehört. Der Name ist zusammengesetzt
aus lat. resina „Harz“ und Opal (wegen der glasig glänzenden
Oberfläche) (Pionier
auf der Resopal-Homepage).
- Plastilin = Knet-, Modelliermasse
- Von dem Münchner Apotheker Franz Kolb 1890 erfundende Modelliermasse
für Künstler, die im Ggs. zum Ton im Winter nicht einfriert
(Wikipedia-Art.
Franz Kolb (Apotheker)). Heute eher bunte Knetmasse für Kinder.
Der Name scheint nicht (oder nicht mehr) geschützt zu sein.
- Walkman = tragbarer Kassettenspieler
- Meine Kinder kennen das gar nicht mehr: das von Sony 1979 auf den Markt
gebrachte tragbare Abspielgerät für Musikkassetten. Auch tragbare CD-Player
(DiscMan), MiniDisc-Player und MP3-Player kamen mit dem Walkman-Logo auf
den Markt. Der Kassettenspieler wird seit 2010 nicht mehr hergestellt.
- Post-It = Haftnotiz(zettel)
- Das „Kleb-es-an“ wurde 1974 von 3M erfunden.
- Whirlpool = Massagebadewanne
- Das „Wirbelbecken“ ist im Dt. gar keine Antonomasie. Denn die Namensgleichheit
mit dem amerikan. Hersteller von Waschmaschinen, Geschirrspülern, Backöfen
und Kühlschränken (heißt seit 1950 so) dürfte zufällig sein. Whirlpool
stellt keine Whirlpools her. Das Prinzip wurde in den 50er-Jahren von den
Brüdern Jacuzzi erfunden, weshalb das Whirlpool im Engl. meist Jacuzzi
(eine Antonomasie) genannt wird.
- Spaxschraube = Kreuzschlitzholzschraube
- Die Holzschraube mit Senk- oder Trompetenkopf und Kreuzschlitzprofil und
weitem, scharfkantigem Gewinde wurde 1967 von der Firma Altenloh, Brinck
& Co (ABC) auf den Markt gebracht. Der eingetragene Name bedeutet
Spanplattenschraube mit Kreuzschlitz (das x im
Logo ist ein Blick von oben auf den Schraubenkopf).
- Jeep = Geländewagen
- Der Name Jeep ist vermutl. ein Phantasiewort für ein Phantasietier: das
hundeähnl. gelbe Tier aus Popeye the sailor: Eugene the jeep. Die
ersten Jeeps wurden zu Beginn des 2. Weltkrieges gebaut. Der Markenname ist
heute im Besitz von Chrysler.
- Edding = Permanentmarker (dicker Filzstift)
- Die deutsche Firma Edding (nach dem Firmenmitbegründer Carl-Wilhelm Edding)
brachte Anfang der 60er-Jahre einen Permanentmarker heraus und wurde alsbald
zum Synonym für diese permanenten Filzschreiber.
- Venflon = Venenverweilkanüle
- Ist vermutl. nur Menschen geläufig, die im Gesundheitsdienst arbeite(te)n
oder länger im Krankenhaus waren: der periphere Venenverweilkatheter. Venflon
ist nur eine unter mehreren Marken, aber nur unter diesem Namen kenne ich
die Verweilkanüle.
- Matchbox-Auto = kleines Spielzeugauto
- Die streichholzschachtelgroßen Zinkgussspielzeugautos wurden erstmals
1952 von der brit. Firma Lesney hergestellt, die 1982 in Konkurs ging; der
Name Matchbox gehört heute dem einstigen Konkurrenten Mattel.