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Personennamen im Altertum


Griechen, Kelten, Germanen

Im Altertum trug man meist nur einen Personennamen; zu diesem trat zur Unterscheidung:

  1. der Name des Vaters (bei Frauen manchmal der des Ehemannes)
    1. im Gen., abhängig (gedacht) von "Sohn/Tochter/Gattin des...":
      griech. Sophokles Sophillou hyios Sophokles, des Sophillos Sohn
        Aischylos Euphorionos Aischylos des Euphorion (Sohn)
      althochdt. Hadubrant Hiltibrantes suno Hadubrand, Hildebrands Sohn
      (vgl. isländ. Gunnar Gunnarsson  
      schwed. Lars Gustafsson)  
      hebr. David ben-Isai David, Sohn des Isai
    2. als Adjektiv (sog. Patronymikon):
      griech. Aias Telamonios Telamonischer (=Telamons Sohn) Aias
        Achilleus Peleiades Achill, der Pelide (=Peleus-Sohn)
      (vgl. russ. Nikolaj Sergejevic Nikolaj, Sohn des Sergej)
  2. oder eine Herkunftsbezeichnung (Landschaft, Vaterstadt, in Athen und Rom der Bezirk):
    griech. Thukydides Athenaios Thukydides (der) Athener
      Theognis ho Megareus Theognis, der Megarer
      Judas Iskariot (=J[eh]uda ʾiš-Qerjot) Judas, Mann von Kariot
    viele mittelalterl. Namen: Dietrich von Bern (d.i. Theoderich von Verona)  
      Wolfram von Eschenbach  
      Franz von Assisi  
      Walther von Châtillon  
  3. oder beides:
    griech. Perikles Xanthippou Athenaios Perikles des Xanthippos (Sohn), (der) Athener
      Prokles Atarbu Euonymeus Prokles des Atarbos (Sohn), (ein) Euonymeier (d.h. aus dem Bezirk Euonymeia)
    kelt. Segomaros Villoneos (Adj.) toutios Namausatis Segomarus, Sohn des Villo, Bürger von Nemausus

Römer

Die Römer hatten (durch etruskischen Einfluß?) grundsätzlich zwei Namen: das praenōmen (Vorname), das die Eltern aussuchten, und das nōmen gentīle (Name der gēns, d.h. des Geschlechtes, zu dem man gehörte), das vom Vater auf die Kinder vererbt wurde (bei Mädchen mit weibl. Endung).

Die wichtigsten männlichen praenōmina und ihre Abkürzung:

A. Aulus
App. Appius
C. Gāius älter Cāius
Cn. Gnaeus altlat. Gnaivos, verwandt mit naevus Muttermal (zu gi-gn-ō erzeugen, gebären)
D(ec). Decimus zehnter
K. Kaesō
L. Lūcius nach Menge v. lūx Licht, also bei Tag geboren
M. Mārcus < *Mārt(i)-cos v. Mārs
M'. Mānius
N(um). Numerius viell. etrusk., vgl. den Namen des 2. röm. Königs Numa Pompilius
P. Pūblius
Q. Quīntus fünfter
S(ex). Sextus sechster
Ser. Servius nach Menge zu servus Diener, Sklave
Sp. Spurius = spurius unehelich, Bastard?
T. Titus nach Menge viell. zu titus Penis, also mit e. großen Penis versehen
Ti(b). Tiberius

Das nōmen gentīle war ursprl. ein Patronymikon (Servīlius < Servius) oder Herkunftsadj. (Sabīnus, Amerīnus); bedeutende gentēs waren die Cornēliī, Iūliī, Claudiī, Aemiliī, Calpurniī u.a.:
C. Marius
Q. Ennius
T. Līvius
Sex. Propertius
M. Antōnius
C. Flāminius
C. Laelius

Da es nur wenige Vornamen und nur wenige Adelsgeschlechter in Rom gab, trat zur Unterscheidung ein cōgnōmen (Beiname) hinzu (häufig ein Spitz- oder Spottname):

Fēlīx der Glückliche
Pulcher der Schöne
Rūfus der Rothaarige
Cincinnātus der Gelockte
Crispus der Krause (=Krauskopf)
Cicerō Kichererbsenbauer
Pānsa Plattfuß
Nāsō Nase

C. Iūlius Caesar
M. Tullius Cicerō
P. Ovidius Nāsō
P. Cornēlius Tacitus

In manchen Adelsgeschlechtern wurde das cōgnōmen als Familienname vererbt, dann mußten zusätzlich Individualcognomina (meist agnōmina genannt) hinzutreten:
P. Cornēlius Scīpiō Āfricānus
P. Cornēlius Scīpiō Āfricānus Numantīnus
P. Cornēlius Scīpiō Nāsīca Corculum
P. Cornēlius Scīpiō Nāsīca Serāpiō

In der Kaiserzeit kam das praenōmen außer Gebrauch (bei Frauen schon im 3. Jh.v.Chr.):
Cornēlius Nepōs
Albius Tibullus
Cornēlia
(maior, minor, tertia usw.)

Auf Inschriften und in amtlichen Listen tritt zwischen nōmen gentīle und cōgnōmen der Name des Vaters (meist praenōmen, seltener cōgnōmen) im Genetiv + f(īlius/-a) (sog. Filiation) (manchmal auch der des Großvaters + n(epōs)) und die Bezeichnung der Tribus (=des Stimmbezirks) im Abl. sep.:
C(āius) Iūlius C(āī fīlius) Cla(udiā tribū) Maximus
C(āius) Sentius C(āī) f(īlius) Serg(iā tribū) Sabīnus
M(ārcus) Fulvius Q(uīntī) f(īlius) M(ārcī) n(epōs) Flaccus

Sklaven
ein Eigenname (meist fremder Herkunft) + nōmen gentīle (und meist auch praenōmen) des Herrn im Gen.:
Apollōnius Aurēlī (Lūcī) Apollonius, des (Lucius) Aurelius (Sklave)
Freigelassene
praenōmen und nōmen gentīle des Patronus (=ehemaliger Besitzer) + früherer Sklavenname als cōgnōmen:
L. Aurēlius L(ūcī) l(ībertus) Apollōnius
Adoptivkinder
Name des Adoptivvaters + ursprl. nōmen gentīle mit Endung -ānus:
L.(?) Aemilius Paullus wird adoptiert von P. Cornēlius Scīpiō: P. Cornēlius Scīpiō Aemiliānus

Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 25. Dez. 2016