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Emilia-Romagna (2024)


An die 1400 Fotos sichten, aussortieren, digital nachbearbeiten, das Abgebildete lokalisieren und beschreiben, dazugehörige Infotafeln (so abgelichtet) übersetzen – das hat Monate gedauert, und entsprechend lang ist auch der Bericht über diese Reise.

Viele Jahre konnten wir nur in den Schulferien auf Urlaub fahren, denn zuerst war ich in der Schule (als Lehrer), dann unsere Kinder (als Schüler), dann meine Frau (als Lehrerin). Die Mehrzahl der organisierten Bildungsreisen findet außerhalb der Hochsaison statt, also Mai/Juni und September/Oktober. Daher waren sie für uns immer off-limits. Jetzt, wo ich der Schule längst ade gesagt habe, die Kinder groß sind und meine Frau in Pension, können wir endlich diese Angebote nutzen. Von der Toskana und Venetien haben wir schon ein bisschen was gesehen. Ziemlich unbeleckt sind wir z.B. von der Lombardei (ausgenommen Mantua) und der Emilia-Romagna (ausgenommen Ravenna). Wir buchten daher bei Gebeco die einwöchige Studienreise „Emilia Romagna – Kunst für alle Sinne“. (Klar, worauf’s hinausläuft: Verkostungen inklusive.)

Die Emilia-Romagna ist vereinfacht gesagt, die Provinz zwischen dem Po und der Toskana. Hauptorte sind (von W nach O) Piacenza, Parma, Reggio, Modena, Bologna, Ferrara, Forlì, Ravenna, Rimini. Der Name leitet sich einerseits von der Via Aemilia ab, die vom römischen Konsul M. Aemilius Lepidus 187 v.Chr. angelegt wurde und die von Ariminum (Rimini) nach Placentia (Piacenza) führte. Die antike Region Aemilia umfasste im Wesentlichen die heutige Emilia-Romagna. Später wurde der Ostteil der Region (östlich des Flusses Sillaro), also Ravenna, Forlì, Rimini, von den Langobarden als Romania bezeichnet, also als Gebiet, das unter oströmischer (d.i. byzantinischer) Herrschaft stand (Exarchat von Ravenna). Dies im Gegensatz zu den langobardischen Gebieten, der Langobardia (heute Lombardei).

Die Reise

Da wir heuer schon geflogen sind, wollten wir bei dieser Reise, wo es ja leichter möglich war, den Zug benutzen. Das werde ich mir aber in Zukunft gut überlegen (s. Anreise und Heimreise).

Wir hatten zwei Hotels, eines in Bologna, eines in Parma. Wir haben noch einen Extra-Tag in Parma angehängt. Das hat uns das Reisebüro empfohlen, weil die Heimreise am Freitag besonders schwierig sei. Ich hätte das hinterfragen sollen, denn die Heimreise am nächsten Tag war um nichts einfacher. Und es wäre gescheiter gewesen, am Freitag nach Bologna zurückzufahren und dort noch einen Nachmittag zu verbringen. Zwar ist noch einmal für eine Nacht Koffer auspacken, Koffer einpacken nicht lustig. Aber dann hätten wir uns das Bangen, ob wir den Anschluss in Bologna auch erwischen, erspart; und in Bologna hätte es noch mehr ungesehene Sehenswürdigkeiten gegeben (z.B. das archäologische Museum) als in Parma. Aber hinterher ist man immer klüger.

Wir hatten nur Frühstück und zwei Abendessen, eines am Anfang zum Kennenlernen, eines zum Abschied. Ansonsten mussten wir uns selbst verpflegen. Das ist offenbar so von der Mehrzahl der Kunden gewünscht. Ich hätte Halbpension, d.h. Abendessen im Hotel, vorgezogen. (So war es auch bei allen drei Griechenlandreisen, die ich mit Gebeco gemacht habe.) Sich nach einem anstrengenden Besichtigungstag auch noch in einer fremden Stadt ums Abendessen kümmern zu müssen, darauf hätte ich gerne verzichtet.

Tag 1: Anreise

Der Anreisetag ist ein Freitag der 13. Ich bin nicht abergläubisch, aber an diesem Tag läuft eine ganze Menge schief. In der Nacht auf Freitag gibt es einen Wettersturz, in Salzburg hat es am Morgen 4° C, und es setzen die intensiven Regenfälle ein, die bis Dienstag dauern und zum dritten Jahrhunderthochwasser in 25 Jahren führen sollten. (Warum heißt ein Ereignis, das im Schnitt alle zehn Jahre eintritt, Jahrhundertereignis?)

Unser Zug von Salzburg nach Innsbruck geht um 8:56 (Planankunft 10:44). Also ruft meine Frau um 10 nach 8 den Taxidienst an. Und verbringt über eine Viertelstunde in der Warteschleife. Was tun, wenn wir kein Taxi kriegen? Zum Glück kommt meine Frau dann endlich durch, das Taxi ist in 2 Minuten da. Vom Taxifahrer erfahren wir, dass es Taxis genug gibt. Der Engpass sind die Telefonistinnen in der Zentrale. (Wieso? Findet man kein Personal? Oder hat ein Manager wieder einmal eine geniale Einsparungsidee gehabt? Die Kunden sollen die Taxi-App benutzen, dann braucht man keine Telefonistinnen? Softwareentwickler kosten ja offenbar nichts.)

Der Stress war aber unnötig, denn am Bahnhof angekommen erfahren wir, dass unser Zug nach Innsbruck eine Stunde Verspätung hat. Damit werden wir unseren Anschluss in Innsbruck (11:24, Planankunft in Bologna 16:19) verpassen. Wir stellen uns beim Fahrkartenschalter an, um in Erfahrung zu bringen, wie es jetzt weitergeht. Wir haben zwei Optionen: entweder den nächsten Zug von Innsbruck nach Bologna nehmen, der vier Stunden später geht (15:24, Planankunft 20:16) (für den wir dann wieder eine kostenpflichtige Sitzplatzreservierung brauchen); oder in Innsbruck Fahrkarten zum Brenner lösen und dort dann Fahrkarten für die Züge der Trenitalia kaufen, was allerdings ziemlich ins Geld gehen würde. Wir entscheiden uns für die erste Option und bezahlen 7 € für die neue Reservierung.

Wir müssen eine Stunde warten. Es hat, wie gesagt, 4°, wir sind aber nicht für den Winter ausgerüstet und frieren. Der Warteraum im Bahnhof wird gerade umgebaut, Ersatz gibt es nicht. Die Lounge ist leer, aber den Kunden der 1. Klasse vorbehalten. Wir setzen uns in die Anker Bäckerei und trinken Tee bzw. Kaffee. Unser Zug kommt um 9:55, wir steigen in den überfüllten Zug, zum Glück haben wir reservierte Sitzplätze.

In Innsbruck angekommen möchten wir unser Gepäck deponieren, um essen gehen zu können. Aber die Gepäckaufbewahrung ist außer Betrieb, draußen regnet es, wir beschließen, im Bahnhofsgebäude zu bleiben, und gehen (einen Rat von Kanzler Nehammer beherzigend) zu McDonalds (NicePrice-Menü, 4 € mit einfachem, 5 € mit doppeltem Burger). Danach setzen wir uns in den Warteraum. (Hier gibt es wenigstens einen solchen.)

Der aus München kommende Zug nach Bologna wird als eine halbe Stunde verspätet angezeigt. Als wir zum Gleis kommen, ist der Zug aber schon da; er kann nicht mehr als 10 Minuten zu spät sein. Wir nehmen unsere reservierten Plätze ein und warten. Zunächst eine Durchsage, dass wir eine neue Lok brauchen. Dann dass es Probleme mit einer Waggonverbindungstür gibt, an der Behebung wird gearbeitet. Dann dass das Problem nicht behoben werden konnte. Aus sicherheitstechnischen Gründen muss diese Tür aber funktionieren, daher soll der betreffende Waggon an die Zugspitze verschoben werden, da ist es egal. Wir warten auf die Verschubmannschaft. Dann ist die Mannschaft da, wir warten auf die Verschublok. Dann beginnt sich unser Waggon zu bewegen, wir fahren ein paar 100 m in die eine, dann in die andere Richtung. Dann wieder warten. Schließlich fährt der Zug, mit 130 Minuten Verspätung (anders gesagt: um 5 nach halb 6), ab.

Um 22:10 kommen wir endlich in Bologna Centrale an, fast 6 Stunden später als geplant. Das Starhotel Excelsior befindet sich direkt gegenüber dem Bahnhof. Das gemeinsame Abendessen der Reisegruppe haben wir natürlich versäumt. Wir checken ein, rufen unsere Reiseleiterin an (sie hat uns an der Rezeption eine Nachricht mit ihrer Telefonnummer hinterlassen), sie kommt und begrüsst uns (obwohl es bereits halb 11 durch ist). Wir gehen auf unser Zimmer und bekommen noch ein verspätetes kaltes Abendessen, bestehend aus Parmaschinken, Mozarella, Brot, Wein, Mineralwasser und einem großen Obstsalat. Um halb eins fallen wir erschöpft ins Bett.

Tag 2: Bologna


Typisch für Bologna: große Palazzi mit hohen Arkaden, hier in der Via dell'Indipendenza.

Fontana del Nettuno (Neptunbrunnen), dahinter Palazzo Re Enzo (Bologna).

Heute steht die Besichtigung Bolognas am Programm. Bologna ist mit fast 390.000 Einwohnern größer als Österreichs zweitgrößte Stadt Graz. Und Bologna war einmal wirklich reich, was die zahllosen riesigen Palazzi zeigen, die sich vor allem in der Via dell’Indipendenza aneinanderreihen. Bologna ist die Stadt der Arkadengänge, und es beherbergt eine der ältesten Universitäten der Welt.

Unsere Reisegruppe trifft sich um 9:00 in der Hotellobby, wo wir Audioempfänger und Ersatzbatterien ausfassen. Dann gehen wir, geführt von der Reiseleiterin, vorbei an der Porta Galliera, einem Stadttor mit barocker Fassade, die Via dell’Indipendenza hinunter. Wir werfen einen Blick auf den Canale di Reno und den Palazzo Grassi. Dann gehen wir in die Kathedrale San Pietro, die Kirche des Bischofs von Bologna. Ihr barockes Inneres ähnelt ein wenig dem Dom von Salzburg, ist aber natürlich deutlich größer und prächtiger ausgeschmückt. Die lebensgroßen Terrakottafiguren von Lombardis Beweinung des toten Christus machen absurderweise Maria zur Hauptfigur der Passionsgeschichte.

Weiter geht es zu Piazza del Nettuno und Piazza Maggiore mit ihrem einzigartigen Ensemble aus Neptunbrunnen, Palazzo di Re Enzo, Palazzo del Podestà, Palazzo d’Accursio, Palazzo dei Notai und der riesigen Basilika San Petronio. (Der Dreizack des Neptun erinnert nicht zufällig an das Logo der Automarke Maserati. Die Firma, die heute ihren Sitz in Modena hat, wurde in Bologna gegründet.) Wir besichtigen San Petronio, gehen in die Cappella dei re magi mit dem berühmten Wandbild des jüngsten Gerichts, um dessentwillen Islamisten schon geplant haben, die Kirche in die Luft zu jagen (Mohammed wird in der Hölle dargestellt). Deshalb ist in der Kapelle Fotografieren verboten, deshalb wird der Eingang der Kirche von Soldaten bewacht.

Wir spazieren die Via Clavature hinab, vorbei an Santa Maria della Vita, biegen am Palazzo Pepoli in die Via Castiglione, vor dem Palazzo della Cassa di Risparmio in die Piazza del Francia, vorbei am Palazzo de’ Toschi in die Piazza Minghetti, schließlich in die Via Farini, um auf die Piazza Galvani hinter San Petronio zu gelangen. Hier liegt der Palazzo dell’Archiginnasio, der 1563-1803 die Universität von Bologna beherbergte (heute ist hier die Stadtbibliothek). Wir besichtigen den Innenhof, die Arkadengänge mit den zahllosen Wappen einstiger Alumni und Professores (sic transit gloria mundi).

Zeit für eine Mittagspause, die Gruppe zerstreut sich, um auf Nahrungssuche zu gehen. Die meisten Lokale im Zentrum haben wenig bis gar keinen Gastraum im Inneren. Zum heraußen Sitzen ist es aber verdammt kühl. Kompromiss: wir (meine Frau und ich) finden einen windgeschützten überdachten Bereich im Freien in der Via Caprarie und essen beide eine Lasagna Ragù (€ 12,-).

Wieder zur Gruppe vereint schreiten wir an die Besichtigung einiger der noch erhaltenen Geschlechtertürme. Wir gehen ein Stück die Via dell'Indipendenza, biegen dann in die Via Altabella ab und gehen zum 60 m hohen Torre Azzoguidi. Von hier sind es nur 80 m durch die Via Sant'Alò zum fast gleich hohen Torre Prendiparte. Nur wenige Meter daneben steht, was noch erhalten ist vom Torre Guidozagni. Wir kehren zurück in die Via Rizzoli, an deren östlichem Ende uns zwei weitere Türme erwarten: Torre Garisenda und Torre (degli) Asinelli.

Von hier gehen wir über die Piazza della Mercanzia (mit der schönen Loggia dei Mercanti) in die Via Santo Stefano. Wir besichtigen den eigentümlichen Komplex aus vier Kirchen (Chiesa del Crocifisso oder Santo Stefano, Kirche Santo Sepolcro, Basilika San Vitale e Sant'Agricola, Chiesa della Trinità oder del Martyrium).

Wir begeben uns schließlich zur Basilika San Domenico, in der sich vor allem die Arca di San Domenico, das reich verzierte marmorne Grabmal des Ordensgründers, befindet.

Nach getanem Tagwerk steht ein kleiner Gruppenumtrunk im Signorvino im Palazzo del Podestà auf dem Programm. Wir können zum Glück drinnen sitzen. Schließlich löst die Gruppe sich auf. Manche wollen sich hier im Zentrum ein Lokal zum Essen suchen, meine Frau und ich gehen zurück zum Hotel.

Zum Abendessen gehen wir nur bis ans Ende der Arkaden, unter denen unser Hotel liegt. Hier finden wir in einem Innenhof (Galleria 2 Agosto 1980) eine kleine Pizzeria namens Bologna Food Gallery, in der alle Angestellten einen Strohhut tragen und wo wir drinnen sitzen können. Wir essen jeder eine Pizza Cotto e Funghi (€ 11,90). Allerdings wird, womit wir nicht gerechnet haben, der Prosciutto cotto nicht mitgebacken, sondern nachträglich kalt auf die Pizza gelegt. Gewöhnungsbedürftig. Ein kleines Bier vom Fass ist hier nur 0,2 l und kostet € 3,90.

Tag 3: Ravenna


Verzierte Säulen, groß­flächige Mosaike an den Lang­haus­mauern, Kassetten­decke in Sant'Apollinare Nuovo (Ravenna).

Chor und Apsis von San Vitale, über und über mit Mosaiken bedeckt (Ravenna).

Es ist Sonntag, wir fahren mit einem Reisebus nach Ravenna, das gut 70 km von Bologna entfernt ist (Dauer ca. 75 min). Wir fahren zuerst nach Classe, das 5 km vom Zentrum Ravennas entfernt ist, um die Basilika Sant'Apollinare in Classe zu besichtigen. Die sperrt heute aber erst um Mittag für Besucher auf. Also nur (kostenpflichtiger) Toilettengang und Weiterfahrt zum Zentrum.

Wir steigen am Piazzale Aldo Moro, dem Busparkplatz beim Bahnhof, aus und gehen zur Basilika San Giovanni Evangelista. Die Kirche besteht seit dem 5. Jh., ist aber vergleichsweise schmucklos, und die Bausubstanz stammt zu einem Gutteil von nach dem 2. Weltkrieg. Interessant sind die an die Wand gehängten Reste der wie unbeholfene Kinderzeichnungen wirkenden einstigen Fußbodenmosaike.

Nächste Station: Sant'Apollinare Nuovo mit ihren großflächigen goldgrundigen Mosaiken. Dann zum Dom von Ravenna mit seinem als Battistero Neoniano bekannten Baptisterium, das mit Mosaiken aus dem 5. Jh. und mit Marmorintarsien ausgeschmückt ist. Nach einer kurzen Besichtigung des Doms geht es zur Piazza del Popolo. Dort löst sich die Gruppe zwecks Mittagspause auf.

Meine Frau und ich setzen uns die „goldene Tasse“ (Tazza d'Oro) direkt an der Piazza und essen Pasta (Spaghetti Pomodoro 9 €, Spaghetti Carbonara 11 €, also trotz der Lage ganz normale Preise). Anschließend mache ich ein paar Fotos von den Gebäuden an der Piazza (Palazzo Comunale, Palazzetto Veneziano, Säule der hl. Apollinaris und Vitalis) und der Kirche Santa Maria del Suffragio, bevor wir uns bei der Säule des hl. Apollinaris wieder zusammenfinden.

Nächste Station: Mausoleum der Galla Placidia und Basilika San Vitale. Letzterer ist ein architektonisch (zweischaliger oktogonaler Zentrabau mit Apsis) und stilistisch verwirrender Mix aus byzantinischen Mosaiken, neobarocker Malerei, reichen Marmorintarsien und Opus-sectile-Fußböden und einem unerhörten Bildprogramm, sind doch Kaiser und Kaiserin im Chor großflächig dargestellt (wenngleich ohne Namensbeischriften, die gibt es nur für biblische Gestalten, Apostel, Evangelisten, Heilige, Bischöfe).

Weitere Stationen sind das Grab Dantes und die Kirche San Francesco mit dem Unterwassermosaik in der Krypta (zu dessen Besichtigung man sich anstellen muss), bevor wir, vorbei am sog. Palast des Theoderich, vorbei an Sant'Apollinare Nuovo und San Giovanni Evangelista, zurück zum Bahnhof gehen, in unseren Bus steigen und nach Classe fahren.

Was als Beginn gedacht war, wird unser Abschluss: Sant'Apollinare in Classe. Auch hier großflächige und kleinteilige Mosaikkunst.

Zurück in Bologna kaufen wir Obst und Gemüse im Despar und besorgen uns ein paar Pizzaschnitten bei Pizza Leggera (7,80 € für zwei Schnitten) gleich gegenüber vom Despar.

Tag 4: Ferrara


Südostecke des wuchtigen Castello Estense (Ferrara).

Südseite der Kathedrale San Giorgio mit der angebauten Loggia dei Merciai (Bologna).

Wir gehen zum Bahnhof und fahren mit dem Zug um 8:51 nach Ferrara. Heute ist – im Gegensatz zu gestern und vorgestern – ein strahlender wolkenloser Sonnentag. Am Nachmittag trübt es sich dann ein bisschen ein. In Ferrara geht es auf der langen Geraden des Viale Cavour gen Südosten bis zum Castello Estense. Wer gehen rund herum und auch in den Innenhof, werden das Innere der Burg aber erst später besichtigen. Auf der Piazza an der Südostecke blickt uns die Statue des Girolamo Savonarola finster entgegen. (Luther mag in dem Kirchenkritiker einen Gesinnungsgenossen gesehen haben, aber wer Kunst verbrennen lässt, ist nicht besser als die Islamisten, die Palmyra zerstört haben.)

Wir gehen am Savonaroladenkmal vorbei zur Kathedrale, schauen uns den Palazzo Municipale an, werfen einen kurzen Blick auf die Piazza del Municipio (einst der Innenhof des Palazzo) und betreten dann die Kathedrale. Nicht nur außen ist die Hälfte der Fassade von einem Netz verdeckt (hinter dem sich Gerüste befinden), auch im Inneren ist ein Teil der Plafonds mit Netzen abgedeckt.

Wir gehen an der Südseite der Kathedrale entlang, um sie herum und an der Nordseite wieder zurück, vorbei an der angeblich berühmten Weinstube Al Brindisi. Zurück an der Piazza della Cattedrale löst sich die Gruppe zum Behuf einer kurzen vorgezogenen Mittagspause (essen, trinken, Lulu) auf. Meine Frau und ich setzen uns vor den „goldenen Löwen“ (Café Pasticceria Leon d'Oro) direkt am Palazzo Municipale, wo wir mit Blick auf die Kathedrale einen Kaffee trinken (Espresso € 2,50, Cappuccino 3 €) und etwas Süßes dazu essen.

Wieder als Gruppe flanieren wir durch die Altstadtgassen südlich der Kathedrale (Via San Romano, Via Ragno, Via delle Volte, Via Terranuova), vorbei an San Francesco, am Palazzo Bevilacqua-Costabili (Via Voltapaletto), am Palazzo Costabili-Trotti (Via Cairoli), zum Castello Estense.

Nun machen wir uns an die Besichtigung des Burginneren. Dazu bekommen wir Tablets und Ohrhörer und haben jetzt die schwierige Aufgabe, 90 Minuten lang das, was auf den Tablets erklärt wird, mit dem in Einklang zu bringen, was wir gerade sehen. Das ist vor allem eine große Zahl von Prunkräumen mit großflächigen Deckengemälden oder kunstvoll bemalten Kassettendecken, aber auch Gewölbe und finstere Verliese. Danach sind wir reif für eine weitere Pause. Wir setzen uns in die Birreria Giori (auf der Piazza Savonarola direkt am Rand des Wassergrabens der Burg) und trinken etwas.

Gestärkt spazieren wir den Corso Ercole I d'Este Richtung Norden. Wir passieren verschiedene Palazzi (das Anwesen der Banca d'Italia, Palazzo Gulinelli-Canonici Mattei, Palazzo Giulio d'Este) und gelangen schließlich zum Palazzo dei Diamanti, wo wir eine kurzen Blick in den Garten werfen, ehe wir, vorbei am Palazzo Prosperi-Sacrati (mit dem witzigen Balkon über dem Eingangsportal) den Corso Biagio Rossetti, vorbei an der Basilika San Benedetto, zum Bahnhof zurückgehen. Da der Zug um 16:39 fünf Minuten Verspätung hat, erwischen wir ihn gerade noch.

Um kurz nach halb sechs Uhr sind wir wieder in Bologna. Mein Frau und ich möchten uns für unseren letzten Abend in Bologna eine Pizzeria im Altstadtzentrum suchen. Wir gehen also die Via dell'Indipendenza bis zur Piazza Maggiore, spazieren dort durch die Gassen auf der Suche nach einem Lokal, das leckere Germteigfladen kredenzt, werden aber nicht fündig. Wir gehen wieder die Via dell'Indipendenza zurück, werfen auch immer einen Blick in die Seitenstraßen, werden aber keiner Pizzeria angesichtig – und enden schließlich in der Bologna Food Gallery, wo wir eine Pizza Diavola (mit scharfer Salami, € 10,90) und eine Pizza Capperi e Acciughe (Kapern und Anchovis, € 16,90!, Anchovis ist aus irgendeinem Grund ziemlich teuer) konsumieren.

Tag 5: Essig, Modena


Palazzo ducale von Modena.

Marmorbrüstung von Anselmo da Campione, darunter Eingang zur Krypta mit säulentragenden Löwen im Dom von Modena.

Heute müssen wir das Hotel wechseln. Wir sind daher kurz vor halb acht beim Frühstückssaal – und müssen uns anstellen. Der Saal ist voll und davor wartet bereits eine Schlange. Das hab ich auch noch nie erlebt. Als wir endlich einen Platz kriegen, frühstücken wir zügig. Wir packen unsere sieben Sachen, checken aus und gehen zu dem Bus, der um 9 Uhr kommt und uns heute ein gutes Stück Richtung Nordwesten, nach Parma bringen soll. Unterwegs wollen wir allerdings Modena und eine Acetaia (eine Essigfabrik) besichtigen. Das Wetter ist so lala, in Bologna hat es in den frühen Morgenstunden offenbar geregnet.

Wir fahren zur traditionsreichen Acetaia Giusti (gegründet 1605), die rund 5 km Luftlinie nördlich des Zentrums von Modena im Grünen (neben großen Weingärten natürlich) liegt und die Aceto Balsamico (Tradizionale) di Modena herstellt, Verkostungen anbietet und auch ein kleines Museum zur Balsamicoherstellung im allgemeinen und zur Firmengeschichte von Giusti im besonderen hat. Wir lassen uns durch das Museum führen, bekommen den Herstellungsprozess erklärt, sehen die Produktionsanlagen (d.h. vor allem Fässer, denn Balsamicoessig muss viele Jahre reifen) und dürfen schließlich verschiedene Sorten verkosten (ein paar Tropfen auf einen Plastiklöffel). Am Ende kaufen wir auch ein paar Fläschchen, u.a. den etwas günstigeren Agrodolce al lampone (Essig mit Himbeergeschmack).

Wir fahren ins Stadtzentrum von Modena und gehen zur Piazza Roma. Dort steht der riesige Palazzo Ducale, der heute eine Militärakademie ist und dessen Räumlichkeiten daher nicht zu besichtigen sind. Wir werfen also nur einen Blick in den gepflasterten Innenhof und gehen dann an San Giorgio vorbei durch die Via Luigi Carlo Farini und die Via Emilia Centro zum Dom von Modena.

Vor dem Dom auf der Piazza Duomo sind anscheinend gerade Vorbereitungen für eine Hochzeit im Gange: Braut und Bräutigam lassen sich, aufgebrezelt, vor einem roten Maserati GranTurismo Trofeo ablichten. Ich befürchte schon, dass wir den Dom wegen der Hochzeit nicht werden besichtigen können, aber das Brautpaar lässt sich heute offenbar nur standesamtlich trauen.

Mittagspause. Es beginnt ein bisschen zu nieseln. Wir setzen uns nur wenige Meter vom Domplatz entfernt in eine Filiale von Rom'antica. Das ist eine Kette, die Pizzaschnitten zum Mitnehmen macht. Es gibt aber auch ein paar kleine Tischchen zum Sitzen. Ich esse ein Stückchen Pizza Funghi (€ 3,52), meine Frau Supplì Tonnarelli (Reiskroketten, € 2,90). Als die Mittagspause zu Ende ist, hat es zum Glück aufgehört zu regnen.

Wir gehen zunächst um den Dom herum, unsere Führerin erklärt uns das Bildprogramm der Reliefs an und neben den Portalen (deren gibt es drei auf der Westseite, zwei auf der Südseite, eines auf der Nordseite). Dann in den Dom hinein, hier gibt es eine lange Marmorbrüstung mit farbig bemalten Reliefs, eine große Krypta, eine Apsis mit Chorgestühl. Dann besichtigen wir den Palazzo Comunale.

Wir fahren weiter nach Parma, beziehen unsere Zimmer im Starhotel Du Parc, das, wie der Name sagt, direkt am herzöglichen Park liegt. Es ist 17 Uhr, als wir mit unserer Führerin in die Altstadt von Parma spazieren (einfach durch den Park und über den Ponte Verdi). Wir gehen durch die Bögen des Palazzo della Pilotta und über die dahinterliegende gleichnamige Piazza, überqueren die Via Giuseppe Garibaldi und gehen geradeaus weiter bis zum Domplatz. Hier endet der heutige Tag offiziell. Die meisten wandern in der Altstadt herum, um sich ein Lokal zu suchen. Ich gehe zum Hotel zurück; gegenüber dem Hotel liegt ein Supermarkt der Kette Conad, wo ich etwas zum Abendessen kaufe.

Tag 6: Käse und Schinken, Fidenza


Verkostung verschiedener Käse­sorten in der Azienda Agricola Iris in Rivalta.

Basreliefs links des Portals am Dom von Fidenza; oben: die hl. drei Könige bringen Maria und dem Jesuskind ihre Gaben dar (Josef ist in Schlaf gesunken); unten: Szenen aus dem Leben des hl. Domninus (Domninus krönt als Kammerherr Maximian zum Unterkaiser, Maximian wird von Domninus' Bekehrung unterrichtet).

Es regnet und wird den ganzen Tag über ohne Unterlass regnen. Das Außenthermometer im Bus wird später kuschelige 12° anzeigen.

Heute besuchen wir zuerst eine Käserei, die Parmesan herstellt, nämlich die Azienda Agricola Iris. Die hat ihre eigenen Milchkühe, klar dass so ein Betrieb eher im ländlichen Raum beheimatet ist. Wir fahren mit dem Reisebus über enge ländliche Straßen und gelangen so in die kleine Ortschaft Rivalta (Gemeinde Lesignano de' Bagni), wo wir gegen halb zehn ankommen. Wir werden in die Käserei geführt, wo die Milch in großen Kupferkesseln mit Lab versetzt und zur Gerinnung gebracht wird. Wir sehen die Formen, in die die Käsegranulatmasse gefüllt wird, die Lakebottiche, in denen die Käselaibe Salz ziehen. Wir werden (im Regen) zu den Kühen gebracht, die in einem bestimmten Areal frei herumlaufen dürfen (tun heute wegen des Regens nur wenige) und die ohne Silage ernährt werden müssen. Wir sehen die Melkanlage. Wir dürfen in den Reiferaum, wo die Laibe reifen. Und wir verkosten schließlich unterschiedliche Käsesorten und kaufen zuletzt auch ein Stück des Hartkäses.

Wir fahren mit dem Bus nach Langhirano, wo wir um halb zwölf das Museo del Prosciutto di Parma besuchen. Hier gibt es Details zur Geschichte der Schinkenherstellung, die verknüpft ist mit der Geschichte der Salzgewinnung. Von der römischen Taschensonnenuhr in Form eines Schinkens bis zur ersten Schwungradaufschnittmaschine von Berkel (der Rolls Royce zum Aufschneiden des Schinkens) gibt es hier alle möglichen Exponate zum Thema.

Es ist halb eins durch. Wir fahren mit dem Bus ein paar km in den Süden nach Quinzano di Sotto, wo auf einem Hügel der Salumificio La Perla liegt. Das Tal der Parma zu seinen Füßen ist regenverhangen. Wir bekommen zur Besichtigung der Schinkenherstellung weiße Mäntelchen und weiße Häubchen. Der Geruch, der uns beim Betreten der Werkshalle empfängt, lässt eine aus der Reisegruppe allerdings wieder umkehren. La Perla verkauft im Jahr 40.000 Schinken. Da der Schinken 18 Monate reifen muss, hängen hier 60.000 Schinken. Je tiefer wir in das Schinkenlager vordringen, umso intensiver wird der Geruch nach Schweinefleisch. Anschließend dürfen wir Schinken verkosten, und meine Frau kauft auch ein Stück Schinken im Ganzen. (Warnung: ohne Aufschnittmaschine ist es recht mühsam, dem harten Fleischklumpen essbare Scheibchen abzugewinnen.)

Wir fahren mit dem Bus nach Torrechiara. Zum Castello di Torrechiara hinauf darf der Bus nicht fahren, wir müssen aussteigen und 10 bis 15 Minuten (im Regen) zu Fuß bergauf gehen. Dort angekommen stellen wir fest, dass die Burg um 15:00 schließt (letzter Einlass 14:30), es ist jetzt es 15:05. Also wieder zurück zum Bus. Wir fahren nach Fidenza, um den Dom zu besichtigen.

Inzwischen hat der Regen etwas nachgelassen, so kann ich den Dom auch von außen fotografieren. In Torrechiara hatte es mir noch auf die Linse geregnet. Die romanischen Reliefs an der Außenmauer drehen sich vor allem um das Leben des hl. Donnino, daneben gibt es einige rätselhafte Darstellungen.

Um viertel nach fünf sind wir mit der Besichtigung fertig. Wir gehen wieder zum Bus und fahren nach Parma. Der Busfahrer hat uns eine Pizzeria in Parma empfohlen. Doch es war ein anstrender Tag, meine Frau und ich gehen stattdessen in den Supermarkt Conad und kaufen Brot, Käse, Tomaten, Weintrauben.

Tag 7: Parma


Ausschnitt aus dem reichen Fresken­zyklus an der Lang­haus­mauer des Doms von Parma.

Das hölzerne Teatro Farnese im Palazzo Pilotta (Parma).

Es regnet immer noch. Die Nachrichten vermelden Hochwasser im Raum Bologna. Die Parma hat zwar mehr Wasser als gestern, aber von Hochwasser sind wir hier weit entfernt. Wer gehen durch den Park und über den Ponte Verdi in die Altstadt. Wir besichtigen als erstes den Dom mit seinem üppigen Freskenzyklus. Dann gehen wir um das Baptisterium mit seinem reliefgeschmückten Portalen herum (inzwischen hat es zu regnen aufgehört) und schließlich hinein. Drinnen können wir eine Menge Fresken bewundern und Antelamis Skulpturen, die die Jahreszeiten und die Monate in Form typischer Tätigkeiten darstellen.

Vorbei an der Südseite des Domes geht es kurz in die nächste Kirche, San Giovanni Evangelista. Wir spazieren weiter zur Piazza Garibaldi mit dem Palazzo del Governatore auf der Nordseite und Palazzo del Comune und Palazzo del Podestà auf der Südseite. Wir gehen an Santa Maria della Steccata und dem königlichen Theater vorbei und gelangen zur Camera di San Paolo (so steht es auf dem Ticket), einem aufgelassenen und nunmehr als Museum geführten Frauenkloster mit seinen Fresken von Alessandro Araldi und Antonio da Correggio.

Zum Mittagessen gehen wir in die vom Busfahrer empfohlene Pizzeria Fra Diavolo: an einer Wand sind aufgeschlagene Bücher angenagelt, an einer anderen Schallplatten, an einer Kurzseite ein Rennrad. Die Pizzen sind in Ordnung (gelegentlich leicht verbrannt), und man wird ständig gefragt, ob man noch etwas möchte (Dessert? Kaffee?).

Der Nachmittag ist der Besichtigung des Palazzo della Pilotta gewidmet. Am bemerkenswertesten ist hier das hölzerne Teatro Farnese. Daneben gibt es etliche Gemälde aus Spätmittelalter und Renaissance.

Am Abend treffen wir uns im Speisesaal des Hotels zum gemeinsamen Abendessen.

Tag 8: Parma


Grabmal für Albert Adam von Neipperg, den Geliebten und dann auch Ehemann der Marie-Louise von Österreich, in der Kirche Santa Maria della Steccata (Parma).

Der offizielle Teil der Reise ist zu Ende. Die Reiseleiterin kehrt zurück an ihren norditalienischen Zweitwohnsitz (sie muss diesen Herbst noch weitere Führungen in Italien absolvieren), die anderen fahren heim. Meine Frau und ich hängen noch einen Tag in Parma an.

Nachdem wir uns noch einmal von allen, denen wir in der Lobby begegnen, verabschiedet haben, marschieren wir in die Altstadt. Heute ist es etwas schöner als gestern, zwar nicht wolkenlos, aber man sieht doch einigen blauen Himmel.

Wir gehen zu Piazza Guiseppe Garibaldi und besichtigen die Kirche San Pietro (alt, aber in der heutigen Form kunstgeschichtlich zweitrangig), schauen dann bei San Ludovico vorbei und gehen noch einmal in den Dom, wo wir uns Zeit für die Seitenkapellen nehmen, die gestern einfach zu kurz gekommen sind. Zum Mittagessen verfügen wir uns wieder ins Fra Diavolo (Pizza Napoli € 11,50, Pizza Capricciosa € 13,50).

Am Nachmittag gehen wir noch einmal zum Palazzo Pilotta, schauen uns das Verdi-Denkmal näher an, spazieren dann die Strada Giuseppe Garibaldi nach Norden, vorbei an der Kirche Santa Teresa del Bambin(o) Gesù, biegen in den Borgo Pietro Giordani, der zum Borgo Retto wird, vorbei an dem Park mit der großen Violine. Die Straße wird zur Via Corso Corsi und wir gelangen in die Strada della Repubblica, gehen vorbei an der Kirche San Sepolcro (geschlossen), besichtigen die Kirche Santa Cristina (offen), passieren die Piazza Giuseppe Garibaldi, kommen wieder in die Via Giuseppe Garibaldi und besichtigen zu guter Letzt die Kirche Santa Maria della Steccata mit ihren herzöglichen Grablegen.

Wir gehen zurück Richtung Hotel, genehmigen uns noch einen Spaziergang durch den Parco Ducale bis zur Fontana Trianon. Dann noch einmal in den Supermarkt Conad, um Abendessen und etwas Proscuitto als Mitbringsel zu kaufen. Zurück im Hotel heißt es dann packen und Kraft sammeln für den morgigen Tag.

Tag 9: Heimreise

Das übliche Abreiseprozedere: frühstücken, fertig packen, auschecken. Wir marschieren mit unseren Rollkoffern zu Fuß zum Bahnhof, das dauert wenig mehr als 15 Minuten. Laut Fahrplan kommt unser Zug von Parma nach Bologna (Planabfahrt 9:27), aus Piacenza kommend, um 9:25 auf Gleis 4 an. Heute fährt er aber laut Anzeige von Gleis 3. Um kurz nach 9 kommt auf diesem Gleis der Zug Rimini-Parma an. Und bleibt dort stehen, alle Anzeigen am Zug erlöschen. Das kann ja wohl kaum unser Zug sein. Um 20 nach 9 sehe ich den Trainmanager und laufe hin und frage. Ja, das ist unser Zug, der über Bologna nach Ancona fährt. Ich halte dem Trainmanager unsere Zettel hin und bitte ihn, uns einzuchecken. Er zückt ein Tablet, tippt ein wenig und vermeldet dann: „check-in done“. Ich bedanke mich, laufe zu meiner Frau zurück, wir steigen ein. (Eine Anzeige am Zug wäre hilfreich. Freunde haben mir aus leidvoller Interrail-Erfahrung berichtet, dass die elektronische Anzeige am Bahnsteig in Italien nicht immer zuverlässig ist.)

Wir fahren pünktlich ab und kommen pünktlich 10:25 in Bologna Centrale an. Wir gehen aus dem Bahnhofsgebäude raus, werfen einen Blick auf das vertraute Starhotel Excelsior, meine Frau besorgt rasch Wegzehrung im Despar. Beim Einsteigen in den Zug nach Innsbruck (Planabfahrt 11:52, Planankunft 16:36) macht uns ein älteres italienisches Ehepaar (beide Ende 70) ziemlich rabiat unsere Sitzplätze streitig. Wir zeigen ihnen unsere Reservierung, sie behaupten trotzdem steif und fest, sie hätten auch diese Plätze reserviert. Wie die Reservierungsanzeige ergibt, haben sie die Gangplätze reserviert. Da mir egal ist, wo ich sitze, überlassen wir ihnen die Fensterplätze. (Der Klügere gibt nach, deshalb wird die Welt von Idioten regiert.) Nur dass er alle halbe Stunde raus muss, sich die Beine vertreten. Wäre es da nicht gescheiter gewesen, er hätte gleich den Gangplatz genommen? Es kann halt nicht nur sympathische Italiener geben. Er erweist sich als Klugscheißer, der ein bisschen deutsch radebrechen kann. Meine Frau versucht höflich, auf sein Gequatsche einzugehen. Ich vergrabe mich in ein Buch.

Der Zug hat bereits beim ersten Halt in Verona gut 10 Minuten Verspätung und das bleibt dann so, bis zur Ankunft in Innsbruck mit 13 Minuten Verspätung. Eine Viertelstunde vor Innsbruck dröhnt es plötzlich durch den Waggon: „Grüß Gott, österreichische Bundespolizei, Schengenkontrolle. Bitte halten Sie Ihre Pässe bereit.“ Zwei voll aufmagazinierte Polizisten beginnen von zwei Seiten mit der Ausweiskontrolle. (Fahnden die nach einem Terroristen? Oder wozu dieses martialische Auftreten?)

Um 16:49 sind wir endlich in Innsbruck und von den beiden Idioten am Fensterplatz, die bis Rosenheim fahren, erlöst. Unseren Anschluss um 17:14 (Planankunft 19:02) können wir bequem erreichen. Nur dass der, aus Bregenz kommend, 50 bis 60 Minuten Verspätung hat. Na toll. Zum Glück ist es an angenehmer sonniger Samstagnachmittag, meine Frau besorgt zwei Becher Kaffee und eine Nussschnecke.

Der Zug kommt schließlich und fährt mit genau 60 Minuten Verspätung wieder ab. Aber: er fährt wegen irgendwelcher Bauarbeiten „in einem anderen Land“ (wieso sagt man nicht einfach Bayern?) nicht über Kufstein und Rosenheim, sondern zweigt bei Wörgl Richtung Osten ab und fährt über Kirchberg in Tirol, Hochfilzen, Saalfelden, Zell am See, Bischofshofen und Hallein. Die Fahrt dauert so statt eindreiviertel Stunden mehr als dreieinhalb. Die Stationsanzeige im Waggon ist kompletter Mist. Einmal halten wir, aus den Lautsprechern ertönt „Salzburg Hauptbahnhof“, in Wahrheit sind wir in Bischofshofen. Danach zeigt die Anzeige im Waggon „next stop: Linz“. Das ist für Reisende, die mit der hiesigen Geographie nicht vertraut sind und/oder kein Deutsch können, mehr als verwirrend. Man muss sich schier schämen, Österreicher zu sein. Wir kommen um 21:48 in Salzburg an. Das allerbeste: der Zug von Bregenz nach Wien endet hier in Salzburg – das hat schon was Schildbürgerhaftes, das man keinem Ausländer erklären kann.

Fazit

Für das Wetter können die ÖBB nichts. Aber dass sie auf gröbere Wetterereignisse schlecht vorbereitet waren, zeigt auch der Umstand, dass nach den Regentagen Bahnhöfe und Unterführungen der neuen Westbahnstrecke in Niederösterreich noch wochenlang unter Wasser standen und die Züge zwischen Linz und Wien auf der alten Strecke fahren mussten (anfangs sogar nur eingleisig) und deshalb auch der Takt reduziert wurde. Die Anzeigesoftware im Zug ist ziemlich unflexibel. Dazu kamen in unserem Fall ein nicht vorhandener Warteraum bei ungemütlichen Außentemperaturen und eine nicht funktionierende Gepäckaufbewahrung. Im Dezember hörte man von Zügen, in denen es keine funktionierenden Toiletten mehr gab. Es läuft momentan eine Menge schief bei den ÖBB.

Auch in Italien war das Wetter für September eher kühl und feucht. Ich hatte auf ein paar spätsommerliche Tage gehofft, daraus wurde leider nichts.

Die Hotels waren in Ordnung, die Zimmer sauber, das Frühstück okay. Verbesserungspotential gibt es natürlich noch. Im Starhotel Excelsior in Bologna war die Kaffeemaschine im Frühstücksraum eine Engpassressource: es gab nur eine und die ließ sich ziemlich viel Zeit. Daher war Anstellen oft unvermeidlich. Im Starhotel Du Parc in Parma gab es selten frisches Weißbrot, meist nur altbackene Semmeln oder Toastbrot. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

Die Reiseleiterin, Dr. Kristina Bake, war freundlich, kompetent und hochgradig engagiert. Ihre Begeisterung für Kunst war zu spüren. Kunstwerke zu sehen war das Hauptziel der Reise und das wurde definitiv erreicht. Billig war die Reise allerdings nicht.

Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 14. Dez. 2024