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Santorin (2022)


Santorin: bei diesem Wort muss ich vor allem an den Film Der Spot oder Fast eine Karriere von Rainer Erler aus dem Jahr 1981 denken. Eine deutsche Werbeagentur soll eine Werbelinie für ein Produkt erstellen, von dem sie nur den Namen kennt, nämlich Santorin, aber nicht weiß, worum es sich eigentlich handelt. Eine beißende Satire auf die Werbebranche, die die Nachfrage erst künstlich erzeugt. Egal, was Santorin eigentlich ist: der Konsument soll es auf jeden Fall haben wollen.

Im folgenden geht es natürlich um die griechische Kykladeninsel und meine Urlaubsreise dorthin.

Warum Santorin?

Da mag jeder seine eigenen Gründe haben. Die Kreuzfahrtschiffe kommen, weil die Kykladenromantik lockt: kleine weiß gekalkte Häuser, die sich an den steilen Felsen klammern, Treppen, Balkone, blaue Kuppeln, eine traumhafte Aussicht auf das Meer. Ich komme, weil wesentliche Einblicke in die minoische Kultur erst durch die Ausgrabung von Akrotíri möglich wurden. (Der Führer im Palast von Mália hat uns geraten, wenn möglich diese Ausgrabung zu besuchen.) Neben dem prähistorischen Akrotíri und dem antiken Thera auf dem Mésa Vounó gibt es für den Antikefan nicht viel zu besichtigen. Für Geologen mit Interesse an Vulkanismus hingegen ist Santorin vermutlich ein Paradies. Hobbyönologen mögen hier ebenfalls auf ihre Kosten kommen. Für mich als Jünger des Gambrinus ist das aber kein Argument.

Leben auf dem Vulkan


Satellitenbild des Hunga-Tonga-Ausbruchs, aufgenommen vom Wettersatelliten GOES-17.– Quelle: Wikimedia.– Urheber: NOAA, 15. Jan. 2022.– Lizenz: gemeinfrei.– Bearbeitung: Einzelbild 6, um 120° gedreht, verkleinerter Bildausschnitt.

Inselgruppe von Santorin aus der Luft (von Westen).– Quelle: Wikimedia.– Urheber: Olaf Tausch, 2012.– Lizenz: GFDL 1.2, CC BY 3.0.– Bearbeitung: vertikal gestreckt, verkleinert, Beschriftungen hinzugefügt.

Was passiert, wenn Meerwasser in die Magmakammern eines Vulkans eindringt und mit dem 1000 Grad heißen flüssigen Gestein in Kontakt kommt? Das konnten Satelliten Mitte Jänner 2022 bei der Vulkaninsel Hunga Tonga-Hunga Ha‘apai beobachten: das Wasser verdampft explosionsartig und reißt Gestein, Asche, Lava, vulkanische Gase und Wasserdampf in die Höhe (man spricht von einer phreatomagmatischen Explosion). Es kommt zu einer atmosphärischen Druckwelle und zu einem Tsunami. Asche und Aerosole führen zu einer Eintrübung der Atmosphäre, im Extremfall kann das zu einem vulkanischen Winter führen. Etwas derartiges dürfte auch im 16. oder 17. Jh. v.Chr. auf Santorin passiert sein. Jedenfalls handelt es sich bei den Inseln Thíra, Thirasía und Aspronísi um den Rand einer Caldera, d.h. eines kesselförmigen Vulkankraters, deren Durchmesser rund 16 km beträgt und deren Grund in 300 bis 400 m unter dem Meeresspiegel liegt. Die beiden Inselchen in der Mitte sind danach durch unterseeische Eruptionen mit Lavaausflüssen entstanden: Paleá Kaméni in hellenistisch-römischer Zeit, Néa Kaméni seit dem 16. Jh. Der Vulkan auf Néa Kaméni ist nach wie vor aktiv.

Wann dieser große, die Insel komplett zerstörende Ausbruch (die sog. Minoische Eruption) genau stattgefunden hat, ist unter Wissenschaftlern nach wie vor umstritten. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Ascheablagerungen dieses Vulkanausbruchs im gesamten östlichen Mittelmeerraum von der Südküste des Schwarzen Meeres bis ins Nildelta nachweisbar sind. Nimmt man die Datierung mit der C14-Methode, die Dendrochronologie, die Auswertung von Eisbohrkernen usw. dazu, möchte man meinen, dass es möglich sein muss, das Datum aufs Jahr genau zu bestimmen. Dem ist aber leider nicht so. Die Datierungen schwanken zwischen etwa 1625 und ca. 1525 v.Chr.

Der Ausbruch des Hunga Tonga hatte einen Vulkanexplosivitätsindex oder kurz VEI von 4 (die logarithmische Skala geht von 0 bis 8). Die Minoische Eruption wird auf einen VEI von 7 geschätzt. Der letzte Ausbruch eines Vulkans mit dieser Stärke war 1815 der des Tambora in Indonesien. Dieser führte zu einer globalen Abkühlung, zum „Jahr ohne Sommer“ (1816) mit Ernteausfällen, Hungersnot und Wirtschaftskrise, aber auch zu grandiosen Sonnenuntergängen in Europa. Der Ausbruch des Vesuv 79 n.Chr. hatte einen VEI von 5, der des Krakatau 1883 einen von 6, ebenso 6 hatte der Ausbruch des Pinatubo (Philippinen) 1991.

Anders als beim berühmten Ausbruch des Vesuv war Santorin, als es explodiert ist, offenbar bereits verlassen. Zumindest hat man im Gegensatz zu Pompeji oder Herculaneum bisher keine Leichen, aber auch keine Wertsachen gefunden. Der Katastrophe waren Erdbeben vorausgegangen, die die Bewohner veranlassten, ihre Insel zu verlassen. Sie waren kurz nach den Beben zurückgekehrt und hatten teilweise begonnen, die Gebäudeschäden zu reparieren. Doch brachen sie damit ab, vermutlich weil erste vulkanische Aktivitäten begannen, und flohen erneut von der Insel.

Der Archäologe Spyrídon Marinátos (1901-1974) hatte 1939 noch angenommen, dass dieser Ausbruch unmittelbar zum Untergang der minoischen Kultur auf Kreta geführt habe. Doch hat sich dieser Untergang nicht schlagartig ereignet. Aber der Wegfall des Stützpunktes auf der von der Nordküste Kretas nur gut 110 km entfernten Insel mag einen nachhaltigen Einschnitt in das minoische Handelsnetz bedeutet und so zum langsamen Niedergang der minoischen Kultur maßgeblich mit beigetragen haben.

Die geologische Geschichte Santorins ist komplex und nur für den Fachmann an den Schichten der Felswände abzulesen. Die höchste Erhebung der Insel, der Profítis Ilías, ist ein Kalksteinmassiv, das noch nicht-vulkanischen Ursprungs ist. Dieses Massiv, das auch Schiefergestein enthält, reicht im Westen bis Athiniós, im Süden bis Vlycháda. Vor spätestens 600.000 Jahren oder, wie Geologen gerne schreiben, 600 ka begann dann die vulkanische „Karriere“ Santorins. Eruptionen und Hebungen durch vulkanischen Druck führten zur sukzessiven Entstehung von neuen Landmassen, der Einbruch der Caldera wieder zu ihrem Verschwinden.

Vor spätestens 600 ka ist die Grundlage der Halbinsel von Akrotíri entstanden. Vor ca. 500 ka ist durch den Peristeria-Schildvulkan die Nordhälfte von Thíra entstanden. Am Red Beach am Südrand der Akrotiri-Halbinsel sieht man die rötlichen Schlacken und Aschen des Schlackenvulkans Mavrorachidi (625-320 ka). An der westlichen Steilküste Thíras kann man noch die übereinander liegenden Schichten der zwei Unterer-Bims-Eruptionen (200 ka und 180 ka), der Mittlerer-Bims-Eruption (56 ka) und der Minoischen Eruption (3,6 ka) sehen. Thirasía ist durch den Simandiri-Schildvulkan (170 ka) entstanden, man kann seine rötlichen Lavadecken bis heute sehen. Vor 21 ka ereignete sich die plinianische Kap-Riva-Eruption. Seit diesem Ausbruch war die Insel ein weitgehend geschlossener Ring.

In der Mitte des Kraters bildete sich danach wieder eine Vulkaninsel. Das minoische Akrotiri lag auf den rötlichen Ignimbriten (vulkanischen Ablagerungen) dieser Eruption. (Abb. Minoischer Vulkan). Der Einsturz der Caldera nach der Minoischen Eruption führte zum Verschwinden eines Gutteils der westlichen Inselhälfte, aber auch zu den charakteristischen Abrisskanten im Inneren der Caldera.

Andere Katastrophen

Am 5. April 2007 nachmittags lief das Kreuzfahrtschiff Sea Diamond in der Caldera zwischen Néa Kaméni und Thíra auf ein Unterwasserriff. Fast alle der 1167 Passagiere und die 391 Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden; zwei französische Passagiere blieben aber vermisst und gelten als tot. Das krängende, 143 lange Schiff wurde vom Riff heruntergeschleppt und sollte offenbar in den Hafen von Athiniós gebracht werden. Es sank am Morgen des 6. April (den Fotos nach zu schließen) in der Bucht unweit südlich von Kap Alonáki. (In der Karte unten ist das Wrack allerdings weiter südlich, schon ganz in der Nähe des Hafens eingezeichnet.) Das Wrack blieb am steilen Hang der Caldera hängen, der Bug in rund 60 m Tiefe, das Heck aber in 150 (oder sogar 180 m, die Angaben differieren) Tiefe.

2009 wurde das Öl aus dem Wrack abgepumpt – aber wohl nur teilweise. Denn immer noch gibt es über dem Wrack Ölsperren. 2011 sagte der Minister für Handelsmarine, Jannis Diamantidis, die griechische Regierung könne sich die 150 Mio € teure Bergung nicht leisten. 2017 kündigte das Ministerium für Schifffahrt und Inselpolitik (so der neue Name desselben Ministeriums) an, dass das Wrack geborgen werden soll. Das ist aber bis heute (2022) nicht passiert.

Wer hat Schuld? Im Zuge des Gerichtsprozesses über diese Frage hat eine hydrographische Untersuchung festgestellt, dass die offiziellen Seekarten falsch sind, sowohl was die Ausdehnung des Riffs als auch was die Seetiefe (nur 5 m statt der angegebenen 18-22 m) betrifft. In erster Instanz war der Kapität zu 12 Jahren Haft verurteilt worden, im Berufungsverfahren dann zu 5 Jahren, die durch eine Geldbuße von 9125 € abgelöst werden konnten.

Nahe der Bucht von Ammoúdi (Hafen von Ía) liegt übrigens das Wrack eines Frachtschiffes in wenigen Metern Tiefe, das ein beliebtes Ziel von Tauchausflügen ist. Das Schiff soll laut Scuba Santorini aus dem Jahr 1920 stammen und um 1950/60 gesunken sein.

Santorin, Thira, Fira?


Karte von Santorin.– Quelle: Wikimedia.– Urheber: Joe MiGo, 2011.– Lizenz: CC0 1.0.– Bearbeitung: verkleinert, Küstenlinien dunkler eingefärbt, drei Beschriftungen hinzugefügt.

In klassischer Zeit hieß die Insel Θήρα Thḗrā (fem.Sg., Gen. Θήρας), ngr. Aussprache [​ˈθira], daher als Thira transkribiert. Der Name mag vorgriechischen Ursprungs sein, wenn denn der auf einer Tafel in Knossos gefundene mykenische Name einer Göttin qe-ra-si-ja tatsächlich als Θηρασία Thērasíā „die Theräische, von Thera stammende, zu Thera gehörende“ zu verstehen ist. (So heißt übrigens auch die Insel, die den Westrand der Caldera bildet.) Nach Herodot, Apollonios von Rhodos und Pausanias habe die Insel ehedem Καλλίστη Kallístē „schönste“ geheißen. Die Venezianer, die hier seit dem 13. Jh. herrschten, nannten sie Santa Irene (Kirche der Agía Iríni bei Períssa oder die gleichnamige Kirche an der Nordspitze von Thirasía), daraus wurde griech. Σαντορίνη Santoríni [sandɔˈrini].

Woher die öfter gelesene Behauptung stammt, Thera habe einst Στρογγύλη Strongýle „runde“ geheißen, weiß ich nicht. Nach Diod. 5,50,1 soll Naxos anfangs so geheißen haben. Nach Diod. 5,7,1, Thuk 3,88,2 u.a. hieß auch eine der äolischen Inseln so, nämlich Stromboli. Und Plin. 5,131 kennt eine Insel dieses Namens vor der lykischen Küste.
Schönrock schreibt Strongilí, das wäre die ngr. Lautung, so hat die Insel aber sicher nie geheißen. Auch sonst hat Schönrock gelegentlich eigenwillige Akzente: Kallistí, Paléa Kaméni, letzteres so konsequent, dass ich dem Autor zugute halten möchte, hier könnte ein mit fehlerhaften Daten gefüttertes Rechtschreibprogramm zugeschlagen haben.

Santorin besteht genau genommen aus mehreren Inseln: der Hauptinsel Thíra, der dünn besiedelten Insel Thirasía „zu Thira gehörende“, dem unbewohnten Inselchen Aspronísi „Weißinsel“, der Vulkaninsel Néa Kaméni „neue Verbrannte“ und der von dieser durch einen nicht einmal 300 m breiten Kanal getrennten Nebeninsel Paleá Kaméni „alte Verbrannte“. Dazu kommen ein paar aus dem Meer ragende Felsen wie Ágios Nikólaos (südlich der Westspitze von Thíra, bei Ía), Kímina (südwestlich von Thirasía) und ein auf Onlinekarten namenloses Eiland am Südostende von Paleá Kaméni. Dazu kommen die vom Kap Akrotíri rund 18 km in südwestlicher Richtung entfernten unbewohnten Christianá-Inseln: Christianí (das in der Bronzezeit besiedelt war), Askaniá und Escháti (s-ch).

Der griech. Wikipedia-Artikel zur Insel Aspronisi hat den Akzent auf dem Eta: Aspronísi. (Und so auch alle anderen Sprachversionen, soweit sie den Akzent erkennen lassen.) Daran halte ich mich hier. Allein das deutschsprachige Pendant hat den Akzent auf dem Omikron: Asprónisi. Google Maps hat ersteres, Open Street Map bietet beide Schreibungen. Bing Maps schreibt Nisida Strogilo (?). Der Name „Weißinsel“ kommt von dem leuchtend weißen Bimsstein, der die obere Schicht der Insel bildet. Darunter ist ein Sockel aus schwarzem Lavagestein.
Die Insel Christianí ist in meiner gedruckten Karte von Freytag & Berndt Christiáni geschrieben.

Der Hauptort der Insel wird entweder wie die Insel Thíra genannt oder aber Φηρά Firá (neutr.Pl., Gen. Φηρών). (Das ist vermutlich nur eine Aussprachevariante von Thíra.) Das antike Thera lag auf dem Mésa Vounó „mittlerer Berg“ (zwischen Kamári und Períssa). Das moderne Firá wurde erst Ende des 18. Jh. gegründet, nachdem die Siedlung am Skáros durch mehrere Erdbeben schwer in Mitleidenschaft gezogen war.

Einige bedeutsame Ortschaften

Zum Hauptort Firá s. den letzten Absatz des vorigen Abschnitts.

Πύργος (Καλλίστης) Pýrgos (Kallístis) „Turm (von Kalliste)“ auf dem Ausläufer des Profítis-Ilías-Massivs, der höchstgelegene Ort Santorins, wurde von Bewohnern des antiken Thera gegründet, die nach einem Erdbeben die Siedlung am Mésa Vounó verlassen hatten. Seit der Zeit der Piratenüberfälle (900 n.Chr.) war der Ort Haupstadt der Insel. Die Venezianer errichteten hier eine Festung. Nach anderen Quellen war seit venezianischer Zeit die Siedlung am Skáros Hauptstadt.

Die Byzantiner errichteten Anfang des 13. Jh. eine Festung am Skáros-Felsen. Um die Burg entstand eine Siedlung. Nachdem die Venezianer 1336 endgültig die Herrschaft übernommen hatten, wurde diese Siedlung zur Inselhauptstadt. (Nach anderen Quellen hatte Pýrgos weiter diesen Status inne.) Von 1650 an bis um 1870 wurde der Skáros mehrmals von Erdbeben, z.T. verbunden mit Erdrutschen, schwer getroffen, sodass er schließlich verlassen wurde.

Nahe beim Skaros liegt, am höchsten Punkt der Caldera, die Ortschaft Ημεροβίγλι Imerovígli. Der Name ist laut Wikipedia zusammengesetzt aus ημέρα iméra „Tag“ und lat. vigilāre „wach bleiben, wachsam sein“ (richtiger wohl ital. vigilare „(be)wachen, aufpassen“), bedeutet also „Tageswarte“. Denn von hier konnte auch das Meer auf der Ostseite der Insel überblickt werden.

Die Ortschaft Οία Ía wird meist als Oia transliteriert, so auch von Schönrock, Bötig und Ziegler. Diesem Umstand tragen sogar die Fahrscheinverkäufer der KTEL Rechnung, indem sie den Ort als „Oía/Ía, Oía/Ía“ ausrufen. Bis ins 19. Jh. hieß der Ort Apáno- oder Epánomeriá (Απάνω/Επάνω Μεριά) „obere Stelle, oberer Ort“ (s. z.B. Historische Karte von Santorin aus dem Jahr 1801).

Εμπορείο Emborío (auch Εμπορειό Emborió oder Νημπορειό Nimborió) liegt zwischen dem Profítis Ilías und dem Gavrílos (das ist der Hügel nördlich von Vlycháda). Mir scheint es wenig plausibel, dass der Name von εμπόριο(ν) / εμπορ(ε)ία „Handel“ kommt. Ein ital. n(u)ovo (oder gr. νέο néo) „neu“ + ital. borgo „Dorf, Ortschaft“ halte ich für wahrscheinlicher. Emborío hat einen relativ gut erhaltenen venezianischen Wohnturm, wohl aus dem 15. Jh., Γουλάς Goulás genannt (von türk. kule „Turm“), und ein Kastro, d.h. eine Wohnburg.

Der Name des Ortes Καμάρι Kamári stammt von καμάρα „Gewölbe“. Am ehesten wird damit die heute graffitibeschmierte Apsis am Südende des Strandes gemeint sein, die zu einem antiken Poseidonheiligtum gehören soll. In der Antike war hier der Hafen des antiken Thera, vermutlich das Ptol. 3,15,26 erwähnte Oia. Das moderne Kamári entstand vor allem nach dem Erdbeben von 1956 durch die Bewohner des weitgehend zerstörten Mésa Goniá (heute Episkopí Goniás), das 2 km landeinwärts liegt.

Περίσσα Períssa (älter Perissá) muss in byzantinischer Zeit eine bedeutende Stadt gewesen sein, darauf weisen die Ruinen der dreischiffigen Basilika der Agía Iríni. Die Stadt war auf den Ruinen einer antiken Vorgängersiedlung errichtet (vielleicht das Ptol. 3,15,26 genannte Eleusís).

Im Ort Ακρωτήρι Akrotíri „Kap, Landspitze“ befand sich eine venezianische Burg namens La Ponta, die durch das Erdbeben 1956 stark beschädigt wurde. Nach dem Ort ist auch die prähistorische Siedlung genannt, die etwa einen km südöstlich des Ortes ausgegraben wurde.

Wo logieren?

Wer Sonnenuntergänge und Kykladenromantik sucht, der muss an die Caldera (Firá, Imerovígli, Ía). Die Zimmer an der Caldera sind aber überwiegend exklusiv und teuer. Wer hauptsächlich im Meer baden möchte, der muss an die Ostküste. Längere Badestrände mit Hotels gibt es fast nur nördlich (Kamári, Agía Paraskeví, Monólithos) und südlich (Períssa, Perívolos, Ágios Geórgios) des Mésa Vounó. Wer es individualistischer möchte, kann in Akrotíri, Pýrgos oder Megalochóri logieren.

Es gibt Strände, zu denen man hinfahren muss – weil es dort keine Hotels gibt. An keinem von ihnen muss man wirklich gewesen sein.


Strand von Kamári mit Blick auf den Mésa Vounó.

Kamári oder Períssa? Das ist eine im Netz häufig gestellte Frage. Kamári ist kleiner, stärker touristisch erschlossen. Períssa ist weitläufiger, noch nicht ganz so touristisch. Kamári liegt näher bei Firá, aber auch näher am Flughafen (Fluglärm). Wir wollten auf jeden Fall auch baden und haben uns für Kamári entschieden. Von hier ist man mit dem Bus in 20 Minuten in Firá (von Períssa dauert es eine Viertelstunde länger) und es gibt eine größere Auswahl an Hotels. Von hier gibt es eine Serpentinenstraße zum antiken Thera hinauf, auf der regelmäßig ein Minibus verkehrt.

Das Kamari Beach Hotel, in dem wir logierten, liegt direkt am Strand nahe an dessen Südende. Hier sieht man die Flugzeuge zwar, aber sie sind nicht sehr laut. Weiter im Norden, wo die Flieger direkt über einen darüberbrausen, sind sie schon recht laut. Das Hotel ist im Santorinistil gebaut, d.h. verschachtelt mit vielen Treppen und kleinen Balkonen. Unser Zimmer war geräumig, nur die Duschtasse war etwas eng und mit sehr hohem Rand (ursprünglich eine Sitzbadewanne?). Das Hotel gehört zu den größeren hier und hat einen großen Pool. Wir hatten Halbpension. Es gab aber nur wenige Halbpensionsgäste, weshalb das Speisenangebot etwas eingeschränkt, angesichts der wenigen Gäste aber durchaus üppig war.

Liegen und Schirme am Strand sind frei. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Da wir meist erst am späteren Nachmittag an den Strand gegangen sind, waren schon wieder Liegen frei. Der Strand ist vulkanischer Schotter und Sand: schwarz und heiß. Im Meer ist stellenweise unregelmäßig geformter Sandstein (?), es wirkt fast wie betoniert. Wir hatten uns vorsichtshalber Schwimmschuhe gekauft und haben die Entscheidung nicht bereut. Das Wasser ist klar aber kühl, gefühlt kaum über 20°.

Wind und Wetter

Während wir voriges Jahr in der Argolis bei Temperaturen zwischen 40° und 45° gelitten haben, hatten wir heuer mit dem Wetter mehr Glück. Es war die ganze Woche wolkenlos, trotzdem lag die Tageshöchsttemperatur nur um die 30°, ideales Sightseeingwetter also. Zudem weht an der Küste immer eine leichte Brise und sorgt so für Abkühlung. In Österreich gab es in derselben Woche einen neuen Hitzerekord mit über 38°.

Diese aus Nord wehende Brise hieß in der Antike οἱ ἐτησίαι etēsíai m.Pl. „Jährliche (Winde), Etesien“ (zu ἐτήσιος „jährig“ (ein Jahr dauernd), „jährlich“ (jedes Jahr wiederkehrend)). Heute nennt man sie το μελτέμι meltémi (von türk. meltem „Brise, Seewind“; im Türk. heißt der Meltemi allerdings Etezien).

Der Apg 27,14 genannte εὐρακύλων eurakýlōn, aus Εὖρος Eúros „Südostwind“ und lat. aquilō „Nordnordostwind, Sturm“, der das Schiff, das Paulus nach Rom bringen soll, trifft, ist zwar wohl ein Nordostwind, aber ob wirklich, wie der Wikipedia-Artikel behauptet, der Meltemi? Denn dieser Sturm ereignet sich nach dem Jom Kippur (V.9), d.h. Ende September oder Anfang Oktober, und ist auch keine steife Schönwetterbrise, sondern ein ausgewachsener Unwettersturm (V.18.20).

Transport

Thíra hat einen Flughafen (IATA-Code JTR), dessen Terminal aus dem Jahr 1989 für das hohe Touristenaufkommen längst viel zu klein war. 2021 wurde es erweitert. Sitzgelegenheiten sind jedoch sehr rar, viele Wartende sitzen am Fußboden. Tip: am rechten Ende der Abflughalle, neben dem Zugang zur Sicherheitsüberprüfung, ist eine Bank, zu der sich nicht viele Reisende hinverirren.

Es gibt ein dichtes Busnetz. Der Fahrplan der KTEL Santorini zeigt, dass Firá Dreh- und Angelpunkt des Netzes ist: hier starten alle Busse und hierher kehren sie wieder zurück. Von Firá aus fahren sie meiner Erfahrung nach relativ pünktlich ab. Je nach Verkehr sind sie 5 bis 10 Minuten zu früh oder zu spät am Endpunkt, und sie fahren sofort wieder zurück. Leider hat die KTEL keine Netzspinne, die die Haltestellen zeigt. Und auch die Angaben auf santorinibus.com sind nicht mehr aktuell. Die Haltestellen in Kamári, die OpenStreetMap in der Makedonías verzeichnet, sind allesamt Geschichte. Im Sommer 2022 ist die einzige Haltestelle der KTEL-Busse in Kamari an der Panagías Myrtidiótissas, gegenüber dem Sportplatz.

Die Fahrscheine kriegt man im Bus. Man setzt sich hin und wartet, bis der Fahrscheinverkäufer vorbeikommt. Beim Bus nach und von Ía hat der Fahrscheinverkäufer schon vor dem Einsteigen in den Bus kassiert. Die Fahrscheine kosten (Stand 2022): von/nach Kamári 1,60 €, Ía 1,60 €, Akrotíri 1,80 €, Perissa 2,20 €. Zur Hauptreisezeit sind die Busse häufig notorisch überfüllt. Einmal hat uns der Fahrscheinverkäufer in Firá nicht mehr einsteigen lassen, weil der Bus schon voll war. Wir mussten auf den nächsten warten.

Etwas verwirrend ist, dass die Busse kein einheitliches Corporate Design haben, sondern alle möglichen Farben und großflächigen Werbeaufdrucke. Gemeinsam ist ihnen der Schriftzug ΚΤΕΛ ΣΑΝΤΟΡΙΝΗΣ ΑΕ auf der Stirn- und meist auch auf der Heckseite. (Auf den Fahrscheinen steht Κ.Τ.Ε.Λ. ΘΗΡΑΣ Α.Ε.) Auf dem Busbahnhof in Firá geht es chaotisch zu. Der Bus nach Akrotíri ist nicht in den Busbahnhof eingefahren, sondern an der Mitropóleos neben dem Kiosk stehen geblieben. Hätten wir nicht zur Sicherheit geschaut, was das für ein Bus ist, wir hätten ihn verpasst.

Von Kamári zum antiken Thera verkehrt ein Minibus der Ancient Thira Tours, der stündlich vom südlichen Ende der Makedonías abfährt. (Hier steht noch ein elektronisches Display, das vermutlich zur einstigen KTEL-Haltestelle gehört.) Das Ticket bekommt man von einem unter einem Zeltdach sitzenden Herrn daselbst: Hinfahrt 10 €, hin und zurück 15 €.

Gefühlt an jeder Ecke gibt es eine Autovermietung. Aber Parkmöglichkeiten sind auf der Insel Mangelware, vor allem wenn jeder zweite Tourist einen Wagen mietet. Man kann auch Quads und zweirädrige Krafträder mieten. Aber dafür bin ich zu alt und zu feig.

Tomaten, Wein, Bier

Ende des 19. Jh. wurde der Anbau von Tomaten intensiviert und Santorin stieg in die Produktion von Tomatenmark ein. 1922 errichtete Dimítris Nomikós die erste Tomatenmarkfabrik in Monólithos. In den Folgejahren enstanden immer mehr solcher Fabriken verschiedener Unternehmer. 1945 errichtete Dimítris' Sohn Giórgos Nomikós eine weitere Fabrik in Vlycháda. In den 70er Jahren schlossen die Fabriken nach und nach. Nomikós' Fabrik in Vlycháda ist heute ein Industriemuseum. In Monólithos gibt es direkt hinter dem Strand die Fabrik Santo, die bei Bedarf noch produziert.

Vom 17. bis zum 19. Jh. war süßer Dessertwein ein wichtiger Exportartikel Santorins. Dessen Name Vinsándo hängt vielleicht sogar mit dem Namen Sando-rini zusammen. Als die Nachfrage einbrach, musste sich die Weinerzeugung diversifizieren. Es gibt heute etliche kleine Kellereien, die auch Verkostungen anbieten. Neben einfachen Landweinen werden qualitativ hochwertige Rebensäfte gekeltert. (Da trockene Weine für mich meist nur nach Sauerampfer schmecken, ist das nicht mein Thema.)


Die Donkey-Brauerei in Mésa Goniá.

Griechenland hat das Bierbrauen unter den Wittelsbachern gelernt, und die heimischen Marken wie Mythos, Fix oder Alfa können mit der importierten Konkurrenz von Heineken, Carlsberg oder Amstel absolut mithalten. Seit einigen Jahren gibt es auf Santorini auch lokale Biere:

Monkey und Volkan habe ich nirgendwo gesehen. Und auch Donkey kriegt man bei weitem nicht in allen Lokalen. Dagegen sind Alfa und Mythos allgegenwärtig, auch Heineken und Amstel sind häufig zu kriegen. Ich habe Yellow Donkey und Red Donkey probiert, beide sind stark gehopft; Yellow Donkey hat eine deutliche Zitrusnote, was ich sehr mochte.

Unsere Reise


Blick in die Caldera von der Kraterrandstraße in Firá aus: die beiden Kameni-Inseln, dahinter das kleine Aspronísi, am rechten Rand Thirasía.

Firá von Firostefáni aus, links vermutlich die Kirche Ágios Stylianós, im Hintergrund der Berg Profítis Ilías.

Nippelkanne (Tonkrug mit stilisierten Brustwarzen) mit Bild einer Schwalbe, 17. Jh.v.Chr., im Prähistorischen Museum von Firá.

Zweistöckiges Haus am sog. Dreiecksplatz, Ausgrabung bei Akrotíri.

Der Red Beach.

Skáros-Felsen bei Imerovígli. Hier war einst die Hauptsiedlung der Insel.

Die "drei Glocken von Firá".

Blick vom antiken Thera auf Kamári und den Flughafen. Dort unten lag in der Antike vermutlich Oía, einer der beiden Häfen der Stadt auf dem Berg.

Die basiliké stoá „Königliche Säulenhalle“ im antiken Thera.

Ía, Kirche der Panagía tou Akáthistou Ýmnou.

Ía, Blick vom Lontza-Kastell Richtung Westen.

Baden bei den "Hot Springs" von Paleá Kaméni. Auf der Landzunge steht eine Kapelle des Ágios Nikólaos.

Der noch aktive Georgios-Krater auf Néa Kaméni.

Die Kirche Ypapandí tou Kyríou in Firá.

Sonntag: Anreise

Wir haben uns wieder für Wien (und nicht München) als Flughafen entschieden, weil zum Zeitpunkt der Buchung unklar war, wie sich die Coronasituation und die Regeln zur Einreise nach Deutschland entwickeln würden. Der Flieger soll um 13:10 abheben. Wir versuchen, online einzuchecken, finden aber nirgendwo den dazu notwendigen Buchungscode; das Reisebüro hat verabsäumt, ihn uns zukommen zu lassen. Wir rufen deswegen schließlich beim Reisebüro an, das uns eincheckt. Das Reisebüro hat auch verabsäumt, uns Zug zum Flug anzubieten (was kostenlos wäre), so müssen wir für die Fahrt zum Flughaben 118 € löhnen. Der Railjet hat eine gute halbe Stunde Verspätung. (Die Durchsage behauptet, die Ursache liege in einem anderen Land, also wohl „senk ju vor träwelling wis Deutsche Bahn“.) Aber auch der Flieger hat rund eine Viertelstunde Verspätung, und die Gepäckaufgabe geht ganz schnell. Niemand kontrolliert jemals unseren Reisepass.

Im Juli beginnen sich die Probleme mit Verspätungen an den großen Flugdrehkreuzen London, Amsterdam, Frankfurt und in Folge den weiteren Zielflughäfen zu häufen. Eineinhalb Wochen vor unserem Abflug streikt das Bodenpersonal der Lufthansa, viele Flüge müssen ausfallen. Jetzt rächt es sich, dass Flughafenbetreiber und Airlines in der Coronazeit massiv Personal abgebaut haben, um Kosten zu sparen. Was für ein Glück, dass wir mit AUA (Austrian Airlines) fliegen. In Österreich hat man mit Kurzarbeit viel Personal gehalten, was sich jetzt für die Kunden bezahlt macht.

An Bord der Austrian-Airlines-Maschine werden Schnitzelsemmeln serviert, schmackhaft und sättigend. Es gibt bei der AUA offenbar keine Maskenpflicht mehr, nur wenige an Bord (dazu gehören meine Frau und ich) tragen FFP2-Maske. Der Zubringerbus zum Hotel fährt vom kleinen Busparkplatz, der am linken Ende gegenüber der Ankunftshalle liegt. Wir warten in einem großen Reisebus, der sich nach und nach füllt und uns schließlich nach Kamari bringt.

Kurz vor 6 Uhr sind wir im Hotel und beziehen unser Zimmer, das auf arktische 19° heruntergekühlt ist. Ein großer Deckenventilator wirbelt die eisige Luft noch kräftig herum. Wir drehen die Klimaanlage sofort ab und den Ventilator auf niedrigste Stufe zurück. Der durch den Ventilator erzeugte Luftzug genügt, um die mediterrane Wärme leicht auszuhalten.

Wir suchen nach einem Supermarkt, um Trinkwasser zu kaufen. Der Carrefour hat geschlossen (heute ist Sonntag), aber wir finden schließlich einen Minimarket, wo wir Wasser und Obst kaufen.

Montag: Firá

Wir nehmen den Bus um 09:30 nach Firá. Wir bestaunen die Caldera und den Blick auf Firá und Imerovígli. Wir besichtigen die orthodoxe Ypapandí-Kirche mit ihren reichen Wandmalereien. Fotografieren ohne Blitz ist erlaubt, Zutritt in kurzen Hosen hingegen nicht.

Υπαπαντή (του Κυρίου) Ypapandí (tou Kyríou) „Begegnung (des Herrn)“ heißt in der griech. Orthodoxie jenes Ereignis, das wir im Dt. als Darstellung (seltener auch Darbringung) des Herrn bezeichnen: das Auslöseopfer für den männlichen Erstgeborenen im Tempel (Lk 2,22-24). Die Ostkirche legt den Fokus auf die Begegnung mit Simeon und Hanna (Lk 2,25ff). Das Fest dazu (am 2. Feb.) wird bei uns auch Mariä Lichtmess genannt.

Wir spazieren die Kraterrandstraße bis Firostefáni und suchen dann mühsam einen anderen Weg zurück. Mühsam deshalb, weil viele Wege und Treppen Sackgassen sind, die an privaten Grundstücken und Häusern enden, und es keinerlei Wegweiser gibt. Schließlich finden und besichtigen wir die katholische St.-Johannes-Kirche. Weiter geht es zum Prähistorischen Museum, das Funde aus vorgeschichtlicher Zeit, namentlich die vom Kykladendorf bei Akrotíri, ausstellt (Eintritt 6 €). Leider habe ich übersehen, dass es noch ein Untergeschoß gibt, in dem einige Wandmalereien zu sehen sind.

Einige Webseiten bezeichnen das Prähistorische Museum als Archäologisches Museum, das ist aber falsch. Das Archäologische Museum stellt Funde aus historischer Zeit, namentlich des antiken Thera, aus. Es ist aber, wie ich später feststellen muss, gerade geschlossen, da das Gebäude renoviert wird.

Wir essen zu Mittag in Firá im (Pelican) Kípos „Garten“. Der Name ist Programm, hier ist wirklich sehr angenehm sitzen, und es gibt Live-Musik. Ich probiere zwei von diversen Reiseführern als typisch santorinisch gepriesene Speisen: Saláta Sandorínis und Tomatokeftédes. Ersterer ist nicht schlecht (Kirschtomaten, grüner Salat, Kapern, Kapernblätter), aber für meinen Geschmack dominiert der süßliche Balsamicoessig zu sehr. Letztere sind meines Erachtens keine Geschmacksexplosion. Doch es gibt gutes, knuspriges Brot und Donkey-Bier.

Unsere Benchmark war der Preis des Griechischen Salats. Hier kostet er 9,50 €, damit gehört das Lokal zu etwas teureren. In Ía haben wir noch wesentlich teurere gesehen. An der Strandpromenade in Kamári kostet er meistens 8,50 €. Gut war er überall.

Wir nehmen den Bus um 14:20 zurück nach Kamári.

Dienstag: Akrotíri

Wieder Bus nach Firá, von dort Bus nach Akrotíri. Die Fahrt dauert zwischen 20 und 25 Minuten, der Bus hält direkt vor dem Eingang zur archäologischen Stätte (Eintritt 12 €).

Die archäologische Stätte ist eine Ortschaft der Kykladenkultur, die hier wohl eng angelehnt ist an die minoische Kultur (Linear-A-Täfelchen!). Diese Stätte ist komplett überdacht, was zwar die Funde (Wandmalereien) vor Wind und Wetter und die Besucher vor der Sonne schützt, was aber den Blick in die umgebende Landschaft verwehrt. Man fühlt sich eher wie in einem Museum als wie in einem bronzezeitlichen Dorf. Und leider darf man nur noch oben rundherum gehen, der Zugang zu den Häusern selbst ist inzwischen gesperrt.

Wir gehen noch zum Red Beach. Manche gehen den Weg mit Flip-Flops, aber hier sind vernünftige Schuhe schon anzuraten. Wir gehen nur soweit, dass wir den Strand und die namengebende rote Gesteinswand sehen und fotografieren können, und drehen dann wieder um. Bei der Rückfahrt nach Firá geraten wir in einen Stau an der Einmündung der Straße vom Neuen Hafen (Athiniós).

Zu Mittag essen wir in Kamári im Blue Fish, einem dezidierten Fischrestaurant, das anscheinend keine Speisen aus dem Backofen hat. Aber es gibt Griechischen Salat (8,50 €). Das Tzatziki schmeckt nach Ansicht meiner Frau irgendwie anders als gewohnt.

Mittwoch: Imerivígli, Skaros

Ich nehme heute schon den Bus um 08:45 nach Firá. Ich gehe beim Hotel Atlantis nach unten zur Straße Agíou Miná zur Ágios-Minás-Kirche. Dann weiter zur verfallenden Ágios-Ioánnis-Kirche.

Ich marschiere nach Imerovígli (ca. 30 Minuten) und steige zum Skáros-Felsen hinunter. Aus Sicherheitsgründen ist das Ersteigen des Felsens verboten. Ich gehe nur soweit, wie die Treppen reichen. Denn das Gestein sieht sehr bröckelig aus. Jederzeit muss man damit rechnen, dass sich ein größeres Stück löst und in die Tiefe purzelt. Wehe dem, den es trifft. Ich beginne den Weg um den Felsen herum zur Kirche Panagía Theosképasti. Doch da man die Kapelle nach 150 m noch immer nicht sehen kann, kehre ich aus demselben Grund zurück.

Ich gehe zurück nach Firá und suche das Archäologische Museum. Wie schon angemerkt, ist es für den Ortsunkundigen schwierig, sich zurechtzufinden. Mehr als einmal endet der Weg im Nirgendwo. Ich lande unbeabsichtigt bei einem Aussichtspunkt, dem Blue Dome View Point, von dem man auf die Τρεις καμπάνες των Φηρών „drei Glocken von Fira“ hinunterschaut. Ich finde schließlich das Gebäude: es ist eine Baustelle. Wo sind die Exponate wohl jetzt? In einer Lagerhalle? Ich suche das von Reiseführern gepriesene Santozeum, das eine Ausstellung von Replikaten der in Akrotíri gefundenen Wandmalereien beherbergt, finde es aber nicht. Ich haue schließlich den Hut drauf und fahre mit dem Bus um 13:20 zurück nach Kamári.

Nach OpenStreetMap liegt das Santozeum rechter Hand an der nördlichen Kehre der Agíou Miná. Doch da ist heute…, ja was? Ein Hotel? In der Mapbox-Karte auf Afar.com ist es gleich nördlich der Einmündung der Straße vom Hafen in die Agíou Miná eingezeichnet, nach dem Restaurant Lithos auf der linken Seite. Da ist jetzt u.a. eine Baustelle. Auch die Google-Suche führt zu dieser Stelle und dem Hinweis „dauerhaft geschlossen“. Obwohl die Homepage des Santozeum und die Facebook-Seite des Santozeum (letzter Eintrag von 2017) noch online sind, scheint es das Santozeum nicht mehr zu geben. Sehr bedauerlich.

Zu Mittag essen wir in Kamári im Skaramagas. Der Name erinnert mich an einen von Christopher Lee gespielten Bösewicht aus dem James-Bond-Film Der Mann mit dem goldenen Colt. Die Gemista (gefüllte Tomaten und Paprika) sind für meinen Geschmack etwas matschig, aber meiner Frau schmecken sie.

Donnerstag: antikes Thera

Das antike Thera hat am Mittwoch anscheinend geschlossen, daher unternehme ich die Besichtigung erst heute. Ich bin um 10 vor 10 an der Abfahrtsstelle, erwerbe einen Fahrschein für Hin- und Rückfahrt (12:15) und setze mich in den Kleinbus. Der rumpelt die Serpentinenstraße (deren erste Hälfte mit Steinen gepflastert, deren zweite betoniert ist) zum Sattel hoch, der zwischen dem Mesá Vounó und dem Profítis Ilías liegt. Die Fahrt dauert 15 Minuten. Hier am Sattel bläst ein infernalischer Wind. Ich gehe die paar Meter bis zum Eingang der Grabungsstätte (6 €).

Der Epigraphiker und Archäologe Hiller von Gaertringen hat hier um die Jahrhundertwende die ausgedehnten Überreste einer antiken Stadt, die vom 8. Jh. bis in die Spätantike durchgehend besiedelt war, ausgegraben. Diese Überreste stammen aus hellenistischer und römischer Zeit. Warum man sich allerdings an einem extrem windigen, wasserlosen Ort angesiedelt hat, zu dem man eine gute Stunde bergauf marschieren muss, ist mir ein Rätsel.

Als ich zum Ausgang zurückgehe, sehe ich um 12:00 bereits den Bus stehen. Als ich drei Minuten später am Sattel stehe, ist der Bus weg. Ich warte auf den vorgesehenen Bus um 12:15, aber den gibt es offenbar gar nicht. Ich überlege, wie ich runterkomme. Mich würde der Weg durchs Gelände zur Zoodóchos Pigí reizen, aber er sieht stellenweise sehr eng und nicht ungefährlich aus. Ich entscheide mich, den ungefährlichen Weg nach Períssa zu nehmen. In 25 Minuten bin ich unten und suche die Bushaltestelle der KTEL. Sie ist am Kreisverkehr vor der Tímios-Stavrós-Kirche. Ich erwische den Express nach Firá um 13:15 (warum er Express heißt, wenn er gezählte achtmal hält, weiß ich nicht) und dort den Bus um 14:00 nach Kamári.

Wir essen zu Mittag im Saliveros. Der Griechische Salat kostet hier nur 8 €. Wir bestellen dazu noch Souvlaki und bekommen – einen Zigeunerspieß. Etwas eigenartig.

Freitag: Ía

Wir nehmen den Bus um 09:30 (der schon 10 Minuten früher abfährt). Der Bus nach Ía sollte laut Fahrplan um 10:00 gehen, fährt aber schon um 09:45. Die Fahrt geht entlang der Caldera und dauert 25 Minuten. Wir unternehmen einen Rundgang durch Ía, das sich gegen Mittag hin zunehmend füllt und schließlich mindestens so voll ist wie Firá nach dem Anlegen von zwei Kreuzfahrtsschiffen. Wir nehmen den Bus zurück um 13:30, der diesmal entlang der Ostküste fährt und nicht viel mehr als 20 Minuten braucht.

Wir nehmen ein spätes Mittagessen in Kamári im Ariale. Wir bestellen Moussaka, das nicht etwa aus einer großen Rein gestochen, sondern in einem kleinen Schüsselchen zubereitet wird.

Samstag: Néa Kaméni

Ich nehme den 08:45 nach Firá und suche noch einmal nach dem Santozeum. Ich gehe zum Hafen hinunter (Donkey-Shit-Road wäre eine treffende Bezeichnung für diesen Weg) und suche nach Möglichkeiten, auf die Vulkaninsel zu kommen, was von den Führern als Must-see empfohlen wird.

Mindestens zwei Unternehmen bieten eine solche Volcano and Hot Springs Excursion an. Ich gehe zu der, wo gerade niemand ansteht (Dakoutros Bros.) und buche eine Fahrt (25 €). Um 11:00 kommt ein Schiff aus Athiniós (dem New Port, im Gegensatz zum Hafen von Firá, dem Old Port). Als wir an Bord gegangen sind, ist es gerammelt voll. Wir sitzen wie die Sardinen, aber kein Mensch trägt eine Maske.

Wir schippern zur Insel Paleá Kaméni (die Fahrt dauert etwa 25 Minuten) und ankern in einer Bucht mit vulkanischen heißen Quellen. Hier ist eine halbe Stunde fürs Baden vorgesehen, aber bis alle ins Wasser gesprungen und wieder zurück an Bord sind, vergehen 40 Minuten. 10 Minuten Weiterfahrt nach Néa Kaméni, wo 5 € Eintritt eingehoben wird. Wir gehen 1,3 km zum Georgios-Krater, ein Führer erklärt auf Griechisch und Englisch kurz die vulkanische Geschichte Santorinis seit der minoischen Eruption. Wir sehen zwei Fumarolen (Löcher im Boden, aus denen es raucht), riechen den Schwefel und fühlen den heißen Stein an einem der Löcher. Wir haben 15 Minuten zum Fotografieren, dann müssen wir zurück zum Pier, wo ein Schiff zum Neuen, eines zum Alten Hafen geht.

Kurz nach 14:00 bin ich wieder am Hafen in Firá. Ich wollte eigentlich mit der Seilbahn hochfahren. Aber um 14:00 enden auch andere Bootsausflüge, und so steht inzwischen eine lange Schlange vor der Seilbahn an. Ich beschließe, zu Fuß zu gehen. Ich gehe bewusst gaaanz langsam und komme so trotz Nachmittagshitze nach 35 Minuten in der Agíou Miná an, ohne außer Atem zu sein. So erwische ich den Bus um 15:00 nach Kamári. Zum Essengehen ist es zu spät.

Nachträglich betrachtet würde ich sagen: das muss man nicht erlebt haben. Interessanter wäre vermutlich eine Besichtigung von Pyrgos gewesen.

Sonntag: Firá /2., Abreise

Wir packen unsere Koffer und checken aus. Unser Transfer ist für 15:15 geplant, was tun bis dahin? Wir fahren noch einmal nach Firá und genießen den Blick auf die Caldera. Wir besuchen noch einmal die Ypapandí-Kirche, gehen dann die Kraterrandstraße zur katholischen Ágios-Ioánnis-Kirche. Dort ist gerade eine Messe. Wir gehen zurück und setzen uns ins Assyrtico auf einen Kaffee (Selbstbedienung, aber gemütlich zum Sitzen). Wir nehmen den Bus um 13:00 nach Kamári. In Kamári essen wir im Poseidon zu Mittag. Der Griechische Salat kostet hier 9,50 €. Die Gemista sind ausgezeichnet.

Kurz vor 15:00 holt uns ein Wagen und bringt nur meine Frau und mich zum Flughafen. Am Check-in-Schalter für unseren Flug ist nicht allzu viel los, nach wenigen Minuten haben wir eingecheckt. Der Flieger hebt pünktlich ab und ist pünktlich in Wien. Bis wir unsere Koffer haben, dauert es dann allerdings fast eine Dreiviertelstunde. Mit knapper Not kriegen wir (dank der kompetenten Unterstützung eines ÖBB-Mitarbeiters) noch unsere Zugfahrscheine aus dem Automaten und erwischen den Railjet um 19:30.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 12. Sep. 2022