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Tolo: ein Wiedersehen (2021)


Vor genau 25 Jahren waren wir schon einmal hier: damals mit unserer fünfjährigen Tochter, meiner Mutter und meinem Schwiegervater. Damals nächtigten wir im Hotel King Minos. Das liegt zwar nicht direkt am Strand, sondern etwas den Hang hinauf; dafür hatten wir von dort eine grandiose Aussicht auf die Bucht und die vorgelagerten Inseln Koronísi und Rómvi. Schon damals war Toló das Jesolo der Argolis, d.h. eine stark an Tourismus orientierte Ortschaft: viele Hotels, viele Tavernen und Geschäfte mit Zeug, das Badetouristen brauchen. Aber damals war der Plan auch: Badeurlaub, und falls möglich, ein bisschen Sightseeing.

Vor 25 Jahren war der Athener Flughafen noch am Meer bei Ellinikó. (Seit 2001 ist der Flughafen im Zentrum Attikas, bei Spáta.) Die Fahrt nach Tolo ging durch das nächtliche Athen, vorbei an der hell erleuchteten Akropolis. (Wir Erwachsenen angesichts der antiken Ruine: „Oh! Ah!“ Mein Töchterchen hingegen: „Wann bauen sie das fertig?“) Dann legten wir noch ein mitternächtliches Kaffeepäuschen am Isthmos ein, ehe wir kurz vor zwei endlich im Hotel anlangten.

Schon vor 25 Jahren habe ich mich gewundert, warum die Häuser so dicht ans Wasser gebaut wurden und der Strand deshalb extrem schmal ist. Wenn die Flut kommt, muss man parallel zur Küstenlinie liegen, damit man keine nassen Füße bekommt.

Coronastatus

Als wir die Reise gebucht haben, sah es in Griechenland coronamäßig nicht so schlecht aus, die Infektionszahlen waren am Sinken. Doch Mitte Juli waren die Zahlen schon wieder so in die Höhe gegangen, dass Deutschland Griechenland wieder als Risikogebiet einstufte. (Na gut, da hatten wir in Österreich schon beträchtlich höhere Inzidenzwerte.) Und Griechenland hat reagiert und am 17.07. in Mykonos (wo die 7-Tage-Inzidenz längst vierstellig war) für 7 Tage ein nächtliches Ausgehverbot light (von 1 bis 6 Uhr) verhängt.

Auch heuer braucht man zur Einreise eine Passenger Locator Form (PLF). Doch das Prozedere hat sich geändert. Man muss sich mit einer E-Mail-Adresse und einem Kennwort registrieren, bevor man seine Daten eingeben kann. Man darf nur noch eine PLF pro Haushalt ausfüllen (d.h. der G-Status nur des Ausfüllers ist relevant?). Und das PDF mit dem QR-Code wird Sekunden nach dem Abschicken der Eingaben zugesandt. Ich habe das E-Mail zunächst nur für eine Bestätigung, dass ich meine Daten eingegeben habe, gehalten.

Im Transferbus, der uns vom Flughafen zum Hotel bringt, bekommen wir ein Kuvert mit Unterlagen mit ausführlichen Hinweisen für deutsche Gäste zu CoViD-19, nämlich die verpflichtende digitale Reiseanmeldung für Reiserückkehrer und die Bestimmungen hinsichtlich Impfnachweis und Quarantänepflicht bei der Rückkehr in die BRD. Vermutlich weil der Reiseveranstalter ein Münchener Touristikunternehmen ist. Auch die nette Dame an der Rezeption im Hotel will mir diesselben Zetteln noch einmal aushändigen. „Different country, different rules“, versuche ich der erstaunten jungen Frau zu erklären, dass wir keine Deutschen sind und diese Bestimmungen für mein Ehegespons und mich daher gegenstandslos sind.

Flug und Transfer

Da es von Österreich nach Griechenland noch immer keine brauchbare Zugverbindung gibt, kommt realistischerweise nur Fliegen in Frage. Das wird sich zu meinen Lebzeiten leider auch nicht mehr ändern. Der Reiseveranstalter bietet den Flug mit Aegean (sprich [i(ː)ˈd​ʒi:ən]) von München und von Wien aus an. München wäre für uns näher; aber weil nicht abzusehen ist, wie die Einreisebedingungen von Österreich nach Deutschland und von Griechenland nach Deutschland im Juli sein würden, entscheiden wir uns diesmal für den Vienna Airport. Dazu müssen wir den Zug um 04:36 nehmen, um bis halb neun zum Check-in am Flughafen zu sein. Dabei müssen wir in Linz umsteigen, was mit zwei schweren Koffern nicht lustig ist. Aber wenigstens sind die Züge ganz pünktlich. (Und billig ist Zugfahren auch nicht: hin 63 € pro Person [kostenpflichtige Sitzplatzreservierung, weil Nachtzug], zurück 59,80 €.)

Beim Einchecken ist vor uns ein Grieche mit zwei Katzen in entsprechenden Transportbehältern, der einen dünnen papierenen Mund-Nasen-Schutz am Kinn trägt, schwitzt und leise vor sich hinflucht. Es dürfte dann auch ein Problem mit seinem Ticket geben, jedenfalls sehe ich ihn später im Flieger nicht wieder. Auch viele andere lassen spätestens im Zubringerbus ihren Rüssel aus der Maske hängen.

Aegean ist eine griechische Fluggesellschaft, das macht sich vor allem bei den Lautsprecherdurchsagen im Flieger bemerkbar: sie sind auf Griechisch und auf „Gringlisch“, d.h. in Englisch, aber viel zu schnell, mit grauenhaftem Akzent und griechischer Satzmelodie gesprochen. Es sollte pro Flug zumindest einen Flugbegleiter geben, der eine vernünftige englische Aussprache hat. Es werden Kartons mit κολατσιό (so steht es auf dem Karton, dt. „Snack, Jause“) ausgeteilt: beim Hinflug kann man zwischen Joghurt und Tomaten-Hummus-Brötchen wählen, beim Rückflug zwischen Hummus und einem Tomatenbrötchen (ohne Hummus). Dazu gibt es ein Täfelchen mit dunkler Schokolade. Wofür das Antistatiksackerl im Karton gut sein soll, erschließt sich mir nicht.

Das Aussteigen aus dem Flieger erfolgt in Gruppen von je drei (beim Hinflug) bzw. vier bis fünf (Rückflug) Sitzreihen, dazwischen ca. 2 Minuten Pause. Das soll vielleicht Gedränge im Flieger vermeiden, ist aber völlig sinnfrei. Denn auch, wenn nur fünf Sitzreihen aussteigen, drängen die hinteren schon, bevor die vorderen aussteigen konnten. Und im Bus, der uns zum Gate bringt, müssen sich alle wieder auf engstem Raum zusammenquetschen.

Die Fahrt nach Tolo dauert gut 2,5 Stunden, wobei wir rund 25 Minuten Pause am Kanal von Korinth einlegen. Bei der Heimreise fährt der Kleinbus in nicht ganz 2 Stunden durch.

Das Kuvert, das uns der Fahrer beim Transfer zum Hotel aushändigt, und ein Zettel mit der Uhrzeit für den Rücktransfer, den wir schon am zweiten Urlaubstag unter der Zimmertür durchgeschoben bekommen, ist alles, was wir von unserer Reiseleitung zu hören und sehen bekommen. Reduktion auf das Notwendigste auch hier.

Tolon, Asine


Karte der Argolis in der Antike. Die in der zitierten Homerstelle genannten Orte sind lila eingefärbt. Nicht verzeichnet ist Eiones, dessen Lage unbekannt ist.– Urheber: Shepherd, William R.: Historical Atlas.– 1911. S. 14f: Reference Map of Ancient Greece, Southern Part.– Quelle: Perry-Castañeda Library Map Collection (University of Texas Libraries).– Lizenz: gemeinfrei.– Bearbeitung: Bildausschnitt, einige Beschriftungen eingefärbt.

Die Bucht von Tolon (Port Talon) auf einer Karte des Hafens von Nafplio und Umgebung, Kupferstich, 2. Hälfte 18. Jh., von einer Infotafel im antiken Asine. Man kann die Inseln Romvi, Daskalió und Koronisi ausmachen. Kastraki liegt bei dem ∷-Symbol. Das Village „Dorf“ entspricht dem heutigen Vivári. Die Toise im Maßstab beträgt auf heutige Karten übertragen ca. 6,5 m. (So ist Romvi laut Maßstab nicht ganz 300 Toisen lang, laut Google Maps aber ziemlich genau 2 km.) An sich war die französische Toise rund 1950 cm.

Am Ostrand der Bucht von Toló ragt ein kleiner felsiger Landspitz ins Meer hinaus: das heutige Kap Kastraki, zugleich das antike Asine, das schon im Schiffskatalog der homerischen Ilias (2,560) genannt ist, einer Aufzählung von Regionen, der Anzahl der Schiffe, die sie in den Krieg gegen Troja schickten, und ihrer Anführer:

οἳ δ’ Ἄργος τ’ εἶχον Τίρυνθά τε τειχιοέσσαν, Die aber Argos hatten und das ummauerte Tiryns,
560 Ἑρμιόνην Ἀσίνην τε, βαθὺν κατὰ κόλπον ἐχούσας, und Hermione und Asine, die eine tiefe Bucht beherrschen,
Τροιζῆν’ Ἠϊόνας τε καὶ ἀμπελόεντ’ Ἐπίδαυρον, und Troizen und Eïones und das rebenreiche Epidauros,
οἳ τ’ ἔχον Αἴγιναν Μάσητά τε κοῦροι Ἀχαιῶν, und die Ägina hatten und Mases, die Jünglinge der Achaier,
τῶν αὖθ’ ἡγεμόνευε βοὴν ἀγαθὸς Διομήδης die wiederum führte an der guter Rufer Diomedes,
καὶ Σθένελος, Καπανῆος ἀγακλειτοῦ φίλος υἱός· und Sthenelos, des hochberühmten Kapaneus lieber Sohn;
565 τοῖσι δ’ ἅμ’ Εὐρύαλος τρίτατος κίεν, ἰσόθεος φώς, zugleich mit diesen aber ging Euryalos als dritter, ein gottgleicher Mann,
Μηκιστῆος υἱὸς Ταλαϊονίδαο ἄνακτος· des Mekisteus Sohn, des Talaioniden, des Herrschers.
συμπάντων δ’ ἡγεῖτο βοὴν ἀγαθὸς Διομήδης· Allesamt aber führte der gute Rufer Diomedes;
τοῖσι δ’ ἅμ’ ὀγδώκοντα μέλαιναι νῆες ἕποντο. zugleich mit diesen aber folgten achtzig schwarze Schiffe.

Die drei Anführer sind alle aus Argos, das hier als Herrschaftszentrum der südöstlichen Argolis dargestellt ist.
In V. 566 haben die Hss. Μηκιστέος, was metrisch Probleme bereitet. H. Rupé hat das metrisch passendere Μηκιστῆος gesetzt. Homer verwendet υἱός hier offenbar (wie auch sonst gelegentlich) mit kurzer erster Silbe, sodass der Vers wohl so zu skandieren ist: Μη̄κῑ|στη̄ο̆ς υῐ|ο̄ς Τᾰλᾰ|ῑο̆νῐ|δᾱο̆ ᾰ|νᾱκτο̆ς.

Die Argolis gehörte seit der Spätantike zum byzantinischen Reich, war dann seit dem Anfang des 13. Jh. unter fränkischer, seit dem späten 14. Jh. unter venezianischer, seit der Mitte des 16. Jh. unter osmanischer Oberhoheit. Die Venezianer benutzten die Bucht im späten 17. Jh. als Operationsbasis in ihrem Kampf gegen die Osmanen. Sie errichteten einen Hafen, den sie nach einer Infotafel im antiken Asine Port d'Aulon (Αὐλών?) oder Port Talon nannten. Doch drei Jahrzehnte später eroberten die Osmanen die Region wieder.

Bald nach der Befreiung der Peloponnes von den Osmanen 1821 begann hier die Ansiedlung von Flüchtlingen aus Kreta (das zu dieser Zeit noch unter osmanischer Herrschaft stand). 1834 wurde eine neue Stadt gegründet, die den Namen Minóa erhielt (nach dem mythischen kretischen König Minos, also wohl Μινώα zu schreiben, auf einem Stempel des Gemeindeamts aber ΜΗΝΩΑ). Nach der Befreiung Kretas von den Osmanen wurde das verbleibende Fischerdorf 1916 in Tolón umbenannt. Seit der Mitte des 20. Jh. entwickelte sich Tolon zu einem beliebten Ferienort. Mit der Abschaffung der Katharevusa wurden auch die antiken Endungen gekappt: der heutige Name ist Τολό Toló. Weil viele Toloner offenbar Nachfahren kretischer Ansiedler sind, haben die Namen einiger Hotels (King Minos, Minoa, Knossos, Phaistos), Straßen (Mínoos, Tsouderoú, Anagnósti Skalídi) und öffentlicher Orte (Park des kretischen Kämpfers) Kretabezug und sind die typisch kretischen Namen auf -akis hier überdurchschnittlich vertreten.

Ich kann mich natürlich nicht mehr erinnern, wie es hier vor 25 Jahren ausgesehen hat. Als wir am ersten Abend um acht Uhr durch die Hauptstraße gehen, haben wir nicht den Eindruck, dass hier der Bär steppt. Die meisten Lokale sind ziemlich leer, ein Großteil der Gäste sind offenbar Griechen (was nicht schlecht ist, aber dem Land keine Devisen bringt). Als wir am nächsten Abend, einem Freitag, kurz vor neun denselben Spaziergang machen, ist schon einiges mehr los. Weitere Spaziergänge in den folgenden Tagen lassen mich vermuten, dass dies eher der Tageszeit geschuldet ist: je dunkler es wird, umso mehr scheint das Nachtleben in Gang zu kommen.

Hotel


Hotel Knossos am späten Nachmittag, als die Terrasse bereits im Schatten des Gebäudes lag, vom Meer aus.

Diesmal hatten wir ein Hotel direkt am Meer, das Knossos, das aber zur selben Gruppe gehört wie das King Minos, das Minoa, das Apollon u.a. (Georgidakis Hotels). Das Knossos hat nur zwei Sterne, aber eine sehr gute Bewertung im Internet. Die zwei Sterne sind vermutlich der schon in die Jahre gekommenen Substanz (verzogene Türblätter, die sich nur schwer schließen lassen; ausgeleierte, schwergängige Türklinken) und dem geringen Platzangebot (im Bad nur eine schmale Ablage unter dem Spiegel; im Wohnzimmer nur ein kleines Tischchen und ein Sessel) geschuldet. Dafür ist es sehr sauber, die Wände sind neu ausgemalt, Türen und Möbel offenbar frisch lackiert. Es gibt eine Klimaanlage, einen kleinen Kühlschrank, einen Flachbildfernseher (den wir am dritten Tag ausstecken, weil er sich jede Nacht um Mitternacht einschaltet – offenbar ein Timer, aber wir finden nicht heraus, wie man ihn abstellt), einen Safe, eine Wäschespinne am Balkon und freies WLAN (offen! Homebanking sollte man darüber nicht betreiben). Die Kurtaxe (φόρος διαμονής „Aufenthaltssteuer“) beträgt pro Zimmer und Nacht 50 Cent und wird beim Auschecken entrichtet.

Das Geniale am Hotel ist seine Lage: man geht bei der Tür hinaus, steht auf einer Terrasse, deren rechte Hälfte von einer Markise überschattet und mit Tischen und Stühlen versehen ist, auf deren linker Hälfte Sonnenschirme und Liegen stehen. Und unmittelbar dahinter ist der (wie schon bemerkt) schmale Strand. 200 m die Hauptstraße (Evangélou Sékeri) hinauf ist der Hellas Star Super Market, wo wir uns mit Wasser und Obst eindecken und auch ein paar Mitbringsel (Honig, Halva) kaufen.

Die Rezeption ist die meiste Zeit unbesetzt, man muss sich an die Rezeption im 100 m entfernten Schwesterhotel Minoa wenden. Und es werden keine Mahlzeiten serviert. Wir nehmen unser Frühstück und Abendessen im Minoa ein. Am zweiten Abend gibt es damit aber ein Problem. Die Serviererin vom Vortag ist nicht hier, die jungen Männer, die heute bedienen, kennen uns nicht. Auf unsere zweimalige Erklärung, wir seien zum Abendessen hier, heißt es immer nur: „No problem.“ (Was offenbar soviel heißt wie: ist mir doch Wurst.) Jedenfalls kriegen wir kein Essen. Erst im dritten Anlauf (nach ca. 40 min) und der Erklärung, wir seien Halbpensionsgäste, die hier zu Abend essen möchten, kommt Bewegung in die Sache. Die Rezeptionistin kommt und erklärt uns, wir müssten uns dazu ins Hotel Apollon begeben, wir würden abgeholt. Auf Nachfrage, wer uns wann abholt, erfahren wir, dass wir zum Parkplatz am Hafen gehen müssten (auch nur gut 100 m). Dort wartet ein weißer Mercedes, der uns ins rund einen Kilometer entfernte Hotel Apollon bringt. Der Fahrer ist offenbar der Chef (Kyrios Georgidakis?), er spricht gut Deutsch und erklärt uns, dass die Rezeptionistin angenommen hat, wir wollten ein Buffet, das es aber im Minoa nicht gibt. (Wie man darauf kommt, da wir doch am Vortag das Tagesmenü gegessen haben und vollauf damit zufrieden waren, lässt sich nicht klären.) Jedenfalls wählen wir hier aus einem kleinen Buffet (der Fremdenverkehr hat sich noch lange nicht zu seiner alten Höhe aufgeschwungen). Wir lassen den Chef wissen, dass wir, wenn möglich, die restlichen Tage lieber wieder im Minoa essen würden, wir brauchen kein Buffet. Dann spazieren wir zurück zu unserem Hotel. Ab dem folgenden Tag kriegen wir jedesmal soviel zum Futtern, dass es kaum zum Wegbringen ist.

Beim Frühstücksbuffet muss man zu Beginn Hände desinfizieren, und zur Entnahme von Speisen müssen Einmal-Handschuhe verwendet werden. Aber es ist wie mit der Maske: manche schei kümmern sich nicht darum. Ein humanoides Subjekt femininen Phänotyps (um nicht zu sagen: blödes Weibsstück) hat zur Entnahme von vorgeschnittenem Brot nicht einmal die dafür vorgesehene Zange verwendet, sondern mit bloßen Händen hineingegriffen. Dass sich das Hotelpersonal nicht auch noch um law enforcement kümmern kann, verstehe ich.

Strand

Tolo hat einen Sandstrand mit vereinzelten größeren Steinen im Wasser. Das Meer ist die meiste Zeit ganz klar und sauber. Man sieht, wenn man ein wenig schnorchelt, durchaus das eine oder andere Fischlein: ganz witzig sind die bis zu handtellergroßen Plattfische (Flundern? Schollen? Butte?), die am Boden entlangwuseln. Man sieht (Ringel-?)Brassen (glaube ich) und Grundeln (oder etwas Ähnliches). Der geneigte Leser mag erkennen, dass ich von mariner Fauna keine Ahnung habe. Muscheln muss man allerdings mit der Lupe suchen. Man sieht aber auch Mist: von einzelnen Ziegelbruchstücken bis zu ganzen Baggerschaufeln voll Bauschutt (hier gibt es auch Seeigel!), verwittertes Plastik, vereinzelt Gummiringerl, Zigarettenstummeln, Pfirsichkerne.

Am Sonntag Nachmittag ist die Wasseroberfläche plötzlich voller Seegras und Siff. Von den sonntäglichen Yacht- oder Bootsausflügen aufgewühlt? Doch am Montag ist das Meer wieder weitgehend sauber.

Öffentlicher Verkehr

Die Argolis weist einige Sehenswürdigkeiten auf: Nafplio, Mykene, Epidaurus, Tiryns, Argos und – auch wenn es regionalpolitisch nicht zur Argolis gehört – Korinth. Und diesmal wollten wir definitiv in erster Linie die Sehenswürdigkeiten besichtigen und daneben auch etwas baden. Und da liegt Tolo mit seiner Nähe zu Nafplio, von wo aus Busverbindungen in alle Richtungen gehen, durchaus günstig – habe ich geglaubt.

Die Webseite der KTEL Argolidas verzeichnet noch in der Woche unserer Abreise in den online abrufbaren Fahrplänen von Nafplio nach Mykene überhaupt keine Busse. Man müsste wohl den Bus nach Athen nehmen und in Fichtia aussteigen. Von dort sind es aber noch fast 4 km bis zum Grabungsgelände. Zum antiken Theater von Epidaurus (bzw. bis zum Ort Lygourio) gibt es Mo-Fr zwei Busse hin (10:30, 14:00) und drei zurück (06:30, 08:00, 12:30). Der erste Bus hin um halb elf, der letzte zurück um halb eins? Wenn man die 3 km von der Hauptstraße zum Grabungsgelände auch noch zu Fuß gehen muss, wie soll das dann gehen? Der Peloponnes-Reiseführer von Hans-Peter Siebenhaar in der aktuellen Auflage von 2021 behauptet, dass es wesentlich mehr Busverbindungen gibt.

Sind also heuer sogar die „großen“ Sehenswürdigkeiten nur schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen gewesen (s.u. im Detail), so sind die kleineren wie Lerna, Midea, Troizen, das Heraion von Argos usw. kaum bis gar nicht zu erreichen. Oder wenn, dann lohnt der Zeitaufwand nicht. Hierfür sollte man sich einen Leihwagen nehmen. Was ich für zukünftige Urlaube auch in Erwägung ziehen werde.

Haltestellen sind meist gar nicht gekennzeichnet. Man muss einfach wissen, dass hier der Bus hält, wenn Leute zu- oder aussteigen möchten. Manchmal gibt es ein Bushaltestellenverkehrszeichen (blaue rechteckige Tafel, in der Mitte ein schwarzer Bus auf weißem Grund) oder eine kleine Tafel auf der ΣΤΑΣΗ „Haltestelle“ oder ΣΤΑΣΗ ΛΕΩΦΟΡΙΩΝ „Bushaltestelle“ steht. Diese Tafeln gehen aber meist in der Fülle der Schilder und Affiches unter. In Nafplio war die Haltestelle für den Bus nach Tolo zusätzlich durch einen handgeschriebenen Zettel, der auf die Rückseite einer Haltestellentafel geklebt war, gekennzeichnet.

Auch wo man die Fahrscheine kauft, ist von Linie zu Linie unterschiedlich. Die meisten Busse halten in der Andréas-Syngrós-Straße direkt vor dem Ticketoffice der KTEL. Dort ist auch ein Schild angebracht, welche Linien von wo wegfahren. Der Bus nach Argos oder Mykines z.B. hier an der Syngros-Straße, der Bus zurück nach Tolo aber ums Eck an der 25.-März-Straße.

Wer mehrere Reiseführer schreibt wie Siebenhaar und eine Unmenge an Daten, wie Öffnungszeiten, Preise usw. bietet, kann unmöglich alles selber überprüfen. Dass kurzfristige Änderungen von Öffnungszeiten außerhalb der Möglichkeiten eines Reiseführers liegen, ist klar. Aber was ist der Sinn einer Neuauflage, wenn etliche Dinge seit Jahren nicht mehr aktuell sind? So ist der Plan der Burg von Tiryns (S. 125) sichtlich schon länger nicht mehr an die aktuelle Realität angepasst worden: der heutige Eingang liegt ungefähr bei ❶ und führt auf die Unterburg; selbige ist zur Besichtigung freigegeben. Das Café Propolis in Nafplio, das immer noch wärmstens empfohlen wird (S. 141), war meiner Erinnerung nach schon bei meinem Besuch vor vier Jahren geschlossen.

Wetter


Kein Imker, sondern der Autor dieser Zeilen bei Tempera­turen jenseits der 40° C, hier in der Burg von Mykene.

Wir hatten das Pech in einer historischen Hitzewelle in Griechenland zu urlauben. Es hatte tagsüber über 40° C, vereinzelt (Mykene, Argos) 45°. Am Meer lindert ein leichter Wind die Hitze, aber im Landesinneren ist sie unglaublich drückend. Selbst abends kurz vor neun Uhr hatte es in Tolo noch 32°. Ein Nebeneffekt der Hitze war die Einschränkung von Öffnungszeiten archäologischer Stätten: bis Montag noch bis 13:00, ab Dienstag dann nur noch bis 12:00. Dass die großen (Mykene, Epidaurus) ab 17:00 wieder öffnen, hilft mir nichts, denn dann fahren keine Busse mehr.

Mein Rezept gegen die Hitze: soviel als möglich vom Körper bedecken. Es hat seinen Grund, dass Beduinen nicht in kurzen Hosen und Ruderleibchen durch die Wüste laufen, sondern von Kopf bis Fuß in dickes Tuch gehüllt sind. Daher trage ich lange Hose, langärmeliges Hemd, Hut (vor mir zeitweise noch durch ein darübergelegtes T-Shirt verstärkt). Die FFP2-Maske hält nicht nur infektiöse Tröpfchen ab, sondern schützt auch Mund und Nase vor Sonneneinstrahlung. Die Bräunungsstreifen (tan lines), die die Maske nachzeichnen und die man immer wieder einmal auf (digital nachbearbeiteten) Fotos sieht, kriegt man höchstens, wenn man sich mit der Maske ins Solarium legt.

Sein Schuhwerk wählt man nach dem Terrain, nicht nach der Außentemperatur! Besser durchgeschwitzte Socken als einen Knöchelbruch. In Flipflops die Burg von Mykene zu besichtigen ist Halbschuhtourismus. Einer Dame ist im trockenen Gras ein Dorn unter die Zehen in ihre Birkenstock-Schlapfen gerutscht. Oder war es doch ein Feldskorpion, der zugestochen hat? (Schmerzhaft, selten lebensbedrohlich, aber man sollte nach einem Skorpionstich oder Schlangenbiss immer rasch zum Arzt gehen.)

Ein weiterer Nebeneffekt der Hitze sind Waldbrände, die angesichts der ungeheuren Hitze, der Trockenheit und des Windes nicht mehr in den Griff zu kriegen sind. In unserer Urlaubswoche brennt es u.a. auf Euböa, nördlich von Athen und in der Nähe des antiken Olympia. Am Abend vor unserer Abreise erhalten wir vom griechischen Mobilfunkbetreiber (Vodafone.gr, einen Tag lang allerdings COSMOTE) eine Notfallbenachrichtigung: extreme Brandgefahr, Wälder meiden, keine unnötigen Reisen unternehmen. Am Morgen unserer Abreise empfängt uns starker Brandgeruch auf dem Balkon. Der Horizont ist graubraun, der Himmel wolkig. Nach einiger Zeit beginnt die rauchige Luft im Hals zu kratzen. Woher das eigentlich kommt, ist nicht auszumachen. Beim Transfer zum Flughafen Athen kommen wir 10 km südlich vom Brandherd Varybobi vorbei, wir können kein Feuer und keinen Rauch ausmachen. Am Flughafen riecht es auch nicht nach Rauch.

Unsere Besichtigungen

Wir sind grundsätzlich mit den Bussen der KTEL gefahren. Von Tolo aus ist die unserem Hotel nächste Haltestelle der Parkplatz am Hafen. Der Bus hält neben dem trockengelegten Boot (Μαρια Ν.Ν.195). Laut Fahrplan um 07:20, 08:20, 09:20. Wobei sich diese Uhrzeit wohl auf die Haltestelle am anderen Ortsende (Psilí Ámmos „feiner Sand“) bezieht. Der Bus kam meist zwischen 09:35 und 09:45. Die Fahrt nach Nafplio dauert von hier 25 bis 30 Minuten und kostet 1,60 €. Die Fahrscheine erwirbt man grundsätzlich beim Fahrkartenverkäufer, der durch den Bus geht.

Zurück fährt der Bus je nach Uhrzeit unterschiedliche Routen. Der um 14:30 fährt meist über das antike Asine. Der um 13:00 ist (zumindest als ich mitgefahren bin) gar über Drepano gefahren. Aber zum Hafen in Tolo ist er immer gekommen.

Der 09:20-Bus nach Nafplio ist meist leidlich gefüllt, nur am Samstag war er wirklich rammelvoll. Der 13:00- und der 14:30-Bus zurück nach Tolo sind meist ziemlich voll mit badewilligen jungen Leuten.

Freitag, Nafplio /1.


Nafplio: König-Konstantin-Straße, Getreidegassenfeeling auf mediterran.

Náfplio (oder Nauplia, wie wir Altertumswissenschaftler gerne sagen) war die erste Hauptstadt des neuzeitlichen griechischen Staates. Wir spazieren durch die König-Konstantin-Straße (Vasiléos Konstantínou, eine Art nafpliotischer Getreidegasse) in die Altstadt zum Verfassungsplatz (Platía Syntágmatos), wenden uns zur Moschee, die 1825-28 das griechische Parlament beherbergte, wandern durch die nicht ganz so mondäne Stáikos-Staikópoulos-Straße zurück. Wir besichtigen die Agia-Sophia-Kirche (wo Kapodístrias ermordet wurde) und gehen weiter auf die Akronafplía-Festung, deren östlichster Abschnitt von einem riesigen Betonkasten (das einstige Xenia Palace Hotel) überbaut wurde, der jetzt leersteht und verfällt. (Welcher Idiot hat hierfür eine Baugenehmigung erteilt?) Auf dem Rückweg gehen wir noch rasch in die Frangokklisiá („Frankenkirche“, d.h. katholische Kirche), dann zur Agios-Georgios-Kirche.

Wir gehen wieder zum Verfassungsplatz und besichtigen das Archäologische Museum (Eintritt 6 €). Im ersten Stock sind Exponate aus neolithischer, mittelhelladischer und mykenischer Zeit. Im zweiten Stock ist nur die rechte Hälfte des Saales mit den Exponaten aus geometrischer Zeit geöffnet, die linke Hälfte mit den Ausstellungsobjekten aus klassischer und hellenistischer Zeit ist geschlossen (Neugestaltung in Arbeit?). Das Museum beherbergt keine archäologischen „Knaller“, aber zeigt doch für die jeweilige Epoche typische Objekte. Insbesondere sind hier Funde aus Tiryns ausgestellt.

Wir essen zu Mittag bei O Christophoros (glaube ich), gehen dann zum Meer. Ich möchte den Arvanitiá-Rundweg gehen, den ich vor vier Jahren kennengelernt habe (s. Höhepunkte Griechenlands: Epidaurus, Nauplia, Mykene). Der Weg ist mit einem zweiflügeligen Tor verschlossen, die Schilder sind von Graffiti-Schmierern übersprüht. Ich kann nur „only pedestrians“ ausmachen. Das sind wir, also umgehen wir das Tor und spazieren auf dem malerischen Rundweg zwischen Festungsberg und Meer. Dass hier außer uns überhaupt kein Mensch ist, macht schon ein wenig stutzig. Am anderen Ende angekommen müssen wir wieder ein Tor umgehen. Auch hier sind die Schilder übersprüht, aber hier kann man ausmachen, dass Steinschlaggefahr besteht. Aha. Zum Glück ist nichts passiert. Wir sind wieder an der 25.-März-Straße angelangt und fahren mit dem 14:30-Bus zurück nach Tolo.

Samstag, Tiryns


Tiryns: Das Zyklopenmauerwerk der mykenischen Burg bei der Pforte am Ende der Treppe, die von der Mittelburg nach draußen führt.

Die mykenische Burg von Tiryns liegt ein paar Kilometer außerhalb des Zentrums von Nafplio direkt an der Straße nach Argos. Wir wollen mit dem 10:30-Bus nach Argos, Busse nach Argos fahren von der Syngros-Straße ab. Wussten wir nicht, wir haben ihm an der 25.-März-Straße gewunken. Der Busfahrer hat zwar gehalten, war aber etwas verärgert. Hier sind die Fahrkarten beim Busfahrer zu erwerben. Die Fahrt nach Archéa Týrintha kostet 1,60 € und dauert wenig mehr als eine Viertelstunde.

Die Bushaltestelle ist am Südende der Burg, der Eingang zur Burg an der Nordseite. Wir sind um 11:00 Uhr in der Burg (Eintritt 4 €). Hier hängt ein Zettel, dass wegen der Hitze um 13:00 geschlossen wird. Die Hitze ist in der Tat bereits jetzt unerträglich, laut Wetterbericht hat es 41° C (es fühlt sich aber nach mehr an), und in der Burg gibt es kaum Schatten. Ein Herr erklärt uns, dass es in den nächsten Tagen noch heißer werden soll. Na Servus. Wir gehen einmal rundum. Die Mauerreste sind mit dem Plan in meinem Reiseführer nicht zur Deckung zu bringen. Nach einer guten halben Stunde sind wir mit dem Rundgang fertig. Meine Frau setzt sich in den Schatten. Ich mache noch rasch eine zweite Runde, weil ich ein im Führer beschriebenes Tor finden möchte. Aber die Hitze lässt auch mein Interesse bald erlahmen. Die aufgestellten Infotafeln beschreiben nur die Sanierungsarbeiten am Mauerwerk. Ohne Führer sieht man nur alte, stellenweise imposante Mauern, hat aber keine Ahnung, welche Funktion sie hatten. Die bekannten Kasematten sind übrigens offenbar nicht mehr zugänglich.

Wir gehen zurück zur Bushaltestelle. Richtung Nafplio ist sie nicht markiert, aber ich gehe mal davon aus, dass sie einfach gegenüber der Richtung Argos ist. Der Bus, der um 12:00 Uhr in Argos losfährt, kommt um 12:20 Uhr. In den schattigen Gassen von Nafplio hat es gefühlt 10° weniger, meine Lebensgeister erwachen wieder. Wir gehen essen in der Taverne O Vasilis: reichliche Portionen, gut, günstig. Wir kaufen ein Eis in der Gelateria Di Piazza. Wir spazieren ein bisschen herum und fahren mit dem 14:30-Bus zurück nach Tolo.

Sonntag, Asine


Asine: der östliche Turm, Teil der hellenistischen Stadtbefestigung.

Da die am Sonntag stark reduzierte Frequenz öffentlicher Busse kaum eine sinnvolle Möglichkeit zum Sightseeing bietet, beschließe ich, das antike Asine zu besichtigen. Das kleine Kap Kastraki mit den Resten der antiken Siedlung befindet sich unmittelbar nach dem Ortsendeschild von Tolo rechts. (Von unserem Hotel gut 2 km entfernt, eine halbe Stunde Weges.) Beim Weggehen um 08:45 Uhr zeigt das Thermometer bei der Apotheke 32°, beim Zurückkommen um 10:55 Uhr 36°. Das ist immerhin erträglich.

Der Eintritt kostet 3 €, auch hier der Hinweis, dass um 13:00 geschlossen wird. Man muss ein bisschen herumklettern, allzuviel gibt es leider nicht mehr zu sehen. Was die schwedischen Archäologen in den 20er-Jahren ausgegraben haben, hat das italienische Militär im 2. Weltkrieg weitgehend abgerissen, um ihre Schützenstände (Pillboxen) damit zu bauen. Am meisten sieht man noch von den hellenistischenen Festungsbauten, und zwar von außerhalb an der Ostseite am Weg zum Strand von Asini. Aber man hat vom Kap eine nette Aussicht auf Tolo und die Inseln Koronisi und Romvi.

Am Nachmittag machen wir uns auf die Suche nach einer Taverne. Wir setzen uns ins urige Tripia Sayionara (auf dem Lokalschild steht: tavern-ouzeri) und bestellen zuerst unsere Getränke, dann das Essen (Choriatiki, Tsatsiki). Doch es stellt sich heraus: hier herrscht Fischbestellzwang! Da ich keinen Fisch will, trinken wir rasch unser Cola aus, zahlen und gehen. Wir landen in der Taverna Tsíros. Das ist eine ψητοπωλείο, d.h. ein Grilllokal, hier isst man Gyros, Souvlaki, Frikadellen etc. Doch man ist sich auch nicht zu schade, uns nur Salat und Tsatsiki zu servieren.

Montag, Mykene


Die Burg von Mykene.

Am Sonntag finde ich auf der KTEL-Homepage eine Verbindung Nafplio-Mykines: Mo-Fr, hin 10:30, zurück 13:30. Wenn wir von Mykene sprechen, meinen wir die mykenische Burg und die Kuppelgräber. Doch die Burg mit dem berühmten Löwentor liegt 2 km vom heutigen Ort Mykínes entfernt, welcher seinerseits etwa 2 km von Fíchti(a) entfernt ist, einer gesichtslosen Ortschaft an der Straße von Argos nach Korinth.

Heute also Mykene. Die Temperaturvorhersagen schwanken zwischen 41° und 45°. Ich kaufe im Ticketoffice der KTEL in Nafplio die Fahrkarten (2,90 €). Rückfahrscheine müsse ich im Bus lösen, wird mir beschieden. Vermutlich bekäme man auch die Hinfahrtscheine beim Busfahrer. Beim Bus nach Mykene handelt es sich um den 10:30-Bus nach Argos, der sich ins Zentrum von Argos quält und wieder heraus, um dann weiterzufahren nach Fichti(a), Mykines und bis zum Parkplatz der archäologischen Stätte. Die Fahrtzeit beträgt 55 Minuten. Als wir kurz von halb zwölf aus dem Bus steigen, sind wir nur zu viert. Doch hier in Mykene sind endlich Leute, und wir finden keinen Hinweis (wie in Tiryns und Asine), dass um eins zugemacht wird. Also nicht ganz zwei Stunden Zeit zur Besichtigung (Eintritt 12 €). Das sog. Schatzhaus des Atreus wird sich vermutlich nicht ausgehen, denn es ist rund einen halben Kilometer von hier entfernt. Und in dieser Hitze will ich nicht einen Kilometer laufen.

Die Hitze ist definitiv noch brutaler als in Tiryns, aber hin und wieder weht ein leichter Wind und man findet hier und da etwas Schatten. Die Infotafeln sind von der Sonne teils bis zur Unlesbarkeit braun gebacken. Daher sind einige entfernt und durch den Hinweis „the texts will be replaced soon“ ersetzt worden. Dass man das Megaron nicht mehr betreten darf, sondern nur noch von oben halb einsehen kann, finde ich ärgerlich. Ich habe endlich eine Taschenlampe für die Zisterne mit. Aber inzwischen ist die Treppe hinunter schon nach wenigen Metern durch ein Gittertor versperrt.

Das Löwengrab sehe ich meines Wissens zum ersten Mal. Als ich von der Besichtigung der beiden Kuppelgräber des Aigisth und der Klytaimnestra zurückkomme, ruft meine Frau mir zu, dass um eins zugemacht wird. Ich schaue auf die Uhr: es ist jetzt genau 13:00 Uhr. Wir gehen die paar Meter zum Ausgang und fragen zur Sicherheit: ja, jetzt wird zugesperrt und um 17:00 Uhr wieder geöffnet. Na toll. Zum Glück sind wir mit unserer Besichtigung weitgehend fertig.

Wir warten im Schatten der Pinien auf den Bus zurück, der kommt kurz vor 13:15 Uhr. Außer uns vier fährt jetzt noch die Klofrau der archäologischen Stätte bis Argos mit. Der Bus fährt diesmal nicht ins Zentrum von Argos und braucht daher für den Rückweg bis Nafplio nur 35 Minuten.

Dienstag, Argos


Argos: das aus hellenistischer Zeit stammende große Theater.

Die Argolis hat ihren Namen von der Stadt Argos, die heute das wirtschaftliche Zentrum der Argolis ist. Allerdings fehlt es Argos an dem Charme, den Nafplio aufzuweisen hat. Die Stadt ist mit modernen Zweckbauten in die Breite gewachsen. Die Grabungsstätte mit dem antiken Theater, das ursprünglich 20.000 Zuseher fasste und damit deutlich größer war als das bekanntere Gegenstück von Epidaurus, liegt am Westrand der Stadt. Das kleine archäologische Museum ist seit 2014 wegen Umbauarbeiten gesperrt. (Gut Ding braucht eben Weile.)

Ich möchte heute eine Stunde früher nach Nafplio. Aber irgendwie verpasse ich den 08:20-Bus. Es fährt zwar kurz vor halb neun ein Bus durch. Aber er sieht anders aus als der, mit dem wir sonst fahren, er hat keine Überkopflinienanzeige und bleibt auch nicht stehen – ich stehe allerdings auf der anderen Seite im Schatten der Pinien. Also doch wieder mit dem 10:30-Bus nach Argos. Der Busfahrer will mir allerdings keinen Fahrschein verkaufen, weil er angeblich kein Kleingeld hat. Also kaufe ich den Fahrschein rasch im Ticketoffice (1,60 €). Die Temperaturanzeige bei einer Apotheke in Nafplio zeigt bereits 40,7°. Für Argos sind 45° vorhergesagt. Die Fahrt zur Endhaltestelle bei den Kapodistrias Barracks an der Pheidon-Straße dauert ziemlich genau 30 Minuten.

Ich gehe die 10 Minuten zur Ausgrabungsstätte. Ich sehe, dass die Agora auf der anderen Straßenseite zugänglich ist. Beim Kauf der Eintrittskarte (3 €) wird mir ein ministerielles Schreiben präsentiert, dass wegen der Hitzewelle alle archäologischen Stätten von 12:00 (!) bis 17:00 Uhr geschlossen sind. Also noch 50 Minuten Zeit zur Besichtigung. Ich teile es mir ein: 35 Minuten für das Theater und die umliegenden Gebäude, 15 Minuten für die Agora. Die Hitze ist unglaublich, hier ist es so heiß wie am Toten Meer. Als ich um 11:45 Uhr in die Agora will, ist die aber bereits geschlossen. Also gehe ich zurück zur Bushaltestelle, um den 12:00-Bus zurück nach Nafplio zu erwischen. Hier steht vor dem Bus ein Fahrkartenverkäufer (dabei hatte ich mir das Kleingeld schon hergerichtet).

Die Besichtigung der Burg Laris(s)a erforderte einen schweißtreibenden Aufstieg, der in der brutalen Mittagshitze definitiv nicht in Frage kommt. Navigare necesse est, res visu dignas visere non est necesse.

Das Heraion von Argos (αρχαιολογικός χώρος Ηραίου Άργους) ist 10 km vom antiken Zentrum von Argos entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen. Man fährt auf der Landstraße Nafplio-Korinth Richtung Mykene, vorbei an Anýfi, und zweigt kurz nach Néo Iréo rechts Richtung Profítis Ilías ab; an der Straßengabelung, die nach einem guten halben Kilometer kommt, hält man sich links (rechts ist Αγία Κυριακή Προφ. Ηλίας angeschrieben) und fährt einen weiteren Kilometer, bis man ansteht.

Mittwoch, Epidaurus


Asklepiosheiligtum von Epidaurus: Die Pfeiler im Untergeschoß des Abaton.

Das, was wir Touristen als Epidaurus bezeichnen, nämlich die archäologische Stätte mit dem berühmten antiken Theater, heißt bei den Griechen Asklepieion (neugriech. Asklipiío) und liegt beim heutigen Ort Lygourió. Paleá (oder auch Archéa) Epídavros ist zwar der Ort, wo auch das antike, schon bei Homer genannte, Epidauros war, aber das ist vom antiken Theater rund 15 km Wegstrecke entfernt.

Verwirrenderweise gibt es auch bei Palea Epidavros ein, allerdings viel kleineres, antikes Theater, das erst 1970 entdeckt und ab 1989 freigelegt wurde. Seit Ende der 90er Jahre wird es auch für Aufführungen genutzt (s. Kleines Theater von Palea Epidavros. Wikipedia dt.). In Nafplio sind überall Plakate affichiert, die für eine Performance von Evripídis Laskarídis in diesem Μικρό Θέατρο Αρχαίας Επιδαύρου werben.

Am Montag habe ich im Ticketoffice auf dem Zettel über den zusätzlichen Bus Nafplio-Mykines gesehen, dass es auch einen Bus Nafplio-Epidavros Theatre gibt: Mo-Fr hin 10:30, zurück 12:30. (Auf der Homepage ist dieser Bus, anders als der nach Mykines, nicht zu finden.) Doch da die archäologischen Stätten jetzt schon um 12:00 Uhr zumachen, überlegen wir, mit dem Taxi hinzufahren. Doch am Morgen hat meine Frau Kopfschmerzen und beschließt, im Hotel zu bleiben. Ein Taxi für einen allein ist mir zu teuer, daher will ich es doch mit dem Bus versuchen.

Der Bus nach Epidaurus ist einfach der reguläre Bus nach Lygourio, der halt noch die 3 km bis zum Asklepieion weiterfährt. Ich kaufe Hin- und Retourfahrschein im Ticketoffice (je 2,90 €) und man zeigt mir freundlicherweise, wo der Bus abfährt, nämlich an der 25.-März-Straße. Heute ist ein unglaublicher Verkehr in Napflio. Alleine für die paar 100 m bis zur Haltestelle vor dem Spital brauchen wir mehr als 10 Minuten. Dort steigen eine Menge Leute ein und kaufen Fahrscheine, das dauert. Und der Bus fährt nicht auf der ΕΟ70 nach Lygourio, sondern zweigt auf halber Strecke ab und führt durch Dörfer, die in meiner Offline-Navigations-App gar nicht verzeichnet sind (das größte ist Jannouléika). Die Fahrzeit beträgt am Ende 50 Minuten.

Es ist bereits 11:20 Uhr, doch am Kartenschalter trifft mich der Schlag: hier steht eine Menge Leute an. Nach 5 Minuten stelle ich fest, dass dies eine Reisegruppe ist, die auf ihren Führer wartet. Doch weil hier so schöner Schatten ist, stehen sie beim Kartenschalter. Wenn ich jetzt eine Schusswaffe bei mir hätte, könnte das böse enden. Mir bleiben 35 Minuten zur Besichtigung (Eintritt 12 €). Doch weil das Gelände so groß ist, dauert es, bis man alle Besucher hinauskomplimentiert hat. Ich werde um 12:10 Uhr „erwischt“ und hinausgebeten.

Dabei ist es heute nicht ganz so heiß, gestern Nachmittag war es in Tolo ein bisschen wolkig. Bei der Hinfahrt zeigt die Temperaturanzeige im Bus 39°, bei der Rückfahrt 40°, bei Ankunft in Nafplio 41°. Die Fahrt von Epidaurus zurück nach Nafplio dauert nur 37 Minuten. Warum konnte es nicht umgekehrt sein – hin 37, zurück 50 Minuten? Da ich noch eineinviertel Stunden bis zum nächsten Bus nach Tolo Zeit habe, spaziere ich in Nafplio herum und widerstehe der Versuchung, noch einmal den Arvanitia-Rundweg zu gehen.

Bei der Fahrt nach Tolo steigt bei der Haltestelle am Spital ein alter Mann mit einem verbundenen Fuß ein. Er ist so fett, dass er seine Körpermasse trotz Gehstock kaum in den Niederflurbus zu wuchten vermag. Die Plastiksackerl mit seinen Einkäufen müssen ihm andere Fahrgäste in den Bus heben. Ich sitze leider unmittelbar beim Eingang und der ungepflegte Mensch lässt sich auf den Sitz neben mir plumpsen. Er hat natürlich keine Maske auf, und der Fahrscheinverkäufer hat keine Lust, ihn auf die Maskenpflicht hinzuweisen. Zunächst bohrt er dauernd in der Nase und greift mit derselben Hand dann wieder die Haltestange an. Dann beginnt er noch (ohne Maske) zu quatschen und mit dem Fahrscheinverkäufer ein Gespräch anzufangen, der allerdings sehr einsilbig bleibt. Der Typ steigt erst in Tolo aus. Manchmal ist es schwer, nicht zum Misanthropen zu werden.

Donnerstag, Nafplio / 2.


Die Treppe mit den angeblich 999 Stufen in die Palamidi-Festung.

Die ursprüngliche Idee, eine Besichtigung des antiken Korinth zu versuchen, verwerfe ich angesichts der Hitze, der stark reduzierten Öffnungszeiten und der geringen Busfrequenz. Überdies müsste man bei der Haltestelle am Isthmos ein Taxi nehmen, um in das 12 km entfernte antike Korinth zu gelangen. Stattdessen wollen wir noch einmal nach Nafplio, die Palamidi-Festung besichtigen und ein paar Mitbringsel einkaufen.

Der Bus nach Nafplio steckt schon nach wenigen Metern fest. Die Badegäste haben so toll geparkt, dass der Bus nicht durch kann. (Es ist wie in Österreich: würden sich alle an die Bodenmarkierungen halten, hätte ein gutes Dutzend Autos mehr Platz und der Bus käme bequem durch.) Wir müssen warten, bis einer der Fahrzeughalter gefunden ist und sein Auto wegfährt. Um 10:15 sind wir in Nafplio. Wir gehen zu den Taxis auf der gegenüberliegenden Straßenseite und lassen uns zur Palamidi-Festung rauffahren (10 €). Mit Mühe erwehren wir uns des Angebotes, uns um 70 € nach Nemea und zurück zu bringen.

Im Taxi liegt eine gedruckte Preisliste des „Radio Taxi ✆18300“, deren Inhalt dem Interessierten hier mitgeteilt sei, denn für uns kam die Information leider zu spät:

MYCENAE (return – 1 hour waiting) 70
EPIDAURUS (return – 1 hour waiting) 70
MYCENAE and EPIDAURUS (return – 1 hour waiting 130
MYCENAE – CORINTH CANAL – EPIDAURUS 200
ANCIENT CORINTH – CORINTH CANAL 140
MYCENAE – CORINTH CANAL and return 130
PALAMIDI CASTLE & CITY TOUR 50
ANCIENT OLYMPIA (wait & return) 250
KARATHONA BEACH 30
AIRPORT one way 200
MALEVIS MONASTERY (30 min. waiting) 120
Prices are up to 4 persons
All prices include waiting time and return

Wir besichtigen die verschiedenen Bastionen (Eintritt € 8), genießen den schönen Ausblick und gehen die berühmten angeblich 999 Stufen in die Altstadt hinunter. (Die Stufen hinaufzugehen ist nur für sportliche Menschen früh am Morgen zu empfehlen.) Um ziemlich genau 12 Uhr sind wir unten beim Kaffee Kontrabasso. Wir gehen ein bisschen einkaufen (wer Sofakissen mit witzigen Motiven mag, dem empfehle ich das Geschäft von G. Pevanas & Co., Plapoútas-Str. 8), essen bei O Vasilis zu Mittag und fahren mit dem 14:30-Bus zurück nach Tolo.

Doch zurück fährt ein ganz anderer Bus als sonst (nicht der 87er mit dem Sprung in der Windschutzscheibe). Er fährt zwar über Asini, doch kurz nach der Haltestelle Psili Ammos biegt er rechts ab und fährt auf die Umgehungsstraße (περιφεριακό) hinauf und dort hinunter in den Hafen. So ersparen wir uns die nervige Fahrt durch den Ort. Und am Hafen steht bereits der 87er bereit.

Fazit

Heuer hat uns die Hitzewelle in die Suppe gespuckt: Temperaturen, die es geboten erscheinen lassen, keine größeren Wege zu Fuß in der Tageshitze zurückzulegen, und stark eingeschränkte Öffnungszeiten der archäologischen Stätten. Die sehr reduzierte Frequenz bei den Bussen nach Mykene und Epidaurus kommt wohl daher, dass kaum noch wer mit dem Bus fährt.

Dennoch haben wir im Rahmen dieser Einschränkungen einiges gesehen. Nafplio ist ein nettes kleines Städtchen, in dessen Altstadtgassen ich mich wohl gefühlt habe. Tolo kämpft mit den Auswirkungen der Corona-Krise auf den Fremdenverkehr.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 2. Mai 2024