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Armenisches Alphabet


Zum Armenischen bin ich über das Problem vom  Kamel und Nadelöhr gekommen. Mein Interesse gilt dabei dem klassischen Armenischen (ca. 5.-12. Jh.), jener Sprache, in die auch die für die Textkritik relevante Übersetzung der Bibel gemacht wurde. Ich bin weder Indogermanist noch sonst ein Kenner des Armenischen. Ich trage hier lediglich die Informationen zusammen, die ich im Internet gefunden habe.

Erste Anlaufpunkte zum Erlernen des armenischen Alphabets sind:

Beim Internet Archive kann man auch einige alte Grammatiken und Wörterbücher einsehen bzw. herunterladen:

Das armenische Alphabet mutet irgendwie seltsam an: etliche Buchstaben sehen (fast) so aus wie lateinische, bedeuten aber etwas anderes: u ist ein s, S ist ein T, n ist ein o, q ist ein stimmhaftes s, g ist ein ts, h ist ein - h. Dieses aus 36 Buchstaben bestehende Alphabet wurde der Überlieferung nach von dem Mönch Մեսրոպ Մաշտոց (Mesrop Mašticʿ) um das Jahr 405 geschaffen. Im 13. Jh. wurden zwei Buchstaben hinzugefügt.

In Unicode belegen die armen. Schriftzeichen den Bereich U+0530-058F. (Das  Codechart U0530.pdf von Unicode.org ist auch deshalb interessant, weil es Zeichen mit einer kantigen Anmutung zeigt.) Außerdem sind im Bereich U+FB13-FB17 fünf armen. Ligaturen definiert. Diese Seite setzt das Vorhandensein einer Schriftart mit armen. Zeichen in Unicode-Codierung voraus.

Die Reihenfolge der Zeichen im Alphabet ist:
Աա aib - Բբ bēn - Գգ gim - Դդ da - Եե (j)ečʿ - Զզ za - Էէ ē - Ըը (j)ətʿ - Թթ tʿo - Ժժ žē - Իի ini - Լլ liun - Խխ xē - Ծծ ca - Կկ kēn - Հհ ho - Ձձ ja - Ղղ ład - Ճճ čē - Մմ mēn - Յյ yi (hi) - Նն nu - Շշ ša - Ոո o (wo) - Չչ čʿa - Պպ pē - Ջջ ǰē - Ռռ ṙa - Սս sē - Վվ vēv - Տտ tiun - Րր rē - Ցց cʿo - Ււ viun - Փփ pʿiur - Քք kʿē - Օօ o - Ֆֆ fē
Die folgende Darstellung ordnet die Buchstaben nach der Form der Großbuchstaben. Das ist naturgemäß eine subjektive Kategorisierung.

In älteren Drucken findet man Buchstabenformen, die an die kursive Schrift angelehnt sind. Die Beispiele dafür stammen aus der oben genannten Grammatik von Aucher und Byron.

G. K. Name Trans-
lit.
Transskription, Aussprache mein Senf dazu #
Ս ս սէ1 s s, zwischen Vokalen auch als ss transkribiert Sieht aus wie U, ist aber ein S, merke: U=S. 29
Ա ա այբaib a a Der Kleinbuchstabe sieht aus wie ein auf dem Kopf stehendes m. 1
Մ մ մէնmēn m m 20
Ն ն նուnu2 n n 22
Կ կ կէնkēn k k, westarmen. g 15
Վ վ վէվvēv v etwa wie dt. w ausgesprochen, meist auch so transkribiert Verwechsle Վվ nicht mit #15 Կկ! 30
Ո ո ոvo o am Wortanfang wo, sonst o (kurzes geschlossenes o etwa wie in dt. morgen) Sieht aus wie ein n, ist aber ein o, merke: n=o. 24
Ռ ռ ռաṙa Zungenspitzen-r Verwechsle ռ nicht mit #24 ո! 28
Դ դ դաda d d, westarmen. t Verwechsle դ nicht mit #28 ռ! 4
Ղ ղ ղատład ł im klass. Armen. "dickes" (d.h. alveolares) l (fast wie dl), wie z.B. im Engl. nach langem Vokal (feel) oder im Arab. im Wort Allah (auch Meidlinger l); im Neuarmen. ein spirantisches g [ɣ] (wie neugriech. γ), daher oft mit gh transkribiert, nach anderen ein Zäpfchen-r [ʁ] (wie im Franz.) Verwechsle ղ nicht mit #28 ռ oder #4 դ! 18
Պ պ պէ p p, westarmen. b Verwechsle պ nicht mit #1 ա! 26
Ր ր րէ r engl. r (am vorderen oberen Gaumen bzw. hinter den oberen Schneidzähnen artikuliert), westarmen. Zungenspitzen-r Hier kann man mit etwas Phantasie ein kleines r erkennen. 32
Ի ի ինիini i i Verwechsle ի nicht mit #32 ր! 11
Ւ ւ վիւնviun3 w w (ursprüngl. wohl wie engl. w in water), in Diphthongen u Verwechsle Ւ nicht #11 Ի! 34
Խ խ խէ x dt. ch [x] in Bach 13
Ե ե եչečʿ e am Wortanfang je, sonst e (kurzes offenes e [ɛ] wie in dt. Bäcker) 5
Է է էē ē langes (offenes) e (wie in dt. zäh), im Neuarmen. kurz Verwechsle Ե/է nicht mit #5 Է/ե 7
Լ լ լիւնliun l l Verwechsle լ nicht mit #34 ւ! 12
Ը ը ըթətʿ e (ĕ, ə) Schwa, d.h. kurzes gemurmeltes e [ə] (wie in engl. above) Verwechsle Ը nicht mit #12 Լ! 8
Բ բ բէնbēn b b, westarmen. p Verwechsle Բ/բ nicht mit #8 Ը/ը! 2
Չ չ չաčʿa čʿ stimmloses tsch [tʃ] 25
Շ շ շաša š stimmloses sch [ʃ] Halte շ nicht für den Kleinbuchstaben von #25 Չ! 23
Գ գ գիմgim g g, westarmen. k 3
Ժ ժ ժէžē ž stimmhaftes sch [ʒ] Sieht aus wie ein d, ist aber ein stimmhaftes sch. 10
Զ զ զաza z stimmhaftes s [z] Verwechsle զ nicht mit #3 գ! 6
Ձ ձ ձաja j [dz] (d.h. d mit stammhaftem s), westarmen. [ts] Verwechsle Ձ nicht mit #6 Զ! 17
Ջ ջ ջէǰē ǰ stimmhaftes dsch [dʒ], westarmen. tsch [tʃ] Verwechsle ջ nicht mit #23 շ! 27
Ծ ծ ծաca c ts (oft mit z transkribiert), westarmen. stimmhaft [dz] gesprochen Verwechsle ծ nicht mit #10 ժ! 14
Ճ ճ ճէčē č stimmloses tsch [tʃ], westarmen. stimmhaft [dʒ] gesprochen 19
Տ տ տիւնtiun t t, westarmen. d Sieht aus wie ein S ist aber ein T. 31
Ֆ ֆ ֆէ f f 38
Յ յ յիyi y j, in Diphthongen i; neuarmen. am Wortanfang als h gesprochen (Hakob, Hovhannes), ebenso am Wortende nach a und o (ah, oh) 21
Ց ց ցոcʿo cʿ ts (oft als z transkribiert), westarmen. dz Sieht aus wie g, ist aber ein ts. 33
Օ օ օō ō langes (geschlossenes) o (wie in dt. Bogen) 37
Փ փ փիւրpʿiur pʿ p Hier stand wohl das griech. Phi Pate. 35
Թ թ թոtʿo tʿ t 9
Ք ք քէkʿē kʿ k, auch zur Wiedergabe des griech. χ (kʰ) verwendet (Քրիստոս Christos) 36
Հ հ հոho h h Der Großbuchstabe ist ein stilisiertes h, sieht aber oft einem Z recht ähnlich. 16

1) In Lauers Grammatik սա sa.

2) In Lauers Grammatik նո no.

3) So auch in Lauers Grammatik. Der deutschsprachige Wikipedia-Artikel transkribiert den Buchstabennamen yiwn. Der englischsprachige Wikipedia-Artikel schreibt den Namen հիւն (hiun).

Obige Tabelle gibt die Aussprache für die klassische Zeit ungefähr wieder. Das Ostarmen. hat diese Aussprache im Wesentlichen beibehalten. Nur signifikante Abweichungen sind vermerkt.

Die Buchstaben #37 Օօ und #38 Ֆֆ wurden erst im 13. Jh. dem Alphabet hinzugefügt. Eine (allerdings von vielen Diaspora-Armeniern abgelehnte) Rechtschreibreform der Sowjetunion in den 1920er-Jahren hat den Buchstaben Ււ aus dem Alphabet entfernt und dafür die beiden Buchstabenkombinationen Ու ու und և (Ligatur aus ե+ւ) als eigene Buchstaben hinzugefügt. Da և (ew) "und" bedeutet, wird es auch als kaufmännisches Und (&) verwendet.

Halbvokale und Diphthonge

վ (v) und ւ (w) sind bereits in der klassischen Periode anscheinend nur graphische Varianten desselben Lauts. (Ebenso dürfte zwischen լ (l) und ղ (ł) kaum ein Unterschied bestanden haben, wie die schwankende Rechtschreibung zeigt.)

Sonstige Schriftzeichen

Die Zeichen ՞ ՝ ՜ ՛ werden in Drucken über den tontragenden Vokal gesetzt, am Computer hinter diesen.

Klassifizierung der Konsonanten

Laute mit einem ʿ oder ‘ in der Transliteration sind sog. Ejektive, also Laute, die mit gleichzeitigem Stimmritzenverschluss gesprochen werden. Der Konsonantenbestand des klass. Armen. kann etwa wie folgt klassifiziert werden.

Artikulationsart Artikulationsort stimmhaft stimmlos stimmloser
Ejektiv
Okklusive labial Բբ b Պպ p Փփ pʿ
velar Գգ g Կկ k Քք kʿ
alveolar Դդ d Տտ t Թթ tʿ
Affrikaten alveolar Ձձ j [dz] Ծծ c [ts] Ցց cʿ [tsʼ]
postalveolar Ջջ ǰ [dʒʼ] Ճճ č [tʃ] Չչ čʿ [tʃʼ]
Frikative
(Spiranten)
alveolar Զզ z Սս s
postalveolar Ժժ ž [ʒ] Շշ š [ʃ]
labiodental Վվ v (Ֆֆ f)
velar (Ղղ ɣ) Խխ x

Bei den übrigen Lauten gibt es meist eine zweistufige Opposition:
Ռռ ṙ (Vibrant?) - Րր r (Approximant?)
Laterale: Լլ l - Ղղ ł (Ղղ ł hat später die Artikulation verlagert und ist dadurch zu ɣ und damit zur stimmhaften Variante von Խխ x geworden.)
Nasale: Մմ m (labial) - Նն n (alveolar)
Halbvokale: Յյ y (palatal) - Ււ w (velar)
Bleibt noch der stimmlose glottale Frikativ Հհ h.

Die Ejektive sind im Neuarmen. zu Aspiraten geworden:

Die Mediae (auch affricatae) sind im Westarmen. zu Tenues aspiratae geworden:

Umgekehrt sind Tenues im Westarmen. zu Mediae geworden (im Ostarmen. zu Ejektiven):

Noch einmal sei darauf hingewiesen, dass ich kein Wort Armenisch spreche. Alle diese Informationen stammen aus Büchern oder Internetseiten.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 15. Mai 2016