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Jüdische Familiennamen im Deutschen


Meine Quellen:

Ich weise ausdrücklich daraufhin, dass ich hier nur eine Zusammenfassung meiner Internetquellen biete. Ich habe keinerlei darüberhinausgehende Kenntnisse zu diesem Thema. Es wäre daher fahrlässig, diese Seite als Quelle zu verwenden.

Die aschkenasischen Juden Europas verwendeten ursprünglich ein patronymisches Namenssystem (Jakob ben Isaak). Sie wurden ab Ende des 18. Jh. aber zunehmend dazu gezwungen, feste Familiennamen anzunehmen. Meist wurde ihnen dabei aber nur eine kleine Auswahl hebräischer Namen zugestanden. So wichen die Juden auf deutsch klingende Verballhornungen aus, verwendeten Symbolnamen u.ä.

Zu den genealogischen Namen gehören einerseits die echten Vaters-/Mutternamen. Bei diesen Namen wurde das hebr. בֶּן bæn „Sohn des“ oft ersetzt durch Endungen wie -i, -s, -son, -ski, -witsch (Mendelsson, Abrahamowitsch).

Name Varianten Bedeutung, Symbolname
Aaron Arno
Abraham Abrahamowitsch, Brahms
Ascher Anschel, Anselm
Baruch latinis. Benedikt, frz. Bendit s.u. Selig
Benjamin Benno s.u. Wolf
Daniel
David Davis, Tewel(es)
Elias
Gabriel
Isaak Isidor, Isaaks, Sachs, Seckel, Eissig, Hitchcock s.u. Lachmann
Israel
Jakob Jakoby, Kopmann, Kaufmann
Joel
Jona
Joseph
Josua
Levi Levy, Levinson, Levin, Levinger s.u. Löw
Menachem Mendel s.u. Mandel
Moses Moyses, Moritz
Naftali
Nathan
Rivkin Muttername zu Rebekka, hebr. רִבְקָה Ribqâ
Ruben
Salomon Solomon, Salman
Samuel
Simeon Simon s.u. Schimmel

Viel häufiger als die hebr. Eigennamen sind Eindeutschungen, Verballhornungen (Verwendung ähnlich klingender dt. Wörter) und Symbolnamen, u.a.:

Name Varianten Bedeutung
Adler Ps 103,5 „wieder jung wie ein Adler“, vgl. a. Jes 40,31; häufig wohl auch Hausname
Bär Beer, Barnard, Barnett, Bernheimer, Biermann, Berlin(er) Issachar (Herkunft unklar, nach Gen. 49,14: Symboltier Esel)
Bernstein nach Ex 28,18? (hebr. לֶשֶׁם læšæm wurde von der Septuaginta wohl als Bernstein verstanden)
Blumenthal Muttername zu Blume, Blümle?
Feigenbaum Dtn 8,8
Freud Simon Simcha, hebr. שִׂמְחָה śimḥâ „Freude, Fröhlichkeit“
Goldstein Goldbaum, Goldziher, Goldschmied, Feingold Muttername von jidd. Golde, Golda „die Goldene“?
Grünspan
Heine Heinemann, Heymann, romanis. Vidal Chaim (Gleichklang), hebr. חַיִּים ḥajjîm „Leben“
Honigmann Dtn 8,8
Hirsch Hirschmann, -feld, -berg, Hirschl, Hirtzel, Herschl, Her(t)zl Naftali (Gen. 49,21: „Naftali ist eine flüchtige Hirschkuh“)
Lachmann Isaak, hebr. יִצְחָק Jiṣḥāq, das nach Gen 17,17 (וַיִּצְחָק wajjiṣḥāq „da lachte er“); 18,12 (וַתִּצְחַק wattiṣḥaq „da lachte (Sara)“); 21,6 (צְחֹק eḥoq „Lachen (machte mir Gott)“) als zum Verbum „lachen“ gehörig verstanden wurde
Liebermann Lipmann, Lible (lieb verstanden als „gütig, hilfreich“) Eleasar, hebr. אֶלְעָזָר ʾÆlʿāzār „Gott hat geholfen“, und Elieser, hebr. אֱלִיעֶזֶר ʾÆlîʿæzær „(mein) Gott (ist) Hilfe“
Löw Löwenstein, Löwenthal, Loeb, Löbinger, Lövinger, Leib, Leibl, Liebmann (wenn nicht zu Eleasar), romanisiert Leon, Leo Levi (Gleichklang) oder Juda (Gen 49,9: „ein junger Löwe ist Juda“)
Mandel Mendel, Mendelsson, Mandelbaum, Mandelbrot nach dem Jidd. für Menachem (hebr. מְנַחֵם Menaḥem) oder Manasse (hebr. מְנַשֶּׁה Menaššæ̂)
Rosenthal Rosenberg Muttername zu Rosa?
Rubin Ruben, hebr. רְאוּבֵן Reʾûben, oder Edelstein nach Ex 28,17ff
Saphir Ex 28,18
Schimmel Simmel Simon, Simeon, hebr. שִׁמְעוֺן Šimʿôn
Selig Seliger, Seligmann Übers. von Baruch, hebr. בָּרוּךְ bārûk „gesegnet, gepriesen“ (Pt. Pass. v. ברך), und von Ascher, hebr. אָשֵׁר ʾĀšer, das nach Gen 30,13 als Form von אֹשֶׁר ʾošær „Glück“ verstanden wurde
Silbermann
Süß Süsskind, Süßmann (süß verstanden als „mild, gütig, hilfreich“) s. Liebermann
Teitelbaum Dattelpalme
Weil Anagramm von Levi?
Weinreb Weintraub
Weiss
Weizmann Dtn 8,8
Wolf Benjamin (Gen 49,27: „Benjamin ist ein reißender Wolf“)

Häufig sind Herkunftsnamen:

Name Varianten Bedeutung
Altschul(er) nach der ältesten, nicht mehr erhaltenen Synagoge Prags, der Altschul
Berlin
Birnbaum Landkreis und Stadt der preußischen Provinz Posen
Bloch vermutl. poln. włoch ursprl. „Welscher, Ausländer“ (heute „Italiener“), für aus dem Westen (Frankreich) nach Polen eingewanderte Juden
Dreyfus Dreifuß aus Trier (frz. Trèves, lat. Augusta Treverorum, später Treveris)
Eppstein Stadt in Hessen
Feuchtwang(er) aus Feuchtwangen in Mittelfranken
Fran(c)k, Frankel aus Franken
Frankfurter aus Frankfurt
Friedländer aus dem Amt Friedland in Niedersachsen?
Goldberg Stadt in Mecklenburg-Vorpommern
Grünberg Name etlicher Orte in Deutschland und Polen
Guggenheim Gougenheim im Elsass
Oppenheimer aus Oppenheim am Oberrhein
Pollack Pollock aus Polen
Rosenberg Name etlicher Orte in Deutschland und Polen, auch Russland, Tschechien, Slowakei
Schlesinger aus Schlesien
Sommerfeld Name einiger Orte in Deutschland und Polen
Spira Spiro, Schapiro Speyer

Auf Hausnamen (namentlich solche der Frankfurter Judengasse) gehen z.B. Rothschild (Haus mit dem roten Schild), Schwarzschild, Adler, Strauss, Gans, Einhorn, Stern u.a. zurück.

Echte Berufsnamen sind selten (den Juden waren jahrhundertelang nur wenige Berufe gestattet) und dann meist nicht als jüdisch zu erkennen: Kaufmann, Schneider, Steinschneider (Graveur), Schuster, Wechsler. Typisch jüdische Berufsbezeichnungen sind:

Name Varianten Bedeutung
Katz aus der Abk. KṢ für hebr. כֹּהֵן צֶדֶק kohen ṣædæq „Priester der Gerechtigkeit“
Klemperer „Anklopfer“, der morgens an die Türen der Gläubigen klopft, um sie zum Gebet zu rufen
Kohen Cohen, Kohn, Kahn, übersetzt Kaplan hebr. כֹּהֵן kohen „Priester“
Rabbiner Rabbinowitz, Rabe
Schächter Schechter jüdischer Metzger, der die Tiere schächtet, d.h. beim Schlachten vollständig ausbluten lässt, sodass sie koscher sind
Schammes Synagogendiener, jidd. Form des hebr. שַׁמָּשׁ šammāš „Diener“
Schatz aus der Abk. ŠṢ für hebr. שְׁלִיחַ צִבּוּר šeaḥ ṣibbûr „Beauftragter der Gemeinde“, d.h. Vorbeter, Vorsänger
Schön aus der Abk. ŠN für hebr. שְׁלִיחַ נֶאֱמָן šeaḥ næʾæmān „Beauftragter des Zuverlässigen“ ?
Singer Sänger, latinisiert Cantor Vorsänger in der Synagoge
Segal aus der Abk. SGL für hebr. סְגַן לְוִיָּה segan lewijjâ „Vorsteher der Levitenschaft“
Sofer hebr. סוֺפֵר sôfer „Schreiber“, nämlich von Torarollen

Der hebr. Buchstabe צ bezeichnete ursprl. wohl einen emphatischen stimmlosen alveolaren Frikativ (als transkribiert), ungefähr wie arab. Ṣād ﺹ. Statt emphatisch sagt man heute velarisierte oder pharyngalisierte Aussprache: [s̴], [s⁠ˁ⁠]. In der aschkenasischen Aussprache des Hebr. wie auch im Ivrit ist der Laut allerdings zur Affrikate geworden (und die emphatische Aussprache ist aufgegeben): [t͡s] wie in Zahn. Daher die Wiedergabe Katz für die Abk. KaṢ.

Meyer ist als jüdischer Familienname kein Berufsname (Juden durften kein Land besitzen), sondern Verballhornung von hebr. מֵאִיר meʾîr „leuchtend“ (Pt. Hiph. v. אור). Die mit dem Tempel zusammenhängende Berufe des Priesters und Leviten gab es seit der Zerstörung des Tempels m.W. nicht mehr.

Weitere aus Abkürzungen (z.B. auf Grabsteinen) entstandene Namen:

Name Varianten Bedeutung
Goetz engl. Yates aus der Abk. GṢ für hebr. גֵּר צֶדֶק ger ṣædæq „Fremder der Gerechtigkeit“ (d.i. Nichtjude, der das ganze Gesetz angenommen hat)
Sack aus der Abk. ZQ für hebr. זֶרַע קֹדֶשׁ zæraʿ qodæš „Same der Heiligkeit, heiliger Nachkomme“

Die Transkription z bezeichnet ein stimmhaftes s.

Eine nicht unwesentliche Gruppe sind Spottnamen, die unkooperativen Juden von Amts wegen zugewiesen wurden: Eselskopf, Fresser, Galgenstrick, Groberklotz, Küssemich, Maulwurf, Nachtkäfer, Nothleider, Ochsenschwanz, Saumagen, Singmirwas, Stinker, Taschengreifer, Trinker, Wanzenknicker, u.ä.m.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 2. März 2017