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Irgendwie sind mir die halcyon days aus Tinker, tailor, soldier, spy wieder untergekommen. Gleichzeitig hatten wir gerade die Eismänner (unter denen auch eine Frau ist, aber der Begriff ist alt und daher nicht geschlechtergerecht). Und in Erwartung der Schafskälte habe ich mich gefragt, wie diese Begriffe zustande gekommen sind. Und wo verfügbar, habe ich nach antiken Belegen gesucht. Irgendwie sind die wiederkehrenden Wetterkapriolen (die Meteorologie spricht von Singularitäten) leichter zu ertragen, wenn man sich mit ihnen beschäftigt hat.
In Norditalien die letzten drei Januartage, die als die kältesten Tage des Jahres gelten. Erklärung s. Kleine Grammatik des Italienischen: Land und Leute.
Kälteeinbruch mit winterlichen Temperaturen oft deutlich unter dem Gefrierpunkt und mit Schneefall im März oder Anfang April - nachdem erste frühlingshaftere Tage schon die Hoffnung auf ein Ende des Winters aufkeimen hatten lassen. Und wenn so ein Rückfall in den Winter mit dem Osterwochenende zusammenfällt, gibt es die - zumindest in Österreich - sprichwörtlichen weißen Ostern.
Gefürchtet ist dieser letzte Wintereinbruch nicht nur bei Ostereiersuchern, sondern vor allem bei Obstbauern, z.B. den Marillenbauern in der Wachau.
Quellen: Wikipedia-Art. Märzwinter.
Im süddt.-österr. Raum die Namenstage von Pankratius, Servatius, Bonifatius (dt. auch Pankraz, Servaz, Bonifaz) und der „kalten Sophie“, 12. bis 15. Mai. Bauernregeln warnen, vor den Eisheiligen zu pflanzen oder auszusäen, weil in diesen Tagen erfahrungsgemäß polare Kaltluft noch einmal Nachtfröste bringen und so die jungen Pflanzen schädigen kann. Allerdings entstanden diese Regeln vor der Einführung des Gregorianischen Kalenders, bei der ja 10 Tage übersprungen wurden (s. Kalenderkunde: Gregorianischer Kalender), sie beziehen sich also auf 22. bis 25. Mai nach dem heutigen Kalender. Da die Kaltluft aus dem Norden kommt, erreicht sie Norddeutschland einen Tag früher. Daher ist im norddt. Raum die Regel um einen Tag verschoben, geht also von Mamertius (11., d.h. 21. Mai) bis Bonifaz.
Quellen: Wikipedia-Art. Eisheilige.
Feuchtkalte Luft aus Nordwest führt Mitte Juni noch einmal zu Schneefall bis in Höhenlagen unter 1500 m und lässt auf den Almen die meist bereits geschorenen Schafe frieren. Auch in den Niederungen ist es tage-, manchmal sogar wochenlang ungemütlich nass und kalt mit Temperaturen zwischen 10° und 15°. Nicht selten kommt die Schafskälte in zwei Wellen: einmal schon um den 4./5. Juni und nach einer Erholung noch einmal um den 15./20. Juni.
Quellen: Wikipedia-Art. Schafskälte, Schafskälte (Killikus).
Die heißeste Zeit des Jahres, ungefähr von Ende Juli bis Mitte/Ende August, heißt nach dem Hundsstern, d.i. Sirius im Sternbild Großer Hund (α Canis Majoris [abgek. CMa]), der (relativ) hellste Stern des Nachthimmels überhaupt. Sein heliakischer Aufgang (d.h. sein erstmaliges Sichtbarwerden in der Morgendämmerung) fiel in der Antike mit dem Beginn der heißesten Zeit zusammen. Die zugeschriebene Dauer von gut 30 Tagen soll die Zeit vom Aufgang des Sirius (bzw. des Muliphein, γ CMa, dem Ohr) bis zu dem der Aludra (η CaM, Schwanzspitze), dem letzten Stern des Großen Hundes, sein, also bis sich das Sternbild zur Gänze über den Horizont erhoben hat.
Die älteste Erwähnung des Hundssterns finden wir bei Homer, Il. 22,25-31, wo von Achill gesagt wird (griech. Text im wesentlichen nach Il. 22 auf d. griech. Wikisource):
25 τὸν δ' ὁ γέρων Πρίαμος πρῶτος ἴδεν ὀφθαλμοῖσι, Den sah der greise Priamos als erster mit den Augen παμφαίνονθ' ὥς τ' ἀστέρ' ἐπεσσύμενον πεδίοιο, heranstürmen durch die Ebene, hell leuchtend wie der Stern, ὅς ῥά τ' ὀπώρης εἶσιν, ἀρίζηλοι δέ οἱ αὐγαὶ der im Spätsommer kommt (aufgeht) - ganz hell leuchten ihm die Strahlen φαίνονται πολλοῖσι μετ' ἀστράσι νυκτὸς ἀμολγῷ· unter den vielen Sternen im Dunkel der Nacht - ὅν τε κύν' Ὠρίωνος ἐπίκλησιν καλέουσι. und den sie Hund des Orion mit Beinamen nennen. 30 λαμπρότατος μὲν ὅ γ' ἐστί, κακὸν δέ τε σῆμα τέτυκται, Der hellste zwar ist er, doch als ein schlechtes Zeichen bereitet, καί τε φέρει πολλὸν πυρετὸν δειλοῖσι βροτοῖσιν· und er bringt auch viel brennende Hitze den elenden Sterblichen.
Offenbar brachte man das Auftauchen des Hundssterns mit Krankheit und Fieber in Zusammenhang. Die Wörterbücher von Pape, 3. Aufl. 1914 (bei Zeno.org), und Liddell/Scott, z.B. 8. Aufl. 1897 (bei Archive.org), zitieren allerdings beide s.v. πυρετός den V. 31 aus obiger Stelle als Beispiel für die Bedeutung „Hitze“. Hingegen sagt die kommentierte Schulausgabe von Ameis/Hentze, 4. Aufl 1906 (bei Archive.org): „πυρετός nur hier, Fieberglut“; die engl. Version dieses Kommentars von Clapp, 1899 (bei Archive.org), noch deutlicher: „πυρετόν (here only): fever“.
Vermutlich war diese Passage aus Homer Vorbild für Vergil, wenn er in Aen. 10,272-275 dichtete:
non secus ac liquida si quando nocte cometae Nicht anders als wenn manchmal in klarer Nacht blutrote Kometen sanguinei lugubre rubent, aut Sirius ardor unheilvoll rötlich glänzen oder jene Glut des Sirius, ille sitim morbosque ferens mortalibus aegris Durst und Krankheiten bringend den kranken (od. unglücklichen) Sterblichen, nascitur et laevo contristat lumine caelum. aufgeht und den Himmel mit unheilbringendem Licht verdüstert.
Hesiod ist der erste, der den Stern mit dem Namen Sirius nennt, z.B. erg. 582-588 (weitere Nennungen erg. 417, 609; sc. 153, 397) (griech. Text nach der Loebausg. von Hugh Evelyn-White, 1914, bei Archive.org):
ἦμος δὲ σκόλυμός τ' ἀνθεῖ καὶ ἠχέτα τέττιξ Wenn die Golddistel blüht, und die hell tönende Zikade δενδρέῳ ἐφεζόμενος λιγυρὴν καταχεύετ' ἀοιδὴν auf dem Baum sitzend ihren schrillen Gesang herabgießt πυκνὸν ὑπὸ πτερύγων, θέρεος καματώδεος ὥρῃ, oftmals unter den Flügeln, in der Jahreszeit des ermattenden Sommers, 585 τῆμος πιόταταί τ' αἶγες καὶ οἶνος ἄριστος, dann sind die Ziegen am fettesten und der Wein am besten, μαχλόταται δὲ γυναῖκες, ἀφαυρότατοι δέ τοι ἄνδρες, die Frauen am geilsten, die Männer ja am kraftlosesten, εἰσίν, ἐπεὶ κεφαλὴν καὶ γούνατα Σείριος ἄζει, weil Sirius Kopf und Knie dörrt, αὐαλέος δέ τε χρὼς ὑπὸ καύματος· und die Haut (od. der Körper) dürr ist vor Hitze.
σκόλυμος ist nach Pape „eine eßbare Distelart“ (viell. die Artischocke, Cynara scolymus?), nach LSJ die Spanische Golddistel (Scolymus hispanicus), die übrigens in Spanien auch gegessen wird.
Aristoteles, Physik 198b-199a (2,8) (Text nach der Akademieausg., 1831, bei Archive.org):
οὐ γὰρ ἀπὸ τύχης οὐδ' ἀπὸ συμπτώματος δοκεῖ ὕειν πολλάκις τοῦ χειμῶνος, ἀλλ' ἐὰν ὑπὸ κύνα· οὐδὲ καύματα ὑπὸ κύνα, ἀλλ' ἂν χειμῶνος. Denn nicht von Schicksal noch von Zufall scheint es oftmals im Winter zu regnen, jedoch wenn unter dem Hund(sstern); auch nicht Hitze unter dem Hund, jedoch wenn im Winter.
Das soll wohl heißen: nur bei Ereignissen, die vom Gewohnten abweichen, sprechen wir von Schicksal/Fügung oder Zufall. Häufiger Regen im Winter oder Hitze in den Hundstagen sind jedoch normal. Der Hundsstern wird hier wie auch sonst einfach κύων „Hund“ (scil. des Orion) genannt.
Im Lat. heißt der Hundsstern canicula „Hündchen“; canis „Hund“ ist dagegen das Sternbild Großer (oder auch Kleiner) Hund.
Horaz in einer Ode an die Quelle auf seinem sabinischen Landgut, carm. 3,13,9ff (lat. Text z.B. bei The Latin Library):
te flagrantis atrox hora Caniculae Dich weiß die grässliche Stunde des glühenden Hundssterns 10 nescit tangere, tu frigus amabile nicht zu berühren, du bietest liebliche Kühle fessis vomere tauris den vom Pflug erschöpften Stieren praebes et pecori vago. und dem umherschweifenden Vieh dar.
Hor. carm. 1,17,17f (lat. Text z.B. bei The Latin Library):
hic in reducta valle Caniculae Hier im entlegenen Tal wirst du des Hundssterns vitabis aestus [...] Gluten entgehen [...]
Hor. serm. 2,5,39 (lat. Text z.B. bei The Latin Library):
persta atque obdura: seu rubra Canicula findet Stehe fest und halte aus: ob der rot(glühend)e Hundsstern spalten wird infantis statuas [...] die stummen Standbilder [...]
Die Hitze der Hundstage lässt angeblich sogar Statuen bersten.
Stellen wie diese haben zur Frage geführt, ob es sein kann, dass Sirius, der heute weißes Licht aussendet, in der Antike rot war. Doch ist nach heutigem Kenntnisstand ein Farbwechsel in astronomisch so kurzer Zeit unmöglich. Entweder meint rot hier soviel wie „heiß, glühend, Hitze bringend“ oder das Licht wurde am Horizont in der Morgendämmerung durch atmosphärische Phänomene tatsächlich als rötlich wahrgenommen.
Ovid dichtet von der Notwendigkeit, sich bei jedem Wetter zu seiner Geliebten aufzumachen, ars 2,230-232 (lat. Text z.B. bei The Latin Library):
si rota defuerit, tu pede carpe viam. Sollte dir ein Wagen fehlen, dann zerpflücke den Weg zu Fuß. nec grave te tempus sitiensque Canicula tardet, Weder halte dich drückendes Wetter auf und der dürstende (d.h. trockene) Hundsstern, nec via per iactas candida facta nives. noch ein vom gefallenen Schnee weiß gewordener Weg.
Plin. nat. 2,123 [Kap. 47] (Text nach der Teubnerausg. von Mayhoff, 1906, bei Wikisource) (vgl. a. Plin. nat. 18,269f [Kap. 68,2]):
ardentissimo autem aestatis tempore exoritur Caniculae sidus sole primam partem leonis ingrediente, qui dies XV ante Augustas kalendas est. Aber zur heißesten Zeit des Sommers geht der Hundsstern (wörtl. das Gestirn des Hündchens) auf, während die Sonne in den ersten Teil des Löwen eintritt, welcher Tag der 18. Juli ist.
Manilius 5,206-208 (lat. Text nach der Teubnerausg. von van Wageningen, 1915, bei Archive.org; Housmans Entscheidung für die Lesart des intransitiv gebrauchten rapit – seine Ausg. 1930 bei Archive.org – habe ich nicht verstanden):
cum vero in vastos surget Nemeaeus hiatus, Wenn sich aber der Nemeische (Löwe) erheben wird in den unermesslichen Rachen, exoriturque Canis latratque Canicula flammas geht der (Große) Hund auf und der Hundsstern bellt Flammen et rabit igne suo geminatque incendia solis. und wütet mit eigenem Feuer und verdoppelt die Brände der Sonne.
Den Ausdruck dies caniculares „Hundstage“ finden wir (erstmals?) im Opus agriculturae des Palladius (Schriftsteller des 4. Jh.), im 8. Buch, das vom Juli handelt, Kap. 1 (ante caniculares dies „vor den Hundstagen“) und 7 (inchoantibus canicularibus diebus „wenn die Hundstage beginnen“), ohne dies in 11 (Oct.),12,8 (si aestu canicularium fatigatur „wenn ihm die Hitze der Hundstage zusetzt“) (Text der Teubnerausg. von Schmitt, 1898, bei CSL/Forum Romanum: 8,1, 8,7, 11,12.)
Isidor von Sevilla (560-636) schreibt in seinen Etymologiae (3,71,14f, Text nach der Oxfordausg. von Lindsay, 1911, Digitalisat bei LacusCurtius, Buchscan bei Archive.org):
Canicula stella, quae et Sirius dicitur, aestivis mensibus in medio centro caeli est: et dum sol ad eam ascenderit, coniuncta cum sole duplicatur calor ipsius, et dissolvuntur corpora et vaporantur. Unde et ex ipsa stella dies caniculares dicuntur, quando et molestae sunt purgationes. Der Hundsstern, der auch Sirius heißt, ist in den Sommermonaten mitten im Himmelszentrum: und wenn die Sonne zu ihm aufgestiegen ist, wird seine eigene Hitze, wenn er mit der Sonne verbunden ist, verdoppelt und die Körper schmelzen und verdampfen. Weshalb auch von diesem Stern her die Hundstage (so) heißen, wenn auch die Reinigungen beschwerlich sind. Canis autem vocatur propter quod corpora morbo afficiat, vel propter flammae candorem, quod eiusmodi sit ut prae ceteris lucere videatur. Itaque quo magis eam cognoscerent, Sirion appellasse. Hund aber heißt er deswegen, weil er die Körper krank macht oder wegen des Glanzes seiner Flamme, weil er derartig ist, dass sie mehr als die übrigen zu leuchten scheint. Deswegen soll man ihn Sirius genannt haben, damit man ihn eher erkennt.
Canis scheint hier synonym zu Canicula gebraucht zu sein, also ebenso den Sirius zu bezeichnen. Im übrigen drückt sich Isidor nicht eben klar aus: Welche Körper schmelzen in den Hundstagen? Was für Reinigungen sind dann beschwerlich?
Quellen: Wikipedia-Art. Hundstage, Dog Days, Großer Hund, Sirius.
Stabile spätsommerliche Hochdruckphase im September und Anfang Oktober. Über die Herkunft des Namens gibt es verschiedene Theorien, sie ist aber letztlich ungeklärt. Der Etymologie-Duden leitet ihn von den Flugfäden der (Baldachin-)Spinnen ab, die in dieser Zeit durch die Luft fliegen (sog. Marienseide, -garn) und an das Haar alter Frauen erinnern sollen.
In manchen Bauernregeln wird auch der Martinisommer (s.u.) als Altweibersommer bezeichnet. Es gibt also keine scharfe Abgrenzung des Begriffs.
Die Behauptung, ahd. weiben bezeichnete das „Knüpfen von Spinnweben“ (knüpfen?), z.B. im Wikipedia-Art. zum Thema, findet durch die Wörterbücher keine Bestätigung. Ahd. weibōn heißt „schwanken, schweben, umhertreiben“, mhd. weiben „sich hin- und herbewegen, flattern“ (z.B. von Fahnen). Der Wiktionary-Eintrag erwägt „weiben = weben“, doch ohne Beleg oder Erklärung für den Diphthong (ahd. weban).
Einmal mehr macht sich das Manko von Wikipedia bemerkbar, dass hier offenbar Behauptungen aus ungenannten Quellen ungeprüft weitergegeben und keine Belegstellen genannt werden.
Nach dem Grimmschen Wörterbuch heißen Altweibersommer auch (oder sogar ursprl.?) die genannten Spinnweben, viell. liegt also eine Verballhornung von engl. gossamer (aengl. gossomer, gosesomer) „Altweibersommer, (herbstliche) Spinnweben; feines Gewebe, Gaze“ vor. Dieses ist aber seinerseits aus goose „Gans“ und summer „Sommer“ zusammengesetzt; das Grundwort legt nahe, dass hier zuerst die Jahreszeit bezeichnet wurde und erst dann das in dieser Jahreszeit auftretende Phänomen. Grimm verzeichnet dazu das Synonym Mädchensommer. Lt. Wikipedia bezeichnet Mädchen hier die Spinnweben und ist Demin. von Made (die Spinnweben gedeutet als Raupengespinst).
Den Begriff Nachsommer kenne ich nur als Titel eines Romans von Adalbert Stifter. Er bezeichnet sommerliche Tage, nachdem der eigentliche Sommer schon vorüber ist (bei Stifter in metaphorischem Sinn auf die Lebenphase des reiferen Alters bezogen).
Auf Tschech. heißt der Altweibersommer babí léto (zu bába, baba „alte Frau, Weib“) oder auch Svatováclavské léto „St.-Wenzels-Sommer“ (Gedenktag 28. Sept.). Ich habe nicht herausgefunden, ob babí léto eine Lehnübersetzung aus dem Dt. oder eine auf gleicher Analogie beruhende Bildung ist.
Der meist als amerikan. Gegenstück gehandelte Indian summer bezeichnet eine Schönwetterperiode von Ende September bis Mitte November. Er entspricht also teilweise unserem Altweibersommer, aber teilweise auch dem Martinisommer. Daher wird er vom Wikipedia-Art. verwirrenderweise auch mit beidem gleichgesetzt. Auch die Herkunft dieses Ausdrucks ist nicht eindeutig zu bestimmen.
Quellen: Wikipedia-Art.
Altweibersommer,
Indian summer,
Babí léto
Altweibersommer (Wiktionary),
Altweibersommer
- dann wird der Herbst trocken (bauernregeln.net),
Woher
stammt der Begriff “Altweibersommer“? (wissen.de),
Altweibersommer
zum Herbstanfang (Was Ist Was).
Milde Schönwetterperiode um den Namenstag des Hl. Martin (11. Nov.). In Italien heißt der Martinisommer Estate di San Martino und hatte dort früher auch eine soziale Bedeutung (s. Kleine Grammatik des Italienischen: Land und Leute). Bei uns hat er eine gewisse Bedeutung für die Weinlese.
Quellen: Wikipedia-Art. Martini-Sommer.
Halcyon days bezeichnet im Engl. ruhige, glückliche Tage, besonders der Vergangenheit, der Jugend (in nostalgischer Verklärung). Belegt ist der Ausdruck schon bei William Shakespeare in Henry VI, Part 1, wo Joan la Pucelle (d.i. Jeanne d'Arc alias Johanna von Orléans) zum franz. Dauphin Karl sagt (1,2,129-132):
Assign'd am I to be the English scourge. Bestimmt bin ich dazu, die englische Geißel zu sein. This night the siege assuredly I'll raise: Heute Nacht werde ich sicherlich die Belagerung aufheben: Expect Saint Martin's summer, halcyon days, Erwarte einen Martinssommer, halkyonische Tage, Since I have entered into these wars. wenn ich in diese Kriege eingetreten bin.
Zum erstenmal bewusst wahrgenommen habe ich den Ausdruck in der siebenteiligen BBC-Verfilmung von John le Carrés Tinker, tailor, soldier, spy von 1979 in Episode 3. Da sagt die zwangspensionierte Analytikerin Connie Sachs (gespielt von Beryl Reid) zu George Smiley (Alec Guinness), nachdem er ihrer Bitte, sie zu küssen, nachgekommen ist, träumerisch: „Hey ho, halcyon days.“ (auf Youtube bei 13:18.) Und wenig später: „If it's bad, George, don't come back. Promise? I want to remember you just as you were. My lovely, lovely boys. Promise...“ (Auf Dt. etwa: „Wenn es schlimm ist, George, komm nicht zurück. Versprochen? Ich möchte euch in Erinnerung behalten, so wie ihr wart. Meine reizenden, reizenden Jungs. Versprich...“ auf Youtube bei 13:57.)
Im Dt. habe ich den Ausdruck Halkyonische Tage noch nie gehört. Das Adj. halkyonisch wurde von Nietzsche öfters gebraucht.
Der Ausdruck geht zurück auf den Mythos von Ceyx (v. griech. κῆυξ, meist κήξ, auch καύηξ, καύαξ, ein Meeresvogel, viell. Seeschwalbe oder Möwe), dem König von Trachis (am Fuß des Oeta, gut 10 km südl. des heutigen Lamia), und seiner Frau Alcyone (v. griech. ἀλκυών, häufig fälschlich ἁ- geschrieben, „Eisvogel“), wie er z.B. von Ovid met. 11,410-748 erzählt wird: Die beiden sind einander in großer Liebe zugetan. Doch Ceyx kommt bei einem Schiffbruch ums Leben, sein Leichnam wird an der Küste von Trachis angespült. Die untröstliche Alcyone will sich aus Verzweiflung ins Meer stürzen, da werden sowohl sie als auch der eben noch tote Ceyx in Vögel verwandelt. In welche, sagt Ovid nicht, doch wird es sich wohl um den Eisvogel handeln (Alcedo atthis), den einzigen Vertreter der Familie der Alcedinidae (und der aus dieser inzwischen ausgegliederten Familien der Halcyonidae - dt. Lieste - und der Cerylidae), der in Griechenland vorkommt. (In Europa kommen nur die beiden Unterarten Alcedo atthis atthis und der etwas kleinere Alcedo atthis ispida vor.)
Ovid beendet seine Erzählung mit den Versen (741-748, lat. Text nach Ov.met. 11 bei Wikisource, geringfügig korrigiert nach der von Erich Rösch hergestellten Tusculum-Ausg. der Metamorphosen, 12. Aufl. 1990):
[...] et, tandem superis miserantibus, ambo Und, da die Götter sich schließlich erbarmen, werden beide alite mutantur. fatis obnoxius isdem in einen Vogel verwandelt. Den gleichen Schicksalen unterworfen tunc quoque mansit amor nec coniugiale solutum est blieb auch dann die Liebe (bestehen) und nicht wurde aufgelöst das eheliche foedus in alitibus: coeunt fiuntque parentes, Bündnis bei den Vögeln: sie paaren sich und werden Eltern, 745 perque dies placidos hiberno tempore septem und für sieben ruhige Tage in winterlicher Zeit incubat Alcyone pendentibus aequore nidis. brütet Alcyone in auf dem Meer schwimmenden Nestern. tunc iacet unda maris: ventos custodit et arcet Dann liegt die Meereswelle ruhig: die Winde bewacht und hindert Aeolus egressu praestatque nepotibus aequor. am Ausgang Äolus und gewährt den Enkeln glattes Meer.
Äolus, der Gott der Winde, ist Alcyones Vater. Er sorgt für das ruhige, windstille Wetter, das sich alljährlich um die Zeit der Wintersonnwende für ein bis zwei Wochen einstellt. Da man glaubte, dass der Eisvogel in dieser Zeit in auf dem Meer schwimmenden Nestern brütet, nannte man sie halkyonische Tage. Die schon erwähnte Tusculum-Ausg. von Erich Rösch sagt in den Anmerkungen: „Der Eisvogel baut kein schwimmendes Nest, sondern gräbt sich mit dem Schnabel eines in den Uferwänden. Es ist wohl anzunehmen, daß in der Sage ein anderer Vogel gemeint ist, wohl irgendein Tauchervogel, unter denen es wirklich solche gibt, die schwimmende Nester bauen.“ (S. 627).
Eine kurze Zusammenfassung der Geschichte ist Fabulae Hygini, 65 (lat. Text nach der Ausg. von Moriz Schmidt, 1872, bei Archive.org):
Ceyx Hesperi sive Luciferi et Philonidis filius cum in naufragio periisset, Alcyone Aeoli et Aegiales filia uxor eius propter amorem ipsa se in mare praecipitavit. qui deorum misericordia ambo in aves sunt mutati, quae alcyones dicuntur. hae aves nidum ova pullos in mari septem diebus faciunt hiberno tempore. mare his diebus tranquillum est. quos dies nautae alcyonia appellant. Nachdem Ceyx, Sohn des Hesperus bzw. Luzifer und der Philonis, in einem Schiffbruch umgekommen war, stürzte sich seine Gattin Alcyone, Tochter des Äolus und der Ägiale, wegen ihrer Liebe selbst ins Meer. Durch das Mitleid der Götter wurden sie beide in Vögel verwandelt, die Alcyones [Eisvögel] genannt werden. Diese Vögel machen Nest, Eier, Junge auf dem Meer innerhalb von sieben Tagen in der Winterzeit. Das Meer ist in diesen Tagen ruhig. Die Seeleute nennen diese Tage Alcyonia [zum Eisvogel gehörige].
Plin. nat. 10,89-91 (Kap. 32) (lat. Text nach der Ausg. von Mayhoff, 1875, bei Archive.org):
Eo maxime sunt insignes halcyones. dies earum partus maria qui navigant novere. ipsa avis paulo amplior passere, colore cyanea, ex parte inferiore tantum purpurea, candidis admixta pinnis collo, gracili ac procero rostro. alterum genus earum magnitudine distinguitur et caret cantu. minores in harundinetis canunt. Darin [scil. dass sie im Winter Eier legen und brüten] stechen die Eisvögel am meisten hervor. Die Seefahrer kennen die Tage ihrer Eiablage. Der Vogel selbst ist wenig größer als ein Sperling, von blauer Farbe, nur auf der Unterseite rot, vermischt mit weißen Federn am Hals, mit schlankem und langem Schnabel. Eine andere Art von ihnen unterscheidet sich durch die Größe und hat keinen Gesang. Die kleineren singen in Röhrichten. halcyonem videre rarissumum est nec nisi vergiliarum occasu et circa solstitia brumamve, nave aliquando circumvolata statim in latebras abeuntem. fetificant bruma, qui dies halcyonides vocantur, placido mari per eos et navigabili, Siculo maxime. faciunt autem septem ante brumam diebus nidos et totidem sequentibus pariunt. Einen Eisvogel zu sehen ist etwas äußerst Seltenes und nur beim Untergang der Plejaden und um die Sommer- oder Wintersonnwende, wenn er manchmal das Schiff umfliegt und sogleich in seine Schlupfwinkel verschwindet. Sie brüten zur Wintersonnwende, diese Tage werden halkyonisch genannt, da das Meer an ihnen ruhig ruhig ist und befahrbar, besonders das sizilische. Sie bauen aber an den sieben Tage vor der Wintersonnwende Nester und an ebensovielen folgenden legen sie Eier. nidi earum admirationem habent pilae figura paulum eminenti ore perquam angusto, grandium spongearum similitudine. ferro intercidi non queunt, franguntur ictu valido, ut spuma arida maris. nec unde confingantur invenitur. putant ex spinis aculeatis, piscibus enim vivunt. subeunt et in amnes. pariunt ova quina. Ihre Nester werden bewundert, sie haben die Form eines Balles, mit einer ein wenig vorstehenden, sehr engen Öffnung, großen Schwämmen ähnlich. Mit Eisen können sie nicht durchschnitten werden, sie zerbrechen durch einen kräftigen Schlag, wie trockener Meerschaum. Und man findet nicht heraus, woraus sie gebildet sind. Man glaubt, aus spitzen Gräten, denn sie leben von Fischen. Sie gehen auch in die Ströme hinauf. Sie legen jeweils fünf Eier.
Da ist wohl eine gehörige Portion Seemannsgarn mit dabei. Was Plinius unter spuma maris „Meer(es)schaum“ versteht, ist mir nicht klar. Die Koralle Alcyonium (Korkkoralle, Seekork, Meerhand), die in der frühen wissenschaftl. Lit. (z.B. Esper, Eugen Johann Christoph: Der Pflanzenthiere Dritter Theil. Neuntes Geschlecht. Alcyonium. Hylcyonium. Spuma maris.- Raspe Nürnberg, ca. 1805) auch Spuma maris genannt wird? Das auch im Dt. Meerschaum genannte Mineral Sepiolith, das vor allem für Pfeifenköpfe verwendet wird?
Quellen: Wikipedia-Art.
Halkyonische Tage,
Alcyone,
Keyx (Sohn des Heosphoros)
halcyon days (Wiktionary),
Halcyon days (Phrases).
Ein Gegenstück zu den weißen Ostern, allerdings keine Singularität: der Umstand, dass sich im Laufe des Dezember in niederen Lagen noch keine Schneedecke ausbilden konnte. Sodass „white Christmas“, von denen Bing Crosby im gleichnamigen Lied träumt, ein Traum bleiben. Eine Singularität ist allerdings das Weihnachtstauwetter, bei dem in den letzten Dezembertagen ein Einbruch feuchtwarmer Meeresluft den Schnee, so denn schon welcher liegt, bis 1500 m hinauf wegregnet.
Autor: E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 21. Juni 2022