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Judentum


Vorbemerkung

Hier geht es um das Judentum als Religion. Als Christ bin ich natürlich kein unbefangener Chronist oder neutraler Religionswissenschaftler. Das Judentum ist jene Religion, aus der das Christentum hervorgegangen ist, der Baum, von dem die Nachfolger Jesu ein Trieb sind. So hege ich natürlich große Sympathien für das frühe Judentum. Zugleich ist nach der Überzeugung meiner Religion mit Jesus etwas radikal Neues entstanden, das die mosaische Religion für uns Christen bis zu einem gewissen Grad obsolet macht. Die Bezeichung Altes Testament (abgekürzt AT) für die Hebräische Bibel ist dabei keineswegs abwertend gemeint: es ist das Buch des alten, d.h. zeitlich vor dem neuen Bund in Jesus liegenden Buches.

Sprache

Bei den hebräischen Bezeichnungen gebe ich, soweit verfügbar, die alttestamentliche (tiberiensisch vokalisierte) Schreibung an. Andernfalls zitiere ich die Schreibung der Wikipedia (in den meisten Fällen wohl Ivrit, d.h. modernes Hebräisch). Die deutschen Schreibungen entstammen teils der Wikipedia (Chanukka), teils der protestantischen Tradition (Passah). Auf das auslautende stumme He femininer Substantive habe ich in den meisten Fällen aber verzichtet (Tora_, Menora_, Mischna_). Zur Wiedergabe verwende ich folgende Zeichen:

Quellen

wie immer diverse Wikipediaartikel:
 Portal: Judentum ,  Bar Mitzwa,  Chanukka,  Essener,  Gemara,  Halacha,  Holocaust,  Iwrit,  Jerusalem,  Jom Kippur,  Judenfeindlichkeit (Antisemitismus),  Judentum,  Jüdischer Kalender,  Kabbala,  Kippa,  Menora,  Mischna,  Pentateuch,  Pessach,  Pharisäer,  Purim,  Rabbi(ner),  Sabbat,  Sadduzäer,  Schawuot,  Schofar,  Sukkot,  Synagoge,  Tallit,  Talmud,  Tanach,  Tora,  Zionismus,  Zizit.
Küng, Hans: Das Judentum.- München, Zürich: Piper, 1991. 907 S.
Eine um Ausgewogenheit bemühte Darstellung. Allerdings stellt Küng nicht nur die Trinität in Frage (die biblisch zugegebenermaßen auf wackeligen Beinen steht), sondern z.B. auch die Gottessohnschaft Jesu oder seine Auferstehung.
die-bible.de (Dt. Bibelges.)
 Biblia Hebraica Stuttgartensia und Luther 2017 kapitelweise nebeneinander.
ERF Bibleserver
Bietet diverse  Übersetzungen der Bibel online, aber wohl allesamt christlicher Provenienz.
תורה נביאים כתובים. Die vier und zwanzig Bücher der Heiligen Schrift. Nach d. masoret. Texte. Redaktion [Julius] Zunz, übers. v. H[eymann] Arnheim, J[ulius] Fürst, M[ichael] Sachs.– 3., unveränd. Abdruck d. Ausg. v. 1837 [=1838?]. Berlin: Veit & Comp., 1848. 815 S.
Von drei jüdischen Gelehrten hergestellte Verdeutschung des AT, online z.B. bei  Archive.org.
Die Schrift. A. d. Hebr. verdeutscht v. Martin Buber gemeinsam m. Franz Rosenzweig. In 4 Bd.
Die bekannte konkordante Übersetzung von Buber/Rosenzweig, online abrufbar unter  Die Schrift [Buber-Rosenzweig] (1929).

Das antike Judentum

Die Patriarchen

Die Entstehung des Judentums als Religion liegt im Dunkel der Geschichte. Die alttestamentlichen Berichte über Ereignisse, die vor der Königszeit liegen, werden von den meisten Forschern hinsichtlich ihrer historischen Zuverlässigkeit stark angezweifelt. Das AT gilt ihnen in weiten Teilen als verfasst oder redigiert in nachexilischer Zeit im Sinne eines strengen Monotheismus, den es so vor dem Exil noch gar nicht gegeben haben soll. Tatsächlich sagt das erste Gebot: du sollst keine anderen Götter haben neben mir – nicht (wie der Islam): es gibt keinen Gott außer mir.

Die ersten Personen des AT, die wir historisch ungefähr einordnen können, sind die sog. Patriarchen Abraham (ʾaḇrāhām), Isaak (jiṣḥāq) und Jakob (jaʿaqoḇ). Sie leben in der 2. Hälfte des 2. Jt. v.Chr. Sie stammen einerseits aus dem südl. Mesopotamien (Ur in Sumer) und andererseits aus dem nördl. Syrien (Haran im Euphratknie). Jakob ist der Stammvater der 12 Stämme des späteren Volkes Israel (jiśrāʾel, ein anderer Name Jakobs). Von ihrer polytheistischen Umwelt unterscheiden sie sich nach dem AT dadurch, dass sie nur Jahwe verehren und dass sie Gott nicht nur kultisch verehren (Opfer, Gebet), sondern sich ihm mit ihrer ganzen Existenz anvertrauen und von ihm Segenszusagen erhalten. Die Beschneidung ist das Erinnerungszeichen einer solchen Zusage an Abraham.

Die Volkwerdung


Palästina nach der Landnahme.
Urheber: The Historical Atlas by William R. Shepherd, 1923.– Lizenz: Gemeinfrei.– Quelle:  Reference Map of Ancient Palestine, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der  Perry-Castañeda Library Map Collection.– Bearbeitung: Detailausschnitt, Kontrast erhöht.

Die Patriarchen und ihre Nachkommen in Ägypten werden Hebräer (עִבְרִים ʿiḇrîm) genannt, was vielleicht „die von drüben, Ausländer“ bedeutet. Zwei Ereignisse sind es vor allem, durch die die Hebräer zum Volk Gottes werden: Der Auszug aus Ägypten und die anschließende Wanderung durch die Wüste, in deren Verlauf das Volk die 10 Gebote und überhaupt das Gesetz erhält, unter der Führung des Mose (mošæ̂); und die Einnahme des Landes Kanaan (kenaʿan, d.h. Palästinas) unter der Führung des Josua (jehôšuaʿ), beides wohl etwa im 13. Jh.

Über den historischen Hintergrund wird viel gerätselt und gestritten. Weder die biblischen Plagen, noch der Auszug der Hebräer haben in den Schriften und Monumenten der Ägypter Spuren hinterlassen. Die Landnahme hat wohl kaum als Eroberungszug einer Gruppe von Einwanderern stattgefunden. Sie kamen vermutlich in mehreren Wellen und haben nur vereinzelt militärische Eroberungen gemacht, hauptsächlich aber unbesiedeltes Land in Besitz genommen. Vermutlich übernehmen die Hebräer hier die Sprache der Kanaaniter, das Hebräische. Welche Sprache sie vorher gesprochen haben, ist unklar (Aramäisch? Bereits einen kanaanitischen Dialekt?).

Die Theorie, die Israeliten seien einfach Kanaaniter gewesen, die die spätbronzezeitlichen Städte verlassen und sich im Bergland angesiedelt haben, halte ich für falsch und auch im Widerspruch zur Faktenlage, s. Jericho#Landnahme.

Auch das mosaische Gesetz mit seiner ausgefeilten Kasuistik wird wohl kaum zur Gänze auf Mose und die Zeit der Wüstenwanderung zurückgehen. Die Tora (תּוֹרָה tôrâ „Belehrung, Unterweisung; Gesetz“), aufgezeichnet in den 5 Büchern Mose, enthält grundlegende ethische Gebote (am bekanntesten der Dekalog, d.h. die 10 Gebote), Reinheits- und Kultvorschriften (Speisegebote, Vorschriften über Opfer) und zivil- und strafrechtliche Bestimmungen.

Das spezifisch Jüdische ist der Bund (hebr. בְּרִית berît) zwischen Gott und Volk: wenn das Volk Gott treu ist, ihn ungeteilten Herzens verehrt und seine Gebote hält, wird Gott das Volk und sein Land segnen und ihm Wohlergehen schenken.

Die Hebräer waren nicht die einzigen, die um 1200 nach Israel gekommen sind: die Philister siedeln sich (aus Kleinasien oder von Kreta kommend?) im Zuge des sog. Seevölkersturms an der Küste Palästinas an. Immer wieder (nach dem Richterbuch vor allem, wenn sie Gott untreu werden und andere Götter verehren) spüren die Israeliten ihre militärische Überlegenheit (Waffen aus Eisen, Streitwagen).

Zwar schickt Gott immer wieder charismatische Führer (die sog. Richter), die die unabhängigen Stämme vorübergehend einen, Israel zum Sieg verhelfen und ihm so für einige Jahre oder Jahrzehnte Luft verschaffen (oder wie Simson einfach nur die Philister schikanieren). Aber das Volk kommt schließlich zur Erkenntnis, dass es einen dauernden Herrscher braucht, der jederzeit den Heerbann aufbieten kann.

Die Königszeit


Palästina nach der Reichsteilung.
Urheber: The Historical Atlas by William R. Shepherd, 1923.– Lizenz: gemeinfrei.– Quelle:  Reference Map of Ancient Palestine, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der  Perry-Castañeda Library Map Collection.– Bearbeitung: Detailausschnitt, Kontrast erhöht.

Erster König ist der Benjaminiter Saul (šāʾûl, ca. 1012-1004), der aber schließlich den Philistern militärisch unterliegt. Ihm folgt der Judäer David (dāwid, 1004-965), der die an der Grenze zwischen den nördl. und südl. Stämmen gelegene Jebusiterfestung Jerusalem (jerûšāla(j)im) erobert und zur Residenz und zum Kultzentrum (Überführung der Bundeslade) macht. Unter ihm und seinem Sohn und Nachfolger Salomo (šelomô, 965-926) erreicht Israel seine größte Ausdehnung und seinen größten Wohlstand. Salomo errichtet in Jerusalem für Jahwe einen Tempel (den „Ersten Tempel“).

Salomo hat seinen Untertanen eine harte Steuer- und Fronlast auferlegt. Die immer wieder aufflackernden Rivalitäten zwischen den 10 Nord- und 2 Südstämmen bricht unter Salomos Nachfolger Rehabeam wieder auf. Als der sich weigert, die Fronlast zu erleichtern, sagt sich der Norden vom Haus Davids los (926). Es entsteht das Nordreich mit seiner späteren Hauptstadt Samaria (šomerôn, aram. šāmerayin), im AT meist Israel oder nach der Hst. Samaria genannt. Der verbleibende Rest mit der Hst. Jerusalem wird fortan Juda (jehûdâ) genannt.

Das davidische Reich war nur möglich, weil es im 11./10. Jh. zwischen Ägypten und Mesopotamien ein Machtvakuum gab. Doch im 9. Jh. erstarkt das assyrische Reich. Ein Jh. später ist auch Israel von der assyrischen Expansionspolitik betroffen: 722 wird Samaria erobert, ein Teil der Bevölkerung des Nordreiches deportiert, Deportierte aus anderen Gebieten des assyrischen Reiches werden in Israel angesiedelt: die Geburtsstunde des heidnisch-jüdischen Mischvolks der Samarit(an)er.

Juda entgeht nur knapp einem ähnlichen Schicksal: 701 lässt Sanherib Jerusalem belagern; die Belagerung wird aber (warum, ist unklar) abgebrochen. Dann beginnt die Macht Assyriens zu schwinden. In dieser Zeit kann König Josia (jôšijjāhû, reg. 640-609) seine Kultreform durchführen: Zentralisierung des Kults in Jerusalem, Zerstörung der Kultstätten anderer Götter, Beginn der Redaktion der heiligen Schriften. 612 erobern die aramäischsprechenden Neubabylonier Ninive und bereiten dem assyrischen Reich ein Ende. Doch zugleich vollenden sie, was den Assyrern nicht mehr gelungen war. Nebukadnezar erobert zweimal (597 und 587) Jerusalem und lässt die Oberschicht deportieren. Beim zweiten Mal wird der salomonische Tempel zerstört (seither ist  die Bundeslade verschollen).

Die Königszeit ist auch die hohe Zeit der Propheten (griech. προφήτης pro-phḗtēs „Vorhersager“, hebr. נָבִיא nāḇîʾ vermutl. „Verkünder“), Männer und Frauen, die von Gott her soziale Ungerechtigkeit, Ausbeutung, äußerliche Frömmigkeit, falsches Vertrauen auf politische Bündnisse (statt auf Gott) anprangern, aber auch die Feinde Israels kritisieren und den Unterdrückten, Ängstlichen und Trauernden Trost zusprechen. Gott wird dabei als der gesehen, der immer wieder in die Geschichte eingreift bzw. sie überhaupt lenkt.

Israel als Untertan der Großmächte

Die Judäer dürfen im Babylonischen Exil aber zusammenbleiben und können so weiterhin ihre Kultur und ihren Glauben pflegen. Hier übernehmen sie die Sprache des neubabylonischen Reiches, das (Reichs-)Aramäische. 539 erobert der Perserkönig Kyros Babylonien. Er erlaubt den Deportierten, in die Heimat zurückzukehren und den Tempel wieder aufzubauen (den „Zweiten Tempel“, Einweihung 515). In ihm steht statt der Bundeslade eine  Menora.

Die Zeit des Exils ist von nachhaltigem Einfluss auf die jüdische Religion. Denn in dieser Zeit, in der die Juden keinen Tempelkult und keine Opfer mehr haben (denn dieser durfte nur im Tempel in Jerusalem stattfinden), entsteht die pharisäisch-rabbinische Frömmigkeit: gewissenhafte Einhaltung des Gesetzes (insbes. der Reinheitsvorschriften), Studium der heiligen Schrift, Gebet. In dieser Zeit und den Jahrhunderten danach entsteht nach Ansicht heutiger Gelehrter der Großteil des AT (tôrâ, neḇîʾîm „Propheten“, ketûḇîm „Schriften“ – TeNaḴ).

In dieser Zeit wohl beginnen fromme Juden, sich in Synagogen (griech. συναγωγή synagōgḗ „Versammeln, Versammlungsort“ ), jüdischen Versammlungs- und Gotteshäusern, zu treffen und einen Wortgottesdienst zu halten.

Nicht alle Juden kehren in die Heimat der Väter zurück. So ist das babylonische Exil auch der Beginn der Diaspora (griech. διασπορά diasporá „Zerstreuung“). Es beginnt auch die bewusste Absonderung der Juden von anderen Völkern (z.B. Verbot von Mischehen), die endgültige – auch theologische – Trennung von den Samaritanern (Samaritanisches Schisma), die nur die Tora als hl. Schrift gelten lassen und ein zentrales Heiligtum auf dem Berg Garizim errichten.

In Palästina beginnt der Aufstieg der Tempelaristokratie. An der Spitze des Volkes steht der Hohepriester (Theokratie). An Stelle der Prophetie ist die Weisheit und Schriftgelehrsamkeit getreten. Die Betonung liegt jetzt auf der planvollen Ordnung Gottes, der sich der Mensch vertrauensvoll unterstellen darf.

Palästina gehört zunächst zum Persischen Reich, nachdem Alexander der Große das Perserreich erobert hat, zum Ptolemäerreich (ca. 300-200). In dieser Zeit wird das AT ins Griech. übersetzt (die lat. Septuaginta „siebzig“, weil nach der Überlieferung von siebzig (eigentlich: 72) Übersetzern hergestellt).

Seit 200 gehört Palästina zum Seleukidenreich. Die Seleukiden betreiben seit 167 eine zwangweise Hellenisierung Israels: Verbot des Tempelkultes, der Beschneidung, der Einhaltung des Sabbats; Aufstellung eines Zeusaltars im Tempel; Verfolgung von Gesetzestreuen. Dagegen revoltiert die orthodoxe Landbevölkerung unter der Führung der Hasmonäer, besonders des Judas (yehûdâ), genannt Makkabäus (hebr. ham-makabî, < aram. maqqabay „der Hammer“?). 164 zieht Judas in Jerusalem ein und lässt den Tempel neu einweihen (Urspung des  Chanukka-Festes). Unter Johannes Hyrkanos I. (135-104), der König und Hoherpriester zugleich ist, wird Judäa politisch unabhängig.

In der Zeit der Verfolgung entsteht eine neue Form theologischer Geschichtsdeutung: die Apokalyptik (v. griech. ἀποκάλυψις apokálypsis „Enthüllung, Offenbarung“), die mit dem Kommen des Gottesreiches, begleitet von einer Endkatatstrophe rechnet (im AT: Daniel). Es entsteht der Glaube an die Auferweckung von den Toten (denn wie anders sollte Gott die Glaubenstreue der Märtyrer belohnen?). Anstelle eines irdischen Messias aus dem Haus Davids hofft man auf einen transzendenten Richter und Retter, den Menschensohn ( Dan 7,13f).

In dieser Zeit entstehen auch die (im NT genannten) religiösen Gruppen:

Die Römer setzen der Herrschaft der Hasmonäer, die bald mit Willkür und Terror regiert hatten, ein Ende. Herodes der Große errichtet seit 37 v.Chr. ein von Rom abhängiges Vasallenreich. Er lässt alle Opponenten und potentiellen Prätendenten (darunter auch drei seiner eigenen Söhne) umbringen. Nach Herodes' Tod teilen die Römer das Reich auf. Zentrales Regierungs- und Gerichtsorgan wird das Synhedrion (griech. συνέδριον synédrion „Sitzung, Beratung, (Rats-)Versammlung“ > hebr. סנהדרין sanhedrîn), der jüdische Hohe Rat mit dem Hohenpriester an der Spitze.

66-70 n.Chr. kommt es zum Ersten Jüdischen Aufstand. Vespasian (seit 69 Kaiser) und sein Sohn Titus erobern Palästina und 70 Jerusalem. Stadt und Tempel werden geplündert und zerstört. 74 wird die Festung Massada (meṣadâ) erobert (Massenselbstmord der Belagerten).

132-135 n.Chr. kommt es zum Zweiten Jüdischen Aufstand, angeführt von Šimʿôn Bar Kôseḇâ (od. Kôzîḇâ), genannt Bar Kochba (Koḵbâ od. Kôḵeḇâ) „Sternensohn“. Die Römer zerstören abermals Jerusalem und errichten auf ihr Colonia Aelia Capitolina mit einem Heiligtum der kapitolinischen Trias. Den Juden ist das Betreten bei Todesstrafe verboten.

Das mittelalterliche Judentum

Von allen religiösen Gruppen des Judentums überleben allein die Pharisäer. Schon während des ersten Aufstandes ist in Jawne (griech. Jamnia) eine Schule gegründet worden, die Rabbi(ner) (jidd. Rebbe, hebr.רַבִּי rabbî, aram. rabbuni, < hebr. רַב rab „groß, bedeutend; (Subst.) Anführer, Meister“), d.h. Toragelehrte und -lehrer ausbildet. Rabbiner, Synagoge, Torastudium treten an die Stelle von Priester, Tempel und Opferkult. Neben Palästina wird vor allem Babylonien ein Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit.

Im 3. Jh. wird die Mischna (hebr. מִשְׁנֶה mišnæ̂ „Wiederholung, Verdoppelung“) zusammengestellt, auch als mündliche Tora bezeichnet, die lange Zeit mündlich überlieferte halachische Auslegungstradition der Tora (d.h. Auffassungen der rabbinischen Gelehrten über die rechte Anwendung und Auslegung der Tora), eingeteilt in 6 Ordnungen zu jeweils 6-12 Traktaten, insges. 63 Traktate, in hebr. Sprache.

In den folgenden Jahrhunderten wird die Mischna kommentiert. Es entsteht die Gemara (aram. גמרא gemārâ „Vollendung, Fertigstellung“), Kommentare zur Mischna in aram. Sprache. Mischna und Gemara bilden zusammen den Talmud (hebr. תַּלְמוּד talmûd „Lehre, Studium“), die Summe der rabbinischen Überlieferung. Im 5. Jh. wird der Palästinische (oder Jerusalemer) Talmud abgeschlossen, im 8. Jh. der Babylonische, der sich schließlich als normative Grundlage des orthodoxen Judentums allgemein durchsetzt. Inhaltlich unterscheidet man im Talmud Halacha (hebr. הלכה halaḵâ „Wandel, Weg“, das Gesetz betreffende Texte) und Haggada (hebr. הגדה haggadâ, aram. אגדה ʾagadâ „Erzählung“, erbauliche Texte). (S. dazu ausführlicher  Mischna und Talmud.)


Codex von Aleppo, Jos 1,1.
Quelle:  Wikimedia.– Urheber:  aleppocodex.org.– Lizenz: gemeinfrei.– Bearbeitung: verkleinert, Kontrast erhöht.

In die Zeit des 8.-10. Jh. fällt die Tätigkeit der Masoreten (v. hebr. מסורה masôrâ „Überlieferung“), jüdischer Gelehrter, die sich mit der möglichst genauen und unverfälschten Überlieferung des Bibeltextes beschäftigen. Sie führen dazu u.a. Akzente und Vokalzeichen ein. Es entstehen zwei Vokalisierungssysteme: das tiberiensische und das babylonische. Die beiden bedeutendsten Masoreten sind (Aaron ben Mosche) ben Ascher und (Mosche? Jakob?) ben Naftali, beide aus Tiberias. Von ben Ascher stammt der Codex von Aleppo (zu etwa 60% erhalten, seit 1958 im Israel Museum in Jerusalem), auf diesem beruht der (vollständig erhaltene) Codex Leningradensis (seit 1863 in der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg), auf diesem wiederum beruht unser heutiger Text des AT.

Neben dem orthodoxen talmudisch-rabbinischen Judentum kann nur die Kabbala (hebr. קַבָּלָה qabbālâ „Aufnahme, Empfang“), die jüdische Mystik (Einswerden mit Gott), die gnostische und neuplatonische Elemente enthält, einige Bedeutung erlangen. Sie verbindet eine auf mystische, oft auf Buchstaben- und Zahlenspekulationen (Gematria) aufbauende Auslegung der Tora mit magischen oder ekstatischen Praktiken. Wichtige Begriffe sind der Lebensbaum aus den 10 Sephirot (hebr. סְפִירָה sep̱îrâ, Pl. -ôt „Ziffer“), d.s. Emanationen Gottes, und das En Sof (hebr. אֵין סוֹף ʾe(j)n sôp̱ „ohne Ende, unendlich“), das Nichts (?), der Urgrund des Seins. Wichtigste Werke sind die Bücher Bahir (sep̱ær hab-bāhîr „Buch des Leuchtenden“, 12. Jh., Südfrankreich) und Sohar (sep̱ær haz-zohar „Buch des Glanzes“, 13. Jh., Spanien). Wichtige Vertreter sind Abraham Abulafia (1240-1292, Spanien) und Isaak Luria (1534-1572, Palästina). Die Kabbala hat auch im Christentum durch Giovanni Pico della Mirandola (1463-1494, Italien) und Johannes Reuchlin (1455-1522, Deutschland) bedeutende Rezeption erfahren.

Die talmudisch-rabbinische Frömmigkeit hat eine starke Selbstabsonderung und Isolierung zur Folge, weil nur so die Reinheitsvorschriften eingehalten werden können: Verbot der Ehe mit Nichtjuden, der Mahlgemeinschaft usw. Umgekehrt führt dies zu antijüdischen Ressentiments, die vom Christentum bald auch theologisch begründet werden (Meliton von Sardes: Juden sind „Gottesmörder“). Seit dem oström. Kaiser Theodosius II. (reg. 408-450) werden die Juden vom christlichen Staat isoliert und eingeschränkt. Doch versuchen manche Kaiser und Staaten auch, die Juden vor den Angriffen der Christen und dem Zugriff der Kirche zu schützen.

Während es den Juden unter der Herrschaft von Moslems meist nicht schlecht geht (Blüte der jüdischen Kultur im maurischen Spanien: Moše ben Maimon, lat. Maimonides, 1138-1204, Philosoph, Rabbi und Leibarzt Saladins), erleiden die Juden von Christen vor allem seit der Zeit der Kreuzzüge immer mehr Einschränkungen und Verfolgung. Gerüchte und Verleumdungen (Juden sind Brunnenvergifter [Pest], Hostienschänder, Ritualmörder [Simon von Trient], Weltverschwörer) führen immer wieder zu Pogromen (russ. погрóм „Verwüstung, Zerstörung“, gewalttätige Massenausschreitungen gegen Mitglieder einer Minderheit). Juden ziehen sich in eigene Viertel zurück, die nach dem Judenviertel Venedigs als Ghetto bezeichnet werden (venezian. gheto = ital. getto „Guss“, weil sich das Gheto Novo auf dem Gebiet einer ehemaligen Gießerei befand). Doch die Juden sind in den Ghettos nicht nur geschützt, sie sind oft auch gefangen.

Da Juden immer mehr Berufe verwehrt sind (sie dürfen keinen Grundbesitz erwerben, können also nicht Landwirtschaft betreiben, sie dürfen nicht Soldat oder Beamte werden, sie werden nicht in Handwerkszünfte aufgenommen usw.), verdienen viele Juden mit Kleinhandel, Geld- und Pfandverleih ihren Unterhalt. Sie müssen hohe Sondersteuern entrichten, die sie auf ihre (meist christlichen) Kunden umlegen. So entsteht das Bild vom Juden als geldgierigem Wucherer.

Es kommt zu Hinrichtungen, Zwangsbekehrungen, Vermögenskonfiskationen (womit man sich praktischerweise auch der Schulden bei ihnen entledigen kann) und Vertreibungen von Juden: 1290 in England, 1394 in Frankreich. Die spanischen Juden, die Sepharden (hebr. סְפָרְדִים sep̱ārdîm, Bew. von סְפָרַד sep̱ārad [Ob 20], ursprl. viell. Kleinasien, nach MA-lichen Auslegern die iberische Halbinsel) werden im Zuge der Reconquista 1492 aus Spanien, 1497 aus Portugal vertrieben.

Die Juden Mitteleuropas, die Aschkenasen (hebr. אַשְׁכֲּנָזִים ʾaškanazîm, Bew. v. אַשְׁכֲּנַז ʾaškanaz [Gen 10,3; Jer 51,27; in vielen Hss כְּ ke vokalisiert], ursprl. viell. Armenien, nach den rabbinischen Juden des MA Deutschland) wandern unter dem Druck der Verfolgungen (bes. 1348 im Zuge der Pest) und in Folge von Ausweisungen immer weiter in den Osten: aus der Rheingegegend nach Mitteldeutschland, nach Polen, in die Ukraine, nach Russland. Das geistige Zentrum des Judentums verlagert sich so im 16. Jh. nach Osteuropa, bes. nach Polen. Die Sprache der Aschkenasen ist das Jiddische (< engl. Yiddish < jidd. jidisch „jüdisch“), Mittelhochdeutsch mit hebräischen, aramäischen, romanischen und slawischen Elementen.

Jidd. Lehnwörter im Dt. sind etwa:

Das moderne Judentum

Mit Moses Mendelssohn (1729-1786) beginnt die jüdische Aufklärung (Haskala, hebr. השכלה), die den Anschluss an die säkulare Bildung (Philosophie, Wissenschaft) und Partizipation am (christlich geprägten) Gesellschaftsleben sucht. Allerdings führt dies auch dazu, dass Juden (zumindest formell) zum Christentum übertreten (z.B. Felix Mendelssohn Bartholdy, der Enkel Moses Mendelssohns, oder Heinrich Heine).

Im Westen (USA, Westeuropa) wird den Juden endlich nach und nach (Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten, 4. Juli 1776; Toleranzedikte Josephs II., 1780er Jahre; Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte durch die Französische Revolution, 26. Aug. 1789; Grundrechte des deutschen Volkes, 1848) Gleichberechtigung zuerkannt: Aufhebung der Berufsverbote, der Sondersteuern, des Ghettozwangs. In Osteuropa, wo zwei Drittel der europäischen Juden leben, bleibt die Situation meist drückend. Im 19. Jh. beginnt eine massenhafte Auswanderung europäischer Juden nach Amerika.

Neben dem orthodoxen Judentum entstehen drei wesentliche Strömungen im Judentum:

Reformjudentum
Wirft alles über Bord, was am jüdischen Glauben nicht zeit- und vernunftgemäß erscheint (Beschneidung, Reinheitsvorschriften, hebräische Liturgie usw.), betreibt Modernisierung der Lebensgestaltung und Assimilation an die jeweilige nationale Kultur.
Konservatives Judentum
Versucht eine Mittelstellung zwischen orthodoxem und Reformjudentum einzunehmen: Bejahung der Modernisierung, aber Festhalten an jüdischer Sprache, Literatur, Kultur.
Säkulares Judentum
Wendet sich von der Religion ganz ab; diese Juden sind Agnostiker, Atheisten, Sozialisten, Anarchisten, Zionisten etc. Judentum wird nicht als Religions-, sondern als Volkszugehörigkeit definiert.

Trotz – oder wegen – der erfolgreichen Anpassung und des sozialen Aufstiegs vieler Juden entsteht im ausgehenden 19. Jh. ein pseudowissenschaftlich (darwinistisch) begründeter rassistischer Antisemitismus (das Wort selber kommt in dieser Zeit auf, um einen wissenschaftlich klingenden Begriff für Judenhass zu haben), der sich gegen die Juden als Volk wendet. Symptomatisch leuchtet dieser Antisemitismus etwa in Frankreich in der Affäre Dreyfus (1894) auf.

„Kurz die Hose, lang der Rock,
Krumm die Nase und der Stock,
Augen schwarz und Seele grau,
Hut nach hinten, Miene schlau -
So ist Schmulchen Schiefelbeiner.
(Schöner ist doch unsereiner!)“
Wilhelm Busch (1832-1908), Plisch und Plum, 5. Kapitel, 1. Bild.
Zeittypische Judenkarikatur von 1882: seltsam gekleidet, hässlich, verschlagen, geldgierig (er wird den Besitzer der Hunde für seine zerrissene Hose zur Kasse bitten).
Quelle:  Scan aus Busch Gesamtausgabe in vier Bänden (Bd. 3, S. 479) auf  Wikimedia Commons.– Lizenz: Gemeinfrei, weil der Autor schon mehr als 70 Jahr tot ist.– Bearbeitung: verkleinerte Wiedergabe.

Vor allem säkulare Juden gelangen daher in dieser Zeit zur Überzeugung, dass Anpassung oder Taufe nicht helfen, dem Judenhass zu entgehen: die Juden brauchen einen eigenen (säkularen) Staat. Wichtigster Programmator und Organisator dieser Zionismus genannten Bewegung (ṣijjôn ist der Tempelberg von Jerusalem) wird der Wiener Jurist und Journalist Theodor Herzl (1860-1904). In mehreren Immigrationswellen, Alijot (hebr. עליה ʿalijâ, Pl. -ôt „Aufstieg, Hinaufziehen [zum Tempel], Wallfahrt“), die erste schon 1882, wandern Juden nach Palästina ein.

Ende des 19. Jh. beginnt man auch, die nur noch in der Liturgie verwendete Sprache des AT und des Talmud als gesprochene Sprache wiederzubeleben und zu modernisieren. Vor allem Eliezer Ben Jehuda (1858-1922, aus Weißrussland, 1881 nach Palästina eingewandert) schafft neue Wörter und das erste Wörterbuch dieser Sprache, des sog. Neuhebräischen oder Ivrit (עברית ʿiḇrît „Hebräisch“). Er macht die sephardische Aussprache zur Norm.

1917 besetzen die Briten das bis dahin zum Osmanischen Reich gehörende Palästina. Dadurch kann der Biochemiker Chaim Weizmann (1874-1952, aus Weißrussland, seit 1910 britischer Staatsbürger), der 1918 auch Mitbegründer der Hebräischen Universität von Jerusalem ist, an der Umsetzung der Balfour-Erklärung (Palästina als nationale Heimstätte – nicht Staat – der Juden) arbeiten.

Seit den 1920er Jahren wehrt sich die angestammte, überwiegend arabische Bevölkerung Palästinas, die Palästinenser, gegen die wachsende Zahl jüdischer Einwanderer. Auch unter den Juden ist umstritten, wie mit diesem Problem umgegangen werden soll. David Ben-Gurion (1886-1973, aus Polen), Führer der jüdischen Arbeiterbewegung, setzt auf Zusammenarbeit mit den Arabern und Aufbau der Wirtschaft, Vladimir Jabotinsky (1880-1940, aus Russland) auf militärische Konfrontation und Terrorakte. Beide jedoch streben danach, aus ganz Palästina einen jüdischen Staat zu machen. Weizmann und Nahum Goldmann dagegen setzen sich für eine Teilung in einen jüdischen und einen arabischen Teil ein.

Der wachsende Antisemitismus mündet im Dritten Reich schrittweise über die Nürnberger Rassengesetze 1935, organisierte Pogrome („Reichskristallnacht“) 1938, Arisierung (d.h. Beraubung und Enteignung) jüdischer Geschäfte und Banken in die sog. Endlösung, d.h. die von staatlichen Behörden geplante, industriell betriebene systematische Vernichtung aller europäischen Juden (einschl. Frauen, Kinder, Greise), den Holocaust (griech. ὁλόκαυστον holókauston „Brandopfer“) oder die Schoa (hebr. שׁוֹאָה šôʾâ „Verwüstung, Untergang, Verderben“), dem 6 Mio Juden zum Opfer fallen. Viele Länder (USA, Großbritannien), Organisationen (Rotes Kreuz, die Kirchen) und Persönlichkeiten (Papst Pius XII., reg. 1939-1958) helfen den Juden nur halbherzig oder gar nicht, teils aus diplomatischer Räson, teils weil sie selber antisemitisch eingestellt sind.

Der Staat Israel


Der heutige Staat Israel.
Urheber: Regierung der Vereinigten Staaten.– Lizenz: gemeinfrei.– Quelle:  Vorschaubild einer  Karte bei Wikipedia, die u.a. eingebunden ist in den Artikel  Israel.
Dass der Name Israels aus der Karte gefallen ist, hat hier nichts zu bedeuten. Ich verwende diese Karte, weil sie gemeinfrei ist und ich keine bessere gefunden habe.

Am 29. Nov. 1947 beschließt die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Teilung Palästinas; die Juden akzeptieren. Am 14. Mai 1948 proklamiert der Nationalrat der Juden in Tel Aviv den Staat Israel, David Ben-Gurion verliest die Unabhängigkeitserklärung. Die Araber lehnen die Teilung ab und versäumen so die Gündung eines palästinensischen Staates. Doch bemühen sich israelische Politiker wie David Ben-Gurion oder später Menachem Begin auch ständig, eine solche zu verhindern. Und auch die Nachbarstaaten Israels haben die Palästinenser meist nur für die eigenen Zwecke benutzt.

Unabhängigkeitskrieg, 15. Mai 1948 - Juli 1949
Noch in der Nacht nach der Gründung Israels erklären die arabischen Nachbarstaaten Israel den Krieg. Ergebnis: erhebliche Vergrößerung des israelischen Gebiets, die Westbank und Ostjerusalem gehen an Jordanien, der Gazastreifen an Ägypten; Hunderttausende Araber flüchten oder werden vertrieben, ihre Dörfer und Städte werden zerstört: Flüchtlingslager
Suezkrise/Sinaikrieg, Okt./Nov. 1956
Präventivkrieg gegen Ägypten, Israel besetzt den Gazastreifen und die Sinaihalbinsel, zieht sich aber im Dez. 1956 wieder zurück. Die USA garantieren dafür Israel die freie Schiffahrt im Golf von Akaba.
Sechstagekrieg, 5.-11. Juni 1968
Israel kommt den massiven Truppenaufmärschen Ägyptens, Syriens und Jordaniens durch einen Angriff zuvor. Ergebnis: Eroberung des Gazastreifens und des Sinai, der Westbank einschließl. Ostjerusalems und der syrischen Golanhöhen. Israel ist ab jetzt Besatzungsmacht und beginnt in den besetzten Gebieten mit dem Bau jüdischer Siedlungen. Am 30. Juli 1980 erklärt das israelische Parlament, die Knesset (כְּנֵסֶּת kenessæt „Versammlung“), Jerusalem zur ewigen und unteilbaren Hauptstadt Israels.
Jom-Kippur-Krieg, 6.-25. Okt. 1973
Am höchsten religiösen Feiertag der Juden überfallen Ägypten und Syrien Israel zwecks Rückgewinnung des Sinai bzw. des Golan. Die Israeli können die Offensive stoppen, nach zwei Wochen kommt es zum Waffenstillstand. Obwohl die Israeli militärisch siegreich bleiben, zeigen ihren hohen Verluste erstmals, dass die arabische Welt militärisch ernst genommen werden muss. Der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat steht politisch als Sieger da und ergreift 1977 eine Friedensinitiave, die am 17. Sept. 1978 zum Camp-David-Abkommen und am 26. März 1979 zu einem Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel führt: Israel gibt den Sinai zurück, Ägypten erkennt den Staat Israel an.
Libanonfeldzug, 6. Juni 1982
Die 1964 gegründete PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation), deren Vorsitzender 1969-2004 Yassir Arafat ist, kämpft für einen säkularen arabischen Staat Palästina. Nach einem (misslungenen) Attentat auf den jordanischen König am 2. Sept. 1970 und Gefechten mit der jordanischen Armee aus Jordanien vertrieben, unternimmt sie seither vom Libanon aus immer wieder Terrorattentate auf israelische Zivilisten. Um sie zu schwächen, beginnt Israel am 6. Juni 1982 mit einem Angriff auf den Libanon. Ende August muss sich die PLO aus dem Libanon zurückziehen und richtet in Tunis ihr neues Hauptquartier ein. Israel hält den Südlibanon bis 2000 als Sicherheitszone besetzt.

In Folge der trostlosen sozialen Aussichten in den palästinensischen Flüchtlingslagern vor allem im Gazastreifen kommt es am 8. Dez. 1987 zum Ausbruch der Ersten Intifada (arab. انتفاضة ʾintifāḍa „Abschütteln, Aufstand“) genannten gewalttätigen Unruhen: Jugendliche werfen Steine oder Molotowcocktails, zünden Autoreifen an, es kommt zu Streiks und zum Boykott jüdischer Produkte.

Am 13. September 1993 unterzeichnen Yitzhak Rabin und Yassir Arafat das Osloer Abkommen: Israel akzeptiert die PLO als offiziellen Vertreter der Palästinenser, die PLO verpflichtet sich, das Ziel der Vernichtung Israels aufzugeben. Es kommt zur Einführung einer palästinensischen Selbstverwaltung im Gazastreifen und Westjordanland. Nach wie vor umstrittene Themen sind der Status Jerusalems, die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge und die jüdischen Siedlungen im Westjordanland. Weitere Verhandlungen dazu scheitern 2000. Seither sind wechselweise palästinensische Selbstmordattentate und israelische Militäraktionen an der Tagesordnung.

2006 gewinnt die radikalislamische Hamas die Parlamentswahlen in Palästina. Es kommt zum Konflikt mit der säkularen Fatah, deren Vorsitzender der 2005 als Nachfolger von Jassir Arafat zum Präsidenten gewählte Mahmud Abbas ist, und 2007 zu einer faktischen Teilung der Autonomiegebiete in Gaza (von Hamas regiert) und Westbank (von Fatah regiert).

Die Entführung weiterer israelischer Soldaten durch die Hisbollah führt zum Zweiten Libanonkrieg (12. Juli-14. Aug. 2006).

Am 7. Okt. 2023 dringen Kämpfer der Hamas vom Gazastreifen nach Israel ein, töten rund 1200 israelische Zivilisten und verschleppen rund 200 Menschen nach Gaza. Gleichzeitig feuert die Hamas tausende Raketen auf israelisches Gebiet. Israel beginnt daraufhin mit einer Bodenoffensive im Gazastreifen, die derzeit (Mai 2024) noch andauert.

Die jüdische Bibel

Die Juden nennen ihr heiliges Buch תּוֹרָה נְבִיאִים וּכְתוּבִים tôrâ neḇîʾîm û-ḵtûḇîm „Gesetz, Propheten und Schriften“, oder mit einem Akronym daraus TeNaḴ. Die christliche Tradition nannte es den „alten Bund“, griech. παλαιὰ διαθήκη palaiá diathḗkē. Daraus wurde durch falsche Übersetzung (diathḗke = Bündnis, Vertrag, Testament) im Lat. vetus testamentum, auf dt. Altes Testament.

Die nur in der griech. Übersetzung, der Septuaginta, enthaltenen Bücher, die auch Eingang in die lat. Übersetzung, die Vulgata, fanden, werden von den Juden und den Protestanten nicht als kanonisch anerkannt.

Die Sprache des Tenach ist hebräisch, die Textabschnitte Dan 2,4-7,28; Esra 4,8-6,18; 7,12-26 und der Vers Jer 10,11 sind aramäisch.

Jüdischer Glaube

Im Judentum geht es primär nicht darum, was man zu glauben, sondern wie man zu leben hat. Doch folgene Überzeugungen sind wohl mehr oder weniger den meisten gläubigen Juden gemeinsam:

Als klassische Ausformulierung des jüdischen Glaubensbekenntnisses gelten die  13 Glaubensartikel des Maimonides.

Heilige Stätten des Judentums


Klagemauer, links oben der Felsendom auf dem Tempelberg.
Urheber: Amoruso.– Lizenz: Creative Commons Attribution ShareAlike 2.5.– Quelle:  Wikipedia, u.a. eingebunden in den Artikel  Western Wall.– Bearbeitung: stark verkleinerter Ausschnitt.

Der wichtigste Ort für gläubige Juden ist die Klagemauer (hebr. הכותל [המערבי] hak-kôtel [ham-maʿarāḇî] „die [westliche] Mauer“), ein etwa 50 m langer Abschnitt der westlichen Stützmauer des Tempelbergs (wegen seiner Nähe zum Tempel von großer symbolischer Bedeutung), der frommen Juden als Gebetsstätte dient; seit 1948 unter jordanischer Herrschaft (und daher für Juden kaum zugänglich), 1967 von Israel erobert.

Heilig im strengen Sinn des Wortes ist wohl nur der Tempelberg in Jerusalem. Diesen dürfen gläubige Juden aber nicht betreten, denn man könnte dabei versehentlich auch das Heilige (den inneren Bereich des jüdischen Tempels) betreten, dessen genau Lage umstritten ist. Auf dem Tempelberg stehen heute islamische Heiligtümer (Felsendom, Al-Aqṣā-Moschee) und er steht unter arabisch-muslimischer Verwaltung.

Ein aussagekräftiges Foto der Jerusalemer Altstadt vom Ölberg aus: über dem Kidrontal erhebt sich die östliche Stützmauer des Tempelbergs, auf dem Tempelberg in der Mitte die goldene Kuppel des Felsendoms, links davon die graue Kuppel der Al-Aqsa-Moschee. Am linken Bildrand sieht man schön die hügelige Landschaft des judäischen Berglandes, in das Jerusalem eingebettet ist.
Urheber: Gal Forenberg aka Beivushtang, Nov. 2006.– Lizenz: GFDL 1.2.– Quelle:  Wikipedia, u.a. eingebunden in den Artikel  Ιερουσαλήμ.

Jüdische Symbole

Menora
hebr. מְנוֹרָה menôrâ „Leuchter“
Ein siebenarmiger Leuchter, heute das wichtigste religiöse Symbol des Judentums. Auch im Staatswappen von Israel enthalten.
Die Plünderung Jerusalems. Relief auf der Innenseite des Titusbogens in Rom. Aufgenommen 2017. Wappen des Staates Israel.
Quelle:  Wikimedia.– Urheber: User Tonyjeff, 2007.– Lizenz: gemeinfrei.– Bearbeitung: verkleinert, geschärft.
Davidsstern
hebr. מָגֵן דָּוִד māgen dāwid „Schild Davids“
Ein aus zwei gleichseitigen Dreiecken gebildeter sechszackiger Stern, ursprl. ein apotropäisches (unheilabwehrendes) Symbol, das auch von Christen und Moslems verwendet wurde, das seit dem Mittelalter aber als Symbol des Judentums galt. Im Dritten Reich mussten Juden einen solchen in gelber Farbe an ihrer Kleidung tragen. Heute auch in der Flagge Israels.
Judenstern. Jüdisches Museum Westfalen.
Urheber: Daniel Ullrich, aka Threedots.– Lizenz: GFDL Version 1.2 und Creative Commons Attribution ShareAlike 2.0.– Quelle:  Vorschaubild eines  Fotos bei Wikimedia Commons, das u.a. eingebunden in den Artikel  Judenstern.
Flagge Israels.
Urheber: Verschiedene Bearbeiter.– Lizenz: gemeinfrei.– Quelle:  Abbildung bei Wikipedia, u.a. eingebunden in den Artikel  Israel.– Bearbeitung: Verkleinerte Wiedergabe. Damit man sieht, dass die Flagge oben und unten einen weißen Streifen hat, wurde sie mit einem dünnen blauen Rand umgeben, der nicht zur Flagge selber gehört.

Jüdische Feste

Das Passah-, das Wochen- und das Laubhüttenfest waren die drei Wallfahrtsfeste, an denen die Israeliten zum Tempel nach Jerusalem pilgern sollten.

Passah, Pas'cha, Pessach
hebr. פֶּסַח pæsaḥ, v. Vb. psḥ „lahm sein, hinken“,  Ex 12,23 meist mit „vorübergehen“ übersetzt.
März/April. 7tägiges Fest zum Gedenken an den Auszug aus Ägypten, bei dem im Tempel die Passahlämmer geschlachtet und dann gemeinschaftlich verzehrt wurden. Heute wird im Familienkreis ein zeremonielles Mahl, das Seder (hebr. סֵדֶר sedær „Ordnung“), begleitet von erklärender Liturgie, gehalten. Vor dem Passahfest muss das Haus gründlich von allem Gesäuertem, Chametz (חָמֵץ ḥāmeṣ), d.h. Getreideprodukten, die mit Wasser in Berührung gekommen sind, gereinigt werden. Während des Festes darf nur ungesäuertes Brot, Matza (hebr. מַצָּה maṣṣâ, Pl. maṣṣôt), dünne Mehlfladen, die ohne Treibmittel hergestellt wurden, gegessen werden.
Schawuot
hebr. שָׁבֻעוֹת šaḇuʿôt „Wochen“.
Das jüdische Wochenfest, im NT heißt das Fest πεντηκοστή pentēkostē „fünzigster (Tag)“ > Pfingsten. 7 Wochen nach dem Passafest gefeiert (Mai/Juni), ursprl. Fest der Weizenernte ( Ex 34,22), dann Gedenken an den Empfang der Gesetzestafeln auf dem Sinai.
Sukkot
hebr. סֻכּוֹת sukkôt „Hütten, Lauben“.
Sept./Okt. Das Laubhüttenfest, ursprl. wohl ein Erntefest anlässlich der Weinlese und Olivenernte ( Dtn 16,13-15; man übernachtete in Weingärten und Olivenhainen in provisorischen Hütten aus Zweigen), dann umgedeutet in die Erinnerung an die Zeit der Wüstenwanderung nach dem Auszug aus Ägypten ( Lev 23,33-43): man isst und schläft 8 Tage lang in Hütten aus Blättern, Zweigen und Stoff im Garten oder auf dem Balkon. Im Anschluss daran begeht man das Fest Simchat Tora (hebr. שִׂמְחַת תּוֹרָה śimḥat tôrâ „Freude (an) der Tora“), das den Beginn eines neuen synagogalen Lesezyklus feiert.
Chanukka (engl. Hanukkah)
hebr. חֲנֻכָּה anukkâ „Einweihung“.
Nov./Dez. Fest zum Gedenken an die Wiedereinweihung des 2. Tempels 164 v.Chr. nach dem erfolgreichen Makkabäeraufstand bzw. an das Wunder, dass die Menora im Tempel durch ein Wunder 8 Tage brannte, obwohl das Öl nur für einen Tag reichte: 8 Tage wird auf dem neunarmigen Chanukkaleuchter jeden Tag eine Kerze mehr angezündet. Ähnelt in manchem dem christl. Weihnachtsfest.
Purim
hebr. (יְמֵי הַ)פּוּרִים (jemê hap-)pûrîm „(Tage der) Lose“ (Bedeutung allerdings umstritten).
Feb./März. Fest zum Gedenken an die Verhinderung eines Pogroms in der persischen Diaspora unter König Xerxes, beschrieben im alttestamentlichen Buch Ester (Einsetzung des Festes  9,20-28). Heute das Faschingsfest der Juden, an dem man sich verkleidet und maskiert und fröhliche Umzüge veranstaltet.
Rosch ha-Schana
hebr. רֹאשׁ הַשָּׁנָה rôš haš-šānâ „Haupt/Anfang des Jahres“.
Sept./Okt. Der jüdische Neujahrstag.
Jom Kippur
AT יוֹם הַכִּפֻּרִים jôm hak-kippurîm „Tag der Sühnungen“, neuhebr. יוֹם כִּפּוּר jôm kippûr.
9 Tage nach Neujahr. Der Versöhnungstag, einer der wichtigsten jüdischen Feiertage (Einsetzung  Lev 16, s.a.  Lev 23,26-32), der einzige Tag im Jahr, an dem der Hohepriester das Allerheiligste im Tempel betreten durfte, um sich und das Volk vor Gott zu entsühnen. Auf einen Ziegenbock wurden symbolisch die Sünden gelegt, dann wurde er in die Wildnis gejagt („Sündenbock“). Das Volk hielt einen Ruhetag und fastete. Heute werden Reue, gute Werke und Versöhnung mit dem Nächsten betont. (Leonhard Cohens Lied „Who By Fire“ basiert wohl auf dem Gebet  u-netannæ̂ tóqæp̱ „und wir besingen die Stärke“, das am Neujahrstag und am Jom Kippur gebetet wird.)
Bar Mizwa
hebr. בַּר מִצְוָה bar miṣwâ „Sohn des Gebotes“.
Bezeichnet eigentlich den religionsmündig gewordenen jüdischen Jugendlichen, der nunmehr zur Einhaltung des Gesetzes verpflichtet ist und sich aktiv am Synagogengottesdienst beteiligen darf (z.B. durch Toralesung); meist meint man aber den Tag der Erlangung der Religionsmündigkeit (am 13. Geburtstag) bzw. das damit verbundene Familienfest (meist am Sabbat danach). Das Reformjudentum hat eine entsprechende Feier auch für Mädchen (Religionsmündigkeit mit 12) eingeführt, die Bat Mizwa („Tochter des Gebotes“).

Weitere Begriffe aus dem Judentum

Chassiden
hebr. חֲסִידִים asîdîm „Fromme“, Anhänger verschiedener jüdischer Bewegungen (3./2. Jh. v.Chr. in Palästina, 12./13. Jh. in Dtl.), bes. 18./19. Jh. in Osteuropa.
Jeschiva
hebr. ישיבה ješîḇâ „Sitzen“, Talmudhochschule.
Kara'im (Karäer)
hebr. קָרָאִים qārāʾîm „Leser“, jüdische Gemeinschaft vor allem des 8.-11. Jh., die die mündliche Überlieferung und den Talmud ablehnt und nur die Tora selbst als verbindlich anerkennt.
Kibbuz
hebr. קיבוץ (AT קִבּוּץ) qîbbûṣ (Pl. -îm) „Sammlung“, (ursprl. landwirtschaftliche) Siedlung mit Gemeineigentum.
Kippa
hebr. כִּפָּה kippâ „Kuppel“ ?, jidd. Yarmulke, kleine, kreisrunde Kopfbedeckung, die hauptsächlich zum Gebet getragen wird.
Midrasch
hebr. מִדְרָשׁ midrāš „Studium, Auslegung, Erklärung“, Auslegung zu einem Bibeltext.
Schechina
hebr. שְׁכִינָה šeḵînâ „Wohnen, Wohnung“, die Einwohnung Gottes in der Welt (ursprl. in der Stiftshütte bzw. im Tempel), seine Gegenwart, Immanenz.
Schofar
hebr. שׁוֹפָר šôp̱ār „Signalhorn, Trompete“, heute rituelles Musikinstrument, zumeist aus Widder- oder Antilopenhorn hergestellt.
Schtetl
jidd. שטעטל štetl „Städtlein“, jüdisches Dorf oder Kleinstadt in Osteuropa, bewohnt von Jiddisch sprechenden Aschkenasen, zumeist armen Handwerkern, Kleinhändlern und Tagelöhnern, mit festgefügten Sozialstrukturen und traditionell chassidischer Lebensweise. Durch die Umwälzungen des frühen 20.Jh. (Industrialisierung, Russische Revolution) und den Holocaust ausgelöscht. Am bekanntesten ist wohl das fiktive Schtetl Anatevka aus dem Musical  Fiddler on the Roof (verfilmt 1971).
Tallit
hebr. טַלִּית ṭallît, Gebetsschal, beim Gebet meist über Kopf und Schultern gezogen.
Tefillin
hebr. תְּפִילִּין tep̱îllîn „Gebete“, lederne Kapseln mit Riemen dran, in die Pergamentstücke mit Toraversen gelegt werden und die beim Gebet (eine am Oberarm, eine auf der Stirn -  Dnt 11,18) getragen werden.

Bewertungen aus christlicher Sicht

Das Judentum hat im Laufe der Jahrhunderte entscheidende Wandlungen durchgemacht: von einer antiken Opferreligion zu einem ethischen Monotheismus. Das frühe Christentum war zunächst eine messianische Bewegung im Judentum. Erst die erfolgreiche Heidenmission und die Anwendung des von der griechischen Philosophie geprägten Denkens auf die Dogmatik machten das Christentum zu einer eigenständigen Religion. Was Christentum und Judentum vor allem trennt, ist die Person Jesu und die Frage der Erlösung.

Das Christentum glaubt an die Erlösung durch den stellvertretenden Sühnetod des Sohnes Gottes Jesus. Beim Nachdenken über die Frage, in welcher Beziehung Jesus und der Heilige Geist zu Gott stehen, gelangte die Kirche zu der Lehre von der Trinität. Das Judentum sieht in Jesus einen durchaus zeittypischen jüdischen Rabbi. Die Trinität ist für die Juden inakzeptabel, weil sie in ihren Augen zur Einzigartigkeit und Einheit Gottes in Widerspruch steht.

Zwar braucht man auch im Judentum die Gnade Gottes, aber nicht in derselben absoluten Weise wie im Christentum. Denn bei Paulus ist der Mensch absolut erlösungsbedürftig. „Der Gerechte wird aus Glauben leben“, zitiert Paulus in  Gal 3,11 nach der Septuaginta den Propheten Habakuk und meint damit: die Erlösung, das Vor-Gott-gerecht-Sein kommt aus dem Glauben an Jesus und sein Erlösungshandeln. Doch bei  Hab 2,4 steht: „Der Rechtschaffene wird durch seine Treue am Leben bleiben“. Es ist letztlich die Gesetzestreue, die Einhaltung des Gesetzes, durch die der Mensch im Judentum erlöst wird.

Christen haben zwar angesichts einer fast 2000jährigen Unrechtsgeschichte nicht das Recht, sich zum Richter über das Judentum aufzuschwingen. Aber die unversöhnliche Härte, mit der bestimmte Kräfte im Judentum und im heutigen Staat Israel auf ihrem Anspruch auf das verheißene Land beharren, kann auch nicht einfach unwidersprochen hingenommen werden. Auch der Unsitte, jede Kritik am heutigen Israel, jeden Hinweis auf das Leiden der Palästinenser sofort als versteckten Antisemitismus zu beschimpfen (um ihn so im Keim zu ersticken), oder das Leiden für das Judentum zu monopolisieren und so zu tun, als sei jede Erwähnung anderen Leidens (der Zigeuner im Dritten Reich, der Armenier in der Türkei) obszön, muss entgegengetreten werden. Schon damit der Vorwurf des Antisemitismus nicht bagatellisiert wird.

Am Schluss aber kann nur eines stehen: Das Eingeständnis der Schuld, die wir Christen am Leiden der Juden tragen, und die Bitte um Verzeihung.


Autor: Michael Neuhold (E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 4. Mai 2024