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Meter, Liter, Kilogramm
Metrologie ist die Lehre von den Maßen. Und da es im Laufe der Jahrhunderte in den verschiedenen Kulturen (Ägypter, Babylonier, Griechen, Römer, westliches Mittelalter usw.) eine Menge unterschiedlicher Maße gegeben hat, ist es nicht einfach, sich einen Überblick über die wesentlichen Fakten zu verschaffen. Im folgenden soll es in erster Linie um die Maße der Griechen und Römer, gelegentlich auch des Mittelalters gehen. Nicht Vollständigkeit ist erstrebt, sondern ein Einblick in die Prinzipien.
Es ist in der metrologischen Literatur nicht unüblich, für die antiken Maße einen Durchschnittswert zu errechnen, der bis auf Hunderstel, ja sogar Tausendstel von Millimeter und Gramm genau ist. Das ist aber mehr als fragwürdig. Denn es suggeriert eine Genauigkeit, die es in der vormodernen Zeit nicht gab und nicht geben konnte und die auch niemand brauchte. Oft ist es auch schwierig zu erkennen, ob die Verhältnisse zwischen gleichartigen Maßen verschiedener Kulturen auf Kausalität oder auf zufälliger Korrelation beruhen. Die Verhältnisse zwischen griechischen und römischen Maßen sind in den meisten Fällen vermutlich erst nachträglich von den Römern zum Behufe standardisierter Umrechnung festgestellt bzw. festgelegt worden. Das Verhältnis der römischen Elle zur Nippur-Elle beruht ziemlich sicher auf zufälliger Korrelation. Die Römer wussten nichts von der Nippur-Elle. Und das Megalithische Yard ist wahrscheinlich nur eine Gelehrtenschimäre.
Hierüber ist das Wesentliche in meinen Seiten Uhrzeit und Kalenderkunde gesagt. Kurz zusammengefasst: Griechen und Römer unterteilten die Zeit zwischen Sonnenauf- und -untergang in 12 Stunden, die sie mit Wasser- und Sonnenuhren mehr oder weniger genau maßen und deren Länge von der Jahreszeit abhängig war. Die Stundenlänge schwankte in Athen zwischen 48 und 74 Minuten, in Rom zwischen 46 und 76 Minuten. Unterteilungen der Stunden in kleinere Einheiten werden gelegentlich erwähnt, spielten im Alltag aber kaum eine Rolle. Das Konzept der von der Jahreszeit unabhängigen immer gleich langen (sog. äquinoktialen) Stunden war zwar bekannt, setzte sich aber erst mit der Einführung der Räderuhr (ab 1300) allgemein durch.
Dass der Erdumfang ca. 40.000 km beträgt, ist kein Zufall. Der Meter wurde 1793 vom französischen Nationalkonvent definiert als der zehnmillionste Teil des durch Paris verlaufenden Meridianbogens vom Nordpol zum Äquator, sprich eines Viertels des Erdumfangs am Meridian. 1799 wurde ein Platinstab dieser Länge gegossen, das Urmeter. 1983 wurde der Meter neu definiert als die Länge der Strecke, die das Licht im Vakuum während der Dauer von 1⁄299.792.458 Sekunde zurücklegt. Aber: was ist denn eine Sekunde?
Der Meter ist ein Längenmaß, von frz. il mètre. Er ist auch ein Vermesser (der Geometer) und ein Versmaß (der Hexameter, der Pentameter) oder eine Kenngröße (der Parameter). Das Meter ist ein Messgerät (das Thermometer, das Barometer). Alle Meter gehen zurück auf griech. μέτρον métron „Maß, Messinstrument, Messgröße, Versmaß“ und seine Ableitungen: μετρέω metréō „messen“, γεωμέτρης geōmétrēs „Land(ver)messer“, ἑξάμετρος hexámetros „sechsmaßig“ (erg. τόνος tónos „Ton, Versmaß“) usw. Nach dem Meter ist das metrische System benannt, das den Meter als Grundlage hat. Wenn hier vom metrischen System die Rede ist, ist das SI-System (frz. Système international d’unités „internationales Einheitensystem“) gemeint.
Welche Längenmaße standen nun in vormodernen Zeiten zur Verfügung? Die Antwort ist simpel: die Abmessungen des menschlichen Körpers:
Diese Einheiten wurden auch ineinander umgerechnet. So wurde die Handbreite mit 4 Fingern gerechnet; der Fuß mit 16 Fingern = 4 Handbreiten, bei den Römern gelegentlich, seit dem Mittelalter immer mit 12 Zoll; die Elle mit 24 Fingern = 6 Handbreiten = 1½ Fuß; die Spanne mit 12 Fingern = 3 Handbreiten = ½ Elle; der Klafter mit 6 Fuß = 4 Ellen; der Doppelschritt mit 5 Fuß. Bei Babyloniern und Ägyptern war die Elle das wichtigste Bezugsmaß, bei Griechen und Römern war es der Fuß.
Babylonier, Ägypter und Israeliten kannten neben der normalen Elle auch noch eine königliche Elle, die in der Regel eine Handbreite länger war (z.B. ägyptische Königselle ca. 52 cm). Neuzeitliche Ellen waren zwischen 48 und über 80 cm lang, die English ell gar 114 cm, die bretonische aune 135 cm. Die Römer verwendeten in Germanien und Gallien neben dem normalen Fuß auch noch den pes Drusianus, der zwei Fingerbreiten länger war (≈ 33½ cm). Dieses Maß zu 18 Fingerbreiten hieß bei den Griechen πυγμή pygmḗ „Faust“ (Abstand vom Ellenbogen zu den Fingerknöcheln der geballten Faust).
Als Raummaß in der Holzwirtschaft bezeichnete ein Klafter einen Stapel Holzscheite von 1 Klafter mal 1 Klafter. Das Holz war meist auf eine Länge von einem halben Klafter geschnitten. Der Stapel hatte also eine Größe von einem halben Kubikklafter oder etwa 3 m³ (man spricht von Raummetern).
Für längere Strecken verwendeten die Griechen das πλέθρον pléthron (auch πέλεθρον, Herkunft unklar, Ableitung von πέλομαι „sich drehen“ im Sinne von „(Pflug-)Wende = Furchenlänge“ fraglich) zu 100 Fuß (≈ 30 m) und das στάδιον stádion „Rennbahn“ (vielleicht aus σπάδιον von σπάω „(in die Länge) ziehen“, vgl. auch lat. spatium „Raum“) zu 100 Klafter = 240 Schritt = 600 Fuß (≈ 180 m). Xenophon rechnet auch noch gerne in Parasangen, einem persischen Längenmaß, das die Strecke bezeichnet, die man in einer Stunde zurücklegen konnte und nach griech. Rechnung 30 Stadien (≈ 5,5 km) entsprach. Gelegentlich findet sich auch der σχοῖνος skhoínos (eigentl. „Binse, (aus Binsen geflochtenes) Seil“), ein ägypt. Längenmaß von 20.000 Ellen, nach Hdt. 2,6,3 von 60 Stadien (≈ 10,5-11 km); nach Plin. nat. 12,53 hat Eratosthenes den Schoinos mit 40 Stadien (≈ 7¼ km) gerechnet.
Man darf nun nicht etwa die Rennbahnen in Athen, Olympia oder Delphi messen und durch 600 dividieren, um so das lokale Fußmaß zu gewinnen. Die Länge von Rennbahnen war nicht durch das IOC geregelt und wurde wohl nur näherungsweise (etwa durch Abschreiten) auf die Länge von einem Stadion bestimmt. Wenn man antike Entfernungsangaben umrechnet, ergibt sich für das Stadion oft nur eine durchschnittliche Länge von 150-160 m. Dies beruht aber wohl darauf, dass man in der Praxis Schritte zählte, nicht Fuß. Im Heer Alexanders des Großen gab es dafür eigene Wegmesser (βηματιστής bēmatistḗs „Schrittzähler“). Und ein Schritt war vermutlich meist kürzer als die theoretisch veranschlagten 75 cm. Genauer gewinnt man das Fußmaß aus den Tempelbauten, deren Seitenlängen ganzzahlige Vielfache des Fußes waren. Der attische Fuß war demnach etwas über 30 cm lang (was Schuhgröße 48 entspricht). Für den römischen Fuß wurden einige Maßverkörperungen gefunden, nach denen er ca. 29,5 cm lang war.
Hdt. 2,149,3
οὕτω αἱ μὲν πυραμίδες εἰσὶ ἑκατὸν ὀργυιέων, αἱ δ’ ἑκατὸν ὀργυιαὶ δίκαιαί εἰσι στάδιον ἑξάπλεθρον, ἑξαπέδου [μὲν] τῆς ὀργυιῆς μετρεομένης καὶ τετραπήχεος, τῶν ποδῶν μὲν τετραπαλάστων ἐόντων, τοῦ δὲ πήχεος ἑξαπαλάστου. So sind die Pyramiden 100 Klafter (hoch), die 100 Klafter entsprechen einem Stadion zu 6 Plethren, wobei das Klafter mit 6 Fuß bemessen wird und mit 4 Ellen, die Füße 4 Handbreiten sind, die Elle aber 6 Handbreiten.
Die Römer rechneten bei größeren Distanzen gerne mit dem passus (Doppelschritt, = 5 Fuß, ≈ 1,5 m) und dessen Tausenden mīlia passuum „Tausende von Doppelschritten, Meilen“. Die röm. Meile entspricht 8⅓ griech. Stadien; der Einfachheit halber hat man aber mit 8 (selten mit 10) Stadien auf die Meile gerechnet. Auf Meilensteinen in den keltischen und germanischen Provinzen findet sich auch die leuga oder leuca (vermutl. keltisches Lehnwort), die mit 1,5 Meilen (7500 Fuß, ≈ 2¼ km) gerechnet wurde. Die neuzeitliche Leuge hingegen (z.B. span. legua, engl. league) sind meist 3, 4 oder 5 (neuzeitliche) Meilen.
Größere Distanzen gab man aber oft auch in Tagesreisen (griech. σταθμός stathmós) an. Denn es war wichtiger zu wissen, wie lange man für die Reise oder den Marsch brauchte, als welche Distanz man dabei zurücklegte. Zu Fuß waren das je nach Gelände und Wegbeschaffenheit 20 bis 40 km.
Eine ligne (Pariser Linie) ist 1⁄12 eines Zolls, dieses 1⁄12 des Pariser Königsfußes zu 32,484 cm (der vermutlich der moderne Fortsetzer des Drusianischen Fußes ist). Die Linie ist also ca. 2,25583 mm. Auf der Linie basierte wiederum das von dem französischen Typographen Firmin Didot eingeführte typographische Maßsystem. Ein Didot-Punkt ist ⅙ Linie, also ca. 0,376 mm. Ein Cicero sind 12 Didot-Punkt. Die amerikanischen Schriftsetzer hingegen führten den Pica-Punkt (pp) ein. Er ist 1⁄12 eines Johnson Pica, dieses 0,166 Zoll (bei einem Fuß von 30,35 cm), also etwa 0,35136̅ mm. Im DTP-Bereich wird dagegen der DTP-Punkt (pt) zu 1⁄72 Zoll = 0,3527̅ mm verwendet.
Im angloamerikanischen Raum wird immer noch überwiegend in den historischen Maßen gerechnet:
Engl. inch stammt von lat. uncia „ein Zwölftel“
(eigentl. „Einheit“, zu ūnus „einer“); dt. Zoll „Stück Holz,
Klotz“ von idg. *del- „spalten, behauen“.
Engl. yard bedeutet ursprl. „Zweig, Rute, Stock, Messstab“ und ist
verwandt mit dt. Gerte „biegsamer Stock“ und lat. hasta
„Stange, Speer“.
Diese Maße wurden 1959 vereinbart. Die US-Landvermesser haben aber ihre Vermessungsergebnisse nicht umgestellt und arbeiten weiter mit dem Fuß zu 1200⁄3937 m ≈ 30,4800609 cm. Anders gesagt: 3937 survey inch = 100 m.
Inch und Meter stehen nicht zufällig im Verhältnis 10.000:254 (bzw. 3937:100 beim US survey inch), sondern das Inch ist so definiert. Anders gesagt: die angloamerikanischen Maße sind heute über das metrische System definiert.
Im technischen Bereich werden viele Kenngrößen in Zoll angegeben: Disketten- und Festplattengröße, Bildschirmdiagonale, Pixelauflösung bei Bildschirmen und Druckern (dpi = dots per inch), Schrittweite bei Schreibmaschinen und Druckern, Lautsprecherdurchmesser, Teleskopöffnung, Okulardurchmesser, Gewindegröße, Felgendurchmesser bei Autos und Fahrrädern u.v.a.m.
Eine Wissenschaft für sich ist die Definition der Meile (von lat. mīlia (passuum) s.o.). Sie entsprach bei den Römern ca. 1,5 km. In der Neuzeit hatte jedes Land ihre eigene Definition der Meile. Die Englische Meile (statute mile) ist nach einem britischen Statut von 1593 genau 5280 Fuß lang. Seit 1959 sind das genau 1609,344 m. Die US survey mile ist dagegen ungefähr 1609,347215 m. Eine näherungsweise Umrechnung von Meilen in km ist × 8 ÷ 5.
Die deutsche Landmeile, auch geographische Meile genannt, und die österreichisch-ungarische Postmeile waren mit ihren rund 7,5 km eigentlich eine Leuge von 5 römischen Meilen. Die sprachliche Nichtunterscheidung von Leugen und Meilen im Dt. zeigt sich auch an Jules Vernes 1870 erschienenem Roman Vingt mille lieues sous les mers, dessen dt. Titel 20.000 Meilen unter dem Meer ist. In Frankreich hatte jede Region ihre eigene Definition der Leuge. Doch meinte Verne wohl die lieue marine, die mit 3 Seemeilen (ca. 5556 m) definiert ist.
Die Seemeile war definiert als 1 Bogenminute an einem Großkreis der kugelförmig gedachten Erde. Das sind nach der ursprünglichen Definition des Meters ca. 1851,85 m. Tatsächlich ist eine Bogenminute des Meridians an den Polen (ca. 1862 m) aber größer als am Äquator (ca. 1843 m). Das ist für die Navigation auf See aber unerheblich, da dort mit winkelbemaßten Mercatorkarten (s.a. Zylinderprojektionen) gearbeitet wird. Wie lange eine Bogenminute in Metern genau ist, spielt keine Rolle; der Winkel des Kurses muss stimmen. Daher wird die alte Meilendefinition als sea mile weiter verwendet. Daneben wurde die nautical mile – dt. Seemeile – mit 1852 m festgelegt. Das entspricht auch dem mittleren Wert der sea mile. Eine näherungsweise Umrechnung von Seemeilen in km ist × 2 - 10%.
Ein Knoten (engl. knot) ist eine Geschwindigkeit von einer Seemeile pro Stunde. Der Name kommt tatsächlich von den Knoten einer Messleine, die innerhalb einer bestimmten, mit der Sanduhr gemessenen Zeit, durch die Finger glitten. Zur Tiefenmessung wird der Faden (engl. fathom) verwendet, der einem Klafter entspricht und meist mit 6 Fuß definiert war (so bereits griech. ὀργυιά orgyiá, s. Apg 27,28). In der heutigen Nautik ist das 1⁄880 einer statute mile oder 1,8288 m. Doch hatten andere Länder andere Definitionen des Fußes, und so schwankte die exakte Fadenlänge von Nation zu Nation.
Während Längenmaßsysteme davon ausgingen, dass Fuß eine halbwegs genau definierte Größe ist, ist es gar nicht so einfach, Schuhe in passender Größe zu finden. Das kontinentaleuropäische Schuhgrößensystem bezeichnet die Leistenlänge in Pariser Stich (1 Stich = ⅔ cm, 1 cm = 1½ Stich). Der Leisten (um den das Leder gespannt wird) muss 1½ bis 2 cm (die sog. Zugabe) länger sein als der Fuß, um dem Fuß beim Abrollen genügend Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Bsp.: Der Fuß ist 27 cm lang, + 1,5 cm Zugabe = 28,5 cm, × 1,5 = 42,75; Schuhgröße also 42½ oder 43. Doch ist das nur eine Hausnummer. Meine Straßenschuhe sind Größe 46. Beim letzten Kauf bin ich in Sportschuhe dieser Größe nicht einmal hineingekommen, hier brauchte ich 48.
Auch das UK-Maßsystem bezeichnet die Leistenlänge, und zwar in barleycorn (1 barleycorn = ⅓ inch = 8,46̅ mm). Der Nullpunkt liegt allerdings für Erwachsenenschuhe bei 25 barleycorns, für Kinderschuhe bei 12 barleycorns. Bsp.: Fuß wie oben 27 cm lang, + 1,5 cm Zugabe = 28,5 cm, ÷ 2,54 × 3 = 33,66 barleycorns, - 25 = 8,66; Schuhgröße 8½ oder 9.
In den USA gibt es zwei Systeme. Das traditionelle System bezeichnet die Leistenlänge in barleycorns, aber die Nullpunkte sind 11¾ barleycorns für Kinderschuhe, 24¾ barleycorns für Erwachsenenschuhe. Traditionelle US-Größen weichen also um ¼ Nummer von entsprechenden UK-Größen ab. Das Brannock-System misst die Fußlänge in barleycorns, der Nullpunkt liegt für Herrenschuhe bei 22 barleycorns, für Damenschuhe bei 21, für Kinderschuhe bei 9¾ barleycorns. Für den Leisten werden meist noch 2 barleycorns (⅔ inch ≈ 1,69 cm) zugeschlagen. Zusätzlich wird auch die Fußbreite gemessen und mit Kennbuchstaben (A, B, C, …) kategorisiert.
Das Mondopoint-System bezeichnet die Fußlänge in mm. Das asiatische System bezeichnet die Fußlänge in cm, und zwar in Halbzentimeterschritten. Beide Systeme berücksichtigen auch die Fußbreite, Mondopoint in mm, asiatisch mit Kennbuchstaben.
In der Landvermessung arbeitete man mit Messstangen, sog. Ruten, deren Länge meist ein ganzzahliges Vielfaches des Fußes war. Die römischen Feldvermesser etwa hatten die decempeda „Zehnfußige“ (10 Fuß, zugleich 2 passūs, ≈ 3 m), auch pertica „Stange, Messrute“, bei den Griechen ἄκαινα ákaina „Spitze, Stachel“ genannt. Zehnmal die Messstange im Geviert gibt das (Quadrat-)Plethron mit 10.000 Quadratfuß (≈ 900 m² oder 0,09 ha).
In deutschen Landen war die Rute je nach Region und Profession zwischen 10 und 20 Fuß lang. Längere Rutenmaße wurden mit Halbrutenstangen gemessen. Landvermesser benutzten aber Rutenmaße, deren Vervielfachungsfaktor 11, 14 oder 16½ beträgt. Der Grund für diese schrägen Faktoren lag in der Zahlenglätte. Laut Wikipedia kann man mit siebenglatten und elfglatten Ruten mit hinreichender Genauigkeit ohne Wurzelziehen triangulieren, indem man die Näherung √2 ≈ 99:70 verwendet. (Wieso, habe ich allerdings nicht verstanden. Die Beispiele bei Wikipedia funktionieren nur deshalb, weil die Seitenlängen zufällig ganzzahlige Vielfache von 70 bzw. 99 sind.)
Dem griech. (Quadrat-)Plethron entsprach der lat. āctus „Trift, Trieb“. Dieser ist nach Plinius d. Ä. 120 Fuß im Quadrat, ca. 36 × 36 m, nicht ganz 0,13 ha. Das doppelte (Plinius meint 240 × 120 Fuß), d.h. ca. 0,25 ha, also etwa 50 × 50 m, sind ein iūgerum „Joch Landes“ (zu iugum „Joch, Querholz, Gespann“). Da in vielen Regionen Deutschlands der Morgen ca. 0,25 ha betrug, findet man in vielen Wörterbüchern „Morgen“ als Übersetzung für lat. iugerum. Doch passt diese sachlich besser zu actus.
Plin. nat. 18,9
Iugum [v.l. iugerum] vocabatur, quod uno iugo boum in die exarari posset; actus, in quo boves agerentur cum aratro uno impetu iusto. hic erat CXX pedum duplicatusque in longitudinem iugerum faciebat. Iugum (Joch) [a.L. Iugerum] wurde genannt, was mit einem Gespann Rinder an einem Tag umgepflügt werden kann; Actus (Trift), soweit Rinder mit einem Pflug in einem ordentlichen Schwung getrieben werden. Dieser war 120 Fuß, und in die Länge verdoppelt machte das ein Iugerum.
Im Dt. ist ein Joch oder Juchert jene Ackerfläche, die mit einem Ochsengespann an einem Tag gepflügt werden kann. Ein Morgen hingegen ist jene Fläche, die an einem Vormittag gepflügt werden kann, also ein halbes Joch. Die konkrete Größe wurde regional unterschiedlich veranschlagt. Im Bergland, wo das Pflügen im Mittel mühseliger ist, ist ein Morgen meist kleiner als in der Ebene. Der Wert lag im allgemeinen zwischen 0,2 und 0,55 ha, in einigen Regionen aber auch deutlich darüber.
Eine Hufe oder Hube ist jene Ackerfläche, die notwendig ist, um eine Familie zu ernähren. Die konkrete Fläche ist abhängig von der Ertragsleistung der Böden. Doch ging man im allgemeinen von 30 Morgen aus. Die Hufe war also im Mittel zwischen 7,5 und 20 ha groß. Ein Bauer, der eine Hube Landes bewirtschaftet, ist ein Huber. Davon ist der Nachname Huber (und seine Varianten wie Hubner, Hübner, Huemer, Hummer usw.) abgeleitet.
Im angloamerikanischen Raum werden Flächen in Quadratfuß (square foot), acre und Quadratmeile (square mile) angegeben. 1 acre = 43,56 ft² ≈ 4046,8564224 m² (bzw. 4046,8726099 m² für US survey feet), rund 0,4 ha. Eine Quadratmeile sind ca. 2,59 km².
Wenn es um Oberflächenversiegelung oder die Abholzung des Regenwaldes geht, wird gerne in Fußballfeldern gerechnet. Offenbar weil uns Stadtbewohnern die Anschauung fehlt, wieviel ein Hektar ist. Doch wie groß ist ein Fußballfeld? Es kann 45-90 m breit und 90-120 m lang sein. Für den Europacup ist eine Spielfeldgröße von 68 × 105 m vorgeschrieben, das sind 0,714 ha.
Der Liter wurde 1793 in Frankreich eingeführt und mit dem Kubikdezimeter gleichgesetzt. Zwischen 1901 und 1964 war der Liter über den Rauminhalt von 1 kg Wasser definiert. Seit 1964 gilt wieder: 1 l = 1 dm³ (1⁄1000 m³). Der Name kommt von frz. le litre, von mlat. litra, von griech. λίτρα „Pfund“ (verwandt mit lat. lībra ds.). Getränke werden in Europa (wenn man von Britannien absieht) meist in Teilen (Halbe, Viertel, Achtel) und Vielfachen (Doppler) des Liters konsumiert.
An dieser Stelle ein kleiner Ausflug zu den österreichischen Biermaßen:
Maß (die) | 1 l |
Krüge(r)l, Halbe (die), Großes Bier | 0,5 l |
Seite(r)l, Seid(e)l, Kleines Bier | 0,33 l |
Pfiff | 0,17-0,2 l |
Hülse | Bierdose, meist (aber nicht notwendigerweise) 0,5 l |
16er Blech | Bierdose von der Ottakringer Brauerei (Ottakring ist der 16. Wiener Gemeindebezirk) |
6er-Tragerl (neudeutsch Six-Pack) | 6 Flaschen im Tragekarton |
Kiste | 20 Flaschen à 0,5 l im Kunststoffkasten |
Maß, Seidel und Pfiff sind historische Maße, die in Österreich nur noch für Bier verwendet werden. Die Maß war das Referenzmaß für den Bierausschank, immer schon knapp über 1 l, seit der Einführung des metrischen Systems genau 1 l. Nicht jede Gaststätte hat die Maß im Angebot. Wer großen Durst hat, bestellt einfach eine zweite Halbe. Das Seid(e)l fasste zwischen 0,3 und 0,5 l, heute in Österreich ist es 0,33 l, in Bayern lt. Wikipedia eine halbe Maß, also 0,5 l. Der Pfiff ist die Hälfte des kleinsten „normalen“ Maßes. In Österreich wären das ein halbes Seidel, ca. 0,17 l, 0,2 l, wenn gut eingeschenkt (nicht 0,125 l, wie in Wikipedia unter Biermaße behauptet).
Den Schoppen assoziiere ich mit Wein. Er dürfte hierzulande mit dem Vierterl (0,25 l) identisch sein. Woher die 0,7-l-Flasche kommt, die bei Wein und Spirituosen, in Deutschland auch bei Mineralwasser (Normbrunnenflasche), gebräuchlich ist, konnte ich nicht herausfinden. Der Doppler ist ein 2-l-Gebinde für Wein. Wein gibt es in der Euro-Alpenrepublik auch im Getränkekarton.
Bei den Hohlmaßen wurde meist unterschieden zwischen solchen für Flüssigkeiten und solchen für Schüttgut (hauptsächlich Getreide). Ein wichtiges Trockenmaß war der Scheffel, der meist in Kubikzoll oder Kubikfuß definiert war und je nach Region (und manchmal auch abhängig vom zu messenden Gut) von unter 20 l bis über 300 l betragen konnte. Das Wort kommt von Schaff „großes offenes Gefäß, Bottich, Zuber“. Andere Maße wie Metze (Trockenmaß, häufig ¼ Scheffel) oder Nößel (ein Flüssigmaß) kenne ich nur aus Wörterbüchern.
Das größte griech. Flüssigmaß war der μετρητής metrētḗs (wie der Meter von griech. μετρέω „messen“), auch ἀμφορεύς amphoreús „Amphore, zweihenkeliger Krug“ oder κάδος kádos „Krug“ genannt, der in Athen etwa 39,4 l fasste. Dieser wurde unterteilt in 12 Choes, Sg. (ὁ) χοῦς khus „Kanne“ (von χέω „gießen“), mit ca. 3,28 l, dieser in 12 Kotylai, Sg. (ἡ) κοτύλη kotýlē „Napf, Schälchen; Hüftpfanne“ mit 0,27 l, diese in 6 Kyathoi, Sg. (ὁ) κύαθος kýathos (Herkunft unklar), zu je 46 ml (etwas mehr als zwei Schnapsgläser). Für andere Poleis wurden andere Werte ermittelt oder vermutet. 39,4 l entspricht einem Würfel mit 34 cm Seitenlänge, das ist ein ziemlich großer Kubikfuß.
Das größte Trockenmaß der Griechen war der μέδιμνος médimnos (zu idg. *med- „messen“), der in Athen ca. 52,5 l fasste. Der Metretes war also ¾ eines Medimnos. Letzterer wurde unterteilt in 6 Hekteis, Sg. (ὁ) ἑκτεύς hekteús (zu ἕκτος „sechster“), à 8,75 l, dieser in 8 Choinikes, Sg. (ἡ) χοῖνιξ khoínix (Herkunft ungeklärt), mit ca. 1,1 l. Eine Choinix Weizen galt als Tagesration für eine Person. Die Choinix fasste 4 Kotylai (s.o.) mit 0,27 l. Wieder galten für andere Poleis andere Werte.
Die Römer hatten als größte Maßeinheit das quadrantal (wohl zu quadrō „viereckig machen, kubieren“) bei den Trockenmaßen und die amphora „Amphore“ (von griech. ἀμφορεύς amphoreús, s.o.) bei den Flüssigmaßen, beide 1 röm. Kubikfuß groß, d.h. an die 26 l. Der modius („zum Maß gehörig“, idg. *med-) war ⅓ eines Quadrantal, ca. 8,6 l, ein Eimer voll also. Dieses Maß wurde auch von den Griechen als μόδιος módios übernommen und dem Hekteus (⅙ Medimnos) gleichgesetzt. Jesus sagte, niemand stelle ein Licht unter einen modios (Mt 5,15).
Die Amphora wurde in 8 congiī (wohl von κόγχος „Muschel“) zu ca. 3,25 l unterteilt, der Congius in 6 sextāriī (zu sextus „sechster“) mit ca. 0,54 l. Auch der Sextarius wurde von den Griechen, als ξέστης xéstēs, übernommen und 2 Kotylai gleichgesetzt, also ⅙ Chus bzw. ½ Choinix. Eine halbe Amphora hieß auch urna „Krug, Topf, Urne“, ca. 13 l. Ein halber Sextarius war eine hēmīna (vermutlich griech., aber bei den Griechen nicht gebräuchlich), 0,27 l; ⅛ Sextarius war ein acētābulum „Schüsselchen, Becher“ (wörtl. „Essiggefäß“, zu acētum „Essig“), 67,5 ml (gut drei Schnapsgläser); 1⁄12 Sextarius war ein cyathus (griech. κύαθος kýathos, s.o.), 45 ml.
Für die Umrechnung griech. in röm. Maße galt: 1 Metretes = 1½ Amphorae, 1 Chus = 1 Congius, 1 Kotyle = ½ Sextarius.
Während die antiken Längenmaße und ihre Verhältnisse zueinander einer nachvollziehbaren inneren Logik gehorchen, wirken die Hohlmaße und ihre Unterteilungen ziemlich arbiträr.
Im angloamerikanischen Raum ist die Gallone (engl. gallon) das Hohlmaß aller Dinge. Allerdings ist sie in Großbritannien und in den USA unterschiedlich definiert. In GB gilt: 1 gallon = 4,54609 l. In den USA: 1 gallon = 231 inch³ = 3,785411784 l. Der (Bier-)Maß entspricht ein quart (¼ gallon) (GB: ≈ 1,14 l, US: ≈ 0,946 l), der Halben ein pint [paɪnt] (½ quart) (GB: ≈ 0,568 l, US: ≈ 0,473 l).
Das Barrel ist ursprünglich ein altes englisches Hohlmaß für Wein und Bier und betrug je nach Periode und Flüssigkeit zwischen 140 und etwas über 160 l. Die Erdölindustrie verwendete in ihren Anfangszeiten alte Heringsfässer mit etwa 159 l Fassungsvermögen und behielt später diese Fassgröße bei. Dieses petrol barrel wird in GB zu 35 Gallonen (≈ 159,113 l) gerechnet, in den US zu 42 Gallonen (≈ 158,987 l).
Gewicht und Masse sind zwar nicht dasselbe. Aber da Waagen meist die Gewichtskraft messen oder vergleichen, ist die Unterscheidung für unsere Zwecke belanglos. Welche Gewichtskraft auf eine Masse im Weltall oder auf dem Mond wirkt, war die meiste Zeit der Menschheitsgeschichte unbekannt und auch irrelevant. Das Kilogramm ist zwar eine Einheit für die Masse, ich werde dennoch der Einfachheit halber von Gewicht sprechen.
1795 wurde in Paris das Kilogramm, damals noch unter der Bezeichnung Grave, als die Masse definiert, die 1 dm³ Wasser beim Gefrierpunkt hat. 1799 wurde ein erstes Urkilogramm hergestellt. 1898 wurde das Kilogramm als die Masse des Internationalen Kilogrammprototyps (ein Platin-Iridium-Zylinder von 39 mm Höhe und 39 mm Durchmesser) festgelegt. Dieser Prototyp war fortan das maßgebliche Urkilogramm.
Doch um 1990 stellte man bei einer Überprüfung fest, dass das Urkilogramm gegenüber den Kopien um 50 µg abgenommen hatte. Ursache unbekannt. Aber eine bessere Definition des Kilogramms musste her. 2019 wurde das Kilogramm über die Planck-Konstante definiert: diese beträgt 6,62607015 ⋅ 10-34 Js, die Einheit Js = kg m²⁄s. Aber wie man das praktisch umsetzt, ist nicht vorgeschrieben. (Ich würde es aber ohnehin nicht verstehen.)
Die Griechen übernahmen das mesopotamische Gewichtssystem, wie wir es bei den Babyloniern und bei den Israeliten finden. Seine Grundlage war das Talent (griech. τάλαντον tálanton „Waagschale, Gewicht“, von der Wurzel *tel[ə]-, tlā- „tragen, ertragen“, babyl.-assyr. biltu „Last; Steuer“, hebr. כִּכָּר kikkār „Scheibe, Kreis“). Es war wohl die Last, die ein Mann tragen konnte. In Babylonien wog es um die 30 kg. Seit assyrischer Zeit gab es auch doppelt schwere Minen, die auf ein Talent von annähernd 60 kg führen. In Israel wog das Talent, wie man aus den gefundenen Schekelgewichten errechnen kann, an die 35 kg. Doch die Nennung von „Schekel, gängig beim Händler“ (Gen 23,16), „Schekel im Gewicht des Königs“ (d.h. nach königlichem Gewicht, 2Sam 14,26) und „Schekel des Heiligtums“ (z.B. Ex 38,24.25.26) lässt darauf schließen, dass es auch hier unterschiedlich schwere Talente gab. In Athen hatte das solonische Talent etwa 26 kg (vielleicht nicht zufällig das Gewicht von einem Kubikfuß Wasser). Nach Hultsch galt dieses für Münzen. Für andere Waren aber war auch ein attisches Handelsgewicht mit einem Talent von gut 36 kg (Chantraine: 39,3 kg) in Verwendung. Verkompliziert wird die Sache noch dadurch, dass man mancherorts die Umrechnung zwischen Gold und Silber, die ein Wertverhältnis von etwa 1:12 hatten, nach dem Verhältnis 1:10 dadurch erleichterte, dass man Gold- und Silbergewichte in das Verhältnis 5:6 brachte. Das Silbertalent wog dann also das 1,2-fache des Goldtalents. (Das Talent bei Homer ist dagegen eine viel kleinere Maßeinheit; es ist unklar, welche genau.)
Das Talent war unterteilt in 60 Minen (lat. mina < griech. μνᾶ mna, wohl aus dem Semit., vgl. hebr. מָנֶה mānæ̂ < babyl.-assyr. manû, Wurzel mn(h) „zählen, rechnen“). Eine (leichte) Mine wog also ca. 0,4 bis 0,5 kg. Im Zweistromland unterteilte man die Mine ursprünglich in 60, später in 50 Schekel (hebr. שֶׁקֶל šǽqæl, babyl.-assyr. šiqlu, Wurzel šql „darwägen, zahlen“). Das berühmte Menetekel (Dan 5,25) ist zusammengesetzt aus den aram. Wörtern für Mine und Schekel. In Griechenland unterteilte man die Mine allerdings in 100 Drachmen (δραχμή „soviel (Obolen) man fassen kann, Handvoll“, zum Verbum δράττομαι dráttomai „fassen, greifen“). Die Drachme kann somit als Halbschekel betrachtet werden. Der Schekel wog etwa 8,3 g bei 60er-Teilung bzw. 10 g bei 50er-Teilung, die Drachme wog etwa 4,3 g. Die Drachme war noch unterteilt in 6 Obolen (griech. ὀβολός obolós „Bratspieß, Metallstab“) mit nicht ganz ¾ g.
Während Schüttgut mit dem Hohlmaß gemessen wurde, mussten Gold und Silber, die zur Bezahlung verwendet wurden, gewogen werden. Als die Münze erfunden wurde, wurden die Gewichtsbezeichnungen auch als Münznamen verwendet. Wohl ursprünglich als Münzname zu verstehen ist der χαλκοῦς khalkoús „ehern, kupfern“, der eine Kupfermünze im Wert von ⅛ Obolos war. Doch wurde der Chalkus auch als Gewicht (≈ 0,1 g) verwendet.
Das römische Gewichtssystem basierte auf der lībra „Waage; Pfund“, deren Gewicht um 325 g betrug. Das entspricht ziemlich genau 1⁄80 eines Kubikfußes Wasser. Es entspricht auch 75 solonischen Drachmen. Was davon ursächlich, was zufällig ist, vermag ich nicht auszumachen. Die Libra war unterteilt in 12 Unzen (uncia „Einheit (eines 12teiligen Ganzen)“, s.o.) mit ca. 27 g. Die Mine (lat. mina) wurde zu 16 Unzen gerechnet, die Libra war also ¾ einer Mine schwer. Weitere häufig verwendete Unterteilungen des Pfundes waren: sextāns ⅙ Pfund (2 Unzen), quadrāns ¼ Pfund (3 Unzen), triēns ⅓ Pfund (4 Unzen), sēmis ½ Pfund (6 Unzen), dōdrāns ¾ Pfund (9 Unzen), u.a. Ein Pfund Kupfer als Bezahlung hieß auch as. Der As sank jedoch im Laufe der Zeit immer weiter im Gewicht, bis er unter Kaiser Augustus auf 12 g gesetzt wurde.
Die Uncia wurde weiter unterteilt: in den sicilicus (von sicilis „Sichel“, nach Walde/Hofmann alle i kurz, nach de Vaan und Lewis/Short sīcīlis und daher sīcīlicus), der ¼ Uncia, ca. 6,8 g, wog; in das scrūpulum oder scrīp(t)ulum (wohl zu scrūpulus „spitzes Steinchen, ängstliche Genauigkeit, Skrupel“), das ⅙ Sicilicus (1⁄24 Uncia), ca. 1,1 g, wog; in die siliqua „Schote, Johannisbrot“, die ⅙ Scrupulum (1⁄144 Uncia), ca. 0,2 g, wog. Die Griechen übernahmen das Scrupulum unter der Bezeichnung γράμμα grámma „Buchstabe“ (davon unser Gramm) als ⅓ Drachme, die Siliqua unter dem Namen κεράτιον kerátion „Hörnchen, Schote“ als ⅓ Obolos.
Die Uncia war im römischen Rechensystem ein Zwölftel nicht nur des Pfundes, sondern begegnet auch als 1⁄12 des Fußes, 1⁄12 des Iugerum, 1⁄12 der Hemina oder des Sextarius, ja sogar 1⁄12 der Stunde und anderer Maßeinheiten. Dasselbe gilt z.B. für den Sicilicus, der nicht nur 1⁄48 Pfund war, sondern auch 1⁄48 des Fußes, 1⁄48 des Iugerum, 1⁄48 der Stunde.
Auch bei den Münzen gingen die Römer andere Wege als die Griechen: der dēnārius (zu dēnī „je zehn“, weil ursprünglich 10 Asse wert, später dann zu 16 Assen gerechnet) wog anfangs 1⁄72 Pfund (≈ 4,5 g), dann längere Zeit 1⁄84 Pfund (≈ 3,9 g), und verlor dann in der Kaiserzeit immer weiter an Gewicht. Der sēstertius („der Dritte halb“, weil ursprünglich 2½ Asse wert, später zu 4 Assen gerechnet) war eine Recheneinheit, die immer ¼ Denar wert war, aber nur gelegentlich auch ausgemünzt wurde. Der aureus „golden“ war eine Goldmünze von 1⁄40 Pfund (≈ 8,1 g) und galt 25 Denare. Zum röm. Münzsystem s.a. Kurze Geschichte des Münzgeldes: Die Römer.
In der antiken Literatur wird oft nicht zwischen Gewichts- und Wertangabe unterschieden. Wenn Livius von einem Kranz von 150 Pfund spricht, meint er wohl kaum das Gewicht (≈ 49 kg), sondern den Wert in Silber.
Das Pfund (von lat. pondō „(eine libra) an Gewicht“) war auch Grundlage des karolingischen Gewichts- und Währungssystems. Das sog. Karlspfund war an die 406 g schwer und unterteilt in 20 Schilling (wohl von germ. *skildulingaz „schildartig, Schildling, Medallion“) mit ca. 20 g, der Schilling in 12 Pfennige (unklarer Herkunft, viell. von lat. pannus „Lappen, Stück Tuch“?) mit ca. 1,7 g. Etwa zur selben Zeit wurde dasselbe System in England eingeführt, nur dass das troy pound (benannt nach der frz. Stadt Troyes) 373 g wog (45⁄49 eines Karlspfundes), der shilling ca. 18,7 g, der penny etwa 1,55 g.
Im weiteren Verlauf des Mittelalters bildete jede größere Stadt ihre eigene Definition des Pfundes. Es enstanden auch die Mark („Markierung, Zeichen“, nämlich auf Edelmetallbarren), die ein halbes Pfund schwer war, und das Lot (eigentl. „Blei“, vgl. engl. lead), das eine halbe Unze wog. Mitte des 19. Jh. wurde in deutschen Landen das Pfund auf 500 g festgelegt (sog. Zollpfund). Der Zentner „Hunderter“ war fortan 100 Pfund = 50 kg schwer. In Österreich, der Schweiz und etlichen anderen Ländern ist der Zentner dagegen 100 kg schwer.
Auf dem Troy Pound beruht die Feinunze (engl. troy ounce), d.i. 1⁄12 Troy Pound, also ca. 31,1 g. Die Feinunze wird im Münzbereich für das Gewicht des enthaltenen Edelmetalls verwendet. England übernahm (im 15. Jh.?) das Avoirdupois-Pfund (frz. avoir du poids „Gut/Ware von Gewicht“), das etwa 453,6 g wog und 1959 mit exakt 453,59237 g definiert wurde. Dieses wurde unterteilt in 16 Unzen zu je etwa 28,3 g. 14 pound geben ein stone (ca. 6,35 kg). In England ist der Zentner (hundredweight) 8 stone = 112 pound schwer, also ca. 50,8 kg, in Amerika 100 pound, etwa 45,36 kg. Die Tonne (ton) hat 20 Zentner, in England sind das etwa 1016 kg, in America nur ca. 907,2 kg. Man nennt die englische Rechenweise long Avoirdupois, die amerikanische short Avoirdupois.
Zur Verwendung dieser Gewichtseinheiten als Münzen s. meine Seite Kurze Geschichte des Münzgeldes.
In der Antike und im Mittelalter konnte man die Temperatur noch nicht messen. Man verfügte über kein Mittel, die verschiedenen Grade von heiß oder kalt zu quantifizieren. Das Thermometer wurde im 17. Jh. erfunden. Zunächst maß man die Ausdehnung der Luft in einem kleinen Glasballon, die eine kürzere oder längere Wassersäule in ein angeschlossenes Rohr saugt. (Die Wassersäule reagiert aber nicht nur auf Änderungen der Temperatur, sondern auch des Luftdrucks.) Ab Mitte des 17. Jh. verwendete man Alkohol in einem geschlossenen Glasrohr. 1714 führte Fahrenheit das Quecksilberthermometer ein.
Seit Anfang des 21. Jh. dürfen Quecksilberthermometer wegen der Giftigkeit des Quecksilbers, außer für wissenschaftliche und medizinische Zwecke, nicht mehr verkauft werden. Thermometer, die auf Wärmekontakt mit dem zu messenden Objekt angewiesen sind, sog. Berührungsthermometer, zeigen im Grunde immer nur die eigene Temperatur an. Es gibt aber auch berührungslose Thermometer, die z.B. die Temperaturabstrahlung messen, wie wir das von den Infrarotbildern von Wärmebildkameras kennen.
1701 entwickelte Ole Christensen Rømer seine Temperaturskala. Als Nullpunkt wählte er den Gefrierpunkt einer Kochsalzlösung (etwa -14,3 °C). Als zweiten Bezugspunkt wählte er den Siedepunkt von Wasser, den er mit 60 °Rø festlegte. Der Gefrierpunkt von Wasser lag bei ca. 7,5 °Rø.
Nach einem Besuch bei Rømer schlug Daniel Gabriel Fahrenheit 1724 eine verbesserte Skala vor. Der Nullpunkt wurde auf die tiefste Temperatur gelegt, die Fahrenheit mit einer Mischung aus Eis, Wasser und Salmiak erzeugen konnte: -17,8 °C. Der Gefrierpunkt von Wasser sollte bei 32 °F liegen, die Körpertemperatur des Menschen bei 96 °F.
René-Antoine Ferchault de Réaumur führte 1730 eine weitere Temperaturskala ein. Die Bezugspunkte waren der Gefrierpunkt von Wasser mit 0 °Ré und der Siedepunkt mit 80 °Ré. Die Réaumur-Skala war eine Zeitlang in Frankreich und Deutschland verbreitet, bevor sie von der Celsius-Skala verdrängt wurde. Sie wird heute laut Wikipedia noch bei der Käseherstellung in der Schweiz und in Italien verwendet.
1742 schlug Anders Celsius seine Skala vor, bei welcher der Gefrierpunkt bei 100 °C, der Siedepunkt bei 0 °C liegen sollte. 1744 wurde die Skalierung von Carl von Linné umgedreht.
1848 schlug William Thomson, der spätere Lord Kelvin, vor, vom absoluten Nullpunkt auszugehen (-273,15 °C), ansonsten aber die Skalenteilung der Celsius-Skala zu verwenden. Das bedeutete, die Celsius-Skala um 273,15 Grad zu verschieben: der Gefrierpunkt des Wassers liegt bei 273,15 K, der Siedepunkt bei 373,15 K.
1859 schlug William John Macquorn Rankine vor, vom absoluten Nullpunkt auszugehen, ansonsten aber die Skalenteilung der Fahrenheit-Skala zu verwenden. Das bedeutete, die Fahrenheit-Skala um ca. 459,7 Grad zu verschieben: der Gefrierpunkt des Wassers liegt bei ca. 491,7 °Ra, der Siedepunkt bei etwa 671,7 °Ra.
In der 2. Hälfte des 19. Jh. wurde die Fahrenheit-Skala neu definiert, da die beiden Endpunkte nicht genau reproduzierbar waren. Die Bezugspunkte waren jetzt, in Anlehnung an die Celsius-Skala, der Gefrierpunkt von Wasser, weiterhin 32 °F, und der Siedepunkt, mit 212 °F festgelegt. In GB ist die Fahrenheit-Skala (vor allem durch die Mitgliedschaft in der EU) teilweise von der Celsius-Skala verdrängt worden. Die US messen immer noch in Fahrenheit. Die 451 °F im Titel der berühmten Dystopie von Ray Bradbury sind übrigens ca. 232,8 °C.
1954 wurde das Kelvin (bis 1967 unter der Bezeichnung °K) zur Basiseinheit erklärt und der zweite Referenzwert über den Tripelpunkt des Wassers definiert. Seit 2019 ist es über die Boltzmann-Konstante kB mit einem Wert von 1,380649 ⋅ 10-23 J/K festgelegt. (Relata refero. Nicht, dass ich wirklich verstünde, was das bedeutet.)
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Letzte Aktualisierung: 23. Mai 2020