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Ortsnamen in Salzburg und Umgebung
Ortsnamen in Salzburg und Umgebung
Maxglan, Gnigl, Morzg, Liefering, Taxham – die Stadtteile Salzburgs haben
schon seltsame Namen. Woher kommen die und was bedeuten sie? Ich habe
diesbezüglich ein wenig nachgeforscht und dabei auch die Orte der näheren
Umgebung mit einbezogen, soweit sie mit dem Fahrrad bequem zu erreichen (daher
vor allem der Süden der Stadt) und sprachlich von Interesse sind. Natürlich
gibt es zu jedem Aspekt dieses Themas bereits massenhaft Literatur, man kann
sein halbes Leben mit diesem Forschungsgegenstand verbringen. Ich habe mich
nur punktuell eingelesen und biete hier eine Zusammenfassung.
Allgemeine Quellen (Quellen zu Einzelthemen sind unter der jeweiligen
Überschrift angeführt):
- Salzburger Urkundenbuch.- Salzburg: Ges. f. Sbg. Landeskunde, 1910-1933.
Bd. 1: Traditionscodices. Ges. u. bearb v. Willibald Hauthaler.- 1910.
Bd. 2: Urkunden von 790-1199. Ges. u. bearb. v. Willibald Hauthaler u. Franz Martin.- 1916.
Bd. 3:
Urkunden von 1200-1246. Ges. u. bearb. v. Willibald Hauthaler u. Franz
Martin.- 1918. PDF, Monumenta Germaniae Historica.
Bd. 4: Ausgewählte Urkunden 1247-1343. Ges. u. bearb. v. Franz Martin.- 1933.
- Die vollständigste Zusammenstellung mittelalterlicher Dokumente über
Salzburg. Sie wird meist mit der Sigle SUB zitiert. Leider ist nur
der 3. Bd. online erhältlich. Zum Glück sind einige der Dokumente auch
anderweitig verfügbar.
- Indiculus
Arnonis und Breves Notitiae Salzburgenses. Nacn d. bekannten u. nach
bisher unbenützen Hss. neu hrsg. u. m. Erl. vers. v. Friedrich Keinz.-
München: Fleischmann, 1869. Google Books.
- Der Indiculus Arnonis – heute meist Notitia Arnonis
genannt – ist ein im Auftrag von Bischof Arn(o) um 790 erstelltes
Verzeichnis der Besitztümer des Bistums. Bald nach der Erhebung Salzburgs
zum Erzbistum im Jahre 798 wurden die umfangreicheren Breves Notitiae
erstellt. Die beiden sind hier abgekürzt mit N.A. bzw. B.N.
- Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde.
- Mit der Sigle MGSLK zitiert,
Index der bei
ÖNB-ANNO online verfügbaren Bände.
- Grienberger,
Theodor von: „Die Ortsnamen des Indiculus Arnonis und der Breves Notitiae
Salzburgenses in ihrer Ableitung und Bedeutung dargestellt“. MGSLK 26
(1886) 1-78. ÖNB-ANNO.
- Urbar
des Benedictinnen-Stiftes Nonnberg. Bearb. v. Adam Doppler, erg. u.
hrsg. v. Willibald Hauthaler. MGSLK 23 (1883) 41-144. ÖNB-ANNO.
- Dieses Verzeichnis der Leistungen, zu denen die Grunduntertanen verpflichtet
waren, stammt von 1212 oder 1312 – Mo CoCo..XII,
in der Rasur könnte noch ein Co gestanden haben.
- Hörburger, Franz: Salzburger Ortsnamenbuch. Unter Mitw. v. Stefan Adamski,
Norbert Heger u. Manfred Straberger bearb. v. Ingo Reiffenstein u. Leopold
Ziller.- Salzburg: Selbstverl. d. Ges. f. Sbg. Landeskunde, 1982. (MGSLK,
9. Erg.-Bd.).
- Das aktuellste Nachschlagewerk zum Thema; die Stringenz der Darstellung
leidet aber unter der Zahl der Bearbeiter.
- Reitzenstein,
Wolf-Armin Frhr. v.: Lexikon bayerischer Ortsnamen. Herkunft und Bedeutung.
Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz.- München: Beck, 2006. Google Books
(teilweise einsehbar).
- Enthält Art. zu Saalach und Salzach.
- Historische
Ortsnamendatei der der Salzburger Ortsnamenkommission (SONK). Hrsg. v.
Thomas Lindner.- 1. Ausg. 10/2010. Österr. Akad. d. Wiss.
- Ein Index der Ortsnamen samt Quellen- und Literaturverweis. Leider werden
Urkunden oft nur mit der Seitenzahl des SUB zitiert; aber dankenswerterweise
werden die entsprechenden Artikel der MGSLK genannt.
- Kranzmayer, Eberhard: „Die Ergebnisse der neuesten österreichischen
Ortsnamenkunde und das Land Salzburg“. MGSLK 97 (1957) 1-16.
- Nicht mehr ganz aktuell und vom Stil her zu apodiktisch.
- Brandenstein, Wilhelm: „Die Völkerschichten in den Ostalpen im Lichte der
Ortsnamen“. Zeitschr. d. Dt. u. Österr. Alpenvereins 66 (1935) 251-260
(jetzt in: Kleine namenkundliche Arbeiten. Hrsg. v. Fritz Lochner
von Hüttenbach.- Graz: Akad. Druck- u. Verlagsanst., 1978, 100-111).
- Dopsch, Heinz: „Unter erzbischöflicher Herrschaft – Anif im Mittelalter
und an der Wende zur Neuzeit“. Anif: Kultur, Geschichte u. Wirtschaft v.
Anif, Niederalm u. Neu-Anif. Hrsg. v. Heinz Dopsch u. Ewald Hiebl.- Anif,
2003, 55-81.
- Dopsch, Heinz; Hoffmann, Robert: Salzburg. D. Geschichte e. Stadt.- 2.
aktual. Aufl.- Salzburg: Pustet, 2008. S. 40f, 76-80.
- (Mitschrift?)
Vorlesung Namensforschung von Hermann Scheuringer. Univ. Wien,
Inst. f. Germanistik.
- Ein allgemeine Einführung in die Konzepte und Fragestellungen der Onomastik.
- Reiffenstein,
Ingo: Die Namen der Salzburger Stadtteile. Homepage der Stadt Salzburg.
- Salzburg-Wiki-Art.
Ortsnamen (Etymologie).
Quellen habe ich, soweit sie bequem erreichbar waren, eingesehen.
Wo ich die Quelle nicht ermitteln konnte oder sie mir nicht zugänglich war,
zitiere ich meist mit einem urkdl. (urkundlich).
Tabula Peutingeriana (Kopie einer spätröm. Straßenkarte aus dem 4./5. Jh.,
Faksimile von Konrad Miller, 1887):
Links unten
Ivavo und
fl. Ivaro, rechts oben
Ovilia (d.i. Ovilava, Wels);
die Straße führt über
Tarnantone (vermutl. Neumarkt a. Wallersee),
Laciacis (Mösendorf?),
Tergolape (Schwanenstadt).
Darunter die Straße in den Lungau; sie führt über
Cuculle (Kuchl),
Vocario (Pfarrwerfen),
Ani (=Anisus?, Altenmarkt i. Pg.).
Bei
Ivavo sieht das erste
v im Original so aus, als hätte
der Schreiber zunächst ein
v schreiben wollen (linke Haste schräg),
sich dann aber anders entschieden und ein
u gemacht (gerundeter
Abstrich, rechte Haste nach rechts abgeschwungen). Viell. muss man also
Iuavo lesen. (Zweifelsfrei, wie Hainzmann/de Bernardo Stempel S. 55
schreiben, ist das
u für mich nicht.)
Quelle:
Wikipedia.-
Lizenz: Gemeinfrei.-
Bearb.: Leicht vergrößerter Ausschnitt, Sättigung reduziert, aufgehellt.
Die beste
nahtlose Darstellung
der Originalkarte hat der Map Viewer des Webauftritts von Richard J. A.
Talbert.
Hochaufgelöste
Scans (mit etwas flauem Kontrast) finden sich auch auf der Projektseite
von Sorin Olteanu. Sehr schön zu sehen ist der
Salzburger
Raum auf einem Scan der Seite
The Roman Roads. Einen noch
kleineren
Ausschnitt des Gebietes hat der „offizielle Webauftritt“ auf Euratlas.
Bei keiner der Abbildungen ist klar, ob und unter welchen Bedingungen man sie
nutzen darf.
Nicht mehr missen möchte ich bei Benutzung der Tab. Peut. die Seite
Omnes Viae: Römischer Routenplaner.
Iuvavum, Iuvarus
- Keune, Johann Baptist:
Art. Iuvavum. Paulys Realencyclop. d. class. Altertumswiss.,
Bd. X,2 (1919) Sp. 1349–1355. e-Text, Wikisource.
- Keune,
Johann Baptist: Art. „Ivaro, Ivarus“. Paulys Realencyclop. d. class.
Altertumswiss., Bd. IX,2 (?) Sp. 2623. PNG-Bild, Archive.org.
- Holder,
Alfred: Alt-celtischer Sprachschatz. Bd. 2: I-T.- Leipzig: Teubner, 1904.
OPACplus / Bayerische Staatsbibliothek.
- Brandenstein, Wilhelm: „Fluß und Stadt“. Corolla Linguistica. Festschrift
Ferdinand Sommer.- Wiesbaden, 1955, 5-11 (jetzt in: Kl. namenkundl. Arbeiten,
7-13).
- Brandenstein, Wilhelm: „Besprechung Hans Krahe, Die Struktur der
alteuropäischen Hydronymie“. Indogerm. Forschungen 68 (1963)
314-317 (jetzt in: Kl. namenkundl. Arbeiten, 28-31).
- Lindner, Thomas: „Die Etymologie von Iuvavum und Salzburg“.
125 Jahre Indogermanistik in Graz. Festbd. anläßl. d. 125jährig. Bestehens
d. Forschungsrichtg. “Indogermanistik” a. d. Karl-Franzens-Univ. Graz. Hrsg.
v. M. Ofitsch u. C. Zinko.- Graz:Leykam, 2000. S. 239-245.
- Widmann, Hans: Geschichte Salzburgs. Bd. 1: Bis 1270.- Gotha: Perthes,
1907.
- Teilt einige ältere Etymologien mit, zu den vorröm. Namen S. 11, zu
Iuvavum S. 15f, zu den bairischen Namen S. 51-53.
- Hutter, Clemens M.: Iuvavum. Alltag im röm. Salzburg.- Salzburg: Pustet,
2012.
- Ein populärwissenschaftl. Werk, das auch die Etymologie streift.
- Grotefend, Karl Ludwig:
Epigraphisches. II: Norica.- Hannover: Culemann, 1857. S. 15. Google Books.
- Betz, Artur: „Iuvavum oder Vianiomina?“. Festschrift zu Ehren Richard
Heuberger's. Hrsg. v. Wilhelm Fischer.- Innsbruck: Wagner, 1960
(Schlern-Schriften, 206) S. 9-12.
- Betz, Artur:
„Ein verdienter Bürgermeister von Iuvavum“. Jahreshefte d. Österr.
Archäolog. Inst. in Wien 43 (1956-58) 52-57. Google Books (durchsuchbar,
aber leider nicht zur Gänze einsehbar).
- Heger, Norbert: Salzburg in röm. Zeit.- Salzburg, 1974. (Salzburger Museum
Carolino Augusteum Jahresschrift 1973 Bd. 19) S. 19f (zum Namen Iuvavum),
S. 162f (zu weiteren Namen des zu Iuvavum gehörenden Gebietes).
- Leider vergriffen.
- Thüry, Günther E.: Das röm. Salzburg. D. antike Stadt u. ihre Geschichte.-
Salzburg: Eigenverl. d. Vereins „Freunde d. Salzburger Geschichte“, 2013.
(Salzburg Studien Bd. 14) S. 76.
- Zu dem Zeitpunkt, da ich diese Zeilen schreibe, noch druckfrisch.
- Hainzmann, Manfred;
de Bernardo Stempel, Patrizia: „Iuvavus und Verwandte. Überlieferung,
linguistische Kommentierung, Gesamtbeurteilung“. Röm. Österr. 34/35
(2011/12) 51-62. Academia.edu.
- Forstner, Karl: „Bemerkungen zu den Ambisontern, Alaunern und zu Iuvavum,
Iuvavus und Iu(v)arus“. MGSLK 151 (2011) 111-125.
In der Antike hieß die Mozartstadt Iuvavum. Dieser Name hängt
vermutl. mit dem vorröm. Namen der Salzach, Iuvavus, Iuvarus
zusammen. (Beide Namen auch haplograph. Iva-/Iua- geschrieben,
die Stadt auch -aum, beider Endung auch splat. -o.)
Einmal (N.A. 0) wird die Salzach auch Igonta genannt. Für die
Stadt ist in derselben Zeit auch der Name Petena belegt.
Der älteste Quellenbeleg ist - wahrscheinlich - Plinus d. Ältere. Die
Stelle (Plin. nat. 3,146 [Kap. 24]) lautet in der Teubnerausg. v. Karl
Mayhoff (Leipzig 1906, der
Pliniustext
bei Wikisource,
bei Lacus Curtius,
beim
Perseus Project):
A tergo Carnorum et Iapudum, qua se fert magnus Hister, Raetis iunguntur
Norici. |
Im Rücken der Karner (illyr.-kelt. Volk i.d. Dolomiten) und Japuden
(Volk nw. v. Dalmatien), wo der große Hister (Unterlauf der Donau) fließt,
schließen sich an die Räter (Volk zw. Bodensee u. Unterinntal und südl.
davon) die Noriker (kelt. Volk zw. oberem Inn, Donau und Save) an. |
oppida eorum Virunum, Celeia, Teurnia, Aguntum, Iuvaum, omnia Claudia,
Flavium Solvense. |
Ihre Städte
Virunum (b. Maria Saal in Kärnten),
Celeia (Celje in Slowenien),
Teurnia (i.d. Nähe v. Spittal a.d. Drau in Kärnten),
Aguntum (i.d. Nähe v. Lienz in Osttirol),
Iuvavum
(sind) alle klaudisch (d.h. haben durch Kaiser Claudius das Stadtrecht
erhalten), flavisch (ist)
Solvense (Flavia Solva, b. Leibnitz i.d. Steiermark, hat durch Kaiser T.
Flavius Vespasianus das Stadtrecht erhalten). |
Noricis iunguntur lacus Pelso, deserta Boiorum; iam tamen colonia Divi
Claudi Savaria et oppido Scarabantia Iulia habitantur. |
An die Noriker schließen sich der Plattensee an, (und) die Steppen der
Boier (kelt. Volk in der ČR, Slowakei, Ungarn); sie werden aber nunmehr
bevölkert durch des vergöttlichten Claudius Kolonie Savaria (Szombathely,
dt. Steinamanger) und durch die Stadt Scarabantia Iulia (Sopron, dt.
Ödenburg). |
Zu Iuvaum teilt Mayhoff folgende Lesarten mit:
iuaum, -auum, iuuam, uiuam, iuam, iuua, uiani, uiuana. Die
Ausgabe von Jean
Hardouin (1685, Google Books)
liest Vianiomina, Claudia, (statt Iuvaum, omnia Claudia,),
ebenso die Ausgabe
von F. Ansart (1828, Archive.org) oder die
Ausgabe von
Julius Sillig (1851, Archive.org).
Claudia wäre dann eine weitere norische Stadt.
Ältere Ausgaben wie die von Ermolao Barbaro (1492/93) lesen Viana,
Aemonia, so z.B. eine 1525 bei
Froben erschienene (bereits von Sigmund Gelen verfertigt?, Google Books)
oder die von Johannes
Caesarius? (1524, Google Books).
Viani(omina) wurde teils mit Fa-vianis (Mautern in NÖ), teils mit
Vindobona (Wien, das aber zu Pannonien gehörte) gleichgesetzt.
Grotefend konjizierte 1857 die heutige Lesung, der sich seither die meisten
Pliniusherausgeber angeschlossen haben. Betz berichtet zudem von einer
Handschrift in der Morgan Library, New York, die exakt Grotefends Lesung
enthält. |
Claudius Ptolemaios nennt (Ptol. geogr. 2,13,3) zwei norische Städte
südlich der Donau, aber offenbar nördlich des Tauernkamms: Ἀρελάτη und
Κλαυδιούιον (Text in der
Ausgabe von
K. F. A. Nobbe, Leipzig 1943, Archive.org).
Ersteres (auch in der Tab. Peut. Arelate geschrieben) ist
Ar(e)lape (h. Pöchlarn) an der Mündung der Erlauf. Ob letzteres
wirklich Κλαύδιον Ἰούαον = Claudium Iu(v)aum (also Iuvavum) meint, muss wohl
offen bleiben.
Im Itinerarium Antonini, einem Verzeichnis von Straßenverbindungen mit
Entfernungsangaben, wohl aus dem 3. Jh., kommt Iuvavum dreimal als eine der
Stationen zwischen Lauriacum (h. Lorch) und Pons Aeni (h. Rosenheim) vor
(Itin. Anton. 235,2-236,2; 256,5-257,2; 258,4-8; Text nach der
Ausgabe von
G. Parthey und M. Pinder, Berlin 1848, Archive.org):
Ovilavis mpm XXVI –
Laciaco mpm XXXII –
Iovavi mpm XXVIII –
Bidaio mpm XXXIII –
Ponte Aeni mpm XVIII |
Ovilava (h. Wels) ca. 26 Meilen –
Laciacum (viell. Mösendorf bei Vöcklamarkt) ca. 32 M. –
Iuvavum (h. Salzburg) ca. 28 M. –
Bedaium (h. Seebruck) ca. 33 M. –
Pons Aeni (h. Rosenheim) 18 M. |
Die Passagen unterscheiden sich nur durch die handschriftl.
Varianten für Iuvavum:
235,4: iuuani, iouiana, iouani
256,7: iouani
258,6: ioliaui, iouiani, iouiaui, iuaui, iouani |
Eine spätere Erwähnung finden wir bei
Eugippius in der
Vita Sancti Severini (13,1, Latin Library):
Item iuxta oppidum, quod Iuvao appellabatur, cum quadam die intrantes
basilicam aestatis tempore sollemnitatem vespere reddituri ad accendenda
luminaria ignem minime repperissent... |
Desgleichen nahe der Stadt, die Iuvao genannt wurde, als eines Tages
die, die zur Sommerszeit die Kirche betraten, um am Abend Gottesdienst zu
halten, absolut kein Feuer zum Anzünden der Kerzen fanden... |
Es folgt die wunderbare Entzündung einer Kerze durch den
Hl. Severin (410-482). Daran schließt sich noch die wunderbare Heilung
einer todkranken Frau an. Die basilica (zusammen mit den im
Text genannten spiritales „Geistliche“, vor deren Augen das
Kerzenwunder geschah) verweist nach Heger (S. 161) auf eine Klosterkirche. |
In den B.N. heißt es (0 und 2, 1):
... in loco, qui dicitur Juvavo, quod vulgo dicitur Salzburg, super
fluvium Iuvarum... |
... an dem Ort, der Juvavum genannt wird, welches in der Landessprache
Salzburg genannt wird, am Fluss Juvarus... |
Una cum consensu et voluntate ipsius ducis pervenit ad fluvium Juvarum,
qui alio nomine dicitur Salzaha, in loco vocato Juvavo. |
Mit der Zustimmung und dem Willen des Fürsten selbst gelangte er
(Bischof Rupert) zum Fluss Juvarus, der mit anderem Namen Salzach geheißen
wird, an dem Juvavum genannten Ort. |
Von den Inschriften, die Salzburgs lat. Namen nennen, sei die bekannteste
angeführt: die
Dankinschrift
für M. Haterius Summus (EDCS), die 1957 in der Stadt Salzburg im Haus
Kaigasse 21 gefunden wurde und der 1. Hälfte d. 2. Jh. zugerechnet wird (Text
erstmals publ. in AE 1959,151).
M(arco) Haterio | Luci(i) fil(io) | Claud(ia tribu) Summo | dec(urioni)
municipi(i) | Ivavi | II viro iur(e) d(icundo) | plebes oppidan(a) |
optimo civi | ob annonam | relevatam |
Dem Marcus Haterius Summus, Sohn des Lucius, aus dem claudischen
Wahlbezirk, dem Ratsherren des Munizipiums Iuvavum, dem Bürgermeister,
die städtische Bevölkerung dem besten Bürger für die Herabsetzung der
Lebensmittelpreise. |
Summus wird von den Fachgelehrten als Cognomen
aufgefasst. In einigen nicht-akadem. Übersetzungen (z.B. im
Salzburg-Wiki-Art.
Marcus Haterius, Stand 25. Jan. 2014) wird es stattdessen als
Attribut zu decurioni („dem höchsten Ratsherren“) gezogen.
Haterius war duumvir iure dicundo, d.i. einer von jeweils zwei
für die Verwaltung und die Rechtsprechung verantwortlichen Magistraten.
Er hat in dieser Funktion durch irgendeine Maßnahme (Betz vermutet durch
Getreidekauf auf private Kosten) für die Linderung einer Lebensmittelknappheit
bzw. wohl für die Herabsetzung der Preise gesorgt.
Annona ist Getreide bzw. Lebensmittel im allgemeinen (ursprl.
der jährliche – annus – Ertrag), dann ihr Preis,
insbes. hoher Preis, d.h. Teuerung, Not.
Wichtig ist die Inschrift, weil sie bezeugt, dass Iuvavum ein Munizipium,
d.h. eine Stadt mit Selbstverwaltungsrecht war. |
2008 wurde bei Grabungsarbeiten am Salzburger Residenzplatz ein
Weihealtar
für Juppiter und Juvavus (EDCS) gefunden, der ins späte 2. oder frühe 3.
Jh. datiert wird und folgende Inschrift trägt
(Foto der Inschrift bei Ubi
erat lupa):
I(ovi) O(ptimo) M(aximo) | et Iuvavo | [p]ro salute | Mari Aniceti |
et negotiationi(s) | eiius |
Dem besten, größten Juppiter und dem Juvavus, für das Wohl des Marius
Anicetus und seines Handelsgeschäfts. |
Die Erstbeschreiberin Christa Farka sieht in Iuvavus den
Flussgott der Salzach. Forstner hält dafür, dass der Fluss nie Iuvavus
geheißen hat (sondern Iuvarus, s.u.) und der Name daher den
Stadtgott von Iuvavum bezeichnen muss. Nicht ganz klar ist mir, wie
negotiationi zu deuten ist. Ist das fehlende Genetiv-s ein Lapsus
des Steinmetzen? |
Zur Bedeutung des Namens gibt es verschiedene Erklärungsversuche:
- Alfred Holder führt in seinem alt-celtischen Sprachschatz die Lemmata
*Iuvaro und I̯uv-āvo-n (sic!) an, letzteres mit ausführl.
Quellenbelegen, aber ohne etymolog. Erklärung.
- Eberhard Kranzmayer führt Juvâvum (sic!) auf ein illyr.
*Djuvâvam zurück, den Namen des Flusses auf *Djuvuntas,
das sich im Indiculus Arnonis als Juvonta erhalten habe (kommt so
nicht vor, offenbar eine „stille“ Emendation Kranzmayers von Igonta).
Beides stellt er zu lat. Iū-(p)piter (eigtl. Vok.
*Di̯eu pater) von *Di̯eu-s „Himmels(gott)“, griech. Ζεύς,
(den Namen der Stadt mit Ableitungssuffix -âvas-), sodass seine Bedeutung
„dem Himmelsgott gehörig“ wäre.
Dass die Illyrer in den Alpen gesiedelt haben, wird heute
weitgehend bezweifelt, illyr. Etymologien sind daher mit Vorsicht zu
genießen. (Auch sonst ist der wissenschaftliche Stil Kranzmayers selbst bei
wohlwollender Betrachtung bestenfalls als eigenwillig zu bezeichnen.)
Widmann kennt bereits »die Herleitung ‚von Iove‘ [...] ‚dessen Gottheit die
Bürger von Juvavia in großen Ehren hielten‘« (S. 15) und nennt als Quelle
Franz Thaddäus von Kleimayrn: Nachrichten vom Zustande der Gegenden und
Stadt Juvavia vor, während und nach Beherrschung der Römer bis zur Ankunft
des heiligen Rupertus und von dessen Verwandlung in das heutige Salzburg.-
Salzburg 1784.
- Wilhelm Brandenstein vermutet (Bespr. Krahe), Iuvarus
sei eine Verschreibung für *Iuvavus (Thomas Lindner »viell.
Dissimilation«) und stellt es zum Bildungstypus Pisaurum am
Pisaurus, Timavum am Timavus u.ä. (Liste ähnl.
Bsp. in Fluß und Stadt S. 9).
Als Etymon schlägt er das idg. Verbum *i̯ēu-/*i̯ū- (Dehnstufe von
*i̯eu-) „vermengen, vermischen“ vor (von dem üblicherweise lat.
iūs „Brühe, Suppe“, griech. ζύμη „Sauerteig“ < *i̯ūs-mā
oder nhd. Jauche aus dem Westslaw., vgl. aksl. jucha „Brühe,
Suppe“ < *i̯ousā, abgeleitet werden, Pokorny S. 507). Der Name
bedeutet also »das (mit Sand od. dgl.) gemischte Wasser« (also eine trübe
Brühe?, vgl. geg. gjanë „Dreck, Schmutz, Teich, Bad, Schwemme“).
Dass sich Iuvarus : Iuvavum nicht in das Schema
Timavus : Timavum fügt, ist kein ausreichendes Argument, um einen
mehrfach belegten Namen zu emendieren.
- Clemens Hutter behauptet »Iuvavus hieß der keltische Flussgott der
Salzach« (S. 24), gibt aber weiter keine Erklärung.
- Widmann teilt noch mit (S. 15):
- v. iuvāre „helfen“, also »Helfenburg« (Franciscus Dückher von
Haßlaw zu Winckl, 1666); so schon
Hans Sachs in
seinen lobspruech der stat Salzpurg: »Juvavia den Namen het,/
nach teutsch Helffenpurg wart genant,/ doch itzund Salzpurg weit erkant.«
(V.26-28, Bibl. d. litterar. Vereins in Stuttgart, Bd. 201, Tübingen: 1894,
S. 479ff. Archive.org).
- v. iuvāre und via „Weg“, »weil die Stadt den Römern
diente, ‚um den Durchzug aus dem mittelländischen Norikum in das Ripense
zu decken‘« (Franz Thaddäus von Kleimayrn, 1784)
- »die gräko-italische Wurzel yu- (= wehren, wahren) [...],
wonach der Name einen bewahrten, verwahrten Ort bezeichnet hätte« (Th. v.
Grienberger, 1886)
- Latinisierung des dt. Eib-au (!) (A. Prinzinger d.Ä., 1898)
- Forstner verweist auf das in einer Inschrift in Este
(CIL 5, 2626)
genannte Gentile Iuvavia und hält Iuvavum daher für
venetisch, ohne eine Etymologie zu versuchen. Die Iuvavenser hätten den
Fluss dann Iu(v)-ar-us genannt, zur selben Wurzel wie den Stadtnamen,
aber mit dem für Hydronyme typischen Suffix -ar.
- Hainzmann/de Bernardo Stempel stellen den Flussnamen zu kelt. *iwo-
„Eibe“ (Matasović S. 173) und rekonstruieren den Flussnamen als *Ívo-ro-s
„der unter Eiben verlaufende Fluss“, den Ortsnamen als *Ívo-vo-m
„die Eibensiedlung“ (S. 56), beide mit ursprl. Anfangsbetonung.
Igonta wird allgemein für eine Verschreibung für *Isonta
gehalten. Brandenstein stellt es zu idg. *eis- „schnell bewegen“
(wozu nach Pokorny S. 299f auch gehören: griech. ἱερός „heilig, herrlich,
kräftig“ < *isr̥os – aber die Etymol. dieses Wortes ist
verwickelt; griech. οἴομαι „glauben, meinen“ < ὀ-ίσ-ι̯ομαι? – aber
nach Frisk ist die Herkunft dunkel; lat. īra „Zorn“ < *eisā )
und vergleicht hierzu den ital. Isonzo v. Aesontius.
Bezüglich der Zweinamigkeit des Flusses meint Brandenstein: »Isonta
ist also der Name des Oberlaufs der Salzach, der den gebirgigen Teil des
Landes Salzburg durchfließt; eine wilde Klause grenzt ihn scharf vom Unterlauf
ab, der der Fluß einer großen Ebene ist und der einen anderen Namen trug«
– nämlich Iuvavus (S. 316).
Forstner hält die Emendation zu *Isonta für unberechtigt.
Igonta stammt seiner Ansicht nach aus der alaunischen (alpenkeltischen?)
Sprache und bezeichnete wohl den ganzen Flusslauf. Forstner stellt es zu idg.
*i̯eg „Eis“ (Pokorny S. 503, vgl. engl. icicle „Eiszapfen“
aus ice + mengl. ikil, ykle, Demin. zu protogerm. *jekô
„Eisstück“), mit Suffix -nt, wie es sich z.B. auch in Tuonta, dem
alten Namen des Dientenbachs, findet. Dies passe zu einem Fluss, dessen
Ursprung in der Gletscherregion der Krimmler Tauern gesehen wurde.
Salzburg auf Philipp Apians
Bairischen Landtafeln (1566), in Kupfer
gestochen von Peter Weiner (1579), genannt
Chorographia Bavariae. Man
kann u.a. folgende Namen finden:
linke Hälfte:
Sala fl. (Saalach),
S. Maxlon (Maxglan),
Wals,
Gols (Gois),
Glan fl.,
Plain (die Plainburg),
Glanegk (Glanegg),
auf der Gmain (Großgmain/Bayerisch Gmain),
Untersperg,
Weispach (Berchtesgadener Ache?);
rechte H.:
Inperg (Imberg, h. Kapuzinerberg),
Elssenhajm (Schloss Elsenheim am Äußeren Stein),
Neuhauß (Schloss Neuhaus am Kühberg),
Saltzburg,
Gläserpach fl. (h. Klausbach),
Aign (Aigen),
Weier (Leopoldskroner Weiher),
Neidegk (?),
Freidnsal (Schloss Freisaal),
Albm fl. (Almkanal),
Morztk (Morzg, unter dem Schriftzug der Tiergarten),
Hani[f] (Anif, das
f im Druck oder beim Scannen ausgefallen),
Weier (Schloss Oberweyer, h. Schloss Anif),
Greding (Grödig, mit unetymolog.
-ing),
Lasseregk (Schloss Lasseregg i. Niederalm),
S. Leon. (St. Leonhard),
Riff (Rif),
Puech (Puch),
Urstain (Schloss Urstein bei Puch),
Gartnaw (Schloss Gartenau im Knie der Königsseeache),
Kaltenperg (Schloss Kahlsperg i. Oberalm),
Albm (Oberalm).
Quelle:
Chorographia
Bavariae bei Google Books (PDF mit S/W-Scans).-
Lizenz: Gemeinfrei.-
Bearb.: zwei Blätter zusammengefügt, aufgehellt.
Eine wesentlich schönere Version ist die
in Holz
geschnittene von Jost Amman u. Hieronymus Wolf (koloriert, Ingolstadt 1568)
bei d. Bayerischen Staatsbibliothek. Eine
nahtlose,
zoombare Version gibt es bei
bavarikon. Aber in beiden Fällen
wieder: ach, das Urheberrecht.
Salzburg und Umgebung in der Generalkarte 1:200.000 der Franzisco-Josephinischen
Landesaufnahme (1869-1887), Blatt 31° 48° (Längengrade nach dem Ferro-Meridian).
Quelle:
Wikimedia.-
Lizenz: Gemeinfrei.-
Bearb.: Ausschnitt, verkleinert und geschärft.
Das weißliche Wasser des Almkanals (v.
alb- „weiß“) nach zwei
regnerischen Tagen im Juli 2014.
Salzburg, Salzach
- Wikipedia-Art. Ache
Die heutigen Namen von Stadt und Fluss hängen mit der Bedeutung Salzburgs
für den Salzhandel zusammen.
Salz geht auf idg. *sal(d)- zurück, vgl.
griech. ἅλ-ς hal-s (Gen. ἁλ-ός hal-ós) u.
jünger ἅλας hálas (Gen. ἅλατ-ος hálat-os),
lat. sāl, daher
it. sale,
frz. sel,
span. sal;
aksl. solь, daher
russ. соль sol',
tschech. sůl,
kroat. sol.
In den germ. Formen erscheint das Wort mit d, vgl.
got. u. engl. salt,
dt. Salz,
in den kelt. Formen mit n, vgl.
air. salann,
mkymr. halen (s. Pokorny S. 878f).
Das Wort bedeutet lt. Etymologie-Duden ursprl. soviel wie „schmutzig-grau“
(weil Salz ungereinigt gehandelt wurde); es wäre also identisch mit idg.
*sal(u̯o)- „schmutziggrau“
(air. sal „Schmutz“,
mhd. sal, -wes „Schmutz“, viell. auch
lat. salīva „Speichel“, Pokorny S. 879).
Zu dieser Wurzel gehören zahlreiche dt. Wörter:
Sülze („Salzwasser“, Ablautform von Salz),
Sole („salzhaltiges Quellwasser“, aus d. Westslaw.),
Saline (< lat. salīnae „Salzgrube“),
Salat (< it. insalata „eingesalzene [Speise]“),
Soße (< frz. sauce < vlat. salsa „gesalzene [Brühe]“),
Salami (< it. salame „Salzfleisch, Rohwurst“),
Salmiak (< mlat. sal armoniacum „armenisches Salz“),
Salpeter (< lat. sal petrae „Felssalz“?).
Burgen und Kastelle wurden häufig zum Ausgangspunkt von Siedlungen, sodass
mhd. burc auch „Stadt“ bedeuten konnte, was sich in Städtenamen wie
Augsburg, Regensburg, Würzburg und im Wort Bürger spiegelt.
Kranzmayer hält Salzburg für eine Schrumpfform aus Salzachburg.
Eine Ache, -ach (manchmal zu -a verkürzt) ist ein nicht
schiffbarer Fluss, v. ahd. aha „Fluss, Wasser“ (vgl. got. aƕa
„Fluss, Gewässer“, lat. aqua „Wasser“).
Davon zu unterscheiden ist ein bair. Kollektivsuffix -ach, wie es
sich in Taxach (dem älteren Namen von Taxham, auch ein Ortsteil von
Hallein) erhalten hat (vgl. Weidach „Weidengebüsch“, Haslach „Haselstauden“,
Lindach, Steinach „steinige Gegend“, Maurach u.ä.); auch in der Form -at,
-et (s. Eichet).
Slaw. Herkunft sind hingegen Namen wie Krieglach, Lesach, Zmöllach.
- Die Fischach (N.A. 2,3 Fischaha, Abfluss des Wallersees,
mündet in Bergheim in die Salzach) heißt vermutl. nach ihrem Fischreichtum.
- Das Saal- der Saalach (N.A. 1,2 Sala, urkdl. auch
(salzburgische) Saale) geht nach Pokorny (S. 878) auf das kelt. Wort
für Salz zurück. Nach anderen aber auf idg. *salo- „wogend“
(o.ä.) (wozu Pokorny S. 879f einige Flussnamen stellt, z.B. Seille <
Salia, Salence (?) < *Salantia, Salantas (Litauen)) oder
idg. *s(u̯)el- (davon lat. salum „unruhiger Seegang, offenes
Meer“, nhd. Schwall, nicht bei Pokorny, der salum zu
*salo- stellt). Für weniger wahrscheinlich wird von den meisten
Ableitung von idg. *sal(u̯o)- „schmutziggrau“ (s.o. zur Etymologie
von Salz) gehalten.
- Die Königsseeache (entspringt im Königssee) heißt auch Alm
(danach der Anifer Ortsteil Niederalm und der aus der Alm abgeleitete
Almkanal), von der gebeugten Form Alben, lat. Alba
und Albina.
(Es gibt im Salzburger Raum mehrere Flüsse und Orte dieses Namens und nicht
immer ist klar, welche in den Urkunden gemeint ist.) Viell. v. idg.
*albho- „weiß“ (hierzu lat. albus ds., ahd. albiz
„Schwan“, Pokorny S. 30), vgl. Elbe, Aube < lat. (gall.?)
Alba und die zahllosen Bäche und Orte namens Weißenbach.
Es ist nicht klar, ob die Namensgeber kelt., lat. oder germ. sprachen.
Hall
- Steinhauser, Walter: „Was war das "Hall"?“. MGSLK 92 (1952)
147-151.
- Brandenstein, Wilhelm: „Le rôle et l'importance du Vieux-Celtique en
Autriche“. Ogam 12 (1960) 471 (jetzt in: Kl. namenkundl. Arbeiten, 167).
- Stifter,
David: „Hallstatt – In eisenzeitlicher Tradition?“. Interpretierte
Eisenzeiten. Fallstudien, Methoden, Theorie. Tagungsbeitr. d. 1. Linzer
Gespr. zur interpretativen Eisenzeitarchäologie. Hrsg. v. Raimund Karl u.
Jutta Leskovar.- Linz, 2005. (Studien z. Kulturgesch. v. Oberösterr., 18).
PDF, Oberösterr. Landesmuseum.
- Woeste, Fr.:
Wörterbuch der westfälischen Mundart.- Norden, Leizpig: Soltau, 1882.
s.v. hæl.
Archive.org.
- Wikipedia-Art.
Hall (Ortsname).
Ebenso mit dem Salzbergbau hängt vermutl. der Name Hallein
zusammen. Nahm man früher meist an, der (zumeist dem Kelt. zugeschriebene)
Namensbestandteil hall (a. in Hallstatt, Bad Hall, Bad Reichenhall),
bedeute „Salz“, so werden heute andere Ableitungen diskutiert: etwa von ahd.
halda „Abhang“ (davon nhd. Halde, s.u. zu Hallwang)
im Sinn von „Bergwerk“ oder von Halle im Sinn von „Salzlagerstätte“.
In den Zusammensetzungen ahd. hallhūs „Sudhaus, Saline“, mhd.
halgrâve „Salinenvorsteher“, halstat „Salzsiedestätte,
Saline“ bezeichnet hal das Salzsieden bzw. seinen Ort (im Tal, nicht
den Berg).
Wie das Griech. hal- haben auch die britann. Formen
das anlautende s- zu h- verhaucht, doch zeigen sie, wie schon gesagt, ein n
im Stamm:
kymr. halen,
korn. haloin,
bret. holen
führen zusammen mit air. salann auf protokelt. *salei-no-.
Doch ist bei auf das Gall. zurückgehenden Namen anlautendes s- erhalten
(Sens < Senones, Seine < Sequana), was zeigt, dass es im Festlandkelt.
wohl keine Anlautverhauchung gab.
Einige der Hall-Siedlungen sind erst in germ. Zeit entstanden oder haben
erst später den Hall-Namen bekommen. Hallein wird 1198 als muelpach
(Mühlbach) erwähnt, erst im 13. Jh. ist hallîn belegt. -lîn
ist Demin.-Suffix („kleines Hall“, das große ist Bad Reichenhall), der Name
wird also auf der ersten Silbe betont. Eine germ. Etymologie scheint somit
wahrscheinlich.
Walter Steinhauser stellt es zu mhd. hel „schwach, matt“ (eigtl.
„ausgetrocknet“), hellic „ermüdet, erschöpft“, helligen
„ermüden, quälen“ (davon nhd. be-helligen „belästigen“), von idg.
*(s)kel- „austrocknen, dörren“ (dazu griech. σκέλλω „trocknen,
ausdörren“, σκελετός „ausgetrocknet, Mumie, Skelett“, mhd. schal
„trocken, dürr“ > nhd. „fade“), und postuliert dazu mhd. *hëllen
„austrocknen, verdorren“ (vgl. asächs. halôian „verbrennen“) –
vom Erhitzen der Sole. Hierzu stellt er (und mit ihm Brandenstein) jedoch
auch lat. calēre „heiß sein“. Doch dieses stammt v. idg.
*k̑el- „warm“ (davon auch nhd. lau). Dies ist ein anderes
Etymon; k̑ ist nicht gleich k!
David Stifter stellt es zu lat. callēre „eine dicke Haut haben“,
nach der Salzkruste, die beim Salzsieden entsteht.
Zweimal Glan an einem Dezembernachmittag 2013, einmal bei Fürstenbrunn, knapp
südl. der A10, einmal am Ende des Leopoldskroner Moores, unweit der
Bergerhofstraße.
Das Dorf Maxglan auf dem restaurierten Sattlerpanorama (1825-29, Blick vom
Mönchsberg): Im Vordergrund das kleine Maximilianskirchlein (vor der großen
Erweiterung 1952-56), umgeben von ein paar Bauernhöfen, dahinter Felder. Im
kleinen Kreis die Siezenheimer Kirche. Am rechten Rand die Kleßheimer Allee,
in der kleinen Ellipse Schloss Kleßheim.
Quelle:
Wikipedia.-
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Bearb.: leicht vergrößerter Ausschnitt.
Wesentlich besser erkennt man die Verhältnisse auf dem
Ausschnitt
Maxglan auf der Seite des Museum Carolino Augusteum. Hier gibt es
auch sehr interessante
Vergleiche
von einst und jetzt.
Die Etymologie eines Namens muss auch sachlich stimmig sein: die Jakobus-Kirche
von Gois (nach e. Tafel in d. Kirche erstmals erwähnt 1250, Turm u. Altarraum
von 1450, renoviert 1975) auf dem namengebenden Hügel (Juni 2013).
Vorrömische/Keltische Namen
Sprachl. Spuren haben die Kelten im Namensgut Salzburgs nicht allzuviele
hinterlassen.
- Glan (B.N. 12,3 super rivulum Glanae) ist eine kelt.
Gewässerbezeichnung, sie stammt wohl von kelt. *glano- „rein, klar“
(air., mbret., mkymr., korn. glan).
Hierher gehört der Name von Glanhofen „Höfe an der Glan“ und wohl
auch von Glanegg (Eck(e) im Sinne von „Felsspitze“ oder
“Kante, Abhang“), nicht jedoch der von Maxglan.
Zurecht bemerkt Brandenstein (Le rôle S. 467),
dass dieser Name nur auf den Oberlauf des Flusses zutrifft, denn im Bereich
der Stadt Salzburg ist sein Wasser braun und moorig, da es das Leopoldskroner
Moos durchquert. (Wer selbst auf fact finding mission gehen möchte: es gibt
einen netten Rad- und Spazierweg entlang der Glan, von kurz hinter der
Stieglbrauerei bis zur Halfpipe in Fürstenbrunn. Die Grenze ist etwa bei
dem Brücklein, wo Hammerauer Str. und Josef-Hauthaler-Str. zusammenstoßen.)
- Gnigl (B.N. 12,1 Glanicle) ist möglicherweise ein
roman. Deminutiv zu glan (*glanicula) und ursprl. Name
des Alterbaches. Dass Orte nach dem Gewässer benannt werden, an dem sie
liegen, findet man gar nicht so selten (s.u. Gneis, vgl. Traun, Enns, Steyr).
Widmann: »Gnigl, wohl kein Janiculus« (S. 34).
- Morzg (B.N. 4,3 Marciago, sonst urkdl. meist Mor-)
ist nach Kranzmayer kelt. *Mortiakom „Besitztum des Mortios“, d.h.
mit dem kelt. Suffix -ako- gebildet wie Lauriacum (h. Lorch)
v. Personennamen Laurios oder Ioviacum (Schlögen?) v. Iovios. Andere
sehen in der urkdl. Form ein Marciacum „Anwesen/Siedlung des
Marcius“.
- Zu Anif (N.A. 6,26 Anua; Anava) dekretiert
Kranzmayer (S. 7): »d.i. kelt. Anapa: anos ist der Sumpf,
apa ist das Wasser, die Ache«. Genauer ist der Fluss kelt.
*ab(on)- (air. ab, kymr. afon), der Sumpf
*(f)eno- (gall. Akk. anam, mir. en „Wasser“).
Aber war Anif jemals sumpfig?
Brandenstein (Fluß u. Stadt S. 9) nimmt hingegen Ableitung vom
Personennamen Annavus an. Steub vermutet: »von aneva, ladinisch
Bergkiefer« (die in Anif wächst, oder was?).
Dasselbe Wort steckt vermutlich auch im alten Namen Elsbethens, Campanif
(urkdl. Campanaua); das Bestimmungswort v. lat. campus
„Feld“ od. kelt. kambo- „krumm“ (wie in Cambodunum, h.
Kempten).
- Glas (B.N. 4,3 Glasa) könnte ebenfalls eine
Gewässerbezeichung von kelt. *glasto- „grün, blau“ (air., kymr.,
mbret. glas) sein. Der Name des Ortsteils wäre dann nach dem
gleichnamigen Bach benannt, ebenso wie das weiter südl. gelegene
Glasenbach. Der Name kommt allerdings nicht vom Glasbach, sondern
vom Gläserbach, dem heutigen Klausbach. Auch eine
Ableitung von ahd. glas „Bernstein, Glas“ wäre denkbar, überzeugt
aber sachlich nicht recht.
- Adnet (B.N. 9,4 Atanate) hat vermutl. ein kelt. Suffix
-ate (vgl. Arelate, h. Arles, Condate, h. Rennes),
aber die Bedeutung ist ungeklärt. Möglicherweise steckt kelt. *(f)eno-
„Sumpf“ im Namen.
- Zu Saal-ach und Alm s.o.
Diese Namen wurden von den Römern übernommen und haben daher
die Lautprozesse des Lat. mitgemacht (s.u.), z.B. die Lenisierung des
/k/ zu /g/:
Gnigl < *Glanicula,
Morzg < *Mortiacum
(darin auch die Spirantisierung des ti vor Vokal zu /tsi/,
geschrieben z).
Lateinische Namen
- „Die
romanischen Ortsnamen im Lande Salzburg. M. Erkl. v. Dr. Ludwig Steub“.
MGSLK 21 (1881) 98-101. ÖNB-ANNO.
- Enthält einige Klingklangetymologien, die heute als überholt zu betrachten
sind.
- Dopsch, Heinz: „Grödig im Mittelalter und in der frühen Neuzeit“.
Grödig. A.d. Geschichte e. alten Siedlungsraumes am Untersberg.- Grödig:
Eigenverl. d. Gemeinde, 1990. S. 37-71.
- Nazzi, Gianni;
Saidero, Deborah: Friulan dictionary: Friulan-English. PDF.
- Wikipedia-Artl. Morzg.
Das lat.-alpenroman. Namensgut ist im Salzburger Becken südlich der Linie
Itzling - Taxham - Siezenheim so reichhaltig, dass man von einer Salzburger
Romania spricht. Hier hat sich romanischsprachige Bevölkerung wohl bis
zur Jahrtausendwende gehalten.
- Gois (urkdl. collis) v. lat collis „Hügel“.
- Muntigl (N.A. 6,12 Monticulus) v. lat. monticulus
„Berglein“ (Ortsteil von Berg-heim).
- Plain (-berg, Maria ~) v. roman. plagina, Demin. zu
mlat. plagia „Hang, Feld“ (dav. it. (s)piagga „Strand“ und
frz. plage ds.), v. lat. plaga „Gegend, Landstrich“.
- Rif v. lat. rīpa „Flussufer“ (näml. von Salzach und
Königsseeache, vgl. engl. river u. frz. rivière „Fluss“
v. lat. rīpāria [terra] „Uferland“).
Das f zeigt, dass das Wort erst nach Abschluss
der hochdt. Lautverschiebung übernommen wurde.
- Gneis (U.N. 6b Genáls) wird meist v. lat. canālis
„Wasserrinne, Kanal“ (zur Lautentwicklung vgl. die österr. Aussprache von
Kanal als [kɘˈnɑɪ]) abgeleitet. Doch kann sich die Bezeichnung kaum
auf den Almkanal, dessen Gerinne am Rande des Leopoldskroner Mooses erst 1160
fertiggestellt wurde, beziehen.
Nhd. Kanal wird erst im 15. Jh. aus it.
canale entlehnt. Daneben gibt es noch das direkt aus dem Lat.
entlehnte mhd. kan(n)el, kandel, kenel „Röhre, Rinne“, bei Ortsnamen
„Abzugsgraben“, von dem wohl Kendlerstraße, -siedlung herstammen.
- Gfalls (Elsbethen) v. vlat. caballus „Gaul,
Pferd“.
- Gamp (Hallein) v. lat. campus „Feld, Ebene“.
- Grödig (N.A. 6,26 Crethica) ist viell. v. lat.
crepitus „geplatzt, zerrissen“, Part. v. crepere „knattern,
prasseln; platzen, reißen“ (vgl. it. cretto, cretta „Spalte, Kluft,
Riss“, friulan. cret, crete mit Bedeutungsverschiebung „Fels“)
abzuleiten. Der Name bezieht sich dann auf den Marmorabbau am Untersberg.
Steubs Vermutung »wahrscheinlich Landgut eines aus Creta stammenden Besitzers«
ist ziemlich sicher falsch. Der Name ist seit dem 10. Jh. mit der Endung
-ih, -ich(a) bezeugt (erst seit dem 15. Jh. -ig), hat also
offenbar die hochdt. Lautverschiebung mitgemacht.
- Vigaun (Bezirk Hallein, endbetont) (B.N. 10,5 Figun)
v. frühroman. vicone „großes Dorf“, Augm. zu lat. vīcus
„Dorf“.
- Marzoll (N.A. 6,26 ad Marciolas) wird meist v.
Personennamen Marcianus abgeleitet (aber welches Suffix hier
anzusetzen ist, ist mir unklar).
- Rositten (-bach) wirklich zu lat. russus „rot“ (vgl.
it. rosso ds.) mit Demin.-Suffix, sodaß die Bed. „rötlich“ (vom
Untersberg) wäre?
- Rott (vgl. N.A. 6,17 u. 28 Rota, wenngleich das ein
anderes Rott ist) wird vom Ortsnamenbuch zu it.
rotta „Kurs“ (v. lat. rupta (via) „gebahnter (Weg)“, vgl.
frz. route) oder rotaia „Gleis, Bahn“ (zu lat. rota
„Rad“) gestellt, wegen der Nähe der Römerstraße nach Augsburg. Andere
betrachten es als sog. Rodungsnamen, v. (aus)rotten (s.u. Roith)
Beide Deutungen befriedigen lautlich nicht völlig.
Aus dem vorhandenen Material lassen sich folgende Eigenheiten des
Alpenroman. im Salzburger Becken herauslesen:
- Wörter auf lat. -us/-um gingen offenbar auf -o aus:
Iuvao, Marciago.
- Wörter auf lat. -is scheinen aber (unter bestimmten Voraussetzungen?)
das auslautende -s behalten zu haben: Gneis,
Gois.
- Die Tenues k/t/p wurden zwischen Vokalen zu Lenes g/d/b
erweicht und im Falle von b spirantisiert (v oder f
geschrieben):
Vigaun < vicone,
Adnet < Atanate,
Rif < ripa.
(Diese Lenisierung fand nach dem Ortsnamenbuch zw. dem 4. und 6.
Jh. statt, vgl. it.
lago < lacus,
strada < strāta,
ricevere < recipere.)
- Anlautendes g in Wörtern wie Gneis,
Gois ist nach dem Ortsnamenbuch aber
Substitution für roman. unbehauchtes /k/ durch den nächstliegenden
german. Laut.
- c vor e, i (sowie ti vor Vokal) wurde auch im
Alpenroman. palatalisiert und zu /ts/ spirantisiert:
Zell < cella
„Mönchszelle, Klause“; nicht jedoch g.
- on > un:
Muntigl < mont-,
Vigaun < -gun <
-cone.
Um die Zeit der Übernahme eines lat.-roman. Namens zu bestimmen, sind u.a.
zwei Fragen von Bedeutung: Hat der Name die hochdt. Lautverschiebung mitgemacht
(s. meine Seite Vom Idg. zum Dt.)?
Wenn nicht, muss die Übernahme nach ca. 750 erfolgt sein: z.B.
Muntigl, nicht Munzigl,
aber Kuchl < Cucullae.
Und: hat der Name eine Verschiebung des Akzents auf die Stammsilbe erfahren?
Wenn ja, muss die Übernahme vor ca. 1050 erfolgt sein: Múntigl <
roman. muntíglo. (Das Umgekehrte gilt aber nicht: Endbetonung
beweist keine Übernahme nach 1050.)
-ing, -heim & Co.
- ORF Science: Ortsnamen
mit "-ing" bezeichnen Bewohner.
- Ziller, Leopold: Was nicht im Duden steht. Ein Salzbuger Mundart-Wörterbuch.-
Salzburg: Selbstverl. d. Ges. f. Sbg. Landeskunde, 1979. (MGSLK, 7. Erg.-Bd.)
s.v. Tāxen.
- Förstemann, Ernst:
Altdeutsches Namenbuch. Bd. 1: Personennamen.- Nordhausen: Ferd.
Förstemann, 1856. Google Books.
- S.a. meine Seite Altdeutsche Vornamen.
- Wikipedia-Art. Taxham,
Eugendorf,
Elixhausen.
Geradezu ein Leitfossil der Ortsnamenforschung ist -ing, das
Zugehörigkeit bezeichnet (vgl. dt. Zwilling, Jüngling), bei Personen
Zugehörigkeit zu einer Sippe, einem Siedlungsgründer o.ä. Es wurde dann von
den Bewohnern („Leute des ...“) auf den Wohnort („Ansiedlung der Leute des
...“) übertragen (sog. Insassennamen). Wesentlich seltener werden ing-Namen
von Appellativen gebildet, die die Örtlichkeit beschreiben (sog. Stellennamen).
- Itzling (N.A. 2,1 Uzilinga) „Siedlung der Uzilo-Leute“
(Uzilo ist Demin. von Ut(t)o/Otto/Udo, vgl. auch
Ot-fried, Ot-mar u.ä., v. ahd. ōt „Reichtum, Vermögen“,
Förstemann ud Sp. 1207).
- Liefering (N.A. 6,26 Liueringa) „Siedlung der Leute des
Livero/Liberius“ (roman. Personenname v. lat liber „frei(geboren)“)
- Anthering (N.A. 6,26) „Siedlung der Antheri-Leute“ (Personenname
Antheri viell. zu ahd. anto „Eifer“, Förstemann and
Sp. 84ff., u. ahd. heri „Heer“).
- Freilassing „Siedlung von Freigelassenen“ (aus der Leibeigenschaft,
ahd. frīlāz „Freigelassener“), älterer Name bis 1923
Salzburghofen (Freilassing aber schon im 12. Jh. urkdl.
belegt; auf manchen Karten als getrennte Orte verzeichnet: Salzburghofen im
N, Freilassing im S.)
- Ainring (N.A. 7,2 Ainheringa) „Siedlung der Leute des
Einher“ (zu got. agi- = ahd. egga, ekka „Schärfe, Schneide,
Schwert“, Förstemann agin Sp. 31ff, u. ahd. heri „Heer“).
- Piding (N.A. 1,2 Pidinga) „Siedlung der Leute das
Bito/Pito/Pido“ (v. ahd. bītan „harren, hoffen“?, Förstemann
bid Sp. 256).
- Off-topic: Fucking (Bez. Braunau, Oberöst.) ist
„Siedlung des Fucco/Focko/Vokko“ (Förstemann fug Sp. 437, weiß aber
keine Bedeutung). Wegen des Gleichklangs mit engl. fucking „coire“
reizt der Name zu Wortspielen wie der Biermarke Fucking Hell oder
der Krimigroteske Bad Fucking von Kurt Palm.
Ebenso ist Petting (Lkr. Traunstein, Bayern) „Siedlung des
Bado/Beddo/Petto“ (germ. *badwa-, got. *badus, ags.
beadu „Kampf“, Förstemann bad Sp. 196ff).
Daneben gibt es Ortsnamen, bei denen das -ing erst
sekundär entstanden ist, teils aus Kollektiven auf -ach (z.B.
Hasling < Haslach), teils aus -ig oder
-ich (z.B. urkdl. Greding für Grödig), namentlich
bei slaw. Bildungen auf -nik und -ika (z.B. Döbling
< *toplika od. toplica); allerdings gibt es im Flachgau
keine slaw. Namen.
Auch mit dem geringfügig jüngeren -heim, -ham werden zunächst
Insassennamen gebildet. Häufiger als -ing wird es zum Ortsnamenssuffix
generalisiert:
- Siezenheim (urkdl. Suozinheim) „Siedlung des Suozo“
(nach Dopsch, Anif S. 57, = Sizo v. ahd. sigu
„Sieg“).
- Kleßheim viell. aus *Clefsheim „Siedlung des Clef“
(Clef, Claffo nach Förstemann v. ahd. klaffōn „krachen,
klirren, dröhnen“).
- Käferheim (urkdl. Cheuerheim(er), Gem. Wals-Siezenheim)
„Besitzung des Kefari“ (nach dem Ortsnamenbuch ein Beiname, ahd.
kefar, chevar „Käfer, Insekt“).
- Bergheim „Siedlung am Berg“.
- Söllheim (urkdl. Selheim) wird von Reiffenstein zu idg.
*sel- „Wohnraum“ (davon ahd. sal „Saal, Wohnung“, mhd.
seld(e), söld(e) „Wohnung, Haus“ (auch Bauernhütte samt Grund),
Pokorny S. 898) gestellt.
- Froschheim (heute Elisabeth-Vorstadt) „froschreiche Gegend“?
- Taxham, älter Taxach, Taxat (beide Formen auch mit d,
zu -ach s.o.) bedeutet wohl „Siedlung beim Nadelwald“. Taxen, Daxen
ist ein im Salzburgisch-Tirolerischen verwendetes Wort für „Fichte, Nadelbaum,
Äste derselben“ (mhd. dehse „Fichte“, Pl. dehsen
„Nadelholzzweige“, v. lat. taxus „Eibe“?). Das Taxach war ein
bäuerliches Gut (auf dem Gelände der heutigen Volks- und Hauptschule), Taxham
hingegen ein Schlösschen vor Schloss Kleßheim (heute Parkplatz des
Einkaufszentrums Europark). Nach dessen Schleifung im 19. Jh. ging der Name
auf das Gut über.
- Moosham (Gem. Elixhausen) „Siedlung am Moor“.
Das Bestimmungswort Moos v. mhd. u. ahd.
mos „Moos; Sumpf, Moor“ (vgl. lat. muscus „Moos“), v. idg.
*meus- zu der sehr produktiven Wurzel *meu- „feucht,
moderig, schmutzig“ (Pokorny S. 741), zu der mit verschiedenen Erweiterungen
u.a. gehören: *[s]meud-, wovon nhd. Schmutz, *[s]meut-,
wovon nhd. Moder, engl. mud „Schlamm“, nhd. schmausen
eigtl. „unreinlich essen“, u.a.m.
Das ähnlich klingende dt. Moor gehört hingegen zu idg. *mori
„Meer, stehendes Gewässer“ (Pokorny S. 748), wovon lat. mare „Meer“,
russ. море ds., ahd. meri ds.
Weitere Grundwörter für Flur- und Siedlungsnamen sind:
- Dorf
- Eugendorf (N.A. 6,26 Jubindorf, B.N. 6,2
Jupindorf) ist das „Dorf (der Sippe) des Juppin (Juvino,
Jubi(a)nus, o.ä.)“.
- Tal
- Guggenthal (Gem. Koppl), das Bestimmungswort ist vermutl. eine
Pflanze, so heißt die Herbszeitlose auch Heugucken. Nach dem
Ortsnamenbuch aber zu mdh. gouch „Kuckuck“.
- Nonntal heißt die Senke am Fuß des Nonnbergs (eines Ausläufers
des Festungsberges), auf dem sich das Nonnenkloster befindet.
- Berg
- Für Voggenberg (Gem. Bergheim) bietet das Ortsnamenbuch
keine Etymologie, das homophone Vockenhof wird vom Familiennamen
Vock abgeleitet.
- Gau „Gegend, Landschaft“
- Haus, -hausen
- Viehhausen (Gem. Wals-Siezenheim) und Viehausen (Gem.
Bergheim) nach der Viehhaltung.
- Elixhausen < Edexhausen < Ebidehsunhusa
(mhd. eppetisse v. lat. abbatissa „Äbtissin“)
„Haus/Siedlung der Äbtissin“ (Grundherrschaft des Stiftes Nonnberg).
- Hof, -hofen
- Aiglhof „Adelssitz derer von Aigl“.
- Burg
- Riedenburg (urkdl. Ritinburc) war ursprl. der Name des
Rainbergs. Er wird meist zurückgeführt auf mhd. riet „Schilf,
Riedgras“ (ahd. [h]riot ds., vermutl. v. idg. *kret-
„schütteln“, Pokorny S. 620); möglich wäre aber auch mhd. riet
„gerodeter Grund“ (s. Rott). Nach Reiffenstein bedeutet es „Burg
des Rieto“.
- Hierher gehört auch Salzburg (s.o.).
- Wang
- ahd. wang „Wiese, Feld, Aue“. Namen auf -wang, -weng
sind ein häufiger Typus (Elsenwang, Werfenweng).
- Hallwang (urdkl. Haldinwanc) „Hangwiese“, v. ahd.
halda „Abhang“.
- Wiese
- Maierwies (urkdl. Mein-, Mains-) „Wiese des Me(g)in“
(v. ahd. megin „Kraft, Macht, Stärke“, vgl. Mein-hard, Mein-rad,
Megin-bert u.ä., Förstemann magan Sp. 887ff).
- Siggerwiesen (Gem. Bergheim) „Wiese(n) des Sikko“ (v. ahd.
sigu „Sieg“, vgl. Sieg-fried, Sieg-mar u.ä., Förstemann
sig Sp. 1085ff).
- Feld, -felden
- Lengfelden (Gem. Bergheim) „Lange Felder“.
- Au
- Au bedeutet „Niederung, Flusslandschaft“, hier der Wald entlang
der Salzach. Namen auf -au, -feld, -berg u.ä. sind ein weiterer
häufiger Typus.
- Herrnau „Auwald der adeligen Herren“.
- Gartenau (Gem. Hallein) (urkdl. Kattenowe) „Auwald
des Chato/Katto/Gaddo“ (Förstemann gad „sich verbinden“ [= mhd.
gateren „vereinigen“, engl. gather „versammeln“?] Sp.
455f).
- Hammerau (Gem. Ainring) heißt wohl so wegen der Hammerwerke des
an der Saalach gelegenen Stahlwerks Annahütte (seit 1537).
- Bach (nach dem Gewässer, an dem eine Flur oder Siedlung liegt)
- Glasenbach v. Glas (s.d.)
- Reut(h)
- Nhd. reuten „mit der Wurzel beseitigen, roden“ (roden
ist die niederdt. Lautung), mhd. riuten (auch ruoten, rutten,
roten, roden), davon Reut(h), Roid, Reit, Ried „(durch Rodung
geschaffenes) Neuland“. Die Form Ried ist manchmal nicht klar zu
unterscheiden von „Schilf“ (s.o. Riedenburg).
- Bucklreuth (Senke zwischen Rainberg und Richterhöhe) ist wohl
eine Rodung auf einem Buckel, d.h. einem Bergrücken.
Patroziniumsnamen
- Ziller, Leopold: „Zur Geschichte des Ortsnamens Maxglan“. Maxglan, ein
Salzburger Stadtteil. Hrsg. v. Sbg. Bildungswerk Maxglan - Walter Häufler,
Guido Müller, Martin Wiedemair.- Salzburg, 1990. S. 15-18.
- Maxglan ist volksetymolog. Umbildung (aus Max(imilian)
und Glan) des älteren Maxlan, Maxlo(h)n, dies wiederum ist
Verkürzung von Maximilian (die Maxglaner Kirche ist dem Hl. Maximilian
geweiht). Wie Ziller darlegt, kam die Schreibung mit g erst in den 1760er
Jahren auf. Ursprl. und bis ins 15. Jh. hieß das Gebiet aber Glan
(B.N. 2,3 in villa, quae dicitur Glana), nach dem Fluss, an dem es
liegt.
- Ähnlich heißt Elsbethen nach der Hl. Elisabeth. Vor dem 15. Jh.
hieß es Campanif (s. bei Anif).
- Josefiau heißt nach einer dem Hl. Joseph geweihten Kapelle
(zu -au s.o. Herrnau).
- Das Andräviertel heißt nach der dem Apostel Andreas geweihten
St.-Andrä-Kirche.
- Nicht nach einem Heiligen, sondern nach seinem Erbauer Erzbischof Leopold
Anton Freiherr von Firmian heißt das Schloss Leopoldskron (das
Grundwort nach des Erbauers Südtiroler Heimatort Mezzocorone?), dessen Name
auf das umgebende Gebiet überging.
- St. Leonhard ist nach dem Hl. Leonhard von Limoges benannt,
hieß aber früher Grafengaden. Ein Gaden ist eine Kammer,
Scheune, Haus, das nur aus einem Raum bzw. Stockwerk besteht; zum
Benennungstypus vgl. Orte, die Haus(en), Saal, Stadl, Kammer im
Namen haben. Der bekannteste Gaden-Ort ist Berchtesgaden (dessen
Bestimmungswort wohl ein Personenname ist).
Landschaft und Vegetation
Nach landschaftl. Gegebenheiten benannt sind z.B.:
- (Leopoldskroner) Moos „Sumpf, Moor“.
- Das Schallmoos (urkdl. Schal(h)-) wurde im 17. Jh.
trockengelegt, ein Rest des Moors ist das Samer Mösl. Das Ortsnamenbuch
leitet es ab von mhd. schal „schal, trübe“ (niederdt. „trocken,
dürr“, vgl. engl. shallow „seicht, flach“).
Reiffenstein behauptet »mhd. schal ,trocken, trüb' gibt es nicht« (aber s.
die Belege bei Lexer).
- Eichet nach den hier wachsenden Eichen mit Kollektivsuffix
(-et wohl kaum v. mhd. œde „unbebauter u. unbewohnter
Grund, Ödnis, Wüste“).
- Himmelreich, Himmel bezeichnet angebl. eine fruchtbare
oder günstig gelegene Flur.
- Langwied nach dem Ortsnamenbuch v. mhd. wite, wit
„(Brenn-)Holz“ (v. wëten „binden, verbinden“). Reiffenstein stellt
es wegen der urkdl. belegten Form Langwat (falls es wirkl. dasselbe
bezeichnet) zu ahd. wat „Furt“ (idg. *u̯adhom „Furt“, vgl.
lat vadum ds., nhd. Watt „seichter sandiger Küstenstreifen“,
Pokorny S. 1109), näml. über den Söllheimer- und Schleiferbach.
(Ableitung von v. ahd. wīda, mhd. wīde „Weide(nbaum)“ ist
kaum möglich, muss nhd. Weid(e) heißen.)
- Abfalter v. mhd. apfalter „Apfelbaum“.
- Esch zu mhd. ezzisch, esch „Saat, Saatfeld“, nach dem
Ortsnamenbuch hier in der Bedeutung „Feldweide“.
- Puch heißt nach einer auffälligen Hainbuche (B.N. 2,3 usque
fagum stantem in medio campo in australi parte ipsorum, quod vulgo dicitur
hagenpuha „bis zur Buche, die mitten auf dem Feld steht in ihrem
südlichen Teil, das in der Volkssprache Hagenpuha genannt wird“).
Hain „kleiner Wald“ v. ahd. hagan
„Dorngesträuch, Umzäunung, Einfriedung“, davon Hag und Hecke.
Hainbuche und Hagebuche sind dasselbe.
- Koppl = Koppel, d.i. eine eingezäunte Weide
Vermischtes, Unklares
- Aigen war ursprl. der Name eines Guts, mhd. eigen
„Besitztum“ (Part. v. ahd. eigan „haben, besitzen“, vgl. engl.
own), insbes. freier Eigenbesitz im Gegensatz zum Lehen.
- Lehen ist ein im Bundesland Salzburg öfter anzutreffender Name
und bezieht sich meist auf Lehen „verliehener Besitz“, d.h. kleine
Bauerngüter. Der Stadtteil der Landeshauptstadt könnte aber auch v. ahd.
lōh, mdh. lôch, -hes „Gebüsch, Wald, Gehölz“ (vgl. lat.
lūcus „Hain, Wald“) stammen. Nach Zillner von mhd. lâ
„Lache, Sumpf, Sumpfwiese“.
- Mülln (urkdl. ad molendina „bei den Mühlen“) wegen der
Mühlen, die zuerst mit dem Überwasser eines Moores und später durch einen
Arm des Almkanals gespeist wurden.
- Kasern ist vermutl. ahd. kasari „Hütte, Kate“, v. mlat.
casarium = lat. casa „Hütte, Haus“.
- Wals (N.A. 6,26 Walahowis) „Romanensiedlung, Dorf der
Welschen“ v. ahd. walah „Romane“ (s. Das
Kauderwelsch der Walachen von Wales) und ahd. wīh „Ortschaft,
Siedlung“ (v. lat. vīcus „Dorf“, vgl. got. weihs „Dorf,
Weiler“). Auch als (N.A. 6,2 u. 3) Vico Romanisco „romanisches Dorf“
bezeichnet (Übersetzung des bair. Namens oder tatsächl. der roman. Name?).
- Sam (urkdl. Savme): Als Säumer, Samer
bezeichnete man Männer, die auf dem Rücken von Pferden und Maultieren Waren
über die Alpen transportierten (dt. Saum „Last(tier)“ v. vlat.
sauma „Packsattel“), frühe Spediteure gewissermaßen.
Reiffenstein stellt den Namen zu dt. Saum „Rand“ (eigtl. „Naht“,
vgl. engl. seam), es soll hier den Rand des Moors bezeichnet
haben.
- Loig v. ahd. leug „warmes Bad“ (das Wort ist bei Köbler
nicht belegt)? wo gab es ein solches Bad?. Oder v. lat. lūcus
„Wald, Hain“? Oder v. Leuge (lat. leuga, leuca, engl.
league, ein kelt. Wort), Längenmaß von ca. 2,5 km (weil Loig so
weit vom Zentrum von Iuvavum entfernt ist?, genauer sind es 4 km).
- Gmain ist das „Gemein(sam)e“, die Gemeindeweide, also jene
Weideflächen, die von den Bürgern der Stadt gemeinsam genutzt werden
durften. Klein- und Groß- traten erst später zur
Unterscheidung hinzu. Bei Großgmain (urkdl. Mona, Muona
u.ä.) geht das Grundwort aber viell. auf ein kelt. Wort zurück.
- Freisaal ist der Namen eines Wasserschlosses (urkdl. Freyen-,
Freudensall), aus Freude und mhd. sal „Saal, Halle,
Haus“ (also ein „Haus der Freude“).
- Urstein heißt ein Schloss bei Puch (urkdl. Ursten, -an),
das Bestimmungswort ist viell. der Personenname Uro (zu ahd. ūr
„Auerochse“, Förstemann ur Sp. 1217f) oder Urso (zu lat.
ursus „Bär“, Förstemann urs Sp. 1218f).
- Parsch (urkdl. Porras, Porss), Etymologie unklar.
Sonstige Berge und Bäche
- [Erben,
Wilhelm]: „Das älteste Vorkommen des Namens Untersberg“. MGSKL 62 (1922)
25f. ANNO.
- [Mayr,
Karl Josef]: „Das älteste Vorkommen des Namens Untersberg (Nachtrag)“.
MGSKL 62 (1922) 51f. ANNO.
- Wikipedia-Art.
Untersberg, Abschnitt Name.
- Mönchsberg nach den Mönchen des Klosters St. Peter.
- Kapuzinerberg nach den Kapuzinermönchen, die von Fürsterzbischof
Wolf Dietrich von Raitenau Ende des 16. Jh. nach Salzburg geholt wurden und
im ehemaligen Trompeterschlössl ihr Kloster erhielten. Vorher hieß der Berg
Imberg (konnte keine Etymologie dazu finden, viell. v. Personennamen
Immo).
- Heuberg nach den Futterwiesen (Graswirtschaft).
- Kühberg von den Kühen.
- Gaisberg (N.A. 7,8 Gaiz[i]loberch) ist ein Berg, auf
dem Geißlein weiden.
- Rainberg nach dem dort gelegenen Reinhof, dem Gut des erzbischöfl.
Kammerdieners Christoph Rein (gest. 1687).
- Untersberg (in 2 Urkunden des Erzbischofs Konrad IV. vom 28. u.
29. Juni 1306 Vndarnsperch, Vntornsperch) von Wikipedia auf ahd.
untarn, mhd. undern, untern „Mittag; Mittagessen“ (eigtl.
wohl „Zwischenzeit“, von der Präp. unter im Sinne von „in der Mitte,
zwischen“) zurückgeführt. Der Name wäre dann vom Typus der Mittags- und
Zwölferberge (die Sonne steht zu Mittag über dem Berg), was auf Benennung
von Salzburg aus schließen lässt, das den Berg im Süden hat.
- Klausbach v. mhd. klûs(e) „Klause, Einsiedelei; Behausung;
Felsspalte, Engpass; Schleuse zur Aufstauung eines Gebirgsbaches für die
Holzflößung“, v. mlat. clusa „geschlossen“.
- Alterbach
- Fürstenbrunn heißt so, weil sich die Fürsterzbischöfe von hier
das Trinkwasser bringen ließen.
- Hellbrunn ist ursprl. das Schloss mit den Wasserspielen; ob
hell wirklich auf das Wasser zu beziehen ist?