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Kos / die zweite (2024)
Ich war schon einmal auf Kos, im Jahr 2005, also vor 19 Jahren. Ich habe den Urlaub nur in mäßig guter Erinnerung: ein Hotel im völligen Niemandsland, das sich leider für was Besseres hielt (das Hotel, nicht das Niemandsland); keinerlei Sehenswürdigkeit im näheren Umkreis, nicht einmal ein Marterl; das nächste Geschäft war im 3 km entfernten Mastichári, und selbst dort hing der Hund tot über den Zaun. Dann ist auch noch unser Jüngster krank geworden, und da war ich dann froh, als ich wieder heim durfte.
Aber vielleicht konnte ich auch diese Erinnerung durch eine positivere ersetzen. Bei Korfu ist mir das vor 10 Jahren geglückt. Daher Kos / die zweite, inzwischen ohne Kinder und daher auch freier in der Auswahl von Zielort und Hotel. Gelungen ist dies nicht zu 100 %, denn diesmal wurden meine Frau und ich krank.
Kos scheint aus irgendeinem Grund ein Eldorado für All-inclusive-Anbieter zu sein. Dabei ist das die denkbar schlechteste Form des Tourismus. Er rentiert sich nur ab einer gewissen kritischen Masse, es können ihn also nur die großen Häuser der zumeist internationalen Hotelketten anbieten. Die kleinen Hotels bleiben auf der Strecke, die lokale Gastronomie (Tavernen, Cafés, Eisdielen, Minimärkte usw.) sowieso. Landestypisch ist das, was da geboten wird, selten. Der Müll, der täglich anfällt (vor allem Plastik- und/oder Pappbecher), ist gigantisch. Wer also nicht unbedingt in einen durchgehenden Konsumierrausch verfallen möchte, sollte den lokalen Anbietern zuliebe die Finger davon lassen.
Die Insel liegt wie ein nach Nordosten schwimmender Fisch vor der kleinasiatischen Küste. Die Halbinsel Kéfalos im Südwesten hat halbwegs die Form einer Schwanzflosse. (Kéfalos bezeichnet als Appellativum im Alt- wie im Neugr. eine Meeresfischart, die Großkopfmeeräsche Mugil cephalus L.) Das Maul des Fisches ist die Inselhauptstadt, die wie die Insel selbst Kos heißt.
Vor allem an der Rückenseite dieses Fisches gibt es einen etliche Kilometer langen Sandstrand, an dem entsprechend viele Hotels liegen. Die meisten dieser Beach-Front-Hotels liegen aber in der „Pampas“. Wer mit seinen Kindern einen reinen Badeurlaub verbringen möchte, ist hier gut bedient; und hier ist All-inclusive auch sinnvoll: woanders kriegt man nichts, weil es kein Woanders gibt (außer man nimmt sich einen Leihwagen). „Nichts“ bedeutet aber auch: kein Trinkwasser, keine Sonnencreme, kein Pflaster. Auch der dünnbesiedelte Schwanz hat etliche schöne Strände, die aber verkehrsmäßig zumeist schlecht bis gar nicht erschlossen sind.
An der Bauchseite liegt das Díkeos-Gebirge (Δίκαιος), dessen höchste Erhebung 846 m hoch ist. An der Seeseite dieser Berge gibt es keine Ortschaften und praktisch keine Strände. Erst westlich davon gibt es wieder Siedlungen und gute Strände; das Zentrum des Tourismus ist hier Kardámena (Καρδάμαινα).
Hauptverkehrsachse ist der sog. Insel-Highway Eparchiakí Odós Ko-Kéfalou „Landstraße von Kos-Kéfalos“ von Kos über Zipári und Andimáchia nach Kéfalos. Wichtigste N-S-Verbindung ist von Mastichári über Andimáchia nach Kardámena. Daneben gibt es noch eine Verbindung von Marmári über Pylí ebenfalls nach Kardámena.
Nennenswerte antike Überreste gibt es eigentlich nur in bzw. nahe der Inselhauptstadt. Auch Ausflugsboote starten hauptsächlich von Kos-Stadt, ein paar auch von Mastichári und Kardámena. Daher haben wir uns schließlich für Lámbi (Λάμπη) als Zielort entschieden, von wo wir notfalls zu Fuß ins Zentrum von Kos-Stadt gehen können. Wir haben auch Tigáki (Τιγκάκι) und Marmári (Μαρμάρι) ins Kalkül gezogen. Beides sind keine gewachsenen Ortschaften, sondern Konglomerate aus Hotels, Tavernen, Bars und Geschäften. (Allerdings liegen die Strandhotels wiederum meist weitab vom Zentrum, das Hotel Astir Odysseus z.B. 4,5 km). Die Reiseführer sagen zwar, dass man von Tigáki stündlich nach Kos-Stadt fahren kann. Der Fahrplan der KTEL Kos zeigte Ende März aber überhaupt keine Busverbindung von/nach Tigáki. Das wird sich bis zur Hochsaison wohl noch ändern. Aber darauf verlassen wollte ich mich nicht.
An Bootsausflügen bieten sich vor allem die Nachbarinseln Nísyros im S (Vulkankrater, 19 km von Kardámena, 45 km von Kos, die meisten starten daher in Kardámena) und Kálymnos im N (Schwammtaucherinsel, 15 km von Mastichári, 30 km von Kos) an, sowie das nur 20 km entfernte Bodrum (das antike Halikarnass) in der Türkei. Aber das Risiko, wegen meiner Kritik am Präsidenten in einem türkischen Gefängnis zu landen, gehe ich lieber nicht ein (s. Reiseinformation des BMEIA, Abschnitt Besondere Bestimmungen). Übrigens weisen die Reiseführer darauf hin, dass man darauf achten sollte, dass sich das Mobiltelefon nicht ins nahe türkische Netz einwählt, denn das kann teuer werden (kein Roaming-Abkommen mit der Türkei).
Wenig Sinn erkennen kann ich hinter der allenthalben offerierten Drei-Insel-Tour, bei der man je eine Bucht auf Kálymnos (Vathýs), Pláti (unbewohnt) und Psérimos anfährt und dort – wohl zusammen mit den Hundertschaften von anderen Ausflugsbooten – ein wenig baden oder am Strand flanieren kann.
Gereizt hätte mich ein Tagesausflug nach Pátmos. Nach Patmos fahren zum einen die Autofähren von Blue Star Ferries (Reisedauer ca. 3:25!) und zum anderen die sog. Katamarane von Dodekanisos Seaways (Reisedauer ca. 2:00). Aber man muss auf Patmos übernachten, hin und zurück am selben Tag geht nicht. Und überdies wurden unsere Ausflugspläne von einer Gastroenteritis durchkreuzt.
Kos ist eine Insel des Dodekanes und teilt die meisten ihrer historischen Geschicke mit Rhodos, selbst die zweihundertjährige Herrschaft der Johanniter, ja sogar den Zwischenstop des Paulus auf seiner Reise nach Jerusalem (Apg 21,1). Kos war wie die drei rhodischen Poleis Ialysós, Líndos und Kámeiros Teil der sog. Dorischen Hexapolis (zu der noch die karischen Städte Knidos und Halikarnass gehörten) bzw. Pentapolis (nach dem Ausschluss von Halikarnass).
Der Inselname dekliniert im Altgriech. nach der Attischen Dekl. (Nom./Vok. Κῶς, Gen. Κῶ, Dat. Κῷ, Akk. Κῶν oder Κῶ), im Neugriech. Κως (sprich [kɔs] mit kurzem o), Gen./Akk. Κω. Aus εἰς τὴν Κῶ „nach/in Kos“, seit dem Koine-Griech. is tin Ko ausgesprochen, wurde der Name türk. İstanköy, ital. Stanco (vgl. Istanbul, Stambul aus is tin polin „in die/der Stadt [= Konstantinopel]“). (Der heutige ital. Name ist allerdings Coo.) Die Johanniter nannten die Insel Lango.
Der berühmteste Sohn der Insel ist Hippokrates (ca. 460-370 v.Chr.), der als Begründer der Medizin als empirisch-wissenschaftlicher (nicht mehr magischer) Disziplin gilt. Er wurde wohl in der damaligen Inselhauptstadt Astypálaia (nahe dem modernen Kéfalos) geboren. Er ist nicht nur Namensgeber des hippokratischen Eides, sondern auch Namenspatron des Flughafens von Kos (IATA-Code KGS), unmittelbar südwestlich von Andimáchia.
Kos-Stadt ist seit dem 3. Jt. v.Chr. besiedelt und war in der 1. Hälfte des 2. Jt. eine bedeutende minoische Niederlassung. Im 1. Jt. war die Siedlung aber wohl nur ein dorischer Marktflecken. Als Polis und neue Inselhauptstadt entstand sie 366 v.Chr. Strabo 14,2,19 [C657] berichtet, dass die Einwohner der damaligen Inselhauptstadt Astypalaia wegen eines Aufstands nach Kos-Stadt übersiedelt sind und den Ort in Kos umbenannt haben.
Kos liegt nur wenige Kilometer von der Türkei entfernt. Ab dem Sommer 2015 kamen von dort plötzlich täglich Hunderte von Flüchtlingen mit Schlauchbooten nach Kos. Die kleine Insel war infrastrukturtechnisch weit überfordert. Immigranten campierten am Strand oder übernachteten auf Gehsteigen. Engagierte Koer halfen, wo es ging. Aber auch ihre Kraft erlahmte irgendwann. Und Inselurlauber wollten kein Leid und Elend sehen, hatten auch Angst vor so vielen fremden Menschen. Die Buchungen brachen stark ein. Und spätestens da rebellierten die Koer, die wirtschaftlich am Tropf des Fremdenverkehrs hingen (und immer noch hängen). Daher schuf man im Inselinneren bei Pylí eine Flüchtlingsunterkunft (Κέντρο Υποδοχής και Ταυτοποίησης „Aufnahme- und Indentifizierungszentrum“). Heute (2024) leben dem Vernehmen nach nur noch ein paar hundert Flüchtlinge auf Kos.
Die Geschichte von Kos(-Stadt) ist vor allem auch eine Geschichte schwerer Erdbeben:
Wir haben uns für das große Hotel Atlantis entschieden, das ziemlich am nördlichen Ende des Strands liegt, der sich zwischen dem Mandraki-Hafen und dem Kap Skandári (Nordkap der Insel) erstreckt. Zum Hotel gehören zwei große Swimmingpools. Das Hotel ist ein All-inclusive-Anbieter, hat aber auch Halbpension im Angebot (was wir genutzt haben). Gleich beim Check-in gilt es die Nächtigungs- oder Tourismussteuer (oder wie immer sie offiziell heißt) zu berappen. Die Höhe der Steuer ist abhängig von der Hotelkategorie. Atlantis hat vier Sterne, macht satte 7 € pro Zimmer und Nacht. Dafür ist der Safe im Zimmer kostenlos.
Die weitläufige Anlage besteht aus etlichen Gebäuden. Wir hatten ein geräumiges Apartment mit 5 Betten (obwohl nur zu zweit). Obwohl die Saison noch gar nicht richtig begonnen hat, war zu den Essenszeiten ein unglaublicher Betrieb; an einem Abend hatten wir sogar Schwierigkeiten, einen freien Tisch zu ergattern. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es hier ab Mitte Juli zugeht. Das Essensangebot ist reichlich, das Essen gut und frisch. Halbwegs leer gegessene Teller werden sofort abgeräumt, während man etwas nachholt (z.B. Salz oder Brot). Das finde ich stressig. Positiv: die Getränke sind – auch für uns Halbpensionsgäste – inkludiert.
Einen Wermutstropfen gibt es für TV-Junkies: Unter den zwei oder drei Dutzend Fernsehprogrammen gibt es nur einen deutschsprachigen Kanal, nämlich ZDFinfo. Aber dessen Empfang ist grottenschlecht, Bild und Ton ruckeln so stark, dass man kaum etwas versteht.
Der Kühlschrank im Zimmer kühlt nicht mehr. Wir melden es der Rezeption. Am nächsten Tag bringen zwei Haustechniker einen neuen. Dessen Kühlleistung ist zwar auch „endenwollend“, aber zum Einkühlen von Trinkwasser reicht es uns.
Es gibt ein offenes WLAN, es heißt „AtlantisHotel“ und verlangt Authentifizierung. Aber es geht nur die Seite connectivitycheck.gstatic.com auf (leere Seite, die nur dazu dient, festzustellen, ob der Client Internetverbindung hat). Weiter passiert nichts. Ich erlaube Pop-ups und Forwarding, hilft aber nicht. Irgendwann frage ich an der Rezeption. Der Rezeptionist öffnet die Seite hotspot.hotelfeedback.gr/login. Man braucht hier aber nichts einzugeben, nach ein paar Sekunden steht die Internetverbindung, obwohl das Mobiltelefon weiterhin „keine Internetverbindung“ anzeigt. Dieses Verfahren muss man immer wieder mal wiederholen, denn nach einer gewissen Zeit verliert man die Verbindung (vermutlich Timeout).
Zur Infrastruktur: Es gibt direkt an der Hoteleinfahrt rechts einen Auto- und Radverleiher, links einen kleinen Supermarkt, der touristische Waren und verpackte Lebensmittel (aber zum Beispiel kein Brot oder Obst) verkauft. Hier kaufen wir unser Trinkwasser. Einen größeren Supermarkt der Kette Konstantinos gibt es 700 m vom Hotel entfernt – mit dem Rad nur ein Hupferl. Gegenüber der Hoteleinfahrt ist ein weiterer Autoverleiher, daneben das „Smugglers“, das zwar nach einer Sportbar aussieht, aber wo man auch normal essen kann. Praktisch neben unserem Hotel ist die vielgerühmte Mylos Beach Bar (die mit der Windmühle), wir waren aber nie dort.
Der Strand ist Sand-Kies, Kies vor allem an der Wasserlinie. Badeschuhe sind nicht notwendig, aber hilfreich. Es geht relativ steil ins Wasser hinein – für geübte Schwimmer okay, für kleine Kinder suboptimal. Das Wasser ist, je stärker der Meltemi bläst, umso trüber und aufgewühlter. Ende Juni ist das Wasser noch nicht so warm, wie man es als verwöhnter Mitteleuropäer gerne hätte. Sonnenliegen am Strand kosten je 4 € pro Tag. Was die Sonnenschirme kosten, haben wir nicht gefragt, denn es gibt reichlich schattige Bäume. Wir gehen immer erst am späteren Nachmittag an den Strand, da ist Platz genug.
Mitte Juni gibt es in Griechenland eine Hitzewelle mit Temperaturen deutlich über 40° C. Als wir Ende Juni nach Kos kommen, hat es knapp über 30° und es weht an den meisten Tagen eine frische Brise. Anfang Juli gibt es im Raum Kardámena Waldbrände, Einwohner und Touristen werden sicherheitshalber evakuiert. Wir erfahren davon auf der ORF-Webseite und sehen es im griechischen Fernsehen. Wie schwerwiegend die Brände sind, ist für uns schwer einzuschätzen. Alarmstimmung scheint keine zu herrschen.
Warum der griechische Gesetzgeber und seine Wähler nichts gegen diese immer mehr grassierenden Brände tun, verstehe ich nicht. Die Brände im Raum Athen riechen nach mafiöser Brandstiftung: ein geschützer Pinienwald, dessen Areal nicht verbaut werden darf? Aber wenn der Pinienwald weg ist, könnte man ja was hinbauen. Die Brände auf Kos riechen nach Dummheit. Auf meiner Radtour nach Tigaki beobachte ich einen Mann, der in einer Wiese mit knochentrockenem kniehohen Gras steht und mit Zigarette im Mund mit einem benzinbetriebenen Rasentrimmer das Gras bearbeitet. Gefahrenbewusstsein sieht anders aus.
Wie auf Rhodos gibt es auch auf Kos zwei Verkehrsbetriebe, einen für die Hauptstadt und ihre nähere Umgebung, einen für die Überlandstrecken. Dazu kommt noch ein (oder mehrere?) Betreiber von Funtrains und oben offenen Sightseeing-Bussen im Hop-on-hop-off-Betrieb. (Ich beziehe mein Wissen hauptsächlich von Stefans Kos-Seite. Wir sind kein einziges Mal mit dem Bus gefahren.)
Auf Kos gibt es ausgedehnte Radwege. Man kann von Kap Skandári bis Kap Louros (Psalidi Wetlands) durchgehend radeln. Und auch in Kos-Stadt gibt es einiges an Radwegen. Wir sind die gut 2 km vom Hotel zum Mandraki-Hafen immer geradelt. Am zweiten Tag wollen wir den Bus nehmen, doch sind uns die Abfahrtszeiten unklar. Der Hotelangestellte hat gesagt, die an der Haltestelle ausgewiesenen Zeiten seien die Abfahrtszeiten dieser Haltestelle. Als der Bus 10 min überfällig ist, borgen wir uns kurzerhand wieder ein Fahrrad aus (5 € pro Tag und Rad). Als wir losradeln, stehen die Leute immer noch an der Haltestelle. Danach borgen wir uns die Räder gleich für die restlichen 6 Tage aus (25 €).
Die Räder des Verleihers direkt an der Hoteleinfahrt sind zwar nicht annähernd neuwertig, der Rost frisst an allen Enden (Seeluft), und das Radschloss (das fix montiert ist) spießt ständig. Einmal verdreht sich plötzlich der Lenker; der Schraubbolzen hat sich offenbar gelockert und ich muss ihn nachziehen lassen. Und natürlich funktioniert das Licht nicht, von nächtlichen Fahrten solle man daher absehen. Aber sie fahren (ich bin damit nach Tigaki und zurück geradelt.) Und sie haben alle einen kleinen Gepäckkorb, in den mein Rucksack hineinpasst.
Quelle: | Wikimedia |
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Der Hafen von Kos wird meist als Mandraki-Hafen bezeichnet. Neugriech. Μανδράκι sieht nach einem Deminutiv von μάντρα „Pferch, Gehege“ aus (< altgriech. μάνδρα mándra ds., später auch „Kloster“, daher ἀρχι-μανδρίτης archi-mandrítēs „Klostervorsteher, Abt“).
Nach Wikipedia kommt es allerdings von it. mandracchio „kleines geschlossenes Gewässer, innerster Teil des Hafens, Kanal“, dieses nach Pianigiani von lat. mandraculum Demin. von mandra „nel senso di ricetto, ricettacolo“. Nur dass lat. mandra in Wahrheit „Saumtierzug, Reihe, Rudel“ bedeutet. Nach Treccani kommt mandracchio von it. mandria „Herde“ (dieses nach Pianigiani von altgriech. μάνδρα s.o.).
An der Ostseite des Hafens liegt die Johanniterfestung, sie heißt Νεραντζιά Nerandziá „Bitterorangenbaum“ (zu νεράντζι nerándzi „Bitterorange, Pomeranze“ < arab. نارنج nāranǧ ds., s. Triandafyllides s.v.). Auf einer britischen Karte von 1819 sieht man, dass die Hafeneinfahrt ursprünglich unmittelbar an der Nordmauer dieser Festung lag, da wo heute ein Grünstreifen ist. An der Südseite der Festung war ein trockener Graben, über den eine Zugbrücke führte. (Heute verläuft hier die Aktí Koundourióti.) Die Stadt beschränkte sich damals im Wesentlichen auf das Gelände der antiken Agora.
Die Straße, die um den Mandraki-Hafen herumführt, heißt Aktí Koundourióti „Koundouriotis-Küste(nstraße)“. Bei der Festung mündet sie in die vom Nordende der Festung kommende Akti Miaoúli. An der Westseite des Mandraki-Hafens wird die Aktí Koundourióti unterbrochen von der Platía Delfinión „Platz der Delfine“ mit ihrem Kreisverkehr. Einer der beiden Abzweige ist die Kanári, die sich bald zur Ethelondón Paleón Polemistón Ko „der freiwilligen alten Kämpfer von Kos“ verbreitert und nach Lámbi führt.
Noch vor dem Delfinplatz zweigt die Megálou Alexándrou „Alexanders des Großen“ ab (die im weiteren Verlauf zur Iákovou Zaráftou und dann zur Nymphéas wird). Beim Kreisverkehr, in dessen Mitte sich ein Denkmal mit einer modernen Interpretation der Entführung der Europa befindet, teilt sich die Straße einerseits in den Insel-Highway und andererseits die Straße nach Platáni und weiter zum Asklepieion.
Für Sightseer wichtig ist die Platía Kazoúli, jenem von Zolltor auf der einen und vom archäologischen Museum auf der anderen Seite begrenzten Platz, an den unmittelbar die Platía Eleftherías „Freiheitsplatz“ angrenzt, auf der die Defterdar-Moschee steht und die im Süden vom Marktgebäude begrenzt wird. Östlich der beiden Plätze liegt das Gelände der antiken Agorá.
Wenn man durch das Zolltor geht und am Nordrand der antiken Agora entlang der Nafklírou (von den Reiseführern auch Barstreet genannt) folgt, gelangt man zur Loggienmoschee und dahinter zur Platía Platánou „Platz der Platane“ mit der uralten „Platane des Hippokrates“ (so alt ist sie aber dann doch nicht). Westlich von der Moschee ist ein Hügelchen mit einem Hippokrates-Denkmal, an dessen Sockel der Text des Hippokratischen Eides auf Altgriechisch steht, und am Fuß des Hügels der „Böse-Blick-Brunnen“ (offiziellen Namen habe ich keinen gefunden).
In die Agora gelangt man von der Nafklírou aus, ein zweiter Zugang ist am Nordende der Lórdou Výronos, ein weiterer zwischen den beiden Kirchen auf der Ostseite des Geländes (beim Heldendenkmal mit der armlosen Figur durch das Agios-Nikolaos-Tor gehen).
Unmittelbar rechts vom Marktgebäude zweigt eine Gasse ab, die von zahllosen Geschäften für „Touristenbedarf“ gesäumt ist (in Google Maps heißt sie Iféstou „des Hephaistos“, ab der Leofóros Eleftheríou Venizélou „Elefthérios-Venizélos-Allee“ heißt sie Apelloú) und die in die Platía Diagóra mündet. Wenn man dem Verlauf weiter folgt, gelangt man nach 50 m zum Nymphäum auf dem Westlichen Grabungsgelände. (Hier ist ein „wilder“ Zugang. Der Eintritt ist zwar kostenlos, das Gelände aber neuerdings am Dienstag geschlossen.) Der offizielle Eingang ist an der Leofóros Grigoríou E'. Dazu am Diagoras-Platz links in die Pisándrou abbiegen und 30 m bis zum Minarett der Eski-Moschee gehen. Von dort führt eine Treppe zur Grigoríou hinunter, der Eingang ist gleich rechts. (Mit dem Rad fährt man am besten von der Platía Eleftherías die Basiléos Pávlou A' bis zur Grigoríou und schiebt das Rad dann die nicht ganz 250 m am Gehsteig.)
Da Kos 1922 zu Italien gehörte, waren die Türken hier von den Zwangsumsiedelungen in Folge der kleinasiatischen Katastrophe nicht unmittelbar betroffen. Daher gibt es bis heute eine muslimische Community auf Kos, hauptsächlich in der Ortschaft Platáni (ca. 2 km Luftlinie südwestl. vom Mandraki-Hafen). Von der Vertreibung der Griechen aus dem nahen Halikarnass (h. Bodrum) zeugen der Name der Kirche Ágios Geórgios Néas Alikarnassoú (hinter der Mylos Beach Bar in Lámbi) und eine kleine Gedenktafel vor dieser Kirche, von der Vertreibung der Schwarzmeergriechen das „Denkmal des Genozids an den Pontusgriechen“ (μνημείο γενοκτονίας των Ελλήνων του Πόντου) gegenüber der Casa Romana. (Allerdings ist umstritten, ob man hier von Genozid sprechen kann. Die gut 300.000 christlichen Pontusgriechen wurden vertrieben.)
Bauliche Überreste aus osmanischer Zeit sind:
„Moschee“ heißt auf Gr. τζαμί (= türk. cami ds. < arab. جمع ǧamʿ „Versammlung“, dekl. wie παιδί), nicht zu verwechseln mit τζάμι „Glasscheibe“ (= türk. cam ds., dekl. wie σπίτι). (Das gewöhnlich arab. Wort für „Moschee“ ist مسجد masǧid wörtl. „Ort der Niederwerfung“, daraus türk. mescit „Versammlungsraum, kleine Moschee“.)
Der dt. Filmemacher Werner Herzog (bekannt vor allem durch „Fitzcarraldo“ und ähnliche Streifen mit Klaus Kinski in der Hauptrolle) drehte 1967 auf Kos seinen 90minütigen Spielfilm „Lebenszeichen“, der in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs spielt. (Herzogs Großvater Rudolf Herzog war Altphilologe und Archäologe und hatte 1901 das Asklepieion auf Kos entdeckt und mit seiner Ausgrabung begonnen.) Der Film ist S/W, die Handlung beknackt, und das Streamen von Archive.org ist eine Diaschau, wenn man den Film nicht eine Zeitlang pausiert und wartet, bis eine gewisse Menge Daten gepuffert ist. Aber die Musik stammt von Stavros Xarchakos (der auch die Musik für den Film „Rembetiko“ gemacht hat), der Film zeigt ein beschauliches Kos vor Ausbruch des Massentourismus, und die Kamera blickt gelegentlich liebevoll auf architektonische Details.
Die 14minütige Arte-Doku Hippokrates, der Vater der modernen Medizin aus dem Jahr 2022 zeigt schöne Bilder von Kos und dem Asklepieion. Dass Hippokrates in Kos-Stadt gelehrt hat, darf aber bezweifelt werden. Die Platane heißt nach Hippokrates so wie der Stephansdom in Wien nach dem Hl. Stephan (der nie in Wien war) benannt ist.
Im August 2022 wollen britische Touristen in der Bucht von Kéfalos nur 15 m vom Strand entfernt einen 3 m langen Hai gesichtet haben. Auf dem pixeligen Video erkennt man Rücken- und Schwanzflosse eines großen Fisches. Die Kommentatoren auf Youtube erkennen da eher einen Schwertfisch oder Delfin.
Quelle: | OnTheWorldMap.com |
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Bearb.: | Schifffahrtslinien wegretouchiert, die Route in Rot eingezeichnet, beschnitten, verkleinert, nachgeschärft |
Man fährt in Lámbi beim Hotel Atlantis los. Nach 275 m knickt die Straße scharf links ab. Ziemlich genau 3 km geht es fast schnurgerade die Küste entlang. Dann knickt die Straße nach links ins Landesinnere ab. 500 m davor ist der Radweg zu Ende, ab jetzt heißt es, am Straßenrand fahren und dabei, so gut es geht, den vielen Scherben zerbrochener Flaschen ausweichen. Nach gut 500 m mündet die Straße in die von Kos (Piátsa Rotónda) kommende Landstraße. In der Mitte der Kreuzung ist ein Brunnen (Pelezíki-Brunnen), hier biegt man rechts ab. Vorbei an Feldern, Kirchlein und vereinzelten Häusern radelt man ca. 1 km, dann mündet linker Hand die Verbindungsstraße vom Insel-Highway ein, hier muss man sich weiter rechts halten. Wenn sich nach 1,6 km die Straße erneut gabelt, wieder rechts halten. Nach 950 m neigt sich die Straße nach rechts zum Meer. Nach nicht ganz 600 m ist man am Strand. Nach 2,25 km knickt die Straße scharf links ab in die Hauptstraße von Tigáki. Wenn man jedoch sofort wieder rechts abbiegt, zweigt nach 475 m links eine sandige Piste ab, die um den Salzsee herumführt. Die Piste führt um die Südseite des Sees herum und endet nach 2,75 km am Strand. Sie ist von tiefen Fahrrinnen von Autos und Traktoren durchzogen. Fährt man hingegen geradeaus weiter endet die Straße nach 725 m an einem unbefestigten Parkplatz. Von hier kann man den Salzsee zu Fuß erkunden oder zum Strand nach Marmári spazieren, wo nicht ganz 500 m nach dem Salzsee die Überreste eines deutschen Landungsbootes im Wasser liegen und bei Ebbe auch ein wenig aus dem Wasser herausragen.
Die Tourismus-Website kosinfo.gr hat online eine Inselkarte (in zwei Versionen: 7. Aufl., ohne Versionsbez.); darauf ist eine durchgehende Küstenverbindung von Lámbi nach Tigáki eingezeichnet. Die ist aber eine Schimäre: beim Hotel Blue Pearls ist die Küstenstraße zu Ende bzw. biegt sie hier ins Landesinnere ab. Auf OpenStreetMap ist noch bis zum Hotel Astir Odysseus ein Gehweg eingezeichnet. Es dürfte sich aber nicht um einen befestigten Weg handeln, sondern schlicht um die Möglichkeit, den Strand entlangzuwandern.
Der Salzsee ist eine aufgelassene αλυκή alykí „Saline“, eine Anlage zur Gewinnung von Meersalz. Heute ist der See ein Feuchtbiotop, in dem sich im Frühjahr viele Vögel (u.a. auch Flamingos) aufhalten, bevor der See im Sommer austrocknet und dann aussieht wie der kleine Bruder der amerikanischen Salzwüste. Ende Juni ist noch genug Wasser in der Lagune. Möwen sind die einzigen Vögel, die ich ausmachen kann. Auf beiden Seiten der Lagune ist eine Art Hochstand zum Beobachten der Vögel. Am südlichen radle ich vorbei, den nördlichen klettere ich hinauf: abgeschlossen. Hier auf der Nordseite führt auch ein Gehweg 100 m in die Lagune hinein. Dieser ist allerdings übersät mit den Kadavern und Knochen verendeter Vögel und Nagetiere. Kein appetitlicher Anblick!
Ich will mit dem Fahrrad vom Hotel Atlantis zum Asklepieion. Ich wäre ja zum Mandraki-Hafen geradelt, von dort die Megálou Alexándrou rauf nach Platáni und weiter zum Asklepieion. Meine Offline-Navigations-App schickt mich hingegen im Zickzack durch die Pampas nach Platáni. Da ich am Sonntag morgens um 9 unterwegs bin, ist der Straßenverkehr gering. Ab Platáni geht es bergauf. Das hat zwar nicht Großglocknerniveau, aber mit dem suboptimalen Material, das viele Radverleiher anbieten, muss man sich durchaus ein bisschen anstrengen.
Platáni hat eine Sehenswürdigkeit: den muslimischen Friedhof mit vielen alten osmanischen Grabsteinen. 500 m vor dem Asklepieion zweigt links die Straße Richtung Zentralfriedhof von Kos ab. Von dieser zweigt wiederum nach 500 m die kurze Zufahrt zur International Hippocratic Foundation ab. Diese ist laut Reiseführer täglich geöffnet und bietet ein Museum zur antiken Medizin und einen Kräutergarten. An dem Sonntag, wo ich dort bin, ist aber geschlossen. Warum auch immer.
Aufstehen um Viertel vor vier, anziehen, Taxi rufen, zum Flughafen fahren. Einchecken, Sicherheitskontrolle, frühstücken im Marktcafe (Cappuccino 4,90 €, Croissant 3,60 €). Der Flug startet und landet pünktlich, der Zubringerbus bringt uns zum Hotel. Einchecken. Es ist halb elf, das Zimmer kriegen wir frühestens um zwei.
Wir borgen uns beim Radverleih direkt an der Hoteleinfahrt zwei Drahtesel (5 € je Esel und Tag) und radeln Richtung Mandraki-Hafen. Dann erster Kontakt: Delfinbrunnen. Wir stellen unsere Räder am Hafen ab und gehen zu Fuß weiter: die Ausflugsschiffe im Hafen (bes. die „Pirates of Kos“ mit dem Relief des Kopfes von Davy Jones aus „Pirates of the Caribbean: Dead Man's Chest“ über dem Eingang), die „White Stairs of Kos“ (was ist an ein paar weiß gestrichenen Stufen sehenswürdig?), zwei Hippokrates-Denkmäler, das Rathaus. Wir essen in der Taverne „Babás“ (gr. μπαμπάς „Papa“) zu Mittag.
Wir radeln weiter nach Osten zum Kap Louros mit seinem minimalistischen Leuchtturm und den Psalidi Wetlands, einem Feuchtbiotop, dessen Besucherinfrastruktur seit Jahren nicht mehr gewartet wird. Ich gehe rein, über einen überwuchterten, mit Platten gepflasterten Weg, vorbei an einem leerstehenden Gebäude (das εντευκτήριο/ meeting place?), vorbei am ebenso leerstehenden κέντρο πληροφόρησης & επισκεπτών/ visitor & information centre, erklimme kurz einen hölzernen Vogelbeachtungsturm. Dann stehe ich an einem Zaun. Wie geht's jetzt weiter? Es ist zwei Uhr nachmittags, die Sonne brennt herunter und meine Frau wartet. Ende Gelände, also zurück zum Eingang und zum Hotel radeln.
Unser Zimmer ist ein geräumiges Appartment mit fünf Betten. Wir gehen zurück zur Rezeption, um sicherzugehen, dass das kein Versehen ist. Ist es nicht. Auspacken. Strand (Details s.o.). Hier sehen wir die Ausflugsboote aus dem Nordwesten zurückkehren. Einige sind normale Boote, andere sind zu pittoresken Piratenschiffen aufgemotzt.
Nach dem Abendessen ein kurzer Spaziergang zur Kirche Ágios Geórgios Néas Alikarnassoú, die von unserem Balkon aus nur 50 m entfernt ist. Ansonsten gibt es hier nicht viel zu erkunden.
Nach erfolglosem kurzen Warten auf den Bus (s.o.) leihen wir erneut ein Rad aus und radeln zum Mandraki-Hafen. Wir gehen zur Platía Eleftherías; die beim Erdbeben 2017 in Mitleidenschaft gezogenene Defterdar-Moschee ist von einem über 2 m hohen Wellblechzaun umgeben. Wir betreten durch das Zolltor die Nafklírou, gehen vorbei an den Tischen etlicher Restaurants zum Eingang der Agora.
Die Agora (Eintritt frei) ist ein Trümmerfeld. Die meisten Reiseführer begnügen sich mit dem Hinweis, dass die Überreste auf Texttafeln im einzelnen beschrieben werden. Aber ach: die Texttafeln sind abmontiert, überall nur die leeren Ständer. (Vermutlich sind die Tafeln von der Sonne zur Unleserlichkeit verbrannt und müssen erneuert werden.) Und die Reiseführer haben sich auch nicht die Mühe gemacht, Beschreibungen wie „zu erkennen ist sie [die Stoa] an den acht wieder aufgerichteten Säulen in korinthischer Ordnung“ (Naundorf/Greiner10, 2024, S. 22b) an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. (Nirgendwo finde ich acht aufgerichtete Säulen, offenbar ist 2017 zumindest ein Teil von ihnen umgefallen.) Ich irre planlos herum, fotografiere – ja, was? Einen Tempel? Eine Säulenhalle? Thermen? Eine Basilika? So ein Mist.
Wir gehen weiter zur Platane, umrunden die Loggienmoschee. Wir besichtigen den Hamam (Eintritt frei) und gehen dann zum Agios-Nikolaos-Tor und von dort zur Panagía Gorgoepíkoos. Ich mache ein paar Fotos vom maurisch anmutenden Gerichtsgebäude. Dann gehen wir auf der Brücke über die Aktí Miaoúli zum Eingang der Johanniterfestung. Eine Affiche an der Eingangstür sagt: „Due to restoration works the castle will remain closed.“ Jetzt ins Archäologische Museum (6 €). (Es gibt auch ein Kombiticket um 15 €, bei dem Casa Romana und Asklepieion inkludiert sind. Man spart so 5 €, das Ticket ist aber nur drei Tage gültig.)
Wir gehen ins 3spoons (gleich hinter dem Museum) mittagessen. Hier kommt es zu einem Missverständnis. Bei der Bestellung werden wir gefragt, ob wir normales Brot oder Pittabrot möchten. Ich möchte normales Brot. Als dieses gegessen ist, bestellt meine Frau Pittabrot, weil sie glaubt, das liege bereit und könne jederzeit serviert werden. Der Kellner ist ob dieser Bestellung aber einigermaßen sauer, er hat doch anfangs extra gefragt. Wie sich herausstellt, weil dies (auch) eine Pizzeria ist, die das Pittabrot frisch macht, aber ein bisschen disponieren muss, da der Ofen eine Engpassresource ist. Ich muss erklären, übersetzen, Frau und Kellner kalmieren.
Zurück im Hotel gehen wir spätnachmittags an den Strand. Gestern haben wir uns einfach zwei freie Liegen geschnappt (bezahlt, aber bereits verlassen.) Heute schaue ich mal, was der Spaß kostet. Die Liegen werden vermietet von 9 bis 18 Uhr. Es ist jetzt kurz vor 5, da werden wir wohl einen Sundowner-Tarif kriegen. Denkste: 4 € pro Liege. Das ist kein Geschäft. Ab morgen werden wir uns einfach auf unsere Badetücher setzen. (Wir probieren es auch einmal am Hotelpool – da sind die Liegen gratis –, aber freier Platz im Schatten ist nicht zu kriegen. Und ich fahre ohnedies nicht ans Meer, um dann im Pool zu baden.)
Ich erkunde das Kap Skandári. Hier steht ein Geschützstand mit einem schon rostigen drehbaren Geschützturm. Gleich ums Eck ist eine militärische Anlage (zur Beobachtung der nahen türkischen Küste?), da ist fotografieren verboten.
Meiner Frau ist schlecht, sie wird heute zu Hause bleiben. Was tue ich also, ohne meine Frau um Besichtigungen, bei denen sie gerne dabei wäre, zu prellen? Ich radle nach Tigáki (ca. 10 km, wenn man gemütlich fährt, eine Dreiviertelstunde). Die Fährnisse auf diesem Weg sind weiter oben beschrieben. Das Feuchtbiotop ist im Sommer kein Must-see. Aber die Stimmung am Südufer der dort von Salzkrusten überzogenen Lagune erinnert an einen zugefrorenen See. Man sieht von hier die Insel Psérimos, die sich im See spiegelt.
Ich bin mittags wieder im Hotel. Meiner Frau geht es noch nicht besser, an Mittagessen ist nicht zu denken. Alleine habe ich dazu keine Lust. Ich radle nach Kos-Stadt, umrunde die Festung Nerandziá auf der Suche nach Spolien (und werde auch fündig) und besichtige die Kirche Agía Paraskeví. Da bekomme ich einen Telefonanruf von meiner Frau: ob ich ihr aus der Apotheke Magentropfen mitbringen könnte. Das ist leicht gesagt. Ich erkläre der freundlichen Apothekerin, was ich möchte, sie beharrt darauf, dass Elektrolyte das beste wären. Also bringe ich meiner Frau ein paar Säckchen mit Elektrolyten (7 € irgendwas) nach Hause.
Ich gehe spätnachmittags an den Strand. Als ich aus dem Wasser komme, ereilt mich wieder ein Telefonanruf meiner Frau: sie hat Brechdurchfall bekommen (that escalated quickly), und sie hat in ihrer Panik (lange Geschichte) die Rezeption verständigt, dass sie einen Arzt braucht. Ich eile zurück zum Hotelzimmer, helfe die Sauerei aufwischen, ziehe mich an und begleite meine Frau zur Rezeption. Es kommt kein Arzt, sondern eine Dame, die uns nach Kos-Stadt zu Kos Medicare fährt. Das ist offenbar eine private 7x24-Ordination, und die zieht das volle Programm durch: zweimal Blut abnehmen und Labor, drei verschiedene Infusionen, dazwischen ein Röntgen des Abdomens, ein Covid-Antigen-Test, ein zweiter Arzt kommt. Wir sind über fünf Stunden in der Ordination und bekommen schließlich die Rechnung: 1840 €. Um dieses Geld fahren andere eine Woche auf Urlaub. Zum Glück können wir mit Debitkarte bezahlen. Man fährt uns noch zur Nachtapotheke, wo ich vier Medikamente besorge (das ist günstig, 20 € alles zusammen), und dann zurück ins Hotel.
Sowohl die Ordination als auch die Apotheke wollen einen Pass sehen – der im Hotelsafe liegt. Sie begnügen sich dann mit der grünen E-Card, auf der ja ein Foto des Versicherten ist. Typisch für Griechenland: eines der Medikamente ist ein Breitbandantibiotikum. Mein Eindruck ist, dass hier immer noch mit Antibiotika herumgeworfen wird, als wären es Smarties.
Die Reiseversicherung hat die Arzt- und Medikamentenkosten anstandslos erstattet. Aber wenn schon die Behandlung einer simplen Gastroenteritis mit solch horrenden Kosten zu Buche schlägt, braucht man sich nicht zu wundern, dass die Versicherungen immer teurer werden. Hier müsste man die Medizindienstleister auch in die Pflicht nehmen können. Bei KFZ ist es genau das gleiche: selbst ein läppischer Kratzer in der Stoßstange (die heutzutage ja eine Ton-in-Ton lackierte Plastikschürze ist) kostet gleich ein paar hundert Euro. Der Sinn der Stoßstange war ursprünglich, dass das genau null kostet.
Wir entdecken, dass uns die Apotheke ein falsches Medikament gegeben hat. Ich radle nach Kos-Stadt, suche die Apotheke, reklamiere, bekomme das fehlende Medikament und fahre zurück ins Hotel. Meiner Frau geht es schon besser, sie will heute aber noch im Zimmer bleiben.
Ich beschließe, das sog. Westliche Grabungsgelände (Δυτικός αρχαιολογικός χώρος) (mit dem Nymphäum) zu besichtigen. Vorher komme ich noch an einigen Fundamenten des sog. Südlichen Abschnitts der Stoa, am Tempel der Attaliden und am Dionysosaltar vorbei. Das Stadion (zwischen Megálou Alexándrou und Panagí Tsaldári) ist ein von Gras, Schilf, Gebüsch und Bäumen zugewachsenes, nicht betretbares Areal. Lediglich an der Nordwestecke sind ein paar Bauglieder auszumachen. Das lohnt den Besuch nicht.
Das Westliche Grabungsgelände gibt m.E. mehr her als die Agorá: etliche Meter Straßenpflaster, Mosaike, bemalter Wandverputz, abgesehen von der teilweise rekonstruierten Laufbahn alles aus römischer Zeit, aber so erhalten, dass man sich etwas vorstellen kann.
Das an der Basis achteckige Minarett der Eski-Moschee ist das einzige, was von der Moschee übriggeblieben ist. Und irgendein #*@\*! hat seinen Elektroroller direkt am kleinen muslimischen Brunnen geparkt.
Ich fahre zurück ins Hotel. Auch heute ist für meine Frau an Mittagessen noch nicht zu denken. Also verschiebe ich meine eigene Nahrungsaufnahme aufs Abendessen.
Zu Besichtigungen fühlt sich meine Frau noch nicht in der Lage. Daher radle ich in aller Frühe alleine zum Asklepieion (8 €). Dieses ist am Sonntag um 9:00 noch vergleichsweise menschenleer (gut zum Fotografieren). Das Asklepieion ist eine auf vier Ebenen errichtete Anlage, wobei aber die unterste Ebene offenbar nicht zum Heiligtum gezählt wird. Sein Größe lässt seine einstige Bedeutung erahnen. Schade, dass vom großen dorischen Peripteros nicht viel mehr als der Stylobat erhalten ist. Dafür hat man von der obersten Ebene aus eine wunderbare Aussicht.
Ich fahre nach Kos-Stadt, halte unterwegs kurz in Platáni, um den muslimischen Friedhof zu besichtigen. Fahre dann weiter, um noch einmal eine kurze Runde auf der Agorá zu drehen. Ich habe den Plan auf Google Maps eingesehen und versuche noch einmal, mich ein bisschen zu orientieren. Viel schlauer bin ich aber immer noch nicht. Ich fahre zurück zum Hotel.
Meine Frau hat Appetit auf gefüllte Tomaten, daher wollen wir in der Taverna „Efkalipty“ (die schreiben sich wirklich so) mittagessen. Aber die Taverne hat zu. (Weil Sonntag? Weil nur abends offen?) So landen wir im „Smugglers“ gleich gegenüber von unserem Hotel, wo meine Frau mit Mousakás Vorlieb nehmen muss. Ich habe eigentlich keinen Appetit, bestelle aber einen Choriátiki und habe große Mühe ihn aufzuessen.
Mir ist ein bisschen übel, ich begleite meine Frau aber trotzdem zum Strand. Ich flüchte schon nach ein paar Sekunden wieder aus dem Wasser, da mich fröstelt. Ich gehe zurück zum Zimmer. Wo sich meine Übelkeit bis zum Erbrechen steigert. Heute muss meine Frau ohne mich abendessen.
Mir ist immer noch ziemlich flau im Magen, habe wohl auch etwas Temperatur (leider hat meine Frau am Freitag das Fieberthermometer zerbrochen). Ich bleibe den ganzen Tag im Bett, sehe etwas fern (aber leider: kein deutschsprachiges Programm), lese ein wenig. Meine Frau erkundet indes den Supermarkt Konstantinos, der nur 750 m von unserem Hotel entfernt ist und versorgt sich dort mit einer kleinen Jause, da ich noch nichts essen mag.
Ich bin noch etwas wackelig auf den Beinen. Meine Frau würde gerne das Asklepieion besuchen, aber dazu fühle ich mich kreislaufmäßig noch nicht imstande. Wir fahren nach Kos-Stadt, radeln um die Festung Nerandziá und orten die Spolien. Wir besuchen die Kirche Agía Paraskeví.
Ich schlage vor, zum Westlichen Grabungsgelände zu fahren. Leider müssen wir feststellen, dass das Gelände seit heuer dienstags geschlossen ist (geöffnet „Monday to Sunday, 08.00-15.00“!). Also gehen wir um das Gelände herum. (Das ist gar nicht einfach, denn der Verkehr auf der Leofóros Grigoríou ist dicht, und es gibt auf der Seite des Grabungsgeländes keinen Gehsteig.) Von der Westseite aus (Theokrítou) hat man einen brauchbaren Blick auf diese Seite des Geländes.
Die Casa Romana ist immer schon am Dienstag zu, also besuchen wir das Odeion. (Die Gewölbe unter den Sitzstufen sind ebenfalls geschlossen. Weil Dienstag?) Wir besuchen noch den katholischen Friedhof, der sich hinter der Casa Romana befindet (Zufahrt über die Anapáfseos). Zurück am Mandraki-Hafen posiert meine Frau noch vor dem großen „I ♥ KOS“. Dann fahren wir zurück ins Hotel. Ich will mich nicht gleich am ersten Tag der Genesung völlig verausgaben.
Meine Frau kauft im Supermarkt Konstantinos ein bisschen was zum Mittagessen. Am Nachmittag geht es zum letzten Mal für heuer an den Strand.
Wir packen unsere Koffer, checken aus und radeln nach Kos-Stadt. Heute steht die Casa Romana (6 €) auf dem Programm. Dieses Haus stammt in seiner aktuellen Gestalt aus römischer Zeit. Man sieht Säulen, Innenhöfe mit Brunnen, Fußbodenmosaike, Wandmalereien, Marmoreinlegeböden und -wände, marmorne Tischkonsolen.
Zu Mittag essen wir im „Babás“ – endlich gefüllte Tomaten für meine Frau.
Um halb zwei sind wir wieder beim Hotel. Wir geben unsere Fahrräder zurück und setzen uns ins Hotelfoyer und warten auf den Zubringerbus. Der kommt kurz vor halb drei. Am Flughafen sind wir für unseren Flug (17:45) relativ früh dran. Daher ist der Check-in in zwei Minuten erledigt.
Wir haben Lust auf einen Kaffee. Wir setzen uns ins „Panopolis“ (Cappuccino 5,20 €, das ist teurer als in Salzburg, Ellinikós 3,80 €). Der Kaffee ist nicht besonders, meine Frau lässt ihren Cappuccino stehen, auch ich schaffe es nicht, meinen (doppelten) Griechischen Kaffee auszutrinken. Schade ums Geld.
In der Wartehalle am Gate ist es unfassbar kalt. Selbst mit drei Schichten Oberbekleidung friere ich. Wir setzen uns schließlich auf eine Bank in den Trakt, wo die Duty-Free-Shops sind. Hier ist es deutlich wärmer. Der Flieger hat dann rund eine Viertelstunde Verspätung, wir sind kurz nach halb acht in Salzburg – wo uns beim Aussteigen auf der Gangway Regen empfängt.
Um 1420 veröffentlichte der florentinische Mönch Cristoforo Buondelmonti eine Beschreibung der Inseln der Ägais. Diese enthielt auch etliche Karten. Kap. 45 handelt von Kos, auf der Karte mit Choa nunc Lango „Coa [= Kos], jetzt Lango“ beschriftet. Text und Karte sind im folgenden wiedergegeben. Der lat. Text enthält einige Korruptelen und etliche mir schwer verständliche Sätze, die Übersetzung ist als Näherung zu verstehen. Buondelmonti berichtet neben geographischen Details eine Menge Trivia.
Quelle: | Wikipedia |
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Urheber: | «Buondelmonti, Cristoforo, Liber Insularum Archipelagi [1420]» in: Τόπος και Εικόνα, χαρακτικά ξένων περιηγητών για την Ελλάδα…, Bd. 1, Olkos, 1978 |
Lizenz: | gemeinfrei |
Bearb.: | beschnitten, verkleinert, Beschriftungen eingefärbt (mit Maus überfahren, um Legende anzuzeigen) |
Iamque ad insulam devenimus Choam, quae latine luctus interpretatur, quia propter †Acrem ineptam† pluribus mensibus anni lugetur et languetur in ea. | Und schon gelangten wir nach Kos, was auf Latein Trauer bedeutet, weil man wegen Hippokrates (??) während mehrerer Monate des Jahres auf ihr [der Insel] trauert und niedergeschlagen ist. |
Quae provinciae acticae adiacens, suburbana dicta est. | Da sie an die attische (?) Provinz grenzt, ist sie vorstädtisch genannt worden. |
Wenn Buondelmonti wirklich attisch meint, dann ist es ziemlich falsch. Aber was sonst könnte es heißen? | |
De oriente ad occiduum XL. mi., et plana quasi per totum exstat. | Von Osten nach Westen 40 Meilen, und sie zeigt sich fast zur Gänze flach. |
40 Meilen ist zu hoch gegriffen: die Insel ist etwa 40 km lang. | |
Ad meridiem vero montes cernimus sublimes, in quibus oppida erant Petra, Chenia, atque Pili quod hodie Peripaton dicunt. | Im Süden aber sehen wir hohe Berge, in denen die Ortschaften Petra, Chenia und Pyli, das sie heute Peripaton nennen, waren. |
In superficie vero altioris montis, Dicheus dictus, munitissimum exstiterat castrum, in quo hodie cisternae apparent quam plurimae. | Auf der Oberfläche des höheren Berges, genannt Díkeos, befand sich ein stark befestigtes Kastell, in dem heute möglichst viele Zisternen zum Vorschein kommen. |
Cumque ad radicem descendimus huius, fontem Fandim reperimus, a quo Sfandanus fluvius derivatur, qui prope Cyllipum oppidum olim prorumpit in mare ad trionem. | Und wenn wir zu dessen Fuß hinabsteigen, finden wir die Quelle Fandis, von der der Fluss Sfandanus abgeleitet wird, der sich nahe der einstigen Ortschaft Kyllipos im Norden ins Meer ergießt. |
Die Quelle wird sich wohl irgendwo beim heutigen Asfendioú befunden haben. Kyllipos muss an der Nordküste gelegen haben, vielleicht irgendwo im Bereich des heutigen Sees von Alykí. | |
In medio autem vastissimorum camporum duo soli monticuli eriguntur, a quibus fons olim nobilissimus Licastis, hodie Apodomarius emanat. | Inmitten aber der unermesslichsten (oder: ödesten) Ebenen erheben sich zwei einzelne Berglein, von denen die einst edelste Quelle Likastis, heute Apodomarios, entspringt. |
Iuxta olim Castri oppidum et molendina invariaque marmora manifestant. | In der Nähe zeigen die einstige Ortschaft Kastri und eine Mühle beständigen Marmor (?). |
In quibus tanta est amoenitas locique cantus diversarum avium, quod non solum terrenis, sed etiam Diis immortalibus placidum esse dicatur. | In diesen ist eine so große Lieblichkeit des Ortes und Gesang verschiedener Vögel, dass nicht allein von Irdischen, sondern auch von unsterblichen Göttern gesagt wird, dass er friedlich sei. |
Ad orientem in litore Arangea metropolis est, cuius in medio lacus ampliatur in aestate corruptus, et [ab] extra moenia[rum] arangeae multae virescunt, et ideo Arangea dicta est. | Im Osten liegt an der Küste die Hauptstadt Narandzia, in deren Mitte sich ein im Sommer verdorbener See ausdehnt, und außerhalb der Mauern (??) grünen viele Orangen, und deshalb ist sie Narandzia genannt worden. |
In quo tot et tanta aedificia marmorea et theatra reperi, quod est mirabile ad videndum. | In ihm habe ich so viele und so große marmorne Bauwerke und Theater gefunden, was wunderbar anzusehen ist. |
Extra vero castrum iuxta lacum ad trionem ampla domorum aedificia Hippocratis, eximii medici, visa sunt, cum fonte propinquo et palude Lambi dicta, quae in hieme ampliatur et crescit, in aestate vero desiccatur. | Außerhalb der Festung aber nahe dem See im Norden wurden umfangreiche Bauwerke von Häusern des Hippokrates, des außerordentlichen Arztes, gesehen, mit einer nahen Quelle und einem Lambi genannten Sumpf, der sich im Winter ausdeht und wächst, im Sommer aber austrocknet |
Fuit igitur iste Hippocrates filius Sclepionis et discipulus Aesculapii, physici secundi, et fuit de genere Aesculapii primi, a quo incepit ars medicinae, quam docuit et ostendit filiis suis, mandans eis, quod medicinam extraneis, imo patres ostenderetis vestris filiis, ut artis nobilitas semper fixa maneret in eis. | Es war dieser Hippokrates nun ein Sohn des Sklepion und Schüler des Äskulap (Asklepios), des zweiten Naturkundlers, und er war vom Geschlecht des ersten Äskulap, mit dem die Kunst der Medizin begann, welche er lehrte und seinen Söhnen zeigte, ihnen anvertrauend, (?) weil ihr die Medizin den Außenstehenden, vielmehr als Väter euren Söhnen zeigtet (?), damit die Vortrefflichkeit der Kunst in ihnen immer fest bleibe. |
Hier hat Buondelmonti einiges durcheinandergebracht: der Vater des Hippokrates hieß Herakleides. Sclepio sieht nach einer Verballhornung von gr. Asklēpiós = lat. Aesculapius, Gott der Heilkunst, aus. Wieso zwei Aesculapii unterschieden werden, ist mir unklar. Die zweite Hälfte des Satzes ist unverständlich. | |
Et praecepit quod in medio habitationis insularum Cycladum manerent, propter aëris intemperiem, vel in montibus Choae considerent in aestate. | Und er schrieb vor, dass sie inmitten der Wohnung der Kykladeninseln bleiben, wegen der Unmäßigkeit der Luft, oder sie sich im Sommer in den Bergen von Kos niederlassen. |
Dixit ergo perfectam apud Graecos medicinam. | Er sagte daher, dass die Medizin bei den Griechen vollendet sei (?). |
Ich habe ein esse dazugedacht. Oder was sonst soll es heißen? | |
Ipsa enim medicina, ut ait Macrobius et Isidorus, ante Hippocratem siluerat per quingentos annos, a tempore Apollinis et Aesculapii, qui fuerunt primi eius inventores. — | Die Medizin selbst nämlich hat, wie Makrobius und Isidor sagen, vor Hippokrates für fünfhundert Jahre geschwiegen, von der Zeit des Apollon und des Äskulap an, die ihre ersten Erfinder waren. |
Et procedendo nunc ad medium insulae, parvi monticuli videntur inceptare, et sic altior ista planities est illius ante dictae Arangeae. | Und wenn man nun weiter zur Inselmitte vordringt, sieht man kleine Berglein beginnen (od. scheinen … zu beginnen), und so ist diese Fläche höher als jenes zuvor genannte Arangea. |
Sinners Kommentar versteht die Konstruktion als Vergleich mit Genetiv, ein Italismus (più alto di). | |
Postquam ad meridiem ad Antimachum oppidum cursum habemus usque in fine insulae, ubi Cephalo paratur in altum: non diu est quod serpens maximus devorans apparuit armenta, et territi omnes fugam arripiebant. | Nachdem wir im Süden bei der Ortschaft Antimachos den Kurs bis zum Ende der Insel richten, wo Kéfalos in die Höhe bereitet wird: es ist nicht lange (her), dass eine sehr große Schlange erschien, die Vieh verschlang, und alle erschrocken die Flucht ergriffen. |
Tunc strenuus vir pro salute populi duellum inceptat, dum inter bestias ruere vellet. | Dann beginnt ein tatkräftiger Mann zum Wohl des Volkes einen Kampf, wobei er zwischen den Tieren (hervor)stürzen wollte. (?) |
Quod cum hoc serpens percepisset, equum, morsibus illico in terram prostratum, occidit; iuvenis autem, acriter pugnans, tandem viperam interfecit. | Als das die Schlange begriff, tötete sie das von Bissen sogleich auf die Erde hingestreckte Pferd; der Jüngling aber kämpfte heftig und tötete endlich die Viper. |
Dicitur etiam et affirmatur, quod filia Hippocratis per insulam viva apparet, qua loquente tecum diu et narrante multa, infortunium suum infelicem connumerat, rogabatque saepe creatorem ut a tanta poena eam dignaretur liberare. | Man sagt und bekräfigt auch, dass die Tochter des Hippokrates lebendig auf der Insel erscheint, indem sie lange mit dir redet und viel erzählt, ihr unglückliches Ungemach aufzählt und oftmals den Schöpfer bittet, dass er geruhe, sie von dieser Strafe zu befreien. |
Et, cum plura loqueretur, non longe a paternis domibus, lamentabilibus vocibus, in sex vel in octo annis semel contigisse transformationem hanc, ut a multis civibus comprobatur. — | Und da sie ziemlich viel sagte, nicht weit von den väterlichen Häusern, mit klagenden Worten, sei in sechs oder acht Jahren diese Verwandlung einmal gelungen, wie von vielen Bürgern bestätigt wird. |
Es scheint auch den Herausgebern nicht klar, was Buondelmonti hier sagen will. Sinner zitiert eine Anmerkung von Marco Boschini (l'Archipelago, Venedig 1658): „Bis heute halten sie diesen Blödsinn für wahr, nämlich dass die Tochter des Hippokrates ihnen erscheint, als wäre sie lebendig, und dass sie ihnen verschiedene Dinge erzählt.“ Tomaso Porcacchi Castilione (L'isole più famose del mondo, Venedig 1576) verbindet diese Geschichte mit der vorhergehenden von der großen Schlange: „Es ist noch nicht lange her, dass hier eine sehr große Schlange erschien, die die Herden verschlang; und die Abergläubischen sagten, es sei die Tochter des Hippokrates, die, da sie eine sehr große Zauberin ist, in dieser Gestalt noch am Leben sei. Von ihr sind bei den antiken Autoren viele beachtenswerte Dinge erzählt.“ | |
Refert etiam Plinius, quod Aristaeus, filius Apollinis, consilio matris, relictis Thebis huc venit et in hanc habitavit insulam et subiugavit eam. | Auch Plinius berichtet, dass Aristäus, Sohn des Apollon, auf Anraten seiner Mutter, nachdem er Theben verlassen hatte, hierher kam und auf dieser Insel wohnte und sie unterwarf. |
Fuit enim, ut aiunt, hic mulieres viros occidisse propter eorum inconstantiam, quia semper, in proeliis per Asiam minorem accedentes, curam insulae mulieribus dimittebant. | Es war hier nämlich, wie man sagt, dass Frauen ihre Männer umgebracht hatten wegen ihrer Unbeständigkeit, weil sie immer, in Schlachten nach Kleinasien heranrückend, die Pflege der Insel den Frauen überließen |
Illae, aequaliter indignatae, ad enorme suorum virorum pervenere homicidium. | Jene, entsprechend empört, gelangten zu einem ungeheuren Mord an ihren Männern. |
Deinde Iason, per hanc, transiens ad Colchon, hodie Turcum, accessit coram civitate posita et constructa multorum aedificiorum, quae usque hodie in Armenia minori coram Cypro videtur. — | Hierauf kam Iason auf diese (scil. die Insel) heran, nach Kolchis hinübergehend, heute Türkei, vor aller Augen (?), nachdem eine Stadt vieler Gebäude hingestellt und errichtet war, die bis heute in Kleinarmenien vor Zypern (= von Z. aus?) gesehen wird. |
Was immer Buondelmonti sagen will: die dahinterstehende geographische Vorstellung ist, wie Sinner schreibt, ein „horrendus error“. | |
Est denique haec omnium abundantissima, et primo in foeminarum ornamento lanificii hic artem inventam affirmant. | Und schließlich ist diese von allen am reichlichsten, und man behauptet, dass zum ersten Mal beim Schmuck der Frauen hier die Kunst der Wollarbeit erfunden worden sei. |
Insuper et nativitas memorabilis Philidis poëtae hic fuit, qui imitatus Sapphonem poëtessam, rem Bacchidis decantavit. | Überdies war hier auch die denkwürdige Geburt des Dichters Philetas, der die Dichterin Sappho nachahmend die Sache der Bacchis hersang. |
Ibique, infra ripas altissimas, avis duo ova peperit, a quibus ex uno avis et ex altero canis nascitur, et percipiens mater, non esse cani similem, illico eum occidit et fratri praebet in cibum. | Und dort unter tiefsten Ufern legte ein Vogel zwei Eier, von denen aus dem einen ein Vogel, aus dem anderen ein Hund schlüpfte, und als die Mutter merkt, dass (sie?) einem Hund nicht ähnlich ist, tötet sie ihn auf der Stelle und gibt ihn dem Bruder zur Speise. |
Et quia insula haec contigua Asiae minori, ubi magnae insurgebant civitates, fratres Sancti Iohannis, ut insisterent infidelibus, castellum Sti-Petri aedificavere anno domini millesimo quadringentesimo (1400). | Und weil diese Insel an Kleinasien grenzt, wo sich große Städte erheben, errichteten die Brüder des Heiligen Johannes, um bei den Ungläubigen zu verharren, im Jahre des Herrn 1400 ein Kastell des Hl. Petrus. |
Was aus dem Text nicht eindeutig hervorgeht: die Karte verzeichnet das castel san piero an der kleinasiatischen Küste, im Gebiet des heutigen Ortes Akyarlar. Karien gehörte seit dem 13. Jh. zum türkischen Beylik (Fürstentum) Menteşe, war um 1400 also wohl schon stark islamisiert. |
Dass die Hauptstadt Arangea o.ä. geheißen hat, klingt zunächst nach dem Schabernack, den einheimische Reiseführer gern mit Touristen treiben. Aber die Johanniterfestung heißt, wie bereits erwähnt, Nerandziá „Bitterorangenbaum“. Und dass die ganze Stadt nach der Festung genannt wurde, ist durchaus glaubhaft.
Einige Orte bzw. Gegenden (Lámbi, das Asklepieion, Pylí, Andimáchia, Kéfalos)
können wir noch identifizieren. Die genannten Quellen und Flüsse sowie die
Orte Petra, Chenia, Kyllipos und Kastri kann ich jedoch nicht lokalisieren.
Die Karte zeigt außerdem noch eine Kirche des Hl. Fokas. Diese gibt es offenbar
nicht mehr, aber ihr Name haftet noch am östlichen Kap der Insel und der Straße,
die von Psalídi die Küste entlang bis zur heißen Quelle (Embrós Thérmes)
verläuft.
Mit Pili ist wohl nicht das heutige Pylí gemeint,
sondern die im 19. Jh. aufgegebene Siedlung, die heute Paleó Pylí
(Παλαιό Πυλί) heißt.
Kastrí „kleine Burg“ ist ein Allerweltsname. So heißt heute das pittoreske
Inselchen, das Kámbos an der Südküste vorgelagert ist. Das kann aber kaum das
genannte Castri oppidum sein.
Auch Pétra „Stein“ ist kein singulärer Ortsname und kann überall im
Gebirge gelegen haben.
An der Aktí Miaoúli gegenüber dem Busterminal der DEAS, vor dem Ágios-Nikólaos-Tor, befindet sich ein kleiner Platz mit einem Denkmal (eine humanoide Gestalt ohne Arme). Am Sockel ist eine Inschrift in Altgriech. samt neugriech. Übersetzung. Es handelt sich um ein vierzeiliges Grabepigramm, das sehr eigenwillig auf sechs Zeilen umgebrochen wurde. Ich habe im folgenden die ursprünglichen Umbrüche mit „|“ kenntlich gemacht.
[ἄνδρας] ἔθ'ἥρωας σέβεται πατρίς | Heldhafte Männer noch verehrt das Vaterland; |
ἀ[θάνατον γὰρ] | [ἀμφέθεσ]αν | denn sie haben umgelegt den unsterblichen |
νάσῳ κόσμον ἐλευθε[ρίας] | | Schmuck der Freiheit der Insel [Dat.], |
[ἁνίκ']ἐχθρῶν πολυάσπιδα καὶ | als sie der Feinde vielschildigen und |
πο[λύκωπον] | [ὕβριν] ἀνέζευξαν | vielruderigen Hochmut abwehrten |
τᾶσδε ἀπὸ γᾶς π[ρόμαχοι] | von diesem Land, (als) Vorkämpfer. |
τους ηρωικούς άνδρες | Die heldenhaften Männer |
σέβεται η πατρίδα που | verehrt das Vaterland, die |
την αθάνατη λευτεριά | die unsterbliche Freiheit |
χάρισαν στο νησί τους | ihrer Insel geschenkt haben, |
όταν απόκρουσαν την | als sie abwehrten den |
πάνοπλη επίθεση των | voll bewaffneten Angriff der |
εχθρών κι έγιναν αυτής | Feinde und wurden dieses |
εδώ της γης οι πρόμαχοι | Landes hier die Vorkämpfer. |
επίγραμμα δήμου Αλεντιων Κω | Epigramm der Gemeinde der Halentioi von Kos |
του τέλους του 5ου π.χ. αιώνα. | des Endes des 5. Jh. v. Chr. |
Dieses Epigramm ist nach der Ausgabe von Paton/Hicks in Pylí in der Kirche des Ágios Geórgios (OpenStreetMap, Google Maps) gefunden worden. Es fehlen am linken und rechten Rand jeweils etwa 7 Buchstaben. Das Denkmal in Kos-Stadt hat die Ergänzungen von Paton/Hicks, mit einer Ausnahme: aus [Ἀθα]ναίων „der Athener“ wurde ἐχθρῶν „der Feinde“. Das Epigramm ist auch in den Inscriptiones Graecae (IG) veröffentlicht worden, hier jedoch mit teilweise anderen Ergänzungen. Die IG datieren die Inschrift ins 1. Jh. v./n.Chr.; das beschriebene Ereignis dürfte aber in die Zeit des Peloponnesischen Krieges fallen. Das heutige Pylí gehörte in der Antike zum Demos Ἅλεις Háleis (Gen. Ἅλεντος Hálentos).
An der Westseite des Mandraki-Hafens, unweit des Delfinplatzes, steht eine bronzene Skulpturengruppe, die wohl Hippokrates umgeben von Patienten darstellen soll. Auf Inschriftentafeln ist ein Satz aus dem hippokratischen Eid auf Altgriech. und Engl. (nach der Loeb-Ausg. von Jones) wiedergegeben, unterschrieben mit Ἱπποκρατ[ικὸς] ὅρκος 4 „hippokrat. Eid 4“:
διαιτήμασί τε χρήσομαι ἐπ' ὠφελείῃ καμνόντων κατὰ δύναμιν καὶ κρίσιν ἐμήν, ἐπὶ δηλήσει δὲ καὶ ἀδικίῃ εἴρξειν. | Und Diäten (d.h. ärztliche Anordnungen) werde ich gebrauchen zum Vorteil von Kranken nach meinem Vermögen und Urteil (d.h. so gut ich es vermag und beurteilen kann), [was] aber zu Schaden und Unrecht [führt,] auszuschließen. | I will use treatment to help the sick according to my ability and judgement, but never with a view to injury and wrongdoing. |
Der zweite Teil des Satzes ist zwar inhaltlich klar, syntaktisch aber sperrig. Hier liegt vielleicht der Ursprung des späteren primum non nocere „erstens: nicht schaden“.
Noch eine lebensgroße Hippokrates-Statue steht an der Südostecke des Mandraki-Hafens, neben dem Brunnen, der neuerdings durch seinen blauen Anstrich wie ein überdimensioniertes Amulett gegen den Bösen Blick aussieht. Hier hält Hippokrates eine Schriftrolle in der Linken und einen von einer Schlange umwundenen Stab in der Rechten. Am Sockel ist auf einer glattpolierten roten Steintafel der gesamte Text des Eides auf Altgriech.
Im Asklepieion befindet sich rechts neben der Freitreppe, die von der unteren zur mittleren Ebene führt, in der Nische der Stützmauer eine Statuenbasis mit einer Inschrift (IG XII,4,2,644). Sie enthält die Widmung des Stifters Gaius Stertinius Xenophon (ca. 10 v.Chr.-nach 54 n.Chr.), aus Kos gebürtig, Leibarzt des Kaisers Claudius (und nach Tac. ann. 12,67 Mithelfer bei seiner Ermordung durch Gift). Xenophon ist auch sonst auf koischen Inschriften öfters genannt.
Ἀσκλαπιῷ Καίσαρι Σεβαστῷ καὶ Ὑγίᾳ | Dem Asklepios Caesar Augustus und (der) Hygia |
καὶ Ἠπιόνη (=-ῃ) ὁ ἱερεὺς αὐτῶν διὰ βίου | und (der) Epione hat ihr Priester auf Lebenszeit |
Γ̣άϊος Στερτίνιος Ἡρακλείτου | Gaius Stertinius, des Herakleitos' |
υ̣ἱὸς Κορνηλία Ξενοφῶν, φιλο- | Sohn, (aus der Tribus) Cornelia, Xenophon, Römer- |
[ρ]ώμαιος, φιλό- | freund, Kaiser- |
καισαρ, φιλοσέβαστος, φιλό- | freund, Augustusfreund, Vaterlands- |
πατρις, δάμου υἱός, εὐσεβής, | freund, Sohn des Volkes (od. der Gemeinde), der Fromme, |
εὐεργέτας τᾶς πατρίδος, ἥρως | Wohltäter des Vaterlandes, Heros (d.h. Schutzpatron?), |
ἀνέθηκεν | (dies) aufgestellt |
Füllzeichen (* und –) habe ich in obiger Wiedergabe weggelassen. Interessant ist, dass noch in der Kaiserzeit am lokalen dorischen Dialekt festgehalten wurde. In der 5. Zeile klafft eine Lücke, die in den IG mit φιλονέρων „Nerofreund“ ergänzt wird. Sie wäre demnach später der damnatio memoriae Neros zum Opfer gefallen. Was Xenophon hier aufgestellt hat, wissen wir nicht mehr. Widmungsträger sind Asklepios, der hier – Auswuchs des Kaiserkults – mit dem Kaiser in Rom identifiziert wird, womit dieser ebenfalls (vielleicht sogar primärer) Widmungsträger ist; dann des Asklepios' Gattin Epione; und Hygía (wohl itazistische Variante von Hygíeia, Personifikation der Gesundheit). Wenn die vermutete Ergänzung stimmt, wäre der „Asklepios Caesar Augustus“ Kaiser Nero gewesen und die Inschrift nach 54 n.Chr. entstanden.
Die altgriech. Bezeichnung für eine Kultstätte des griech. Gottes der Heilkunst lautet Ἀσκληπιεῖον Asklepieíon, und in dieser Form ist das Wort im Dt. auch wissenschaftlicher Fachbegriff der Archäologie. Er wird aufgrund des Itazismus heute im Neugriech. Asklipiíon ausgesprochen und transkribiert. (Die Griechen selber kürzen in Folge nachlässiger Aussprache öfters zu Asklipion.) Falsch ist m.E. Asklipieíon (Polanz S. 42 et passim) oder „sprich: Äsklipion“ (Naundorf/Greiner S. 53, nur Druckfehler?).
An dem kleinen Kirchlein der Panagía Gorgoepíkoos (das ein wenig versteckt in dem Areal schräg gegenüber dem Albergo Gelsomino liegt) wurden zwei Spolien vermauert. So nennt man in andere Bauwerke eingemauerte oder wiederverwendete Architekturteile aus antiken Ruinen (von lat. spolium „Beute“, insbes. „die dem getöteten Feind abgenommene Rüstung“). Es handelt sich um zwei antike Inschriften.
φαμιλία μονο|μάχων καὶ ὑπό|μνημα κυνηγε|σίων | Gladiatorentruppe und Denkmal der Tierhetzen |
Νεμερίου | Καστρικίου | Λευκίου Πακω|νιανοῦ ἀσιάρχου | | des Numerius Castricius, des Lucius' Sohn, Paconianus, des Asiarchen, |
καὶ Αὐρηλίας | Σαπφοῦς Πλά|τωνος Λικιννια|νῆς ἀρχιερείης, | γυναικὸς αὐτοῦ | und der Aurelia Sappho, des Platons Tochter, Licinniana, der Oberpriesterin, seiner Frau |
Die Inschrift stammt laut IG aus dem 2./3. Jh. n.Chr. Friedländer merkt zu ihr an: „Biagi hat dies richtig von einem gemeinschaftlichen Begräbnißplatze der Gladiatoren und Venatoren, die diesem Ehepaar gehörten, erklärt […] Vermuthlich war der Wohnort des Asiarchen Halikarnaß, und er hatte die Insel Kos nur zum Aufenthalt für seine Gladiatoren oder zur Anlegung eines Begräbnißplatzes für sie gewählt.“ (S. 611). Dagegen Mommsen: „Videntur tituli hi fuisse ludorum privatorum, in quibus Asiarchae gladiatores suos exercerent et qui eorum decederent sepelirent et eatenus sepulcralibus accensendi esse, licet vere magis ponerentur ad memoriam muneris dati servandam.“ (S. 404. „Dies scheinen Inschriften von privaten Gladiatorenspielen gewesen zu sein, in denen Asiarchen ihre Gladiatoren kämpfen ließen und diejenigen von ihnen, die starben, bestatteten, und insofern [scheinen sie] Grabinschriften zugerechnet werden zu müssen, wenn sie auch tatsächlich mehr aufgestellt wurden, um die Erinnerung an die gegebenen Spiele zu bewahren.“)
Διονυσίου πόλεως Κώων οἰκονόμου | Des Dionysios, des Verwalters (Procurators?) der Stadt der Koer |
Wohl ebenfalls eine Grabinschrift, bei IG nicht gefunden.
Auf dem Friedhof der katholischen Lamm-Gottes-Gemeinde (Καθολική Εκκλησία του Αμνού του Θεού) bzw. der Kapelle / Kirche vom Heiligen Kreuz (παρεκκλήσι / Ιερός Ναός του Τιμίου Σταυρού) in Kos-Stadt (die Gemeinde wird von den Franziskanern von Rhodos betreut) befinden sich mehrere, teils großflächige Inschriftentafeln, die der Ermordung kriegsgefangener italienischer Offiziere bei Linopótis durch die Nazis im Okt. 1943 gedenken. Eine Inschrift spricht von 103 Ermordeten. (Warum die Offiziere völkerrechtswidrig ermordet wurden, darf man vermutlich nicht fragen. Die Lust an der Bosheit verselbständigt sich irgendwann, sodass sie alle Grenzen der Menschlichkeit und Vernunft überschreitet.)
Nach Kriegsende wurden 66 Leichname exhumiert und auf dem katholischen Friedhof von Kos-Stadt beigesetzt. Davon zeugt u.a. folgender Gedenkstein:
piamente sottratti alle fosse di Linopoti | Ehrfürchtig den Gräbern von Linopotis entzogen (exhumiert) |
riposano ovi dal Marzo 1945 | ruhen hier? seit März 1945 |
i resti mortali | die sterblichen Überreste |
di sessantasei | von 66 |
dei più che cento ufficiali italiani | der mehr als 100 italienischen Offiziere, |
che la mitraglia tedesca | die das deutschen Maschinengewehrfeuer |
clandestinamente trucidava | heimlich niedergemetzelt hatte |
nell' Ottobre 1943 | im Oktober 1943. |
Linopótis (Λινοπότης) ist ein kleiner Ort am Insel-Highway, 2 bis 3 km hinter Zipári, 1¼ km südlich des Salzsees von Tigáki, 1936 von den Italienern als landwirtschaftliche Mustersiedlung gegründet. Heute findet man hier z.B. die bekannte Winzerei Chatziemmanouíl (Χατζηεμμανουήλ) und den Olivenölhersteller Chatzipétros (Χατζηπέτρος) (scheint keine eigene Webseite zu haben).
Ein χατζής chatzís (Pl. χατζήδες chatzídes) ist ein „Hadschi“ (Karl May lässt grüßen), von türk. hacı „(Mekka-)Pilger“ (< ar. حاج ḥāǧǧ ds.). Laut Wikipedia und Triandafyllídis durften orthodoxe Christen Chatzi- als Ehrentitel vor ihren Namen setzen, wenn sie das Heilige Land besucht hatten (und sich im Jordan hatten taufen lassen). Emmanuel und Petros sind jedenfalls gut christliche Namen.
Ebenfalls Bezug auf die Nazizeit nimmt eine Gedenktafel an dem Gebäude gegenüber der Loggienmoschee:
εδώ απαγχονίστηκαν από τα ναζιστικά | Hier wurden gehängt von den nazistischen |
στρατεύματα κατοχής στις 16 – 4 – 1945 | Besatzungstruppen am 16.4.1945 |
οι Κώοι πατριώτες | die koischen Patrioten |
Θεόκριτος Β. Κώστογλου ετών 51 | Theókritos B. Kóstoglou, 51 Jahre |
Ανεζούλα Γ. Πατάκου-Τρουμούχη ετών 30 | Anezoúla G. Patákou-Troumoúchi, 30 Jahre |
Σταματία Θ. Περή ετών 27 | Stamatía Th. Perí, 27 Jahre |
Drei koische „Patrioten“ (d.h. wohl Widerstandskämpfer, Partisanen), ein Mann und zwei Frauen, wurden von den Nazis in der Endphase des zweiten Weltkrieges, zwei Wochen, bevor sich der Führer erschoss, hingerichtet.
Autor: E-Mail-Kontakt)
Letzte Aktualisierung: 5. Aug. 2024